Bericht und Antrag der Regierung an den Landtag des Fürstentums Liechtenstein
betreffend das Übereinkommen von Minamata über Quecksilber vom 10. Oktober 2013
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Am 10. Oktober 2013 haben 92 Staaten in Kumamoto (Japan) das Übereinkommen von Minamata über Quecksilber verabschiedet. Das Übereinkommen legt völkerrechtlich verbindliche Regeln für den Umgang mit und die Verwendung von Quecksilber fest und bekämpft auf globaler Ebene die gefährlichen Auswirkungen von Quecksilber und dessen Verbindungen. Dank des Übereinkommens wird der Einsatz von Quecksilber im Wirtschafts- und Stoffkreislauf so weit wie möglich reduziert. Für das verbleibende Quecksilber werden Regeln zum Schutz der Umwelt und der Gesundheit festgelegt.
Noch immer werden Quecksilber und seine Verbindungen weltweit verwendet. Ein unsachgemässer Umgang mit Quecksilber kann zu schwerwiegenden Auswirkungen auf Mensch und Umwelt führen. Dank griffiger nationaler Vorschriften gibt es in Liechtenstein keine nennenswerten Quecksilberemissionen mehr. Da Quecksilberverbindungen weltweit jedoch über die Luft, das Wasser, die Nahrungskette, in Abfällen und Produkten transportiert werden, können die von Quecksilber ausgehenden Risiken mit nationalen Massnahmen allein nicht wirkungsvoll bekämpft werden. Die Umsetzung des Übereinkommens ist deshalb auch für die Umwelt und Gesundheit der Menschen in Liechtenstein wichtig. Direkten Umsetzungsbedarf und entsprechende Auswirkungen entfaltet das Übereinkommen vor allem in den Entwicklungs- und Schwellenländern sowie in Ländern, die in Bezug auf die technisch und wirtschaftlich möglichen Umweltstandards im Verzug sind.
Das Übereinkommen enthält einen effizienten und wirksamen Mechanismus, um die Einhaltung der Verpflichtungen zu überprüfen. Die Finanzierung für den Kapazitätsaufbau und die technische Zusammenarbeit unter den Vertragsstaaten erfolgt durch den Globalen Umweltfonds (Global Environment Facility, GEF). Allfällige Beiträge der Vertragsstaaten an den GEF sind jedoch freiwillig. Für die Weiterentwicklung des Übereinkommens, die Überwachung und Regelung des Finanzmechanismus und die Erarbeitung technischer und organisatorischer Richtlinien ist die Vertragsparteienkonferenz zuständig. Zu diesem Zweck wird ein Sekretariat für das Übereinkommen von Minamata eingesetzt. Liechtenstein wird sich als Vertragspartei an den Kosten für das Sekretariat beteiligen müssen. Es muss mit einem Betrag von jährlich etwa 600 Franken gerechnet werden.
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Per 11. Oktober 2016 haben insgesamt 128 Staaten das Übereinkommen unterzeichnet und 32 haben es ratifiziert. Liechtenstein hat das Übereinkommen bisher nicht unterzeichnet. In der Schweiz stimmte das Parlament am 18. Dezember 2015 der Ratifikation einstimmig zu, am 25. Mai 2016 hinterlegte der Bundesrat die Ratifikationsurkunde. Die EU und ihre Mitgliedstaaten bereiten eine Ratifikation des Übereinkommens vor.
Zur Ausübung ihrer Geschäftstätigkeit benötigen zwei Unternehmen in Liechtenstein Quecksilber in irgendeiner Form. Dieser Umstand steht einer Ratifikation des Übereinkommens jedoch nicht entgegen. Die liechtensteinischen Unternehmen können wie gewohnt ihre mit Quecksilber versetzten Produkte herstellen und vertreiben, da diese Produkte von keinem Herstellungs-, Einfuhr- oder Ausfuhrverbot des Übereinkommens erfasst werden. Vielmehr wird den betroffenen Unternehmen die Einfuhr des für ihre Produkte benötigten Quecksilbers erleichtert, wenn Liechtenstein Vertragspartei des Übereinkommens ist. Im Gegensatz zu Vertragsparteien wird es für Nichtvertragsparteien in Zukunft aufwändiger und schwieriger sein, am internationalen Handel mit Quecksilber teilzunehmen. Eine Ratifikation des Übereinkommens ist daher auch im Interesse der betroffenen Unternehmen.
Für die Umsetzung des Übereinkommens in Liechtenstein sind keine gesetzlichen Anpassungen notwendig. Der Import und Export von Quecksilber fällt unter den Zollvertrag mit der Schweiz. Ausserdem ist der Umgang mit Quecksilber in der EU binnemarktrelevant. Deshalb richtet sich der Umgang mit Quecksilber in Liechtenstein bereits heute nach der Gesetzgebung der Schweiz und der EU. Sollten die Schweiz bzw. die EU regulatorische Massnahmen zur Umsetzung des Übereinkommens ergreifen, so werden diese über den Zollvertrag bzw. das EWR-Abkommen Anwendung finden, auch wenn Liechtenstein nicht Vertragspartei des Übereinkommens ist.
Ein Beitritt Liechtensteins ist angezeigt, da es hierdurch einen Beitrag zur Verbesserung des globalen Umweltschutzes leisten kann.
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Zuständige Ministerien
Ministerium für Äusseres, Bildung und Kultur
Ministerium für Infrastruktur und Umwelt sowie Sport
Betroffene Stellen
Amt für Umwelt
Amt für Auswärtige Angelegenheiten
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Vaduz, 25. Oktober 2016
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Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,
Sehr geehrte Frauen und Herren Abgeordnete
Die Regierung gestattet sich, dem Hohen Landtag nachstehenden Bericht und Antrag betreffend das Übereinkommen von Minamata über Quecksilber an den Landtag zu unterbreiten.
Quecksilber ist ein Schwermetall, das bei Raumtemperatur flüssig ist und Quecksilberdampf freisetzt. Wegen seiner technischen und chemischen Eigenschaften wird es weltweit immer noch in vielen industriellen Anwendungen verwendet, z.B. in der Chemie, im Pflanzenschutz, für Messgeräte oder im kleingewerblichen Goldabbau. Hauptquellen von Quecksilberemissionen sind der kleingewerbliche Goldabbau mittels Quecksilber, die Abluft aus Kohlekraftwerken und andere Verbrennungsprozesse, die unsachgemässe Verbrennung quecksilberhaltiger Abfälle und industrielle Prozesse, bei welchen Quecksilber verwendet wird. In der Umwelt, d.h. im Wasser und im Boden, kann Quecksilber in organische Quecksilberverbindungen umgesetzt werden, die durch das Wasser und die Luft verfrachtet werden. Diese werden von Mikroorganismen und Kleinlebewesen aufgenommen und nur sehr langsam wieder ausgeschieden. Dadurch reichert
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sich Quecksilber in der Nahrungskette (z.B. in Fischen, die sich von Kleinlebewesen ernähren) und schliesslich auch im menschlichen Körper an.
Quecksilber und seine Verbindungen sind hochgiftig und stellen eine grosse Gefahr für die menschliche Gesundheit und die Umwelt dar. Bereits eine geringe Aufnahme von Quecksilberverbindungen kann beim Menschen zum Tod führen. Eine Bedrohung für Mensch und Umwelt stellen insbesondere auch chronische Vergiftungen dar. Sie können neurologische Störungen hervorrufen, die Lunge und das Immunsystem schädigen und als Zellgift in Leber, Nieren und Gehirn wirken. Die geistige Entwicklung von Föten, Neugeborenen und Kleinkindern kann dadurch stark beeinträchtigt werden. Die dramatischen Auswirkungen von Quecksilberemissionen wurden der Weltöffentlichkeit mit der Quecksilbervergiftung in Minamata vor Augen geführt. Mehrere Jahrzehnte lang hatte eine Chemiefirma in Minamata (Japan) ungereinigtes Prozessabwasser mit Quecksilberverbindungen ins Meer geleitet. Das Quecksilber reicherte sich in den Fischen an. Da diese Fische für die lokale Bevölkerung ein Hauptnahrungsmittel darstellten, wurden zahlreiche Menschen damit vergiftet. Dieser Vorfall in Minamata hat etwa 65 000 Menschen dauerhaft geschädigt und rund 3000 Menschenleben gefordert.
Dank griffiger nationaler Vorschriften gibt es in Liechtenstein keine nennenswerten Quecksilberemissionen mehr. Die Umwelt- und Gesundheitsgefahren von Quecksilber können aber mit nationalen Massnahmen allein nicht wirkungsvoll bekämpft werden - Quecksilber wird weltweit über die Luft, die Nahrungskette und in Produkten verfrachtet und kann deshalb auf der ganzen Welt und auch weit entfernt vom ursprünglichen Freisetzungsort auftreten. Eine effektive Bekämpfung der Gefahren durch Quecksilber ist daher nur durch internationale Zusammenarbeit möglich.
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Bereits in der Vergangenheit wurden auf internationaler Ebene erste Schritte zur Reduktion der Gefahren durch Quecksilber unternommen. So wurde am 24. Juni 1998 das Schwermetall-Protokoll unter dem Übereinkommen über weiträumige grenzüberschreitende Luftverunreinigung in Aarhus (Dänemark)
1 verabschiedet. Das Protokoll ist seit 2003 in Kraft und wurde von 32 Ländern aus Europa und Nordamerika ratifiziert, darunter am 22. März 2004 auch von Liechtenstein. Ziel des Schwermetall-Protokolls ist die Reduktion der Emissionen von weiträumig verfrachteten giftigen Schwermetallen, insbesondere von Blei, Cadmium und Quecksilber. In Europa konnten die Emissionen von Quecksilber zwischen 1990 und 2010 um 60 Prozent reduziert werden. Eine Änderung des Schwermetall-Protokolls wurde im Dezember 2012 von den Protokollparteien verabschiedet. Dabei wurden die Anforderungen zur Emissionsminderung für Industrieanlagen an den Stand der Technik angepasst. Für die globale Quecksilberproblematik ist ein regionales Abkommen aber eine ungenügende Lösung
2. Ein Land kann zwar die Einfuhr von quecksilberhaltigen Produkten verbieten und mit grossem Aufwand die Einhaltung von Grenzwerten bei Anlagen überwachen und die Belastung der Umwelt, z.B. auch in Fischen, beobachten. Damit ist jedoch kein ausreichender Schutz gegen die grenzüberschreitende Luftbelastung durch Quecksilberdampf und flüchtige Quecksilberverbindungen gegeben. Nur mit Massnahmen auch an den ausserhalb Liechtensteins befindlichen Quellen kann ein umfassender Schutz gegen Quecksilberimmissionen in Liechtenstein gewährleistet werden.
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Diese Quellen liegen oft in Entwicklungsländern, für welche Quecksilber eines der vordringlichen Umwelt- und Gesundheitsschutzprobleme darstellt. Deshalb ist eine globale Regelung gleichzeitig auch ein entwicklungspolitisches Anliegen.
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1 | Protokoll vom 24. Juni 1998 zum Übereinkommen von 1979 über weiträumige grenzüberschreitende Luftverunreinigung betreffend Schwermetalle (LGBl. 2004 Nr. 79). |
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2 | Das Übereinkommen über weiträumige grenzüberschreitende Luftverunreinigung und dessen Protokolle wurden unter dem Dach der regionalen UNO-Wirtschaftskommission für Europa (UNECE) abgeschlossen und sind somit nicht global gültig. |
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