Bericht und Antrag der Regierung an den Landtag des Fürstentums Liechtenstein
betreffend den Entwurf eines Beschlusses des gemeinsamen EWR-Ausschusses (Richtlinie 2011/61/EU des europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2011 über die Verwalter alternativer Investmentfonds und zur Änderung der Richtlinien 2003/41/EG und 2009/65/EG und der Verordnungen (EG) Nr. 1060/2009 und (EU) Nr. 1095/2010)
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Die Richtlinie 2011/61/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2011 über die Verwalter von alternativen Investmentfonds ist einer der vielen Rechtsakte, die infolge der europäischen Finanzmarktkrise 2008 und im Nachgang zur Schaffung des Europäischen Aufsichtssystems, ESFS, bestehend unter anderem aus den drei europäischen Aufsichtsbehörden EBA, ESMA und EIOPA, vom Europäischen Gesetzgeber erlassen wurden. In der Krise hat sich gezeigt, wie die Geschäfte von Verwalter alternativer Investmentfonds (AIFM), neben all ihren positiven Auswirkungen auf die Märkte, auch dazu beitragen können, Risiken über das Finanzsystem zu verbreiten oder zu verstärken. Dies um so mehr, soweit unkoordinierte nationale Massnahmen ein wirksames Management dieser Risiken erschweren.
Die Richtlinie 2011/61/EG zielt daher darauf ab, erstmals gemeinsame Anforde-rungen für die Zulassung von und Aufsicht über AIFM festzulegen, um für die damit zusammenhängenden Risiken und deren Folgen für Anleger und Märkte im EWR ein kohärentes Vorgehen zu gewährleisten. Sie reguliert in erster Linie die AIFM (Verwalterregulierung) und nur marginal die von diesen verwalteten alternativen Investmentfonds (AIF), welche in der Richtlinie näher definiert sind.
Mit dieser Richtlinie wird ein Binnenmarkt für AIFM mit Sitz innerhalb des EWR (EWR-AIFM) und mit Sitz in einem Drittstaat (Nicht-EWR-AIFM) geschaffen. Bei Einhaltung aller Bestimmungen wird ein freier Marktzutritt in den gesamten EWR und in Drittstaaten auf Grundlage einer Zulassung in einem EWR-Vertragsstaat oder in einem als gleichwertig anerkannten Drittstaat gewährt, wobei die Regelungen betreffend das Drittstaatenregime erst zu einem späteren Zeitpunkt auf Grundlage eines noch zu erlassenden Rechtsaktes der EU-Kommission zur Anwendung gelangen werden.
Die Richtlinie 2011/61/EU wurde in Liechtenstein bereits mit dem AIFMG (LGBl. 2013 Nr. 49) umgesetzt, wobei die Bestimmungen betreffend den grenzüber-schreitenden Verkehr (EWR-Pass-Bestimmungen) sowie die gesetzlichen Verweise auf die Richtlinie bzw. auf die europäische Aufsichtsbehörde ESMA im Zuge des Abänderungsgesetzes (LGBl. 2013 Nr. 242) solange aufgehoben wurden, bis die Richtlinie in das EWR-Abkommen übernommen ist. Mit dem EWR-Übernahme-
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beschluss treten die vorübergehend aufgehobenen Bestimmungen wieder in Kraft, damit die Marktteilnehmer sodann von den Vorteilen der in der Richtlinie enthaltenen und im AIFMG grundsätzlich umgesetzten EWR-Pass-Bestimmungen profitieren können. Der AIF-Markt repräsentiert einen erheblichen Marktanteil der liechtensteinischen Fondsindustrie und ist weiter ausbaufähig. Die Übernahme der Richtlinie 2011/61/EU ist daher von erheblicher Bedeutung für den Fondsplatz bzw. den Finanzplatz Liechtenstein.
Zuständiges Ministerium
Ministerium für Präsidiales und Finanzen
Betroffene Behörden
Stabsstelle für Internationale Finanzplatzagenden, SIFA
Finanzmarktaufsicht Liechtenstein, FMA
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Vaduz, 12. April 2016
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Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,
Sehr geehrte Frauen und Herren Abgeordnete
Die Regierung gestattet sich, dem Hohen Landtag nachstehenden Bericht und Antrag zum Entwurf für einen Beschluss des Gemeinsamen EWR-Ausschusses betreffend die Übernahme der Richtlinie 2011/61/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2011 über die Verwalter alternativer Investmentfonds und zur Änderung der Richtlinien 2003/41/EG und 2009/65/EG und der Verordnungen (EG) Nr. 1060/2009 und (EU) Nr. 1095/2010 sowie die dazu erlassenen delegierten Kommissionsverordnungen (EU) Nr. 231/2013, Nr. 694/2014 und Nr. 2015/514 und die Kommissions-Durchführungsverordnungen (EU) Nr. 447/2013 und Nr. 448/2013 zu unterbreiten.
Aufgrund der sehr speziellen Situation und dem Interesse des Liechtensteinischen Finanzplatzes, die betroffenen EU-Rechtsakte so schnell wie möglich in Kraft zu setzen, wird dem Hohen Landtag ausnahmsweise ein finaler Entwurf
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eines EWR-Übernahmebeschlusses in englischer Fassung zur vorherigen Genehmigung vorgelegt. Aufgrund der grossen zeitlichen Verzögerung im EWR-Übernahmeprozess und der Notwendigkeit so schnell wie möglich den EU-Rechtsbestand ins EWR-Abkommen zu übernehmen und auch anzuwenden, ist eine Befassung des Landtags mit bestimmten EWR-Übernahmebeschlüssen vor deren Unterzeichnung im Gemeinsamen EWR-Ausschuss notwendig.
Dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Hohe Landtag einerseits mit den Umsetzungsmassnahmen der vom ersten Paket umfassten EU-Rechtsakte bereits befasst wurde. Andererseits kann auf diese Weise sichergestellt werden, dass die EWR-Übernahmebeschlüsse am Tag nach deren Unterzeichnung im Gemeinsamen EWR-Ausschuss in Kraft treten könnten, sofern alle nationalen Zu-stimmungsverfahren zu diesem Zeitpunkt abgeschlossen sind. Aktuell hat Nor-wegen angekündigt, aufgrund der nicht fertiggestellten nationalen Umsetzungsmassnahmen nach der Beschlussfassung im Gemeinsamen EWR-Ausschuss noch ein Verfahren gemäss Artikel 103 EWR-Abkommen anzumelden. Die jeweiligen Übernahmebeschlüsse können erst in Kraft treten, wenn alle drei EWR/EFTA Staaten bereit sind, d.h. in diesem Falle erst, wenn Norwegen den Abschluss dieses (grundsätzlich eine Sechs-Monats-Frist vorsehenden) Verfahrens notifiziert.
Der Gemeinsame EWR-Ausschuss wird voraussichtlich Mitte 2016 beschliessen, die Richtlinie 2011/61/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2011 über die Verwalter alternativer Investmentfonds und zur Änderung der Richtlinien 2003/41/EG und 2009/65/EG und der Verordnungen (EG) Nr. 1060/2009 und (EU) Nr. 1095/2010 sowie die dazu erlassenen delegierten Kommissionsverordnungen (EU) Nr. 231/2013, Nr. 694/2014 und Nr. 2015/514
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bzw. die Kommissions-Durchführungsverordnungen (EU) Nr. 447/2013 und Nr. 448/2013 in das EWR-Abkommen zu übernehmen.
Die Richtlinie ist in den EU-Mitgliedsstaaten am 22. Juli 2011 in Kraft getreten und war bis spätestens 22. Juli 2013 umzusetzen.
Für die EWR/EFTA-Staaten gilt das Datum des Inkrafttretens des Übernahmebeschlusses als Umsetzungsfrist.
Hinsichtlich der allgemeinen EWR-Anpassungen des EU-Aufsichtssystems bzw. der Kompetenzen die von den EU-Aufsichtsbehörden auf die EFTA-Überwachungsbehörde im Zuge der Übernahme in das EWR-Abkommen über-tragen werden, wird auf den BuA Nr. 34/2016 verwiesen.
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1 | Geringfügige Änderungen technischer Natur können sich allenfalls im Zuge der Verfahren auf EU-Seite ergeben. Sollten solche Änderungen vorgenommen werden, wird der Landtag bzw. die EWR-Landtagskommission entsprechend informiert werden und es kann entschieden werden, ob der Landtag erneut befasst werden muss (siehe dazu Seite 9) |
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