Berichte und Anträge
Regierungskanzlei (RK)
BuA - Nummer
2023 / 40
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Ein­lei­tung
I.Bericht der Regierung
1.Aus­gangs­lage
2.Begrün­dung der Vorlage
3.Schwer­punkte der Vorlage
4.Ver­nehm­las­sung
5.Erläu­te­rungen zu den ein­zelnen Bes­tim­mungen unter Berück­sich­ti­gung der Vernehmlassung
6.Ver­fas­sungs­mäs­sig­keit / Rechtliches
7.Aus­wir­kungen auf Ver­wal­tungstä­tig­keit und Ressourceneinsatz
II.Antrag der Regierung
III.Regie­rungs­vor­lage
1.Gesetz über die Geneh­mi­gung von Welt­rau­mak­ti­vi­täten und die Regis­trie­rung von Welt­raum­ge­gen­ständen (Welt­raum­ge­setz; WRG)
2.Gesetz über die Abän­de­rung des Beschwerdekommissionsgesetzes
 
Bericht und Antrag der Regierung an den Landtag des Fürstentums Liechtenstein
betreffend den Erlass eines Gesetzes über die Genehmigung von Weltraumaktivitäten und die Registrierung von Weltraumgegenständen (Weltraumgesetz; WRG) sowie die Abänderung des Beschwerdekommissionsgesetzes
 
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Die zunehmende Privatisierung und Kommerzialisierung von Weltraumaktivitäten führt dazu, dass immer mehr Unternehmen in diesem Bereich aktiv werden. Stehen diese Unternehmen im Eigentum liechtensteinischer Staatsbürger oder sind sie in Liechtenstein registriert, ist Liechtenstein für diese Aktivitäten mitunter völkerrechtlich verantwortlich und haftet für Schäden, die durch Weltraumgegenstände solcher Unternehmen verursacht werden. Ausserdem müssen Weltraumgegenstände aufgrund der internationalen Vorgaben sowohl national als auch international registriert werden.
Ohne eine innerstaatliche gesetzliche Grundlage ist es für Liechtenstein weder möglich, eine private Weltraumaktivität einzuschränken oder zu verbieten, noch ist es im Fall der völkerrechtlichen Haftung möglich, bei den Betreibern von Weltraumgegenständen Regress zu nehmen oder ihnen vor dem Start eine Versicherung vorzuschreiben. Derzeit existiert in Liechtenstein kein Genehmigungsvorbehalt für solche Aktivitäten und es wäre nicht möglich, ein Register zu schaffen, da es an der erforderlichen gesetzlichen Ermächtigung fehlt.
Vor diesem Hintergrund soll mit der gegenständlichen Vorlage eine gesetzliche Grundlage für die Genehmigung von Weltraumaktivitäten und die Registrierung von Weltraumgegenständen geschaffen werden. Die vorliegende Gesetzesvorlage stellt die Basis für die Umsetzung der internationalen Verpflichtungen Liechtensteins dar und dient der Vorbeugung von Haftungsfällen.
Ein Kernelement des Gesetzes betrifft die Einführung eines Genehmigungsverfahrens, das Betreiber von Weltraumaktivitäten, die in den Anwendungsbereich des Gesetzes fallen, dazu verpflichtet, eine Genehmigung für ihre geplante Weltraumaktivität zu erwirken. Dadurch soll insbesondere vermieden werden, dass es durch unbewilligte liechtensteinische Weltraumgegenstände unkontrolliert zu Schadens- und damit verbundenen Haftungsfällen kommt. Zudem wird eine Anzeigepflicht für jene Fälle eingeführt, die zwar keiner Genehmigungspflicht unterliegen, aber prima vista in den Anwendungsbereich des Gesetzes fallen. Weiters schafft das Gesetz die Grundlage für die Einrichtung eines Registers für Weltraumgegenstände, um den diesbezüglichen völkerrechtlichen Verpflichtungen Liechtensteins entsprechen zu können.
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Abgesehen von den völkerrechtlichen Haftungs- und Registrierungspflichten im Hinblick auf Weltraumgegenstände liegt es auch im Interesse des Landes, über Weltraumaktivitäten, für die Liechtenstein verantwortlich gemacht werden kann, informiert zu sein und dafür zu sorgen, dass diese nachhaltig und sicher, nach dem Stand der Technik und im Einklang mit sonstigen Verpflichtungen sowie den politischen und wirtschaftlichen Interessen Liechtensteins durchgeführt werden. Liechtenstein hat ein Interesse daran, im europäischen oder internationalen Vergleich nicht als "Billigflaggenland" zu gelten, in dem geringe Voraussetzungen an die Sicherheit und Nachhaltigkeit von Weltraumaktivitäten und die Verlässlichkeit der Betreiber aufgestellt werden.
Aufgrund dieser Interessenlage folgt das Gesetz den Beispielen jener Staaten, die eher strenge Massstäbe an die Genehmigung stellen. Dies betrifft neben den technischen Voraussetzungen und der Vermeidung von Weltraummüll auch den Aspekt der Versicherungspflicht. Weiters wird eine verschuldensunabhängige Gefährdungshaftung etabliert. Aus Transparenzgründen enthält das Gesetz detaillierte Vorschriften im Hinblick auf die Eigentümerstruktur des Betreibers. Das Gesetz bestimmt das Amt für Kommunikation als Aufsichtsbehörde und sieht Aufsichts- und Kontrollrechte vor, um die Einhaltung des Gesetzes sicherzustellen. Auch hier verfolgt Liechtenstein einen eher strengen Kurs. Die Nichteinhaltung der Vorschriften kann zu hohen Verwaltungsstrafen, zur Übertragung der Weltraumaktivität an einen anderen Betreiber sowie zum Entzug der Genehmigung, führen.
Zuständiges Ministerium
Ministerium für Inneres, Wirtschaft und Umwelt
Betroffene Stelle
Amt für Kommunikation
 
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Vaduz, 3. April 2023
LNR 2023-432
P
Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,
Sehr geehrte Frauen und Herren Abgeordnete
Die Regierung gestattet sich, dem Hohen Landtag nachstehenden Bericht und Antrag betreffend den Erlass eines Gesetzes über die Genehmigung von Weltraumaktivitäten und die Registrierung von Weltraumgegenständen (Weltraumgesetz; WRG) zu unterbreiten.
1.Ausgangslage
Liechtenstein ist seit dem Beitritt zum Internationalen Fernmeldevertrag am 25. Juni 19631 Mitglied der 1865 gegründeten Internationalen Fernmeldeunion (International Telecommunication Union, ITU), einer Sonderorganisation der Vereinten Nationen mit Sitz in Genf. Darüber hinaus ist Liechtenstein Vertragspartei des internationalen Übereinkommens über die Haftung für Schäden durch Weltraumgegenstände 19722 ("Weltraumhaftungsübereinkommen 1972") und des -
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internationalen Übereinkommens über die Registrierung von Weltraumgegenständen 19753 ("Weltraumregistrierungsübereinkommen 1975"). Bisher ergab sich daraus innerstaatlich kein unmittelbarer legistischer Handlungsbedarf, da Liechtenstein selbst keine Weltraumaktivitäten durchführte und auch nicht absehbar oder wahrscheinlich war, dass natürliche oder juristische Personen unter der Jurisdiktion Liechtensteins solche Aktivitäten durchführen könnten.
Die zunehmende Privatisierung und Kommerzialisierung von Weltraumaktivitäten in den letzten Jahren führt allerdings dazu, dass immer mehr Unternehmen in diesem Bereich aktiv werden. Stehen diese Unternehmen im Eigentum liechtensteinischer Staatsbürger oder haben sie ihren Sitz in Liechtenstein, ist Liechtenstein für diese Aktivitäten mitunter völkerrechtlich verantwortlich und haftet auch für Schäden, die durch Weltraumgegenstände solcher Unternehmen allenfalls verursacht werden.
Aus dem Völkerrecht ergibt sich für Liechtenstein insbesondere Folgendes:
Liechtenstein haftet als Startstaat (Startstaat ist u.a. der Staat, der den Start eines Weltraumgegenstandes durchführen lässt) für Schäden, die durch seinen Weltraumgegenstand anderen Vertragsstaaten oder deren natürlichen oder juristischen Personen zugefügt werden. Für Schäden auf der Erde oder an Luftfahrzeugen im Flug ist diese Haftung verschuldensunabhängig.
Nach dem Weltraumregistrierungsübereinkommen 1975 ist es erforderlich, ein nationales Register zu schaffen, in welchem Weltraumgegenstände registriert werden.
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Weiters hat eine Notifizierung dieses Registers und die Bekanntgabe bestimmter Informationen an die Vereinten Nationen zu erfolgen, wo ein eigenes internationales Register für Weltraumgegenstände geführt wird.
Liechtenstein hat nichtstaatliche Weltraumaktivitäten einem Genehmigungsverfahren zu unterziehen und diese fortgesetzt zu überwachen.
Liechtenstein hat sicherzustellen, dass seine völkerrechtlichen Verpflichtungen von staatlichen sowie nichtstaatlichen Akteuren eingehalten werden (sog. "Verantwortung"). Weltraumrechtliche Verpflichtungen sind insbesondere die friedliche Nutzung des Weltraums und das Verbot der Stationierung von Massenvernichtungswaffen, das Aneignungsverbot, das Rücksichtnahmegebot sowie der Schutz der Umwelt auf der Erde und im Weltraum und die Registrierung von Weltraumgegenständen.
Angesichts dieser Entwicklungen und zur Umsetzung der genannten völkerrechtlichen Verpflichtungen, die insbesondere dazu dienen, etwaigen Haftungsfällen vorzubeugen, ergibt sich für Liechtenstein Handlungsbedarf zur Schaffung eines entsprechenden nationalen Rechtsrahmens für die Regelung von Weltraumaktivitäten. Auf Grundlage der derzeitigen Gesetzeslage ist es für Liechtenstein nicht möglich, im Fall der völkerrechtlichen Haftung bei den Betreibern von Weltraumgegenständen Regress zu nehmen oder ihnen vor dem Start eine Versicherung vorzuschreiben. Ein Genehmigungsverfahren existiert nicht. Auch ist es nicht möglich, ein Register zu schaffen, da es an der erforderlichen gesetzlichen Ermächtigung fehlt.
Einzig die Notifizierung der technischen Daten gestarteter Weltraumgegenstände an die Vereinten Nationen wäre bei der derzeitigen Gesetzeslage möglich, sofern die Regierung Liechtensteins davon Kenntnis erlangt.
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Der vorliegende Gesetzesentwurf stellt die Basis für die Umsetzung der internationalen Verpflichtungen Liechtensteins dar und dient der Vorbeugung von Haftungsfällen.
Mehrere Staaten haben bereits nationale Weltraumgesetze erlassen, um der zunehmenden Privatisierung und Kommerzialisierung von Weltraumaktivitäten Rechnung zu tragen. In Europa waren dies zuletzt Luxemburg (2020), Finnland (2018), das Vereinigte Königreich (1986 und 2018), Dänemark (2016), Österreich (2011), die Niederlande (2008), Frankreich (2008) und Belgien (2005, rev. 2013). In anderen europäischen Staaten werden derzeit ähnliche Gesetze diskutiert (Deutschland, Italien, Schweiz, Slowakei, Tschechische Republik). Einige europäische Staaten haben schon vor längerer Zeit nationale Gesetze zur Regulierung von Weltraumaktivitäten erlassen (Norwegen 1969, wird derzeit novelliert; Spanien 1974; Schweden 1982). Nationale Weltraumgesetze gibt es darüber hinaus in den USA, in Russland, in der Ukraine, in Australien, Brasilien, China, Hong Kong, Japan, Neuseeland, Südafrika, Republik Korea und in den Vereinigten Arabischen Emiraten.
Die Generalversammlung der Vereinten Nationen verabschiedete in einer Resolution aus 2013 Empfehlungen für die Umsetzung der völkerrechtlichen Verpflichtungen in nationales Recht ("Recommendations on national space legislation").4 Diese Resolution enthält eine Reihe von Elementen ("elements for consideration"), die in nationalen Weltraumgesetzen enthalten sein sollten. An diesen Empfehlungen und Elementen orientiert sich die Vernehmlassungsvorlage in weiten Teilen.
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Weiters erarbeitete die International Law Association ein Modellgesetz für nationale Weltraumgesetzgebung, das den Staaten bei der Umsetzung ihrer völkerrechtlichen Verpflichtungen ebenfalls Orientierung bietet ("ILA Modellgesetz").5 Dieses Modellgesetz wurde ebenso wie jüngere Beispiele nationaler Weltraumgesetze, insbesondere jene von Luxemburg, Finnland, Dänemark und Österreich, bei der Erarbeitung des vorliegenden Gesetzesentwurfs herangezogen.
Spezifische rechtliche Vorgaben von der Europäischen Union bzw. dem Europäischen Wirtschaftsraum gibt es keine.



 
1LGBl. 1963 Nr. 32.
 
2Übereinkommen über die völkerrechtliche Haftung für Schäden durch Weltraumgegenstände, angenommen durch Resolution 2777 (XXVI) der Generalversammlung der Vereinten Nationen am 29. November 1971, unterzeichnet in London, Moskau und Washington am 29. März 1972, in Kraft getreten am 1. September 1972, für das Fürstentum Liechtenstein am 9. Januar 1980, LGBl. 1980 Nr. 59.
 
3Übereinkommen über die Registrierung von in den Weltraum gestarteten Gegenständen, angenommen durch Resolution 3235 (XXIX) der Generalversammlung der Vereinten Nationen am 12. November 1974, unterzeichnet in New York am 14. Januar 1975, in Kraft getreten am 15. September 1976, für das Fürstentum Liechtenstein am 26. Februar 1999, LGBl. 1999 Nr. 67.
 
4Recommendations on national legislation relevant to the peaceful exploration and use of outer space, UN GV Resolution 68/74 aus 2013.
 
5Sofia Rules for a Model Law on National Space Legislation, Resolution Nr. 6/2012 vom 30. August 2012, UN Doc. A/AC.105/C.2/2013/CRP.6.
 
LR-Systematik
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172
LGBl-Nummern
2023 / 444
2023 / 443
Landtagssitzungen
05. Mai 2023
Stichwörter
Ein­füh­rung Genehmigungsverfahren
Ein­füh­rung Register Weltraumgegenstände
Geneh­mi­gungs­vor­be­halt
Rege­lung Haf­tung Weltraumgegenstände
Rege­lung Pri­vater Weltraumaktivitäten
Regis­trie­rung Weltraumgegenstände
Vor­beu­gung Haftungsfälle