Bericht und Antrag der Regierung an den Landtag des Fürstentums Liechtenstein
betreffend die Abänderung des Gemeindegesetzes sowie weiterer Gesetze (Polizeigesetz, Landesverwaltungspflegegesetz) zur Regelung der Gemeindepolizei
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Die Befugnisse der Gemeindepolizei sind derzeit nur vereinzelt in verschiedenen Rechtsvorschriften geregelt, es fehlt jedoch an einer klaren gesetzlichen Grundlage, was allgemein als Defizit empfunden und aus rechtsstaatlicher Sicht zusehends als problematisch erachtet wird. Da es sich bei den Gemeindepolizisten um Gemeindebedienstete handelt, sollen die Bestimmungen zur Regelung der Gemeindepolizei in das entsprechende Kapitel im Gemeindegesetz aufgenommen werden. Die Aufgaben und Befugnisse der Gemeindepolizisten werden klar definiert und im Detail aufgeführt, so dass insbesondere auch die Abgrenzung zur Tätigkeit der Landespolizei ersichtlich ist und das Zusammenwirken der beiden Organe verdeutlicht wird. Explizit geregelt werden sollen auch die in der Praxis teilweise bereits bestehenden und bewährten Kooperationen zwischen einzelnen Gemeinden. Auch soll es den Gemeinden möglich sein, private Sicherheitsfirmen mit gewissen Tätigkeiten zu beauftragen. Diesen privaten Sicherheitsdiensten stehen jedoch keine polizeilichen Befugnisse zu, da eine Delegation hoheitlicher Aufgaben gemäss Verfassung nicht zulässig ist. Weiter wird vorgeschlagen, dass die Gemeindepolizisten zum Zweck der Notwehr und Notwehrhilfe mit einer Schusswaffe ausgerüstet werden können, wenn die jeweilige Gemeinde dies aufgrund einer entsprechenden Gefahrenanalyse zur Aufgabenerfüllung als notwendig erachtet. Mit der gegenständlichen Vorlage soll eine klare, zeitgemässe und praxistaugliche gesetzliche Grundlage für die Tätigkeit der Gemeindepolizisten geschaffen werden.
Zuständiges Ministerium
Ministerium für Inneres, Justiz und Wirtschaft
Betroffene Stellen
Gemeinden
Landespolizei
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Vaduz, 30. August 2016
LNR 2016-1113
Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,
Sehr geehrte Frauen und Herren Abgeordnete
Die Regierung gestattet sich, dem Hohen Landtag nachstehenden Bericht und Antrag betreffend die Abänderung des Gemeindegesetzes sowie weiterer Gesetze (Polizeigesetz, Landesverwaltungspflegegesetz) zur Regelung der Gemeindepolizei an den Landtag zu unterbreiten.
Die Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit gehört zu den ureigenen Aufgaben des Staates. So sind auch die Gemeindepolizisten ein fester Bestandteil im Organisationsgefüge der Gemeinden und verrichten eine Vielzahl unterschiedlichster Aufgaben. Sicherheit als kollektives Grundbedürfnis ist eine dynamische Grösse und die Faktoren, die das subjektive Sicherheitsgefühl beeinflussen, sind äusserst vielfältig. Zweifellos kann die örtliche Polizeipräsenz das subjektive Sicherheitsempfinden anheben. Auch kann angesichts der aktuellen Entwicklungen festgehalten werden, dass das Sicherheitsbedürfnis der Bevölkerung tendenziell zunimmt. Gleichzeitig erhöhen sich auch Umfang und Komplexität der Sicherheitsaufgaben. Vor diesem Hintergrund sehen sich auch die Gemeinden im si-
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cherheitspolitischen Umfeld mit immer neuen Herausforderungen und umfassenderen Fragestellungen konfrontiert.
Dass die Befugnisse der Gemeindepolizisten nach geltender Rechtslage nicht einheitlich geregelt, sondern nur vereinzelt in verschiedenen Rechtsvorschriften abgebildet sind, wird deshalb vermehrt als Defizit und aus rechtlicher Sicht als problematisch erachtet. Zur Beseitigung der bestehenden Rechtsunsicherheiten bedarf es daher einer klaren gesetzlichen Grundlage für die Tätigkeit der Gemeindepolizisten. Der Begriff der "Ortspolizei" ist in Art. 110 Abs. 2 Bst. b der Verfassung
1 verankert. Demnach sind in den Gemeindegesetzen die Grundzüge der Handhabung der Ortspolizei unter Aufsicht der Landesregierung festzulegen. Gemäss Art. 12 Abs. 2 Bst. h Gemeindegesetz (GemG)
2 fallen die Aufrechterhaltung von Ruhe, Sicherheit und Ordnung in den eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde. Art. 10 GemG sieht vor, dass die Gemeinden, soweit nicht gesetzliche Bestimmungen entgegenstehen, Vorschriften zur Abwehr oder Beseitigung von Missständen erlassen können, die das örtliche Gemeinschaftsleben stören. Nach Art. 52 Abs. 4 GemG steht der Gemeindevorsteher der örtlichen Polizei vor und sorgt für Ruhe, Sicherheit und Ordnung. Er trifft die dazu nötigen Anordnungen und verhängt aufgrund gesetzlicher oder ortspolizeilicher Vorschriften Bussen. Wesentlich geläufiger und ebenfalls rechtlich verankert ist der Begriff der Gemeindepolizei. Im Polizeigesetz (PolG)
3 wird diesbezüglich in Art. 1 Abs. 2 PolG festgehalten, dass für die Gemeindepolizei besondere Vorschriften gelten und die Landespolizei sowie die Gemeindepolizei sich gegenseitig unterstützen. In Art. 73 Abs. 4 der Verordnung über den Dienstbetrieb und die Organisation der -
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Landespolizei (PolDOV)
4 wird ausgeführt, dass die Gemeindepolizeien den Schriftzug "Gemeindepolizei" verwenden. Explizite Befugnisse der Ortspolizei (u.a. polizeiliche Verwahrung, Waffengebrauch, Beschlagnahme) sind in den Art. 110 ff. des Gesetzes über die allgemeine Landesverwaltungspflege (LVG)
5 (Verwaltungszwangsverfahren) normiert. Das LVG stammt jedoch aus dem Jahre 1922 und stellt aus heutiger Sicht keine taugliche gesetzliche Grundlage für das Handeln der Gemeindepolizisten mehr dar.
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1 | LGBl. 1921 Nr. 15. |
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2 | LGBl. 1996 Nr. 76. |
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3 | LGBl. 1989 Nr. 48. |
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4 | LGBl. 2000 Nr. 195. |
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5 | LGBl. 1922 Nr. 24. |
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