Bericht und Antrag der Regierung an den Landtag des Fürstentums Liechtenstein
betreffend die Schaffung eines Mediengesetzes sowie die Abänderung weiterer Gesetze
(Gesetz über den Liechtensteinischen Rundfunk, Gesetz betreffend die Errichtung einer Liechtensteinischen Landesbibliothek, Gesetz über die Information der Bevölkerung (Informationsgesetz), Gesetz über den elektronischen Geschäftsverkehr)
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Die medienrelevante Rechtslage steht vor dem Hintergrund der epochalen Veränderungen in der Medienwelt und des damit verbundenen Anbruchs eines sog. "Informationszeitalters" weltweit vor neuen Herausforderungen, denen sich auch die liechtensteinische Rechtsordnung zu stellen hat. Darüber hinaus kommt im Falle Liechtensteins hinzu, dass insbesondere das (private) Rundfunkrecht, die Medienförderung sowie die Rechte und Pflichten der Medienschaffenden einer dringenden Regelung bzw. Neuregelung bedürfen. Schliesslich leidet das liechtensteinische Medienrecht an Zersplitterung und Unübersichtlichkeit, weshalb ausserdem ein dringendes Bedürfnis nach Harmonisierung und Systematisierung besteht.
Diesen Handlungsbedarf erkennend, hat die Regierung mit 1. Juli 2003 beschlossen, das Medienrecht in seiner Gesamtheit einer Totalrevision zu unterziehen und zu diesem Zwecke einer interdisziplinären Arbeitsgruppe den Auftrag zur Ausarbeitung eines Konzeptes für eine neue und zeitgemässe Mediengesetzgebung in Liechtenstein erteilt.
Das umfangreiche Konzept der Arbeitsgruppe wurde der Regierung nach intensiver Arbeit im März 2004 präsentiert, woraufhin die umgehende Ausarbeitung einer einschlägigen Vernehmlassungsvorlage, die auf dem in Rede stehenden Konzept aufbaut, beschlossen und umgesetzt wurde.
Die ausgearbeitete Vernehmlassungsvorlage wiederum erfasste den gesamten (inhaltsbezogenen) Bereich des Medienrechts und gliederte sich zunächst in eine Hauptvorlage betreffend ein Mediengesetz sowie vier Nebenvorlagen betreffend die Anpassung medienrelevanter Bestimmungen in anderen Gesetzen.
An der Vernehmlassung selbst beteiligten sich insgesamt 26 Personen bzw. Institutionen, die die grundsätzliche Schaffung eines Mediengesetzes einhellig begrüssten und zu verschiedensten Bestimmungen Kommentare, Abänderungs- oder Ergänzungsvorschläge erstatteten.
Nach Ablauf der Vernehmlassungsfrist wurden die Ergebnisse der Vernehmlassung ausgewertet und unter Einbezug der einschlägigen Arbeitsgruppe beraten sowie - ihre Berücksichtigungswürdigkeit vorausgesetzt - in die gegenständliche Regierungsvorlage eingearbeitet, deren Konzept und
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Systematik mit der Vernehmlassungsvorlage übereinstimmt.
Die Hauptvorlage als solche umfasst daher entsprechend den konzeptionellen Ergebnissen der Arbeitsgruppe einen Allgemeinen Teil (I.), der für sämtliche Medien im Sinne des Gesetzes gilt und u.a. die grundlegenden Rechte und Pflichten der Medien regelt, sowie einen Besonderen Teil (II.), der ergänzende Spezialvorschriften für einzelne Mediengattungen, insbesondere den Rundfunk, enthält. Des Weiteren ist der Förderung der Medien (III.), der Organisation und Durchführung (IV.), den Strafbestimmungen (V.) sowie den Übergangs- und Schlussbestimmungen (VI.) je ein eigener Teil gewidmet.
Die inhaltlichen Schwerpunkte des Mediengesetzes sind die Schaffung eines modernen Medienbegriffes, die Stärkung der Rechte der Medien und Medienschaffenden, die Normierung der Aufgaben und Pflichten der Medien in der sog. Informationsgesellschaft sowie Stärkung und Ausbau des Persönlichkeitsschutzes. Dabei wurde der Transparenz und der Modernisierung des Medienrechts Rechnung getragen. Die spezifisch liechtensteinische Form der Medienförderung wurde im Lichte der gemachten Erfahrungen und im Hinblick auf eine Effizienzsteigerung neu ausgerichtet.
Die Regierungsvorlage deckt damit den gesamten Bereich der medieninhaltsrelevanten Rechtslage in Liechtenstein ab, ergänzt und modernisiert diese und dient darüber hinaus der Umsetzung einschlägiger europarechtlicher Vorgaben.
Zuständiges Ressort
Ressort Verkehr und Kommunikation
Betroffene Amtstellen
Amt für Kommunikation
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Abgekürzte ausländische Rechtsvorschriften
(bzw. Entwürfe)
bwLMedienG | Landesmediengesetz Baden-Württemberg (LMedienG) vom 19. Juli 1999 (GBl. S. 273) idgF; |
dLPG | (deutsche) Landespressegesetze idgF (Paragraphenzitate beziehen sich auf materiell grundsätzlich idente Normen derselben); |
dJMStV | (deutscher) Staatsvertrag über den Schutz der Menschenwürde und den Jugendschutz in Rundfunk und Telemedien (Jugendmedienschutz-Staatsvertrag - JMStV) vom 10./27. September 2002 idgF; |
dMDStV | (deutscher) Staatsvertrag über Mediendienste (Mediendienste-Staatsvertrag - MDStV) vom 20. Januar/12. Februar 1997 idgF; |
dRStV | (deutscher) Staatsvertrag über den Rundfunk im vereinten Deutschland vom 31.8.1991 idgF; |
öMedienG | (österreichisches) Bundesgesetz vom 12. Juni 1981 über die Presse und andere Publizistische Medien (Mediengesetz), BGBl. 1981/314 idgF; |
öMedienG-ME(österreichischer) Ministerialentwurf eines Bundesgesetzes mit dem das Bundesgesetz vom 12. Juni 1981 über die Presse und andere Publizistische Medien (Mediengesetz) geändert wird vom 8. Juni 2004 (174/ME XXII. GP) unter Berücksichtigung dazu erstatteter Stellungnahmen;
öPresseFG | (österreichisches) Bundesgesetz über die Förderung der Presse (Presseförderungsgesetz 2004 - PresseFG 2004), BGBl. I 2003/136 idgF; |
öPrR-G | (österreichisches) Bundesgesetz, mit dem Bestimmungen für privaten Hörfunk erlassen werden (Privatradiogesetz - PrR-G), BGBl I 2001/20 idgF; |
öPrTV-G | (österreichisches) Bundesgesetz, mit dem Bestimmungen für privates Fernsehen erlassen werden (Privatfernsehgesetz - PrTV-G), BGBl I 2001/84 idgF; |
SMG | Saarländisches Mediengesetz vom 27. Februar 2002 (Amtsbl. S. 498) idgF; |
sRTVG2002 | (schweizerischer) Entwurf eines Bundesgesetzes über Radio und Fernsehen vom 18. Dezember 2002 idF des Beschlusses des Nationalrats vom 18. März 2004. |
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Vaduz, 28. September 2004
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Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,
Sehr geehrte Frauen und Herren Abgeordnete
Die Regierung gestattet sich, dem Hohen Landtag nachstehenden Bericht und Antrag betreffend die Schaffung eines Mediengesetzes sowie die Abänderung weiterer Gesetze zu unterbreiten.
Wiewohl im deutschsprachigen Schrifttum
1 die Einheitlichkeit und damit die Selbständigkeit der Materie "Medienrecht" überwiegend verneint und stattdessen von einer Querschnittsmaterie medienrelevanter Gebiete des Zivil-, Straf- und Staatsrechts ausgegangen wird, hat sich der Begriff des Medienrechts v.a. unter dem Eindruck der stetig zunehmenden Bedeutung sowie Konvergenz bzw. Vernetzung der Medien
2 und dem damit verbundenen, viel beschworenen Wandel zu einer mediengeprägten Informationsgesellschaft mittlerweile soweit verfestigt, -
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dass er zur übergreifenden Umschreibung des Gegenstandes dieses Bericht und Antrags durchaus geeignet erscheint und den überkommenen Begriffen des Presse-, Radio- und Fernseh- bzw. Multimediarechts vorzuziehen ist
3.
Gegenstand des in Rede stehenden Bericht und Antrags ist daher das Recht der Medien insoweit, als es die medieninhaltsrelevanten Bereiche des Zivil-, Straf- und Verwaltungsrechts umfasst, während Fragen der Verbreitungstechnik der Kommunikationsgesetzgebung überlassen werden.
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1 |
Etwa Paschke, Medienrecht2, Rz 3 mwN; Petersen, Medienrecht, Rz 2, 21 ff, dagegen schlägt ob der behaupteten Unschärfe des Begriffs der Querschnittsmaterie einen perspektivischen Ansatz vor.
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2 |
So die Bezeichnungen der gegenwärtigen Situation durch die beiden Hauptströmungen im Schrifttum, die sich mittlerweile beinahe zu Glaubensfragen entwickelt haben; Vesting in Hahn/Vesting (Hrsg), Rundfunkrecht, V f, Einf. Rz 61 ff mwN.
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3 |
Vgl. zum Begriff des Presserechts Löffler/Ricker, Presserecht4, 1 ff; zum Begriff des Rundfunkrechts Herrmann/Lausen, Rundfunkrecht2, § 2 Rz 1 ff jeweils mwN.
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