Bericht und Antrag der Regierung an den Landtag des Fürstentums Liechtenstein
betreffend das Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche vom 10. Juni 1958
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Die Schiedsgerichtsbarkeit hat im internationalen Wirtschaftsverkehr eine herausragende Stellung. Ca. 90% der internationalen Wirtschaftsverträge enthalten eine Schiedsvereinbarung. Eine Schiedsvereinbarung bietet den Vertragsparteien erweiterte Möglichkeiten, durch eine vertragliche Gestaltung die Einzelheiten des Verfahrens zu regeln. Zudem sind die Verhandlungen in einem Schiedsverfahren nicht öffentlich, so dass die Einzelheiten des Falls geheim bleiben. Die Schiedsgerichtsbarkeit wird einerseits durch nationales Schiedsverfahrensrecht und andererseits durch internationale Abkommen geregelt. Von den Abkommen betreffend die aussergerichtliche Streitschlichtung spielt das New Yorker Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche vom 10. Juni 1958 die wichtigste Rolle im internationalen Wirtschaftsverkehr. Ihm gehören zur Zeit 144 Vertragsstaaten an. Nach dem Übereinkommen sind ausländische Schiedssprüche anzuerkennen und gemäss den im Inland geltenden Regeln zur Vollstreckung zuzulassen. Es dürfen bei der Vollstreckung keine wesentlich strengeren Verfahrensvorschriften oder höhere Kosten als für inländische Schiedssprüche zur Anwendung kommen. Die örtliche Zuständigkeit und das Vollstreckungsverfahren richten sich nach dem Recht des Staates, in dem vollstreckt werden soll.
Das liechtensteinische Schiedsverfahrensrecht wurde in den letzten beiden Jahren einer Totalrevision unterzogen. Das neue Schiedsverfahrensrecht, das am 1. November 2010 in Kraft getreten ist, schafft die rechtlichen Voraussetzungen für einen Beitritt Liechtensteins zum New Yorker Übereinkommen. Bislang fehlt - mit Ausnahme der Schweiz und Österreichs - die Möglichkeit zur Anerkennung und Vollstreckung von liechtensteinischen Schiedssprüchen im Ausland. Das neue zeitgemässe Schiedsverfahrensrecht sowie der Beitritt zum New Yorker Übereinkommen machen Liechtenstein zu einem attraktiven Standort für Schiedsgerichte.
Durch den Beitritt zum Übereinkommen entstehen keine personellen, finanziellen, räumlichen oder organisatorischen Auswirkungen.
Zuständige Ressorts
Ressort Justiz, Ressort Äusseres
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Betroffene Amtsstelle
Amt für Auswärtige Angelegenheiten
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Vaduz, 26. April 2011
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Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,
Sehr geehrte Frauen und Herren Abgeordnete
Die Regierung gestattet sich, dem Hohen Landtag nachstehenden Bericht und Antrag betreffend das Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche vom 10. Juni 1958 zu unterbreiten.
Am 10. Juni 1958 verabschiedete eine Staatenkonferenz am Sitz der Vereinten Nationen in New York den Text des Übereinkommens, dem heute 144 Vertragsparteien angehören. Die Schweiz ist seit 1965 Vertragspartei, Österreich seit 1961. Das Übereinkommen ist am 7. Juni 1959 in Kraft getreten. Liechtenstein hat das Übereinkommen nicht unterzeichnet, es erfolgt deshalb ein Beitritt.
Liechtenstein ist bisher nicht Vertragspartei von multilateralen Übereinkommen zur Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche
1. Hingegen hat -
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Liechtenstein mit der Schweiz (LGBl. 1970 Nr. 14) und mit Österreich (1975 Nr. 20) entsprechende bilaterale Abkommen abgeschlossen. Bislang fehlt - mit Ausnahme dieser zwei Länder - die Möglichkeit zur Anerkennung und Vollstreckung von liechtensteinischen Schiedssprüchen im Ausland. Von den Abkommen betreffend die aussergerichtliche Streitschlichtung spielt das New Yorker Schiedsgerichtsübereinkommen die wichtigste Rolle im internationalen Wirtschaftsverkehr. Es bietet einerseits die Möglichkeit Schiedssprüche in 144 Staaten vollstrecken und anerkennen zu lassen. Andererseits eröffnet das Übereinkommen für Liechtenstein Chancen, sich als Schiedsgerichtsort zu etablieren. Liechtenstein verfügt in dieser Hinsicht über mehrere Standortvorteile. Das revidierte Schiedsverfahrensrecht bietet eine moderne, den internationalen Standards entsprechende Rechtsgrundlage. In Verknüpfung mit den sonstigen Vorzügen der liechtensteinischen Rechtsordnung, wie beispielsweise dem liberalen Gesellschaftsrecht, dient das revidierte Schiedsrecht, ergänzt durch das vorliegende Abkommen, der Attraktivitätssteigerung des Finanz- und Wirtschaftsstandorts Liechtenstein. Zudem bildet das effiziente liechtensteinische Gerichtswesen einen weiteren Vorteil im Wettbewerb der Schiedsgerichtsorte.
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1 | Nicht zu verwechseln mit dem von Liechtenstein abgeschlossenen Übereinkommen vom 15. Dezember 1992 über Vergleichs- und Schiedsverfahren innerhalb der OSZE, LGBl. 1995 Nr. 42, in welchem es um die Beilegung von Streitigkeiten zwischen Staaten geht. |
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