Berichte und Anträge
Regierungskanzlei (RK)
BuA - Nummer
2007 / 104
Zurück Druckansicht Dokument als PDF Navigation anzeigen
Ein­lei­tung
I.Bericht der Regierung
1.Anlass und Ausgangslage
2.Schwer­punkte des Abkommens
3.Ver­fas­sungs­mäs­sig­keit / Rechtliches
4.Per­so­nelle, finan­zi­elle, orga­ni­sa­to­ri­sche und räum­liche Auswirkungen
II.ANTRAG DER REGIERUNG
III.Regie­rungs­vor­lage
Grüner Teil
Grüner Teil
Grüner Teil
Grüner Teil
Grüner Teil
Grüner Teil
Grüner Teil
Grüner Teil
Grüner Teil
Grüner Teil
 
Bericht und Antrag der Regierung an den Landtag des Fürstentums Liechtenstein
betreffend das Übereinkommen über die Beteiligung von Bulgarien und Rumänien am Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) vom 25. Juli 2007 
Teil II:
6
Auf den 1. Januar 2007 wurde die Europäische Union (EU) und damit ihr Binnenmarkt um zwei neue Mitgliedstaaten, Bulgarien und Rumänien, erweitert. Zur Gewährleistung der Homogenität des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) mit den entsprechenden Binnenmarktbestimmungen der Europäischen Gemeinschaft (EG) ist eine parallele Erweiterung des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum vom 2. Mai 1992 (EWRA) um die zwei neuen EU-Mitglieder unabdingbar. Artikel 128 EWRA sieht dies auch ausdrücklich vor.
Die Verhandlungen zum Übereinkommen über die Beteiligung der Republik Bulgarien und Rumäniens am EWR verliefen eher schleppend und wurden erst am 5. Juli 2006 eröffnet. Am 27. April 2007 wurden die Abkommenstexte von den Verhandlungsleitern paraphiert und am 25. Juli 2007 in Brüssel unterzeichnet. Die Regierung hat unmittelbar nach der Unterzeichnung des Abkommens auf der Grundlage des vom Landtag in seiner Sitzung am 24. November 2006 verabschiedeten Gesetzes1 die provisorische Anwendung des Erweiterungsabkommens ab 1. August 2007 beschlossen bzw. vereinbart.2
Die Resultate in den verschiedenen Verhandlungsbereichen (Finanzbeiträge der EWR/EFTA-Staaten, Fisch/Meeresprodukte, Landwirtschaft und Personenverkehr) können aus liechtensteinischer Sicht als zufriedenstellend bezeichnet werden. Im Bereich Personenverkehr ist es Liechtenstein weiterhin gestattet, den Zuzug von EWR-Staatsangehörigen nach Liechtenstein im Sinne der bestehenden Quotenregelung zu begrenzen. In den Verhandlungen konnte ausserdem erreicht werden, dass die Verlängerung der Personenverkehrslösung zusätzlich durch eine in der Schlussakte aufgeführte gemeinsame Erklärung "vorgespurt" wurde.
Die Regierung bewertet die Erweiterung der EU und des EWR um Bulgarien und Rumänien als positiv. Ihre Aufnahme trägt zur Stabilität Gesamteuropas bei,
7
nachdem sich diese beiden strategisch wichtig positionierten Länder in Südosteuropa stärker in die europäische Zusammenarbeit integrieren und EU-Standards übernehmen. Zudem wird der Binnenmarkt um zwei Staaten erweitert, die ein verhältnismässig hohes Wirtschaftswachstum aufweisen. Es gibt zwar noch in beiden Ländern Probleme bei der Einhaltung gewisser Normen des EU-Rechtsbestandes. Beide befinden sich auf einem relativ geringen wirtschaftlichen Entwicklungsstand, was schliesslich auch zu hohen Finanzbeiträgen der EWR/EFTA-Staaten führt. Wie bei der Erweiterung 2004, bestehen aber gute Chancen, die bestehenden Probleme sukzessive zu verringern. Eine andere Lösung als der volle Beitritt Bulgariens und Rumäniens zum EWRA wäre in Anbe tracht der Notwendigkeit der Homogenität des Binnenmarktes ohnehin nicht möglich gewesen.
Zu den Auswirkungen des EWR-Erweiterungsabkommens in den verschiedenen Bereichen lassen sich die folgenden Punkte festhalten:
Aus dem EWR-Erweiterungsabkommen entsteht kein unmittelbarer rechtlicher Anpassungsbedarf im Sinne des Erlasses neuer Gesetze. Die notwendige Anpassung der liechtensteinischen Personenverkehrsverordnung ist bereits vorab erfolgt. Der Ratifikation des EWR-Erweiterungsabkommens stehen keine Bestimmungen der Verfassung entgegen.
Ebenso bringt das EWR-Erweiterungsabkommen keine direkten personellen, organisatorischen oder räumlichen Auswirkungen mit sich.
Finanzielle Konsequenzen ergeben sich für Liechtenstein ausschliesslich aus der Beteiligung an den Finanzbeiträgen der EWR/EFTA-Staaten. Für die verbleibende Laufzeit des EWR-Finanzmechanismus, also bis zum 30. April 2009, sollen insgesamt 72 Millionen Euro zur Verfügung gestellt werden, wovon 21.5 Millionen Euro an Bulgarien und 50.5 Millionen Euro an Rumänien gehen. Da die Gelder für den Zeitraum ab EU-Beitritt der beiden Länder gesprochen wurden (1.1.2007) und somit einen Zeitraum von 28 Monaten umfassen, ergibt sich daraus umgerechnet eine jährliche Beteiligung von 30.85 Millionen Euro. Die für Liechtenstein anfallende Beteiligung an den Kosten richtet sich nach dem EFTA-internen Verteilschlüssel. Der Anteil Liechtensteins im Jahr 2007 beläuft sich auf 1.01%. Legt man auch für die restliche Periode des Finanzmechanismus diesen
8
Anteil zugrunde, ergibt sich für Liechtenstein eine neue Finanzverpflichtung für den Zeitraum 1.1.2007-30.4.2009 von insgesamt rund 730'000 Euro oder 312'000 Euro pro Jahr. Bei einem angenommenen Wechselkurs von 1.65 resultiert daraus eine Verpflichtung von insgesamt 1'200'000 CHF (514'300 CHF/Jahr). Die Regierung beantragt daher die Genehmigung eines entsprechenden Finanzbeschlusses.
Zuständige Ressorts
Ressorts Äusseres, Präsidium, Finanzen, Wirtschaft
Betroffene Amtsstellen
Mission des Fürstentums Liechtenstein bei der Europäischen Union in Brüssel, Stabsstelle EWR, Amt für Auswärtige Angelegenheiten, Ausländer- und Passamt
Vaduz, 25. September 2007
P
Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,
Sehr geehrte Frauen und Herren Abgeordnete
Die Regierung gestattet sich, dem Hohen Landtag nachstehenden Bericht und Antrag betreffend das Übereinkommen über die Beteiligung von Bulgarien und Rumänien am Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) vom 25. Juli 2007 zu unterbreiten.



 
1Bericht und Antrag Nr. 128/2006: Gesetz vom 24. November 2006 betreffend die vorläufige Anwendung des Übereinkommens über die Beteiligung Bulgariens und Rumäniens am Europäischen Wirtschaftsraum (EWR), LGBl. 2006 Nr. 298.
 
2Abkommen in Form eines Briefwechsels zwischen der Europäischen Gemeinschaft und dem Fürstentum Liechtenstein über die vorläufige Anwendung des Übereinkommens über den Beitritt die Beteiligung der Republik Bulgarien und Rumäniens am Europäischen Wirtschaftsraum und die vorläufige Anwendung der vier Nebenabkommen vom 25. Juli 2007.
 
1.Anlass und Ausgangslage
Auf den 1. Januar 2007 wurde die Europäische Union (EU) und damit ihr Binnenmarkt um zwei neue Mitgliedstaaten, Bulgarien und Rumänien, erweitert. Zur Gewährleistung der Homogenität des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) mit den entsprechenden Binnenmarktbestimmungen der Europäischen Gemeinschaft (EG) ist eine parallele Erweiterung des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum vom 2. Mai 1992 (EWRA) um die zwei neuen EU-Mitglieder unabdingbar. Artikel 128 EWRA sieht dies auch ausdrücklich vor.
Gemäss Artikel 1 des EWRA ist dessen Ziel:
" ... eine beständige und ausgewogene Stärkung der Handels- und Wirtschaftsbeziehungen zwischen den Vertragsparteien unter gleichen Wettbewerbsbedingun-
10
gen und die Einhaltung gleicher Regeln zu fördern, um einen homogenen Europäischen Wirtschaftsraum zu schaffen."
Diese Homogenität des EWR, die eine Anpassung der nationalen Regeln der drei EFTA-Staaten an die Regeln des EU-Binnenmarktes beinhaltet und diesen somit auf die Märkte der drei EFTA-Staaten ausdehnt, verlangt andererseits, dass sämtliche neuen Mitglieder der EU und damit des EU-Binnenmarktes auch am EWR teilnehmen. Ein entsprechendes Beitrittsverfahren ist in Artikel 128 EWRA geregelt.
Seit ihrer Gründung 1957 hat sich die EU in sechs sog. Erweiterungsrunden von ursprünglich sechs Mitgliedstaaten auf heute 27 erweitert. Nach Inkrafttreten des EWRA im Jahr 1994 fanden die letzten drei dieser Erweiterungen statt:
1995 traten drei EFTA-Staaten (Finnland, Österreich, Schweden) der EU bei. Dies führte nicht zu einer gleichzeitigen Erweiterung des EWR, da diese drei Staaten bereits EWR-Mitglieder waren.
Am 1. Mai 2004 wurden zehn neue Mitglieder - Estland, Lettland, Litauen, Malta, Polen, Slowakei, Slowenien, Tschechien, Ungarn, Zypern - in die EU aufgenommen. Gleichzeitig traten diese Staaten auch dem EWRA bei (siehe dazu Bericht und Antrag Nr. 2/2004). Die Bedingungen, zu denen diese zehn Länder dem EWRA beitraten, entsprachen, soweit anwendbar, weitgehend denjenigen ihres EU-Beitritts. So wurden insbesondere die gleichen Übergangsfristen und Bedingungen der aus dem Binnenmarkt-Rechtsbestand resultierenden Verpflichtungen vorgesehen. In diesem Zusammenhang sind die gegenüber den neuen Ländern bestehenden Beschränkungen des Personenverkehrs von besonderer Bedeutung. Die spezifisch liechtensteinische Personenverkehrsregelung im EWR wurde neu formuliert und verlängert. EWR-spezifisch waren bei der Erweiterung 2004 die Vereinbarungen über die Finanzbeiträge der EFTA-Staaten zur Verringerung der wirtschaftlichen und sozialen Ungleichheiten zwischen den EWR-Ländern bzw. deren Regionen sowie die Handelsbedingungen für Fisch- und andere Meereser-
11
zeugnisse zwischen Island und Norwegen einerseits und den zehn Beitrittsländern andererseits. Auch wenn die finanziellen Verpflichtungen der EWR/EFTA-Staaten durch dieses Abkommen von 2004 aufgrund der verhältnismässig armen Regionen in den Beitrittsstaaten erheblich sind, so hat sich diese grosse Erweiterung bisher als weitgehend problemlos herausgestellt. Die Marktchancen in diesem ausgedehnten Binnenmarkt konnten erheblich ausgeweitet werden.
Wie im Bericht und Antrag Nr. 2/2004 erwähnt, gehörten grundsätzlich auch Bulgarien und Rumänien zu dieser Erweiterungsrunde. Wegen grösserer politischer und wirtschaftlicher Probleme in Bulgarien und Rumänien war es offensichtlich, dass für diese beiden Länder nur ein späterer Beitritt in Frage kommen würde. Nach längeren Verhandlungen gelang es erst 2005, die beiden EU-Beitrittsverträge zu unterzeichnen und das Beitrittsdatum vom 1. Januar 2007 vorzusehen. Zu dieser verspäteten Freigabe des Beitrittsdatums durch die EU im Oktober 2006 hatten nicht zuletzt Mängel in der Justizverwaltung und in der Kriminalitätsbekämpfung geführt. Die Beitrittsbedingungen entsprechen dennoch weitgehend jenen der Erweiterung 2004. Insbesondere die Übergangsregelungen im Personenverkehr sind nicht wesentlich unterschiedlich. Es sei daran erinnert, dass die Mitgliedschaft in der Europäischen Union grundsätzlich die vollständige Übernahme der bestehenden Rechtsvorschriften der EU, dem so genannten Acquis Communautaire, zum Zeitpunkt des Beitritts umfasst.
Dies umfasst auch die Verpflichtung, bestehende Verträge der EG mit Drittstaaten zu übernehmen bzw. diesen beizutreten. Soweit es den Binnenmarkt betrifft, sind die Rechtsverpflichtungen der EG und des EWR weitgehend gleich lautend. Das Beitrittsverfahren zum EWR ist in Artikel 128 EWRA folgendermassen geregelt:
"1. Jeder europäische Staat, der Mitglied der Gemeinschaft wird, beantragt, und jeder europäischer Staat, der Mitglied der EFTA wird, kann beantragen, Vertragspartei dieses Abkommens zu werden. Er richtet seinen Antrag an den EWR-Rat.
12
3. Die Bedingungen für eine solche Beteiligung werden durch ein Abkommen zwischen den Vertragsparteien und dem antragstellenden Staat geregelt. Das Abkommen bedarf der Ratifikation oder Genehmigung durch alle Vertragsparteien nach ihren eigenen Verfahren."
LR-Systematik
0..1
0..11
6
61
612
LGBl-Nummern
2007 / 352
2007 / 345
Landtagssitzungen
24. Oktober 2007
Stichwörter
EU-Erwei­te­rung Bul­ga­rien, Rumänien
EWR, EU-Erwei­te­rung, Bul­ga­rien, Rumänien
EWR-Abkommen, Betei­li­gung, Bul­ga­rien, Rumänien
EWR-Abkommen, EWRA, Bul­ga­rien, Rumänien
EWR-Abkommen, vor­läu­fige Anwendung