Bericht und Antrag der Regierung an den Landtag des Fürstentums Liechtenstein
betreffend die Abänderung der Zivilprozessordnung
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Mit Urteil zu StGH 2006/94 vom 30. Juni 2008 hat der Staatsgerichtshof die §§ 56 bis 62 der Zivilprozessordnung, welche die Leistung einer Sicherheit im Zivilprozessrecht geregelt haben, als EWR-rechtswidrig aufgehoben.
Dadurch entstand die in der Praxis unbefriedigende Situation, dass ein Beklagter von einem Kläger mit Wohnsitz im Ausland keine Sicherheitsleistung für Prozesskosten mehr verlangen kann.
Mit der gegenständlichen Regierungsvorlage soll dieser Missstand korrigiert werden. So ist vorgesehen, dass ein Beklagter im Zivilprozess die Leistung einer
Sicherheit für Prozesskosten verlangen kann, wenn die Vollstreckbarkeit seines Kostenersatzanspruchs im Ausland nicht gewährleistet ist.
Zuständiges Ressort
Ressort Justiz
Betroffene Stellen
Fürstliches Landgericht
Fürstliches Obergericht
Fürstlicher Oberster Gerichtshof
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Vaduz, 2. Juni 2009
P
Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,
Sehr geehrte Frauen und Herren Abgeordnete
Die Regierung gestattet sich, dem Hohen Landtag nachstehenden Bericht und Antrag betreffend die Abänderung der Zivilprozessordnung zu unterbreiten.
Der Zweck der Sicherheitsleistung im Zivilprozess (aktorische Kaution) liegt im Schutz des Beklagten vor Kosten verursachender Rechtsanmassung durch den Kläger. Die aktorische Kaution dient als "Deckungsfonds" zur Realisierung der Prozesskostenersatzansprüche gegen den Kläger und wird somit insbesondere dann relevant, wenn das Vermögen des Klägers im Geltungsbereich des Rechts, in welchem das Verfahren stattfindet, nicht greifbar ist.
Zur Verdeutlichung sei auf folgenden Sachverhalt verwiesen: Der Kläger verliert den Prozess. Das (liechtensteinische) Gericht spricht dem Beklagten den Ersatz der entstandenen Kosten zu und verpflichtet den Kläger bei sonstiger Exekution
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zu deren Zahlung. Problematisch können nun Fälle werden, in denen der Kläger zahlungsunwillig ist. Der Beklagte kann nämlich seinen Kostenersatz nur im Geltungsbereich des liechtensteinischen Rechts mit den vorgesehenen Zwangsmitteln eintreiben oder in Ländern, mit denen eine staatsvertragliche Regelung über die Anerkennung und Vollstreckung von Urteilen besteht. Andernfalls muss der Kostenersatz nach den Bestimmungen des jeweiligen nationalen Rechts eingebracht werden, was mit erheblichem Aufwand verbunden oder geradezu unmöglich sein kann. Da Liechtenstein nur wenige staatsvertragliche Übereinkommen bezüglich der Anerkennung und Vollstreckung von Urteilen abgeschlossen hat
1, kommt der aktorischen Kaution in der Praxis eine grosse Bedeutung zu.
Die aktorische Kaution schützt den im Inland Beklagten eines Verfahrens vor der Situation, das Verfahren gegen den Kläger mit Wohnsitz im Ausland zwar gewonnen zu haben, seines berechtigten Kostenersatzes allerdings verlustig zu gehen, da die Einbringung des Kostenersatzes - mangels entsprechender staatsvertraglicher Übereinkommen - nicht möglich ist.
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1 | Es bestehen jeweils bilaterale Verträge mit der Schweiz und Österreich. Vgl. zum Ganzen auch: Mario Frick, Die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Entscheidungen in Zivilsachen im Fürstentum Liechtenstein - unter Berücksichtigung des schweizerischen, österreichischen und deutschen Rechts, Dike Verlag St. Gallen 1992 (Dissertation). |
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