Bericht und Antrag der Regierung an den Landtag des Fürstentums Liechtenstein
betreffend die Abänderung des Sachenrechts und weiterer Gesetze sowie die Schaffung des Gesetzes über die amtliche Schätzung von Grundstücken und Gebäuden
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Die gegenständliche Vorlage ist als Teil II einer umfassenden Sachenrechtsrevision zu sehen. Teil I erfolgte mit der Inkraftsetzung des Gesetzes über die Abänderung des Sachenrechts vom 1. Oktober 2008 (LGBl. 2008 Nr. 139).
Mit vorliegendem Gesetzesentwurf werden drei Ziele verfolgt: Zum einen sollen die noch offenen Fragen aus Teil I der Sachenrechtsrevision von 2008 einer ab-schliessenden Regelung zugeführt werden, zum anderen sollen die Neuerungen aus der Teilrevision des schweizerischen Immobiliarsachen- und Grundbuchrechts aus dem Jahr 2009 ins liechtensteinische Sachenrecht übernommen werden. Drittens soll das amtliche Schätzungswesen mittels der Schaffung eines entsprechenden Gesetzes auf ein den heutigen Bedürfnissen entsprechendes Fundament gestellt werden.
Die Teilrevision des Sachenrechts umfasst die folgenden zentralen Punkte:
Schuldbriefrecht: Die Einführung des Register-Schuldbriefs (papierloser Schuld-brief) ist das Kernstück und neben dem geplanten Gesetz über die amtliche Schätzung von Grundstücken und Gebäuden die wesentlichste Neuerung des gegenständlichen Gesetzesentwurfs. Der Register-Schuldbrief bringt für die Praxis viele Erleichterungen. Mit ihm wird den Banken- und Wirtschaftskreisen im Bereich des Kreditgeschäfts ein zeitgemässes und attraktives Rechtsinstitut zur Verfügung gestellt. Der Register-Schuldbrief entsteht mit der Eintragung im Grundbuch, ohne dass ein Wertpapier ausgestellt werden muss, wodurch auch das Verlustrisiko entfällt. Ein allfälliger Gläubigerwechsel erfolgt wie bis anhin im Grundbuch.
Die Einführung des Register-Schuldbriefs soll derart vonstatten gehen, dass ab Inkrafttreten gegenständlicher Gesetzesänderung nur noch Register-Schuldbriefe im Grundbuch angemeldet werden können. Auf bestehende Papier-Schuldbriefe findet das bisherige Recht Anwendung. Bestehende Papier-Schuldbriefe können ohne Anlass freiwillig in Register-Schuldbriefe umgewandelt werden. Zwingend hat eine solche Umwandlung dann zu erfolgen, wenn ohnehin eine Änderung vorgenommen werden soll (Gläubigerwechsel, Handänderung etc.).
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Ebenfalls aufgehoben wird mit gegenständlicher Vorlage die Belastungsgrenze für Register-Schuldbriefe. Für die Errichtung eines Schuldbriefes ist nach gelten-dem Recht das Vorliegen einer amtlichen Schätzung notwendig und Schuldbriefe dürfen nur bis zum Betrag dieser amtlichen Schätzung errichtet werden (Belas-tungsgrenze). Die Aufhebung der Belastungsgrenze bedeutet somit, dass künftig zur Errichtung eines Register-Schuldbriefes keine amtliche Schätzung mehr not-wendig ist.
Im Rahmen der Neufassung des Schuldbriefrechts wird ausserdem auf die bisher geltende automatische Novation der Schuld verzichtet. Dies deshalb, weil ihr keine praktische Bedeutung mehr zukommt. Gläubiger und Schuldner können jedoch nach wie vor eine Novation des der Errichtung des Register-Schuldbriefs zugrunde liegenden Schuldverhältnisses vereinbaren.
Die Bestimmungen zur Gült werden gänzlich aufgehoben, da diese nie praktische Bedeutung erlangt hat.
Bauhandwerkerpfandrecht: Hier soll ein Zustimmungserfordernis des Grundeigentümers zur Ausführung von Arbeiten durch einen Bauhandwerker auf seinem Grundstück, welche ein Dritter in Auftrag gibt, eingeführt werden. Dies erlaubt es, den Kreis der Besteller weit zu fassen (Wohn- oder Nutzniessungsberechtigte etc.). Damit wird eine Gesetzeslücke geschlossen. In Abweichung von der schweizerischen Rezeptionsvorlage sollen keine Bestimmungen betreffend das Bau-handwerkerpfandrecht im Zusammenhang mit Grundstücken im Verwaltungs-vermögen übernommen werden. Es bleibt somit beim Grundsatz, dass eine Verpfändung von Grundstücken im Verwaltungsvermögen unzulässig ist.
Die Eintragungsfrist eines Bauhandwerkerpfandrechts wird von drei Monaten auf vier Monate erhöht. Damit wird einem Bedürfnis der Praxis entsprochen. Ganz generell kann gesagt werden, dass mit der gegenständlichen Revision des Bau-handwerkerpfandrechts die Stellung des Unternehmers verbessert wird.
Zeitgemässes Bodeninformationssystem: Das Amt für Justiz erhält ein griffiges Instrumentarium, um das Grundbuch von bedeutungslos gewordenen Einträgen zu entlasten. So müssen sowohl bei der Teilung eines Grundstücks als auch bei der Vereinigung von Grundstücken alle Dienstbarkeiten, Vormerkungen und An-merkungen bereinigt werden. Einträge, die ihre rechtliche Bedeutung verloren
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haben, können in einem erleichterten Verfahren gelöscht werden. Mittels einer Pflicht zur Eintragung von gesetzlichen Grundpfandrechten des öffentlichen Rechts wird die Publizitätsfunktion des Grundbuchs verbessert.
Ausser den erwähnten sachenrechtlichen Schwerpunkten werden im Rahmen dieser Vorlage kleinere Änderungen an verschiedenen bewährten Instituten des Immobiliarsachenrechts (z.B. Verantwortlichkeit des Grundeigentümers, nachbarrechtliche Regelungen) vorgenommen, ohne dass dabei die Grundkonzeption dieser Institute angetastet wird.
Ein anderer Schwerpunkt der gegenständlichen Vorlage ist die Schaffung eines Gesetzes über die amtliche Schätzung von Grundstücken und Gebäuden. Die geltenden Regelungen stammen aus den Jahren 1922 und 1974 und bestehen hauptsächlich auf Verordnungsebene. Diese Rechtsgrundlagen sind nicht mehr zeitgemäss. Deshalb soll das amtliche Schätzungswesen zeitgemäss und auf Gesetzesstufe geregelt werden. Einer der zentralen Punkte hierbei ist die Abschaffung der Gemeindeschätzungskommissionen. Künftig soll es eine amtliche Schätzungskommission für das ganze Land geben.
Im Sinne eines Ausblicks ist abschliessend festzuhalten, dass eine Sachenrechtsrevision Teil III angedacht ist. In diesem dritten Teil sollen sämtliche Änderungen, welche sich zwangsläufig aus der Informatisierung des Grundbuchs ergeben, vor-genommen werden.
Zuständiges Ministerium
Ministerium für Inneres, Justiz und Wirtschaft
Betroffene Stellen
Alle Gemeinden
Schätzungskommission
Fürstliches Landgericht
Beschwerdekommission für Verwaltungsangelegenheiten (VBK)
Verwaltungsgerichtshof (VGH)
Amt für Justiz (AJU)
Amt für Bau und Infrastruktur (ABI)
Liechtensteinische Steuerverwaltung (STV)
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Liechtensteinische Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV), Liechtensteinische Invalidenversicherung (IV) sowie Liechtensteinische Familienausgleichskasse (FAK)
Finanzmarktaufsicht Liechtenstein (FMA)
Alle Banken
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Vaduz, 12. April 2016
LNR 2015-1388
Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,
Sehr geehrte Frauen und Herren Abgeordnete
Die Regierung gestattet sich, dem Hohen Landtag nachstehenden Bericht und Antrag betreffend die Abänderung des Sachenrechts (SR) und weiterer Gesetze sowie die Schaffung des Gesetzes über die amtliche Schätzung von Grundstücken und Gebäuden an den Landtag zu unterbreiten.
Das liechtensteinische Sachenrecht (SR)
1 hat sein Vorbild im schweizerischen Sachenrecht
2. Die Schweiz hat im Jahr 2004 eine Teilrevision des Immobiliarsachen- und Grundbuchrechts in Angriff genommen, welche am 1. April 2010 ihren Abschluss fand. Diese Änderung des Zivilgesetzbuches (ZGB) vom 11. Dezember 2009
3 ist am 1. Januar 2012 in Kraft getreten. Anlass für die schweizerische Teil-revision waren diverse parlamentarische Vorstösse, u.a. betreffend die Schaffung eines Schuldbriefes ohne Ausgabe eines Wertpapiers (Register-Schuldbrief) oder -
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einer Änderung der Bestimmungen zum Bauhandwerkerpfandrecht. Ein weiterer parlamentarischer Vorstoss betraf die Erleichterungen bei der Grundbuchbereinigung.
Bei der Revision vom 9. Dezember 2009 handelt es sich um die grösste Teilrevision des Immobiliarsachen- und Grundbuchrechts seit dem Inkrafttreten des schweizerischen Zivilgesetzbuches im Jahr 1912. Ohne entsprechende Anpassungen besteht somit eine grosse Diskrepanz zwischen dem liechtensteinischen Sachenrecht und der schweizerischen Rezeptionsvorlage. Um dieses Regelungsgefälle auszugleichen, sollen die neuen Bestimmungen aus der Teilrevision des schweizerischen Immobiliarsachen- und Grundbuchrechts zu einem grossen Teil übernommen werden. Dies ist der eine Grund für die gegenständliche Vorlage.
Der zweite Grund besteht in der Fortführung der Sachenrechtsrevision aus dem Jahr 2008
4, welche als Teil I einer umfassenden Sachenrechtsrevision zu sehen ist. Im entsprechenden Bericht und Antrag (BuA)
5 kündigte die Regierung an, dass sie die zum damaligen Zeitpunkt noch offenen Fragen betreffend das Kaufs-recht sowie das Vorkaufs- und Rückkaufsrecht einer eingehenden Überprüfung unterziehen würde. Diese Überprüfungen konnten zwischenzeitlich abgeschlossen werden und können die entsprechenden Punkte deshalb mit gegenständlicher Vorlage einer abschliessenden Regelung zugeführt werden.
Drittens ist mit gegenständlicher Vorlage die Schaffung eines Gesetzes über die amtliche Schätzung von Grundstücken und Gebäuden vorgesehen. Der bestehende Schätzungsapparat ist gross (insgesamt 50 Personen) und die Rechtsgrundlagen stammen aus den Jahren 1922 und 1974. Eine neue und zeitgemässe
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Regelung ist angebracht, da die vorhandenen Normen häufig nicht ausreichend sind und deshalb zum Teil nicht mit der Praxis übereinstimmen. Zudem spielen die Gemeindeschätzungskommissionen in der Praxis nur eine sehr geringe Rolle. Die Gemeindeschätzungskommissionen sind in Art. 138 SchlT SR geregelt, welcher mit der gegenständlichen Sachenrechtsrevision aufgehoben werden soll.
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1 | Sachenrecht (SR) vom 31. Dezember 1922, LGBl. 1923 Nr. 4. |
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2 | Schweizerisches Zivilgesetzbuch (ZGB) vom 10. Dezember 1907, Systematische Sammlung des Bundesrechts (SR) 210, Art. 641 ff. ZGB. |
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3 | Bundesblatt (BBl) 2009 8779. |
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4 | LGBl. 2008 Nr. 139. |
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5 | Bericht und Antrag betreffend die Abänderung des Sachenrechts (SR), der Jurisdiktionsnorm (JN) und der Exekutionsordnung (EO) Nr. 141/2007, S. 30. |
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