Berichte und Anträge
Regierungskanzlei (RK)
BuA - Nummer
1995 / 32
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Ein­lei­tung
1Ein­lei­tung
1.1Aus­gangs­lage für Liechtenstein
1.2Die Uru­guay-Runde des Gatt
2Die Abkommen der Uru­guay-Runde (vgl. die Über­sicht auf der fol­genden Seite)
2.1Abkommen zur Errich­tung der Welt­han­dels­or­ga­ni­sa­tion (Seite 2 ff. der Beilage)
2.2Mul­ti­la­te­rale Han­dels­übe­rein­künfte (Seite 12 ff. der Bei­lage)
2.3All­ge­meines Abkommen über den Dienst­lei­stungs­ver­kehr (Seite 264 ff. sowie Seite 393 ff. der Bei­lage)
2.4Abkommen über han­dels­be­zo­gene Aspekte der Rechte an geis­tigem Eigentum (TRIPS) (Seite 301 ff. der Bei­lage)
2.5Ver­ein­ba­rung über Regeln und Ver­fahren für die Streit­bei­le­gung (Seite 332 ff. der Bei­lage)
2.6Plu­ri­la­te­rale Handelsabkommen
3Handel und Umwelt
4Not­wen­dige Geset­ze­san­pas­sungen für die Rati­fi­ka­tion des WTO-Abkommens
4.1Bereiche, die Zoll­ver­trags­ma­terie betreffen
4.2GATS
4.3TRIPS
5Finan­zi­elle und per­so­nelle Auswirkungen
5.1Finan­zi­elle Auswirkungen
5.2Aus­wir­kungen auf den Personalbestand
6Gesamt­wür­di­gung
6.1All­ge­mein
6.2Stel­lung­nahmen inter­es­sierter Kreise zum Infor­ma­ti­ons­be­richt über das Abkommen über die Errich­tung der Welthandelsorganisation
6.3WTO und EWR im Vergleich
6.4Die Not­wen­dig­keit einer bal­digen Teilnahme
7Antrag
 
Bericht und Antrag der Regierung an den Landtag des Fürstentums Liechtenstein
betreffend das Abkommen zur Errichtung der Welthandelsorganisation (WTO)
 
Abkürzungsverzeichnis
 
 
Bundesgesetz vom 26. März 1931 über Aufenthalt und Nieder¬lassung von Ausländern (LGB1. 1990 Nr. 8)
Berner Übereinkommen zum Schutz von Werken der Literatur und Kunst (LR 0.231.13)
BVO
Verordnung vom 11. April 1989 über die Begrenzung der Zahl der Ausländer (LGB1. 1989 Nr. 44)
CEN
Comite European de Normalisation (Europäisches Komitee für Normung)
CENELEC
Comite Europeen de Normalisation Electronique (Europäisches Komitee für Elektrotechnische Normung)
DSB
Dispute Settlement Body (Streitbeilegungsorgan)
ECU
European Currency Unit (Europäische Währungseinheit)
EFTA
European Free Trade Association (Europäische Freihandelsassoziation)
EG/EU
Europäische Gemeinschaft / Europäische Union
EPÜ
Übereinkommen vom 5. Oktober 1973 über die Erteilung Europäischer Patente (LR 0.232.142.2)
EURIMAGES
Europäischer Fonds für Koproduktionen im Rahmen des Europarates (accord partiel pour le soutien ä la coproduction et ä la diffusion des oeuvres de creation cinematographiques et audiovisuelles, institue par le Conseil de 1'Europe)
EWR
Europäischer Wirtschaftsraum
EWRA
Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum
GATS
General Agreement on Trade in Services (Allgemeines Abkommen über den Handel mit Dienstleistungen)
GATT 1947
General Agreement on Tariffs and Trade 1947 (Allgemeines Zoll- und Handelsabkommen von 1947)
 
GATT 1994
General Agreement of Tariffs and Trade 1994 (Allgemeines Zoll- und Handelsabkommen von 1994)
IPIC-Vertrag
Vertrag von Washington vom 26. März 1989 über geistiges Eigentum an integrierten Schaltkreisen
IWF
Internationaler Währungsfonds
LGBl.
Landesgesetzblatt
LR
Systematische Sammlung der liechtensteinischen Rechtsvorschriften
MEDIA
Aktionsprogramm zur Förderung der Entwicklung der europäischen audiovisuellen Industrie "MEDIA" 1991- 95
MFA
Multifaser-Abkommen
MMA
Madrider Abkommen vom 14. April 1891 über die inter¬nationale Registrierung von Marken, Stockholmer Fassung vom 14. Juli 1967 (LR 0.232.111.11)
MMG
Gesetz vom 26. Oktober 1928 betreffend die gewerblichen Muster und Modelle (LGB1. 1928 Nr. 14)
MSchG
Gesetz vom 30. August 1928 betreffend den Schutz der Fabrik-, Handels- und Dienstleistungsmarken, der Herkunfts¬bezeichnungen von Waren und gewerblichen Auszeichnungen (LGB1. 1928 Nr. 13)
OECD
Organization for Economic Co-operation and Development (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Ent¬wicklung)
PCT
Vertrag über die internationale Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Patentwesens (LR 0.232.141.1)
PTT
Post-, Telefon- und Telegraphenbetriebe
PVÜ
Pariser Verbandsübereinkunft vom 20. März 1883 zum Schutz des gewerblichen Eigentums, Stockholmer Fassung vom 14. Juli 1967 (LR 0.232.01)
TNC
Trade Negotiations Committee
 
ToG
Gesetz über den Schutz von Topographien von integrierten Schaltungen
TRIMS
Trade Related Investment Measures (handelsbezogene Investiti onsmassnahmen)
TRIPS-Abkommen
Agreement an Trade-Related Aspects of Intellectual Property Rights (Abkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums)
URG
Gesetz vom 26. Oktober 1928 über das Urheberrecht an Werken der Literatur und Kunst (LGB1. 1928 Nr. 12)
UWG
Gesetz vom 22. Oktober 1992 über den unlauteren Wettbewerb (LGB1. 1992 Nr. 121)
WTO
World Trade Organization (Welthandelsorganisation)
1
Vaduz, den 19. Mai 1995
P
Sehr geehrter Herr Landtagspräsident
Sehr geehrte Frauen und Herren Abgeordnete
Die Regierung gestattet sich, dem Hohen Landtag nachstehend den Bericht und Antrag betreffend das Abkommen zur Errichtung der Welthandelsorganisation (WTO) zu unterbreiten.
1.1Ausgangslage für Liechtenstein
Vor dem Beitritt Liechtensteins zum Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommen vom 30. Oktober 1947 (GATT 1947) am 29. März 1994 galt aufgrund einer "Liechtenstein-Klausel" im Beitrittsprotokoll der Schweiz von 1966 zum GATT 1947, dass das Gebiet Liechtensteins wie ein Bestandteil des schweizerischen Zollgebietes anzusehen war, solange der Zollvertrag mit der Schweiz in Kraft ist. Im Laufe der Verhandlungen der Uruguay-Runde zeigte sich, dass die Verhandlungen auch Bereiche betrafen, die über die bestehenden bilateralen Verträge zwischen der Schweiz und Liechtenstein nicht mehr abgedeckt werden konnten.
Solange Liechtenstein nicht Vertragspartei des GATT 1947 war, konnte es formell nicht selbständig in die Verhandlungen der Uruguay-Runde eingebunden werden. Um die Interessen Liechtensteins im Hinblick auf die Schaffung einer Multilateralen Handelsorganisation optimal zu wahren, richtete die Regierung mit Schreiben vom 11. März 1992 das Ersuchen an Bundesrat Jean-Pascal Delamuraz, die Schweizer Delegation bei der Uruguay-Runde möge alle notwendigen Schritte unternehmen, um die Option der eigenständigen Mitgliedschaft Liechtensteins bei der Welthandelsorganisation (WTO) sicherzustellen. Die Schweizer Delegation hat dieses Mandat übernommen, wobei für den Bereich Dienstleistungen insofern eine eigene Lösung vereinbart wurde, als Liechtenstein selbst für die Erarbeitung einer Dienstleistungs-Konzes-
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sionsliste zuständig war und diese dann jeweils in den einzelnen Verhandlungsphasen von der Schweizer Delegation einbringen liess.
Liechtenstein ist am 29. März 1994 dem Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommen vom 30. Oktober 1947 (GATT 1947) beigetreten, um im sogenannten vereinfachten Verfahren der Welthandelsorganisation beitreten zu können, falls es dies wünscht.1
Politische und wirtschaftliche Interessen haben die Regierung dazu bewogen, sich die Option einer eigenständigen Mitgliedschaft bei der WTO zu wahren. Aus politischer Sicht hat gerade ein kleines Land wie Liechtenstein ein eminentes Interesse an der Verbesserung der Rechtssicherheit in Kernfragen der internationalen Beziehungen. Aus wirtschaftlichen Überlegungen darf sich ein stark exportorientiertes Land wie Liechtenstein nicht abschotten. Die wirtschaftlichen Strukturen Liechtensteins und die Einbindung in die weltweiten Handelsströme machten es erforderlich, dass Liechtenstein sich die Option offengehalten hat, sehr bald Mitglied bei der Welthandelsorganisation werden zu können und nicht zu einem späteren Zeitpunkt unter voraussichtlich erschwerten Bedingungen den Beitritt zu vollziehen.
Am 15. April 1994 haben 111 Länder, darunter Liechtenstein, die Schlussakte der Uruguay-Runde des GATT unterzeichnet, welche die Verhandlungsergebnisse besiegelt und die Welthandelsorganisation begründet. Die Unterzeichner haben damit die umfassendste multilaterale Handelsrunde aller Zeiten, die sich mit den meisten entscheidenden Fragen des Handels, ja der Weltwirtschaft, befasste, offiziell abgeschlossen. Die Handelsrunde war seit 1982 vorbereitet und am 20. September 1986 in Punta del Este (Uruguay) eingeleitet worden. An der Implementierungskonferenz vom 8. Dezember 1994 wurde der Termin für die Inkraftsetzung der WTO auf den 1. Januar 1995 festgelegt.
Die generelle Einschätzung der Ergebnisse der Uruguay-Runde gilt auch für die Interessenlage Liechtensteins. Es konnte ein Konsens zu einer wesentlichen Frage der Verwaltung internationaler Beziehungen gefunden und damit der universelle Charakter des GATT-Systems und der künftigen Welthandelsorganisation bestätigt werden. In Zeiten der Rezession konnte allen Wirtschaftssubjekten ein klares und positives Signal gegeben werden. Mittelfristig bieten die Verhandlungsergebnisse die Gelegenheit, dem
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Welthandel neue Dynamik zu verleihen. Die Verhandlungsresultate führen zu einer Verstärkung der Regeln des multilateralen Handelssystems, welche allen Trägern der internationalen Handelsbeziehungen zugute kommen dürfte. Ein effizientes und mit klaren Regeln ausgestattetes Welthandelssystem wird die Berechenbarkeit des Handels verbessern und auf internationaler Ebene den Strom des Privatkapitals in wettbewerbsfähige Wirtschaftszweige lenken. So entstehen die notwendigen Voraussetzungen für die Schaffung neuer Arbeitsplätze. Gerade die Beschäftigung ist auf Vertrauen und auf Investitionen in expandierende Exportsektoren angewiesen.



 
1Vgl. Bericht der Regierung vom 29. März 1994 an den Landtag des Fürstentums Liechtenstein betreffend das Allgemeine Zoll- und Handelsabkommen vom 30. Oktober 1947 (1994 Nr. 23)
 
LR-Systematik
0..6
0..63
0..63.2
LGBl-Nummern
1997 / 108
Landtagssitzungen
22. Juni 1995