Bericht und Antrag der Regierung an den Landtag des Fürstentums Liechtenstein
betreffend das Freihandelsabkommen zwischen den EFTA-Staaten und Hongkong, China, und das Abkommen über Arbeitsstandards zwischen den EFTA-Staaten und Hongkong, China, beide vom 21. Juni 2011
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Das Freihandelsabkommen zwischen den EFTA-Staaten (Island, Liechtenstein, Norwegen und die Schweiz) und Hongkong, China, ist am 21. Juni 2011 in Schaan unterzeichnet worden. Das Freihandelsabkommen erstreckt sich auf den Handel mit Industrieprodukten (einschliesslich Fisch und andere Meeresprodukte) und verarbeiteten Landwirtschaftsprodukten, den Dienstleistungshandel, die Investitionen, den Schutz der Rechte an geistigem Eigentum sowie den Bereich Handel und Umwelt. Es umfasst Bestimmungen zum Wettbewerb und zum öffentlichen Beschaffungswesen. Wie bei den anderen Freihandelsabkommen der EFTA-Staaten werden die landwirtschaftlichen Basisprodukte und die entsprechenden Zollkonzessionen in bilateralen Landwirtschaftsabkommen geregelt, die individuell zwischen den EFTA-Staaten und Hongkong abgeschlossen wurden. Parallel zum Freihandelsabkommen haben die EFTA-Staaten und Hongkong ein Abkommen über Arbeitsstandards abgeschlossen. Das Freihandelsabkommen mit Hongkong ist das erste Abkommen der EFTA, das ein Kapitel zu Handel und Umwelt enthält und von einem Parallelabkommen über Arbeitsstandards begleitet wird.
Das Freihandelsabkommen sieht für alle Industrieprodukte die Konsolidierung der Zölle auf Null sowie den Verzicht auf mengenmässige Beschränkungen und Massnahmen gleicher Wirkung vor. Für die Landwirtschaftsprodukte bekräftigt Hongkong die Zollbefreiung. Die EFTA-Staaten ihrerseits räumen Hongkong für verarbeitete Landwirtschaftsprodukte Konzessionen in Form einer Behandlung ein, die mit derjenigen gleichwertig ist, die sie gegenüber der EU anwenden. Für landwirtschaftliche Basisprodukte gewähren sie im Rahmen individueller bilateraler Abkommen je nach nationaler Landwirtschaftspolitik Zollkonzessionen auf bestimmte Produkte. In Bezug auf den Dienstleistungshandel enthält das Abkommen für mehrere Sektoren Marktzugangs- und Inländerbehandlungsgarantien, die im Vergleich zum Allgemeinen Abkommen über den Handel mit Dienstleistungen (GATS) der Welthandelsorganisation (WTO) verbessert sind. Für Investitionen garantiert das Abkommen die Beibehaltung der in den Vertragsparteien bereits liberalisierten Marktzugangsregimes. Beim Schutz der Rechte an geistigem Eigentum bestätigt das Freihandelsabkommen die bestehenden Verpflichtungen der einschlägigen internationalen Abkommen, insbesondere des Abkommens über die handelsbezogenen Aspekte der Rechte an geistigem Eigentum (TRIPS) der WTO, und verstärkt diese in bestimmten Bereichen. In Bezug auf Handel und
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Umwelt beziehungsweise Arbeitsstandards (letzterer Aspekt ist im erwähnten Parallelabkommen geregelt) verpflichten sich die Vertragsparteien, die in multilateralen Abkommen über Umwelt und Arbeit eingegangenen Verpflichtungen einzuhalten und den internationalen Handel in einer Weise zu fördern, dass er zur nachhaltigen Entwicklung beiträgt. Sie verpflichten sich, die entsprechende nationale Gesetzgebung wirksam umzusetzen und in ihrer nationalen Gesetzgebung ein hohes Umweltschutzniveau und ein hohes Niveau der Arbeitsstandards anzustreben. Ein aus Regierungsvertretern der Vertragsparteien zusammengesetzter Gemischter Ausschuss wird zur Überwachung der Anwendung des Abkommens und dessen Weiterentwicklung sowie zur Durchführung von Konsultationen eingesetzt. Für Streitigkeiten, die nicht mittels Konsultationen lösbar sind, sieht das Abkommen ein für die betroffenen Vertragsparteien bindendes Schiedsverfahren vor.
Mit Ausnahme der Textilien ist der grösste Teil der Einfuhren aus Hongkong in den Zollraum Schweiz-Liechtenstein bereits zollfrei oder unterliegt sehr tiefen Zöllen. 2010 beliefen sich die auf Einfuhren aus Hongkong erhobenen Zollein-nahmen auf 4,3 Millionen Franken (davon 2,5 Millionen für Textilien). Angesichts des bedeutenden Handels zwischen dem Zollgebiet Schweiz-Liechtenstein und Hongkong (6,5 Milliarden Franken Ausfuhr und 1,6 Milliarden Franken Einfuhr) ist der aus dem Freihandelsabkommen und dem Agrarabkommen resultierende Verlust von Zolleinnahmen bescheiden und ist in Relation zur Verbesserung der Absatzperspektiven für die Liechtensteiner Exporteure und Dienstleistungsanbieter auf dem Markt Hongkongs zu betrachten.
Voraussichtlich alle zwei bis drei Jahre findet eine Sitzung des Gemischten Ausschusses statt, die abwechselnd in Hongkong bzw. in Genf stattfindet. Der liechtensteinischen Mission in Genf entstehen deshalb Reiseauslagen. Es ergeben sich daraus keine personellen Konsequenzen.
Es entstehen keine räumlichen oder organisatorischen Auswirkungen.
Der vorliegende Bericht und Antrag wurde auf der Grundlage der Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung zum Freihandelsabkommen der EFTA-Staaten und Hongkong erstellt.
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Zuständiges Ressort
Ressort Äusseres
Betroffene Amtsstellen
Amt für Auswärtige Angelegenheiten
Liechtensteinische Mission in Genf
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Vaduz, 14. Februar 2012
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Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,
Sehr geehrte Frauen und Herren Abgeordnete
Die Regierung gestattet sich, dem Hohen Landtag nachstehenden Bericht und Antrag betreffend das Freihandelsabkommen zwischen den EFTA-Staaten und Hongkong, China, vom 21. Juni 2011 und das Abkommen über Arbeitsstandards zwischen den EFTA-Staaten und Hongkong, China, vom 21. Juni 2011 zu unterbreiten.
Das Freihandelsabkommen zwischen den EFTA-Staaten (Island, Liechtenstein, Norwegen und die Schweiz) und Hongkong, China (nachfolgend "Hongkong"), ist am 21. Juni 2011 in Schaan unterzeichnet worden. Das Freihandelsabkommen erstreckt sich auf den Handel mit Industrieprodukten (einschliesslich Fisch und andere Meeresprodukte) und verarbeitete Landwirtschaftsprodukte, den Dienstleistungshandel, die Investitionen, den Schutz der Rechte an geistigem Eigentum sowie den Bereich Handel und Umwelt. Es umfasst Bestimmungen zum Wettbe-
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werb und zum öffentlichen Beschaffungswesen. Wie bei den anderen Freihandelsabkommen der EFTA-Staaten werden die landwirtschaftlichen Basisprodukte und die entsprechenden Zollkonzessionen in bilateralen Landwirtschaftsabkommen geregelt, die individuell zwischen den EFTA-Staaten und Hongkong abgeschlossen wurden. Parallel zum Freihandelsabkommen haben die EFTA-Staaten und Hongkong ein Abkommen über Arbeitsstandards abgeschlossen. Das Freihandelsabkommen mit Hongkong ist das erste Abkommen der EFTA, das ein Kapitel zu Handel und Umwelt enthält und von einem Parallelabkommen über Arbeitsstandards begleitet wird.
Das Freihandelsabkommen sieht für alle Industrieprodukte die Konsolidierung der Zölle auf Null sowie den Verzicht auf mengenmässige Beschränkungen und Massnahmen gleicher Wirkung vor. Für die Landwirtschaftsprodukte bekräftigt Hongkong die Zollbefreiung. Die EFTA-Staaten ihrerseits räumen Hongkong für verarbeitete Landwirtschaftsprodukte Konzessionen in Form einer Behandlung ein, die mit derjenigen gleichwertig ist, die sie gegenüber der EU anwenden. Für landwirtschaftliche Basisprodukte gewähren sie im Rahmen individueller bilateraler Abkommen je nach nationaler Landwirtschaftspolitik Zollkonzessionen auf bestimmte Produkte. In Bezug auf den Dienstleistungshandel enthält das Abkommen für mehrere Sektoren Marktzugangs- und Inländerbehandlungsgarantien, die im Vergleich zum Allgemeinen Abkommen über den Handel mit Dienstleistungen (GATS)
1 der Welthandelsorganisation (WTO) verbessert sind. Für Investitionen garantiert das Abkommen die Beibehaltung der in den Vertragsparteien bereits liberalisierten Marktzugangsregimes. Beim Schutz der Rechte an geistigem Eigentum bestätigt das Freihandelsabkommen die bestehenden Verpflichtungen der einschlägigen internationalen Abkommen, insbesondere des Abkommens über die handelsbezogenen Aspekte der Rechte an geistigem Eigen-
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tum (TRIPS)
2 der WTO, und verstärkt diese in bestimmten Bereichen. In Bezug auf Handel und Umwelt beziehungsweise Arbeitsstandards (letzterer Aspekt ist im erwähnten Parallelabkommen geregelt) verpflichten sich die Vertragsparteien, die in multilateralen Abkommen über Umwelt und Arbeit eingegangenen Verpflichtungen einzuhalten und den internationalen Handel in einer Weise zu fördern, dass er zur nachhaltigen Entwicklung beiträgt. Sie verpflichten sich, die entsprechende nationale Gesetzgebung wirksam umzusetzen und in ihrer nationalen Gesetzgebung ein hohes Umweltschutzniveau und ein hohes Niveau der Arbeitsstandards anzustreben. Ein aus Regierungsvertretern der Vertragsparteien zusammengesetzter Gemischter Ausschuss wird zur Überwachung der Anwendung des Abkommens und dessen Weiterentwicklung sowie zur Durchführung von Konsultationen eingesetzt. Für Streitigkeiten, die nicht mittels Konsultationen lösbar sind, sieht das Abkommen ein für die betroffenen Vertragsparteien bindendes Schiedsverfahren vor.
Das mit Hongkong abgeschlossene Freihandelsabkommen schafft einen vorhersehbaren, im Völkerrecht verankerten präferenziellen Rahmen für die Weiterentwicklung der Wirtschaftsbeziehungen mit einem wichtigen und dynamischen Wirtschaftspartner in Asien, der auch drittgrösster Finanzplatz der Welt und Hauptdrehscheibe des Handels auf regionaler Ebene ist. Das Abkommen ermöglicht zudem die Vermeidung von Diskriminierungen der Wirtschaftsakteure Liechtensteins gegenüber jenen gegenwärtiger und künftiger Freihandelspartner von Hongkong.
Das Abkommen mit Hongkong erweitert das Netz der Freihandelsabkommen, das die EFTA-Staaten seit Anfang der 1990er Jahre mit Drittstaaten aufbauen. Neben seiner Mitgliedschaft im EWR und der Zugehörigkeit zur WTO stellt der
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Abschluss von Freihandelsabkommen über seine EFTA-Mitgliedschaft für Liechtenstein, als stark exportabhängiges Land mit weltweit diversifizierten Absatzmärkten, einen Hauptpfeiler seiner Politik der Marktöffnung und der Verbesserung der Rahmenbedingungen für den internationalen Handel dar. Der spezifische Beitrag der Freihandelsabkommen zu den Zielen der Aussenwirtschaftspolitik Liechtensteins besteht u.a. in der Vermeidung oder der raschen Beseitigung von Diskriminierungen, die sich aus Präferenzabkommen ergeben, welche unsere Handelspartner mit unseren Konkurrenten abgeschlossen haben. Dies lässt sich nur durch den Abschluss von Präferenzabkommen mit diesen Handelspartnern erreichen. Mit dem Abschluss von Freihandelsabkommen zielen die EFTA-Staaten darauf ab, ihren Unternehmen einen Zugang zu den ausländischen Märkten zu verschaffen, der mindestens gleichwertig ist wie derjenige, von dem ihre wichtigsten Konkurrenten (wie die EU, die USA und Japan) profitieren.
Gegenwärtig verfügen Liechtenstein und die anderen EFTA-Staaten über 20 in Kraft stehende Freihandelsabkommen
3 mit Partnern ausserhalb der EU. Ausserdem verfügt die Schweiz über ein in Kraft stehendes bilaterales Abkommen über Freihandel und wirtschaftliche Partnerschaft mit Japan, dessen Kapitel über den Warenverkehr über die Anlage 2 zum Zollvertrag mit der Schweiz in Liechtenstein ebenfalls angewendet wird. Zudem haben die EFTA-Staaten mit den Mitgliedsstaaten des Kooperationsrates der Arabischen Golfstaaten (GCC)
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vom 22. Juni 2009) und der Ukraine (Abkommen vom 24. Juni 2010) Freihandelsabkommen unterzeichnet, die auf die Ratifikation durch die Parteien warten. Liechtenstein hat in beiden Fällen bereits ratifiziert. Am 14. November 2011 wurde das Freihandelsabkommen mit Montenegro unterzeichnet. Des Weiteren stehen die EFTA-Staaten in Verhandlungen über Freihandelsabkommen mit Algerien, Bosnien-Herzegowina, Indien, Indonesien, Thailand und den Staaten der Zollunion Russland-Belarus-Kasachstan. Auf bilateraler Ebene verhandelt die Schweiz gegenwärtig mit China über den Abschluss eines Freihandelsabkommens. Dessen Kapitel über den Warenverkehr wird über die Anlage 2 zum Zollvertrag ebenfalls auf Liechtenstein Anwendung finden. Mit Vietnam sind Verhandlungen in Vorbereitung, derweil die EFTA-Staaten insbesondere mit den zentralamerikanischen Staaten
5 und Malaysia Sondierungsprozesse führen.
Das Freihandelsabkommen mit Hongkong ist nach den Freihandelsabkommen mit Singapur (in Kraft seit dem 1. Januar 2003) und Südkorea (1. September 2006) das dritte Freihandelsabkommen der EFTA-Staaten mit einem Partner in Asien. Für Hongkong ist das Freihandelsabkommen mit den EFTA-Staaten das erste, das es mit europäischen Partnern unterzeichnet hat.
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1 | LGBl. 1997 Nr. 108, LR 0.632.20, Anhang 1.B. |
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2 | LGBl. 1997 Nr. 108, LR 0.632.20, Anhang II.1C. |
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3 | Ägypten (LGBl. 2008 Nr. 261, LR 0.632.311.491), Albanien (LGBl. 2010 Nr. 284, LR 0.632.311.251), Chile (LGBl. 2005 Nr. 42, LR 0.632.311.451), Israel (LGBl. 1996 Nr. 162, LR 0.632.311.341), Jordanien (LGBl. 2002 Nr. 111, LR 0.632.314.341), Kanada (LGBl. 2009 Nr. 174, LR 0.632.311.411), Kroatien (LGBl. 2002 Nr. 112, LR 0.632.311.291), Libanon (LGBl. 2006 Nr. 236, LR 0.632.311.481), Marokko (LGBl. 1999 Nr. 215, LR 0.632.311.381), Mazedonien (LGBl. 2002 Nr. 60, LR 0.632.311.281), Mexiko (LGBl. 2001 Nr. 163, LR 0.632.311.421), PLO/Palästinensische Behörde (LGBl. 1999 Nr. 172, LR 0.632.311.901), Peru (LGBl. 201 Nr. 240); LR 0.632.311.551), Kolumbien (LGBl. 2011 Nr. 239, LR 0.322.311.541), Republik Korea (LGBl. 2006 Nr. 174, LR 0.632.311.461), Serbien (LGBl. 2010 Nr. 285, LR 0.632.311.261), Singapur (LGBl. 2003 Nr. 30, LR 0.632.311.411), Südafrikanische Zollunion (SACU: Südafrika, Botsuana, Lesotho, Namibia, Swasiland) (LGBl. 2008 Nr. 96, LR 0.632.311.801), Tunesien (LGBl. 2006 Nr. 191, LR 0.632.311.471) und Türkei (LGBl. 1992 Nr. 88, LR 0.632.311.301). |
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4 | Bahrain, Katar, Kuwait, Oman, Saudi-Arabien und Vereinigte Arabische Emirate. |
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5 | Costa Rica, El Salvador, Guatemala, Honduras, Nicaragua und Panama. |
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