Bericht und Antrag der Regierung an den Landtag des Fürstentums Liechtenstein
betreffend das Freihandelsabkommen zwischen den EFTA-Staaten und den Staaten der Südafrikanischen Zollunion (SACU)
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Das Freihandelsabkommen mit den Staaten der Südafrikanischen Zollunion
(SACU: Südafrika, Botswana, Lesotho, Namibia, Swasiland) dehnt das Netz von Freihandelsabkommen aus, das die EFTA-Staaten seit Beginn der 90er Jahre mit Drittstaaten entwickeln. Das Ziel der liechtensteinischen Politik im Rahmen der EFTA gegenüber Drittstaaten besteht darin, den eigenen Wirtschaftsakteuren stabile, vorhersehbare, hindernisfreie und gegenüber ihren Hauptkonkurrenten möglichst diskriminierungsfreie Zugangsbedingungen zu wichtigen ausländischen Märkten zu gewährleisten.
Das Abkommen wurde am 26. Juni 2006 in Höfn von Norwegen, Island und Liechtenstein, am 1. Juli 2006 in Genf von der Schweiz, Südafrika und Swasiland, am 14. Juli 2006 in Gaborone von Botswana und Namibia sowie am 7. August in Pretoria von Lesotho unterzeichnet. Das Abkommen tritt nach Ratifizierung durch alle Parteien in Kraft.
Ziel des Freihandelsabkommens ist es, die Wirtschafts- und Handelsbeziehungen mit den SACU-Staaten allgemein zu verstärken und insbesondere die gegenwärtigen Diskriminierungen auf dem südafrikanischen Markt zu beseitigen, die sich aus dem seit Januar 2000 in Kraft stehenden Abkommen über Handel, Entwicklung und Zusammenarbeit (Trade, Development and Cooperation Agreement: TDCA) zwischen Südafrika und der EU sowie aus anderen gegenwärtigen oder künftigen Präferenzabkommen der SACU mit weiteren Konkurrenten der EFTA-Staaten ergeben.
Es handelt sich um ein Abkommen der so genannt ersten Generation, d.h. es beschränkt sich auf den Handel mit Industriegütern, einschliesslich verarbeitete Landwirtschaftsprodukte sowie Fisch und andere Meeresprodukte. Für die Bereiche Rechte an geistigem Eigentum und Dienstleistungen wird lediglich das Verpflichtungsniveau der Welthandelsorganisation (WTO) bestätigt. Das Abkommen ist teilweise asymmetrisch ausgestaltet und berücksichtigt damit den unterschiedlichen wirtschaftlichen Entwicklungsstand der Vertragspartner. Während die
EFTA-Staaten ihre Zölle mit Inkrafttreten des Abkommens für Industrieprodukte und Fisch vollständig aufheben, wird der SACU für sensible Produkte eine Übergangszeit für den schrittweisen Abbau ihrer Zölle gewährt.
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Ebenfalls zur Berücksichtigung des unterschiedlichen Entwicklungsstands und im Einklang mit den einschlägigen Bestimmungen des SACU-Abkommens enthält das Freihandelsabkommen eine Klausel, welche es Botswana, Lesotho, Namibia und Swasiland erlaubt, zum Schutz von in Entstehung begriffenen Wirtschaftszweigen oder zur Gewährleistung der ländlichen Entwicklung, der Ernährungssicherheit oder der Armutsbekämpfung zeitlich befristete, nicht-diskriminierende Massnahmen zu ergreifen.
Wie in den bisherigen EFTA-Freihandelsabkommen wird der Handel mit unverarbeiteten Landwirtschaftserzeugnissen in bilateralen Vereinbarungen zwischen den einzelnen EFTA-Staaten und der SACU geregelt. Das bilaterale Landwirtschaftsabkommen zwischen der Schweiz und den SACU-Staaten findet aufgrund des Zollvertrags auch auf Liechtenstein Anwendung.
Zuständiges Ressort
Ressort Äusseres
Betroffene Amtsstellen
Amt für Auswärtige Angelegenheiten, Liechtensteinische Mission in Genf
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Vaduz, 30. Januar 2007
P
Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,
Sehr geehrte Frauen und Herren Abgeordnete
Die Regierung gestattet sich, dem Hohen Landtag nachstehenden Bericht und Antrag betreffend das Freihandelsabkommen zwischen den EFTA-Staaten und den SACU-Staaten zu unterbreiten.
Das zwischen den EFTA-Staaten und der SACU
1 ausgehandelte Freihandelsabkommen deckt den Handel mit Industrie- und verarbeiteten Landwirtschaftsprodukten sowie mit Fisch und anderen Meeresprodukten ab. Wie in den anderen von den EFTA-Staaten abgeschlossenen Freihandelsabkommen sind die Konzessionen im Bereich der landwirtschaftlichen Basisprodukte in bilateralen Abkommen geregelt, die von jedem EFTA-Staat einzeln mit der SACU ausgehandelt wurden. Das bilaterale Landwirtschaftsabkommen zwischen der Schweiz und den SACU--
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Staaten gilt aufgrund des Zollvertrags auch in Liechtenstein. Für die Bereiche Rechte an geistigem Eigentum und Dienstleistungen wird das Verpflichtungsniveau der Welthandelsorganisation (WTO) bestätigt. Für diese beiden Bereiche sowie für die Investitionen und das öffentliche Beschaffungswesen sieht das Abkommen zudem Evolutivklauseln im Hinblick auf spätere Verhandlungen vor.
Das Freihandelsabkommen ist teilweise asymmetrisch ausgestaltet und berücksichtigt damit die Unterschiede in der Wirtschaftsentwicklung zwischen den
SACU-Staaten und den EFTA-Staaten. Letztere heben ihre Zölle auf Industrie- und Fischereiprodukten mit Inkrafttreten des Abkommens vollständig auf. Die SACU-Staaten heben ihrerseits die Zölle ab Inkrafttreten des Abkommens für etwas mehr als die Hälfte der Tariflinien für Industrieprodukte, Fisch und andere Meeresprodukte auf, während der Abbau der verbleibenden Zölle in einem Zeitraum von zwei bis neun Jahren schrittweise stattfindet. Im Bereich der verarbeiteten Landwirtschaftserzeugnisse gewähren die EFTA-Staaten den SACU-Staaten einen Marktzugang, der jenem ähnlich ist, den sie der EU zugestanden haben. Im Gegenzug erhalten die EFTA-Staaten Zugang zum SACU-Markt, der nach einer Übergangszeit von zwei bis neun Jahren weitgehend demjenigen entspricht, den Südafrika der EU gewährt. Für Industrieprodukte und verarbeitete Landwirtschaftserzeugnisse mit Ursprung in den EFTA-Staaten ermöglicht das Abkommen von Beginn an weitgehend die Beseitigung der aus dem TDCA
2 zwischen der EU und Südafrika gegenüber EU-Produkten resultierenden Diskriminierungen. Die schweizerischen und aufgrund des Zollvertrages auch liechtensteinischen Zollkonzessionen entsprechen weitgehend einer Konsolidierung der derzeit den
SACU-Staaten einseitig gewährten APS-Vergünstigungen (Allgemeines Präferenzensystem zugunsten von Entwicklungsländern; Zollpräferenzenbeschluss, SR 632.91), nunmehr aber auf vertraglicher Basis und auf Grundlage der Gegenseitigkeit. Das Freihandelsabkommen und das bilaterale Landwirtschaftsabkommen -
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lösen das schweizerische bzw. liechtensteinische APS gegenüber den SACU-Staaten ab, wobei sich die Schweiz gegenüber Lesotho, das zu den am wenigsten entwickelten Ländern (Least Developed Countries: LDC) zählt, zur Weiterführung des APS für landwirtschaftliche Basisprodukte und verarbeitete Landwirtschaftserzeugnisse verpflichtet hat, dies unter der Voraussetzung, dass die entsprechende Rechtsgrundlage (Zollpräferenzenbeschluss; ab 1. März 2007: Zollpräferenzengesetz) aufrecht erhalten wird und der Status Lesothos als LDC auf internationaler Ebene bestehen bleibt.
Bisher hat die SACU neben dem TDCA ein Präferenzabkommen mit den Ländern des Mercosur
3 abgeschlossen. Mit den USA wurden Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen aufgenommen, diese sind derzeit blockiert. Die EU verhandelt über wirtschaftliche Partnerschaftsabkommen mit der Südafrikanischen Entwicklungsgemeinschaft (der auch Botswana, Lesotho, Namibia und Swasiland angehören).
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1 | SACU: Südafrikanische Zollunion (Südafrika, Botswana, Lesotho, Namibia, Swasiland). |
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2 | Trade, Development and Cooperation Agreement; Abkommen über Handel, Entwicklung und Zusammenarbeit zwischen der EU und Südafrika. |
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3 | Dem Mercosur (Gemeinsamer Markt des Südens) gehören Argentinien, Brasilien, Paraguay, Uruguay und Venezuela an. Bolivien, Chile, Ecuador, Kolumbien und Peru sind assoziierte Mitglieder. |
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