Stellungnahme der Regierung an den Landtag des Fürstentums Liechtenstein
zu den anlässlich der ersten Lesung betreffend die Abänderung des Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches (Arbeitsvertragsrecht), des Familienzulagengesetzes, des Krankenversicherungsgesetzes sowie weiterer Gesetze aufgeworfenen Fragen
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In seiner Sitzung vom 8. März 2024 hat der Landtag die Regierungsvorlage betreffend die Abänderung des Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches (Arbeitsvertragsrecht), des Familienzulagengesetzes, des Krankenversicherungs-gesetzes sowie weiterer Gesetze zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/1158 in erster Lesung beraten. Das Eintreten auf die Gesetzesvorlage war unbestritten und wurde einhellig beschlossen.
Mit der vorliegenden Stellungnahme beantwortet die Regierung die anlässlich der ersten Lesung aufgeworfenen Fragen, soweit sie nicht bereits anlässlich der Landtagsdebatte vom zuständigen Regierungsmitglied beantwortet wurden.
Auf Grundlage der Diskussion im Landtag anlässlich der ersten Lesung werden in der gegenständlichen Gesetzesvorlage verschiedene Anpassungen vorgeschlagen. Diese betreffen insbesondere die Überführung des Mutterschafts- und Vaterschaftsgeldes von der Krankenversicherung in die Familienausgleichskasse (FAK-Anstalt). Damit kann die Motion der DpL vom 8. April 2019 zur "Neuregelung der Taggeldversicherung bei Mutterschaft" abgeschrieben und eine langjährige Forderung der Wirtschaftskammer und des Liechtensteiner Krankenkassenverbands erfüllt werden.
Bezüglich Finanzierung hat ein Prognosemodell der FAK-Anstalt gezeigt, dass ein zusätzlicher Finanzierungsbeitrag von rund 0.2% der AHV-pflichtigen Lohnsumme ausreichend ist, um die Kasse unter Berücksichtigung der neuen Leistungen (Mutterschafts-, Vaterschafts- und Elterngeld sowie die erhöhten Familienzulagen gemäss der Initiative der FBP vom 4. September 2023 zur "Erhöhung der Familienzulagen der Familienausgleichskasse FAK") langfristig stabil zu halten, wenn auch auf tieferem Niveau als bisher.
Zur Mitfinanzierung der Leistungen, welche neu von der FAK-Anstalt ausgerichtet werden sollen (Mutterschafts-, Vaterschafts- und Elterngeld), schlägt die Regierung einen Arbeitnehmerbeitrag in Höhe von 0.2% des Lohns vor. Dieser Beitrag berücksichtigt den bereits im Bericht und Antrag Nr. 13/2024 vorgesehenen Beitragssatz für das Elterngeld in Höhe von 0.1% sowie den bestehenden Arbeitnehmerbeitrag für das Mutterschaftsgeld im Rahmen der Krankenversicherung (0.1%). Durch die Überführung des Mutterschaftsgeldes in
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die FAK-Anstalt wird es umgekehrt zu einer Entlastung bei den Prämien für die Krankenversicherung kommen. Konkret heisst das, dass sich der Arbeitnehmerbeitrag infolge der zusätzlichen Leistungen um insgesamt rund 0.1% erhöhen wird. Die Arbeitgeber finanzieren mit einem FAK-Beitrag von 1.9% nach wie vor den Hauptanteil der Leistungen aus der FAK-Anstalt.
Zudem werden die Übergangsbestimmungen für den Bezug der Elternzeit, der Mutterschaftszeit im Falle des Todes des anderen Elternteils, der ordentlichen Vaterschaftszeit und der Vaterschaftszeit im Falle des Todes der Mutter im Sinne des EWR-Rechts konkretisiert.
Auch wird klargestellt, dass Unfälle während der Elternzeit als Nichtbetriebsunfälle gelten mit der Folge, dass es keine Abgrenzungsfragen zwischen Betriebsunfällen und Nichtbetriebsunfällen gibt.
Schliesslich schlägt die Regierung vor, das Inkrafttreten der Vorlage auf den 1. Januar 2026 zu verschieben. Die Überführung des Mutterschafts- und Vaterschaftsgeldes in die Familienausgleichskasse bedingt umfangreiche Systemanpassungen bei der AHV-IV-FAK, unter anderem die Einführung eines Taggeldsystems sowie Anpassungen im Zuge der ohnehin anstehenden Erneuerung des IT-Systems. Ebenso soll den Unternehmen ausreichend Vorbereitungszeit gegeben werden, um organisatorische Vorkehrungen für bevorstehende Abwesenheiten aufgrund von Eltern- und Vaterschaftszeit zu treffen und entsprechende versicherungsrechtliche Fragen zu klären.
Zuständiges Ministerium
Ministerium für Inneres, Wirtschaft und Umwelt (federführend)
Ministerium für Gesellschaft und Kultur
Betroffene Stellen
Amt für Volkswirtschaft
Amt für Gesundheit
AHV-IV-FAK-Anstalten
Amt für Soziale Dienste
Stabsstelle EWR
Finanzmarktaufsicht Liechtenstein
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Vaduz, 08. Oktober 2024
LNR 2024-1509
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Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,
Sehr geehrte Frauen und Herren Abgeordnete
Die Regierung gestattet sich, dem Hohen Landtag nachstehende Stellungnahme zu den anlässlich der ersten Lesung betreffend die Abänderung des Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches (Arbeitsvertragsrecht), des Familienzulagengesetzes, des Krankenversicherungsgesetzes sowie weiterer Gesetze (Bericht und Antrag Nr. 13/2024) aufgeworfenen Fragen zu unterbreiten.
An der Landtagssitzung vom 8. März 2024 hat der Landtag den Bericht und Antrag Nr. 13/2024 betreffend die Abänderung des Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches (Arbeitsvertragsrecht), des Familienzulagengesetzes, des Krankenversicherungsgesetzes sowie weiterer Gesetze in erster Lesung beraten. Das Eintreten erfolgte mit einhelliger Zustimmung.
Neben spezifischen Fragen zu einzelnen Artikeln wurde in der Eintretensdebatte vor allem der Vorschlag sehr kontrovers diskutiert, die Leistung bei Vaterschaftszeit, analog dem bestehenden Mutterschaftstaggeld, über das
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Krankenversicherungsgesetz zu gewähren. Es wurde eine paritätische Finanzierung des Mutterschaftstaggeldes und der bezahlten Vaterschaftszeit gefordert, die, so die weitgehend einhelligen Vorstellungen der Abgeordneten, idealerweise über die Familienausgleichskasse erfolgen sollte.
Ebenfalls zu zahlreichen kritischen Wortmeldungen Anlass gab die Umsetzung der DpL-Motion vom 8. April 2019 zur "Neuregelung der Taggeldversicherung bei Mutterschaft". Diese Motion hat eine gleichmässige Verteilung der Prämien für das Mutterschaftstaggeld auf alle Versicherten bzw. Kollektive zum Ziel. Hin-sichtlich der Geeignetheit des konkret vorgeschlagenen Modells wurden jedoch sowohl von der Regierung als auch von mehreren Abgeordneten Bedenken geäussert.