Berichte und Anträge
Regierungskanzlei (RK)
BuA - Nummer
2016 / 50
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Ein­lei­tung
I.Bericht der Regierung
1.Aus­gangs­lage
2.Schwer­punkte und Ziel­set­zungen des Übe­rein­kom­mens des Euro­pa­rats zur Ver­hü­tung des Ter­ro­rismus (SEV Nr. 196) vom 16. Mai 2005
3.Ver­nehm­las­sung
4.Erläu­te­rungen zu den ein­zelnen Bes­tim­mungen des Übereinkommens
5.Ver­fas­sungs­mäs­sig­keit / Rechtliches
6.Per­so­nelle, finan­zi­elle, orga­ni­sa­to­ri­sche und räum­liche Auswirkungen
II.Antrag der Regierung
Grüner Teil
 
Bericht und Antrag der Regierung an den Landtag des Fürstentums Liechtenstein
betreffend das Übereinkommen des Europarats zur Verhütung des Terrorismus (SEV NR. 196) vom 16. Mai 2005   
 
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Der Europarat engagiert sich bereits seit Jahren im Bereich der Terrorismusbekämpfung. Dabei liegt sein Fokus auf der Weiterentwicklung und Stärkung der Rechtsinstrumente zur Bekämpfung des Terrorismus, aktuell insbesondere des islamistisch motivierten Terrorismus (Dschihadismus).
Bereits 1977 hat der Europarat das Europäische Übereinkommen zur Bekämpfung des Terrorismus (SEV Nr. 90) verabschiedet und dieses 2003 (SEV Nr. 190) aktualisiert. In Liechtenstein ist es 1979 bzw. 2005 in Kraft getreten. Zwei weitere Übereinkommen verabschiedete der Europarat 2005, um die Wirksamkeit bestehender internationaler Instrumente im Bereich der Terrorismusbekämpfung zu erhöhen. Erstens das Übereinkommen über Geldwäsche, Terrorismusfinanzierung sowie Ermittlung, Beschlagnahme und Einziehung von Erträgen aus Straftaten (SEV Nr. 198), das von Liechtenstein noch nicht ratifiziert wurde. Zweitens das vorliegende Übereinkommen zur Verhütung des Terrorismus (SEV Nr. 196). 2015 folgte das Zusatzprotokoll zum Übereinkommen zur Terrorismusverhütung (SEV Nr. 217), bei dem die Bekämpfung des Dschihadismus im Mittelpunkt steht.
Das Übereinkommen zur Verhütung des Terrorismus (SEV Nr. 196) ist von 34 Staaten ratifiziert sowie von 10 Staaten und der Europäischen Union unterzeichnet worden. Die Hauptziele des Übereinkommens sind die Schaffung neuer Straftatbestände für terroristische Aktivitäten und die Stärkung präventiver Antiterrormassnahmen auf nationaler und internationaler Ebene. Eine wesentliche Neuerung des Übereinkommens ist die Kriminalisierungsverpflichtung für diverse strafbare Handlungen im Vorfeld terroristischer Kriminalität. Mit der Kriminalisierung dieser Vorbereitungs- oder Organisationshandlungen soll der Radikalisierung entgegen gewirkt werden. Kernpunkt des Übereinkommens ist die Strafbarkeit der öffentlichen Anstiftung zu terroristischen Taten, der Anwerbung und der Ausbildung von Personen für terroristische Zwecke. Dass die terroristische Handlung tatsächlich begangen wird, ist nicht erheblich (Art. 8). Gemäss dem Übereinkommen sind auch Mittäter und Gehilfen sowie Personen, die eine terroristische Straftat organisieren oder andere dazu anweisen, sie zu begehen, zu bestrafen. Ausserdem enthält das Übereinkommen in Art. 13 eine Bestimmung zum Schutz und zur Entschädigung von Terrorismusopfern.
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Das Übereinkommen steht im Spannungsfeld zwischen staatlichen Sicherheitsinteressen und dem Menschenrechtsschutz, insbesondere dem Schutz gewisser Freiheitsrechte. Die Vertragsstaaten werden deshalb ausdrücklich verpflichtet, bei der Schaffung, Umsetzung und Anwendung der vom Übereinkommen vorgesehenen Strafbestimmungen die Menschenrechte zu wahren. Ausserdem wird auf den Grundsatz der Verhältnismässigkeit, auf das Willkürverbot sowie auf das Verbot diskriminierender oder rassistischer Behandlung verwiesen.
Die Bestimmungen des Übereinkommens werden mit der bestehenden liechtensteinischen Gesetzeslage erfüllt. Mit dem Erlass neuer Terrorismusstraftatbestände (LGBl. 2016 Nr. 14) ist eine genügende innerstaatliche Rechtsgrundlage für eine Ratifikation des Übereinkommens geschaffen worden. Das Zusatzprotokoll zum Übereinkommen wird dem Landtag in einer separaten Vorlage vorgelegt, da noch gesetzgeberischer Handlungsbedarf besteht, der nach Vorliegen der österreichischen Rezeptionsvorlage bereinigt werden soll.
Liechtenstein unterstützt mit der Ratifikation des Übereinkommens die Bestrebungen des Europarats, die rechtlichen Instrumente zur Terrorismusbekämpfung angesichts der internationalen Bedrohungslage kontinuierlich weiterzuentwickeln und zu stärken.
Zuständige Ministerien
Ministerium für Äusseres, Bildung und Kultur
Ministerium für Inneres, Justiz und Wirtschaft
Betroffene Stellen
Amt für Auswärtige Angelegenheiten
Gerichte
Landespolizei
Staatsanwaltschaft
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Vaduz, 26. April 2016
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Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,
Sehr geehrte Frauen und Herren Abgeordnete
Die Regierung gestattet sich, dem Hohen Landtag nachstehenden Bericht und Antrag betreffend das Übereinkommen des Europarats zur Verhütung des Terrorismus vom 16. Mai 2005 (SEV Nr. 196) zu unterbreiten.
1.Ausgangslage
Die Bedrohungslage in Europa hat sich durch das Erstarken des so genannten Islamischen Staats (IS) verschärft. Die massiven Menschenrechtsverletzungen durch den islamistischen Terrorismus, insbesondere in Syrien und Irak, aber auch in anderen Regionen, und die weltweite Zunahme an Anschlägen haben die Notwendigkeit der koordinierten Bekämpfung des Terrorismus und der verstärkten Prävention noch augenscheinlicher gemacht. Auf Grund dieser Entwicklungen ist die internationale Zusammenarbeit im Bereich der Terrorismusbekämpfung auf verschiedenen Ebenen ausgeweitet und intensiviert worden.
Der Europarat engagiert sich bereits seit den 1970er Jahren im Bereich der Terrorismusbekämpfung und hat mehrere Übereinkommen ausgearbeitet, die im direkten oder indirekten Zusammenhang mit Terrorismus stehen. Dabei steht
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neben der Bekämpfung und Prävention terroristischer Handlungen die Frage der Vereinbarkeit von Massnahmen der Terrorismusbekämpfung mit dem Schutz der Menschenrechte im Vordergrund. Zusätzlich hat der Europarat auch zahlreiche nicht-bindende Rechtsakte wie Empfehlungen und Stellungnahmen ausgearbeitet, die sich u.a. mit den Themen Radikalisierung und Schulung von Terroristen via Internet, spezielle Verhörmethoden und Terroristen als Einzeltäter befassen.
Als Reaktion auf die Terroranschläge am 11. September 2001 in New York beschloss der Europarat die Einrichtung einer Multidisziplinären Arbeitsgruppe Terrorismus1. Eine ihrer Hauptaufgaben war die Überprüfung der Wirksamkeit und die Aktualisierung des Europäischen Übereinkommens zur Bekämpfung des Terrorismus vom 27. Januar 1977 (SEV Nr. 90)2, das die Auslieferung von Personen, die terroristische Handlungen begangen haben, erleichtert. Hierzu zählen besonders schwere Taten wie Flugzeugentführungen, Entführung und Geiselnahme, Einsatz von Bomben, Handgranaten, Raketen und Brief- oder Paketbomben, sollten dadurch Personen gefährdet werden. Das Ergebnis der Überprüfung durch die Multidisziplinäre Arbeitsgruppe Terrorismus war ein Protokoll zur Änderung des Übereinkommens (SEV Nr. 190). Wesentlicher Inhalt des Änderungsprotokolls ist die Erweiterung der Liste von Vergehen, die nicht als "politisch" angesehen werden dürfen, um alle Delikte zu erfassen, die in den einschlägigen Übereinkommen und Protokollen der Vereinten Nationen zur Bekämpfung des Terrorismus aufgezählt sind.3
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2005 beschloss der Europarat, auch das Übereinkommen über Geldwäsche sowie Ermittlung, Beschlagnahme und Einziehung von Erträgen aus Straftaten von 1990 (SEV Nr. 141) zu aktualisieren und auf die Terrorismusfinanzierung auszuweiten (SEV Nr. 198)4.
Zur gleichen Zeit finalisierte der Europarat seine Arbeiten für das vorliegende Übereinkommen zur Verhütung des Terrorismus (SEV Nr. 196), das am 16. Mai 2005 am Warschauer Gipfel zur Unterzeichnung aufgelegt wurde. Ziel und Zweck des Übereinkommens ist einerseits die Schaffung neuer Straftatbestände für terroristische Aktivitäten und andererseits die Stärkung präventiver Antiterrormassnahmen auf nationaler und internationaler Ebene. Eine wesentliche Neuerung ist die Kriminalisierung von Vorbereitungs- und Organisationshandlungen wie die öffentliche Anstiftung, Rekrutierung und Ausbildung von Personen für terroristische Zwecke. Ausserdem enthält es eine Bestimmung zum Schutz und zur Entschädigung von Terrorismusopfern.
Das Übereinkommen ist am 1. Juni 2007 in Kraft getreten und wurde bisher von 34 Staaten ratifiziert sowie von 10 Staaten und der Europäischen Union unterzeichnet. In Österreich trat das Übereinkommen 2010 in Kraft, wobei das Strafgesetzbuch mit neuen Paragraphen für die Ausbildung für terroristische Zwecke, die Anleitung zur Begehung einer terroristischen Straftat sowie die Aufforderung zu terroristischen Straftaten und deren Gutheissung ergänzt wurde. In Deutschland folgte das Inkrafttreten des Übereinkommens 2011 ebenfalls auf Grundlage der Erweiterung des Strafgesetzbuches und des Gesetzes zur Verfolgung der Vorbereitung von schweren staatsgefährdenden Gewalttaten. Die Schweiz unterzeichnete das Übereinkommen 2012. Die Umsetzung und Ratifikation sind in
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Vorbereitung. Dem Übereinkommen können auch Nichtmitglieder des Europarats beitreten.
2015 legte der Europarat seinen Schwerpunkt auf die Bekämpfung des islamisch motivierten Terrorismus und initiierte die Diskussion über strafrechtliche Massnahmen zur Ahndung der schweren Menschenrechtsverletzungen im Zusammenhang mit Dschihadismus sowie über die Notwendigkeit verstärkter internationaler Zusammenarbeit. In der Folge wurde ein Zusatzprotokoll zum Übereinkommen zur Verhütung des Terrorismus ausgearbeitet, das die Rekrutierung, die Ausbildung sowie die Vorbereitung und Finanzierung von Reisen, die zur Begehung terroristischer Handlungen unternommen werden, unter Strafe stellt. Damit soll die europäische Gesetzgebung harmonisiert und die zwischenstaatliche Zusammenarbeit erleichtert werden. Insbesondere soll verhindert werden, dass sich Personen für bewaffnete dschihadistische Organisationen rekrutieren und ausbilden lassen, in den Konfliktgebieten kämpfen und anschliessend in ihre Herkunftsländer zurückkehren und dort Terroranschläge planen. Damit handelt es sich um das erste völkerrechtliche Instrument, das bereits frühe Stadien der Vorbereitung von Terrorakten unter Strafe stellt.
Mit dem Zusatzprotokoll möchte der Europarat zur Umsetzung der umfassenden Resolution 2178 (2014) des UNO-Sicherheitsrats beitragen. Diese befasst sich mit den spezifischen Gefahren, die von ausländischen terroristischen Kämpfern ("Foreign Terrorist Fighters") ausgeht. Sie sieht vor, dass Reisen sowie der Versuch des Reisens in einen Staat, der nicht der Staat der Ansässigkeit oder Staatsangehörigkeit der reisenden Person ist, strafrechtlich zu verfolgen sind, wenn die Reise erfolgen soll, um terroristische Handlungen zu begehen, zu planen, vorzubereiten oder sich daran zu beteiligen oder Terroristen auszubilden oder sich zu Terroristen ausbilden zu lassen. Des Weiteren zielt die Resolution auf die Trockenlegung der erheblichen finanziellen Ressourcen von Terrororganisation wie
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dem so genannten Islamischen Staat (IS), die den wirtschaftlichen Nährboden für die organisierten terroristischen Aktivitäten bilden.
Am 22. Oktober 2015 wurde das Zusatzprotokoll zur Unterzeichnung aufgelegt5, Ratifikationen liegen noch keine vor. Das Zusatzprotokoll wird in einer separaten Vorlage behandelt, sobald die notwendigen gesetzgeberischen Anpassungen erfolgt sind. Diese werden auf der österreichischen Rezeptionsvorlage basieren, die in Ausarbeitung ist.



 
1Das Expertenkomitee für Terrorismus wird seit 2003 CODEXTER genannt.
 
2Liechtenstein hat das Europäische Übereinkommen zur Bekämpfung des Terrorismus (SEV Nr. 90) am 13. Juni 1979 ratifiziert (LGBl. 1979 Nr. 39).
 
3Liechtenstein hat das Protokoll zur Änderung des Europäischen Übereinkommens zur Bekämpfung des Terrorismus (SEV Nr. 190) am 8. Februar 2005 ratifiziert (Bericht und Antrag, Nr. 119/2004). Das Änderungsprotokoll wurde vom Landtag am 26. November 2004 beschlossen. Für das Inkrafttreten des Änderungsprotokolls ist die Zustimmung aller Vertragsstaaten des Übereinkommens erforderlich. Diese ist noch ausstehend, weshalb das Änderungsprotokoll in Liechtenstein noch nicht publiziert wurde.
 
4Liechtenstein prüft die notwendigen Umsetzungsmassnahmen zur Ratifikation des aktualisierten Übereinkommens in Anlehnung an den Ratifikationsprozess in Österreich. Weder Österreich, noch die Schweiz und Deutschland haben das Übereinkommen bislang ratifiziert.
 
526 Staaten (Albanien, Belgien, Bosnien und Herzegowina, Bulgarien, Deutschland, Estland, Frankreich, Griechenland, Island, Italien, Lettland, Litauen, Luxemburg, Moldau, Niederlande, Norwegen, Polen, Portugal, Rumänien, Schweden, Schweiz, Slowenien, Spanien, Türkei, Ukraine, Vereinigtes Königreich) und die Europäische Union haben das Zusatzprotokoll bislang unterzeichnet.
 
LR-Systematik
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0..31
LGBl-Nummern
2017 / 062
Landtagssitzungen
31. August 2016
Stichwörter
Ans­tif­tung zu ter­ro­ris­ti­schen Taten
Anti­ter­ror­mass­nahmen, präventive
prä­ven­tive Antiterrormassnahmen
Ter­ro­ris­mus­ver­hü­tung, Ü des Euro­pa­rates (SEV NR. 196)
Ter­ro­ropfer, Entschädigung
Ü des Euro­pa­rates (SEV NR. 196), Terrorismusverhütung