Berichte und Anträge
Regierungskanzlei (RK)
BuA - Nummer
2011 / 36
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Ein­lei­tung
I.Bericht der Regierung
1.Anlass
2.Beant­wor­tung der Fragen
II.Antrag der Regierung
 
Interpellationsbeantwortung der Regierung an den Landtag des Fürstentums Liechtenstein
betreffend den Beitritt Liechtensteins zum internationalen Währungsfonds und zur Weltbankgruppe  
 
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Mit dem Grundsatzbeschluss zur weiteren Finanzplatz- und Abkommensstrategie vom 3. Februar 2010 hat sich die Regierung dafür ausgesprochen, einen Beitritt Liechtensteins zum Internationalen Währungsfonds (IWF) zu evaluieren. Gemäss Vorabklärungen, die im Sommer 2010 fertig gestellt worden sind, würde der Beitritt zum IWF die Stabilität des Finanzplatzes Liechtenstein voraussichtlich erhöhen. Die in der Regierung hierzu geführten Diskussionen ergaben sodann, dass vor der Stellung eines Beitrittsantrags und der Einleitung von Beitrittsverhandlungen eine vertiefte Evaluation und innerstaatliche Konsultation vorzunehmen ist.
Die Frage des Beitritts zum IWF hat im Laufe der Finanzkrise neue Aktualität erlangt. Der IWF spielt bei der Bewältigung der Finanzkrise eine zentrale Rolle, er steht verschiedenen Ländern als Kreditgeber unterstützend zur Seite und wird zur Umsetzung der Beschlüsse der G20 als zentrales Exekutivorgan genutzt. Liechtenstein ist als eines der wenigen Länder weltweit noch nicht Mitglied und hat damit auch keinen direkten Zugang zu den global relevanten Vorhaben im Finanzbereich. Die Regierung erachtet daher eine detaillierte Untersuchung der Auswirkungen eines Beitritts Liechtenstein zum IWF, welche nach den bereits erfolgten Abklärungen eine umfassende Kosten-/Nutzenanalyse beinhaltet, für sinnvoll und notwendig. Sie hat dazu der Expertengruppe Finanzstabilität den Auftrag gegeben, eine Analyse zu erstellen und diese der Regierung bis Ende des Jahres 2011 vorzulegen.
Die Regierung beabsichtigt, gegebenenfalls in einem zweiten Schritt einen möglichen Beitritt zur Weltbankgruppe zu prüfen. Für einen Beitritt zur Weltbankgruppe ist die Mitgliedschaft im IWF Voraussetzung;, der Beitritt zum IWF muss dagegen nicht automatisch mit einem Beitritt zur Weltbankgruppe verbunden werden.
Zuständiges Ressort
Ressort Präsidium
Betroffene Amtsstellen und institutionen
Finanzmarktaufsicht
Amt für Auswärtige Angelegenheiten
Stabsstelle für Internationale Finanzplatzagenden
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Vaduz, 19. April 2011
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Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,
Sehr geehrte Frauen und Herren Abgeordnete
Die Regierung gestattet sich, dem Hohen Landtag nachstehende Interpellationsbeantwortung zu unterbreiten.
1.Anlass
Gestützt auf Art. 36 der Geschäftsordnung vom 11. Dezember 1996 für den Landtag des Fürstentums Liechtenstein, LGBl. 1997 Nr.61, reichen die unterzeichnenden Abgeordneten, Johannes Kaiser, Albert Frick, Gerold Büchel, Elmar Kindle, Peter Lampert, Doris Frommelt, Renate Wohlwend, Wendelin Lampert, Manfred Batliner und Rainer Gopp, eine Interpellation betreffend dem Beitritt Liechtensteins zu den Bretton-Woods Institutionen Internationaler Währungsfonds (IWF) und Weltbankgruppe ein und stellen folgende Fragen an die Regierung:
a) Allgemeine Fragen
1. Welches Ressort hat die Verantwortung über die Thematik bezüglich einem Beitritt zu den Bretton-Woods Institutionen inne? Wurde im Vorfeld der
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grundsätzlichen Befürwortung eines IWF-Beitritts durch die Regierung vom 3. Februar 2010 das Ressort Äußeres in die Diskussion eingebunden?
2. Wurde im Vorfeld der grundsätzlichen Befürwortung eines IWF-Beitritts durch die Regierung vom 3. Februar 2010 die Treuhändervereinigung, der Bankenverband, die Industrie- und Handelskammer sowie die Wirtschaftskammer Liechtenstein mit einbezogen und gehört? Wie beurteilen diese Berufsverbände eine Mitgliedschaft Liechtensteins bei den Bretton-Woods Institutionen?
3. Wurden Gespräche über einen Beitritt Liechtensteins zu den Bretton-Woods Institutionen mit der Schweizer Nationalbank geführt? Wenn ja, mit wem? Wie wird ein Beitritt Liechtensteins zu den Bretton-Woods Institutionen von den Vertretern der Schweizer Nationalbank bewertet?
4. Hat die Regierung mit ihrer grundsätzlichen Befürwortung eines IWF-Beitritts ihren Grundsatzentscheid des Jahres 2006, bis auf weiteres keinen internationalen Organisationen mehr beizutreten, damit aufgehoben? Werden von der Regierung weitere Beitritte zu internationalen Organisationen außerhalb der Bretton Woods in Betracht gezogen?
b) Fragen zum Internationalen Währungsfonds (IWF)
5. Von wem wurde der von der Regierung in Auftrag gegebene Evaluationsbericht zum IWF-Beitritt erstellt? Zu welchem Ergebnis kommen die Autoren des Evaluationsberichts?
6. Ist die angekündigte umfassende Kosten-/Nutzenanalyse der Regierung bereits erstellt worden? Wer sind die Autoren dieser Kosten-/Nutzenanalyse? Welche Ergebnisse ergaben sich aus dieser Analyse? Welchen konkreten Nutzen hätte ein IWF-Beitritt Liechtensteins für das Land? Welche konkre-
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ten Nachteile hätten unser Land und die einzelnen Finanzintermediäre ohne Mitgliedschaft im IWF? Ist dadurch ein Standortnachteil zu befürchten?
7. Welcher Stimmrechtsgruppe würde Liechtenstein beitreten und welcher Stimmenanteil hätte Liechtenstein im IWF? Wie teilt sich das Stimmengewicht im IWF grundsätzlich auf? Hätte Liechtenstein garantierten Einsitz in Kommissionen und Arbeitsgruppen des IWF? Inwiefern könnte sich Liechtenstein aktiv beim Entscheidungsfindungsprozess von neuen Standards einbringen?
8. In welchen Ressorts und Bereichen gedenkt die Regierung die IWF-Beitrittskosten von USD 50 Mio. wieder einzusparen? Mit welchen jährlich wiederkehrenden Kosten ist zu rechnen? Welche weiteren Sicherheiten muss Liechtenstein gewährleisten, wenn jene USD 37.5 Mio. , welche auf Abruf bereit gestellt werden müssen, aufgebraucht sind?
9. Welcher zusätzliche Personalaufwand würde mit einem IWF-Beitritt bei der Botschaft in Washington und beim Ressort Äußeres entstehen? Müsste zusätzliches Personal bei der Landesverwaltung und bei der Botschaft in Washington angestellt werden?
c) Fragen zur Weltbankgruppe
10. Zur Weltbankgruppe gehören folgende fünf Institutionen: Die Internationale Bank für Wiederaufbau und Entwicklung, auch Weltbank genannt; Die Internationale Entwicklungsorganisation; Die Internationale Finanz-Corporation; Die Multilaterale Investitions-Garantie-Agentur und das Internationale Zentrum für die Beilegung von Investitionsstreitigkeiten. Evaluiert die Regierung einen Beitritt zu allen fünf Institutionen der Weltbankgruppe oder nur zu einzelnen? Ist es überhaupt möglich, nur einzelnen Institutionen
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der Weltbankgruppe beizutreten? Wenn ja, welche Institutionen bevorzugt die Regierung und aus welchen Gründen?
11. Welche Vorteile für das Land sowie den Finanz- und Wirtschaftsplatz hätte eine Mitgliedschaft Liechtensteins bei den Institutionen der Weltbankgruppe?
12. Mit welchen einmaligen und wiederkehrenden Kosten ist bei einer Mitgliedschaft bei den einzelnen Institutionen der Weltbankgruppe zu rechnen?
13. Hätte ein Beitritt der Institutionen der Weltbankgruppe Auswirkungen auf den Personalbestand bei der Landesverwaltung oder bei der Botschaft in Washington? Wenn ja, welchen?
Begründung
Regierungschef Klaus Tschütscher hat im Rahmen einer Beantwortung einer Kleinen Anfrage im September 2010 angekündigt, dass die Regierung im Rahmen der von ihr am 3. Februar 2010 beschlossenen weiteren Finanzplatz- und Abkommensstrategie grundsätzlich einen Beitritt zu den Bretton-Woods Institutionen Internationaler Währungsfonds (IWF) und Weltbankgruppe befürworte aber in formellem Sinne noch nicht beschlossen habe.
Es sei zum IWF-Beitritt ein ressortinterner Evaluationsbericht erarbeitet worden. Bei der Bewältigung der Finanzkrise spiele der IWF eine zentrale Rolle. Eine liechtensteinische Mitgliedschaft wäre nicht nur der Reputation des Landes zuträglich, sondern würde auch einen grossen praktischen Nutzen bringen. Die Kosten für den Beitritt zum IWF belaufen sich laut Regierungschef Klaus Tschütscher auf USD 50 Mio. Hiervon fielen USD 12.5 Mio. beim Beitritt an. Die restlichen USD 37.5 Mio. seien auf Abruf zu garantieren.
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Darüber hinaus führte der Regierungschef aus, einen möglichen Beitritt zur Weltbankgruppe auch aus finanziellen und Ressourcengründen, erst zu einem späteren Zeitpunkt zu evaluieren. Zur Weltbankgruppe gehören fünf Organisationen, die jeweils eine eigene Rechtspersönlichkeit besitzen. Dies sind:
a) Die internationale Bank für Wiederaufbau und Entwicklung, auch Weltbank genannt.
b) Die Internationale Entwicklungsorganisation
c) Die Internationale Finanz-Corporation
d) Die Multilaterale Investitions-Garantie-Agentur
e) Das Internationale Zentrum für die Beilegung von Investitionsstreitigkeiten
Stichwörter
Inter­pel­la­ti­ons­be­ant­wor­tung, IWF-Beitritt
IWF-Bei­tritt, Interpellationsbeantwortung