Bericht und Antrag der Regierung an den Landtag des Fürstentums Liechtenstein
betreffend die Genehmigung und Umsetzung des Notenaustausches zwischen dem Fürstentum Liechtenstein und der EU betreffend die Übernahme der Richtlinie (EU) 2017/853 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Mai 2017 über die Kontrolle des Erwerbs und des Besitzes von Waffen (Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands) sowie die Abänderung des Gesetzes über Waffen, Waffenzubehör und Munition (Waffengesetzes; WaffG,)
5
Im Rahmen der Anpassung des Waffenrechts an den Schengen-Besitzstand wurde die Richtlinie 91/477/EWG des Rates über die Kontrolle des Erwerbs und des Besitzes von Waffen in liechtensteinisches Recht umgesetzt. Diese Umsetzung erfolgte mit der Totalrevision des Waffengesetzes, welche am 1. Juli 2009 in Kraft trat.
Mit Inkraftsetzung der Assoziierungsprotokolle zu Schengen und Dublin am 19. Dezember 2011 ist das Fürstentum Liechtenstein offiziell dem Schengen-Raum beigetreten. Damit einhergehend ist Liechtenstein grundsätzlich verpflichtet, künftige Weiterentwicklungen des Schengen-Besitzstands gemäss dem im Assoziierungsprotokoll festgelegten Verfahren zu übernehmen. Eine solche Weiterentwicklung betrifft die Richtlinie (EU) 2017/853 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Mai 2017 zur Änderung der Richtlinie 91/477/EWG des Rates über die Kontrolle des Erwerbs und des Besitzes von Waffen, die vor allem vor dem Hintergrund der Terroranschläge von 2015 in Paris, Brüssel und Kopenhagen erarbeitet wurde.
Die Weiterentwicklung wurde Liechtenstein am 1. Juni 2017 notifiziert. Die Regierung hat die Übernahme der genannten Richtlinie genehmigt, vorbehaltlich der Zustimmung des Landtags.
Einerseits soll der zur Übernahme der Richtlinie notwendige Notenaustausch durch den Landtag genehmigt werden und andererseits befasst sich die vorliegende Gesetzesvorlage mit der dadurch notwendigen Abänderungen des Waffengesetzes (WaffG).
Die Richtlinie verfolgt den Zweck, die missbräuchliche Verwendung von Feuerwaffen, deren wesentlicher Bestandteile und von Munition möglichst zu verhindern. Dies soll insbesondere dadurch geschehen, dass die Regelungen zur Rückverfolgbarkeit von Feuerwaffen und deren wesentlichen Waffenbestandteilen nochmals ausgebaut werden. Weiters wird der Katalog der "verbotenen Waffen", von denen aus Sicht der EU ein hohes Sicherheitsrisiko ausgeht, ausgeweitet. Unter diese Kategorie fallen nun auch zu halbautomatischen Feuerwaffen umgebaute Seriefeuerwaffen (z.B. schweizerische Ordonanzwaffen wie die umgebauten Sturmgewehre 57 und 90), halbautomatische Zentralfeuerwaffen mit Ladevorrichtung
6
mit einer hohen Kapazität (bei Langwaffen ab einer Magazinkapazität von mehr als 10 Patronen, bzw. mehr als 20 Patronen bei Faustfeuerwaffen), und halbautomatischen Langwaffen, die ohne Funktionseinbussen auf eine Länge unter 60 cm gekürzt werden können. Der Erwerb dieser Feuerwaffen unterlag bisher der Bewilligungspflicht (Waffenerwerbsschein). Die gegenständliche Richtlinie sieht eine Besitzstandswahrung für Personen vor, die vor Inkrafttreten dieser neuen Zuteilung eine solche Waffe rechtmässig erworben haben. Diese dürfen ihre Waffen weiterhin besitzen, ohne dass sie um eine Ausnahmebewilligung ansuchen müssen.
Zusätzlich gibt die Änderungsrichtlinie (EU) 2017/853 erstmals vor, für welche Zwecke ausnahmsweise der Erwerb einer verbotenen Feuerwaffe noch bewilligt werden kann. Zulässig ist dies namentlich zum Schutz kritischer Infrastruktur, von Werttransporten oder sensibler Anlagen, für die Tätigkeit des Waffensammelns, für öffentlich anerkannte Museen sowie für Sportschützen. Weiters sind je nach Ausnahmetatbestand zusätzliche, restriktive Vorgaben zu erfüllen. Dies gilt vor allem für Sportschützen, sofern sie eine zu einer halbautomatischen Feuerwaffe umgebaute Seriefeuerwaffe oder eine halbautomatische Zentralfeuerwaffe mit Ladevorrichtung mit hoher Kapazität für das sportliche Schiessen erwerben werden. Die Bewilligungsvoraussetzungen sind zudem regelmässig zu überprüfen.
Schliesslich sind Bestimmungen für die ordnungsgemässe und sichere Aufbewahrung von Feuerwaffen und Munition zu erlassen. Dabei haben die Mitgliedstaaten ebenfalls vorzusehen, dass die ordnungsgemässe Aufbewahrung je nach Anzahl und Kategorie der betreffenden Feuerwaffen und Munition zu überprüfen ist.
Die gegenständliche Revision des Waffengesetzes soll zudem genutzt werden, um einige redaktionelle Anpassungen vorzunehmen, so namentlich Begriffsanpassungen sowie Anpassungen in Bezug auf die Verlängerung des EU-Feuerwaffenpasses.
Jäger werden von dieser Vorlage nur marginal tangiert, indem im Einzelfall beim Besitz von sehr vielen vor allem waffenerwerbsscheinspflichtigen Waffen die Aufbewahrung durch die Landespolizei künftig kontrolliert werden könnte. Der Landespolizei wird damit keine neue Verpflichtung zur Überprüfung der sorgfältigen Aufbewahrung, sondern die Möglichkeit hierzu eingeräumt. Es wird keine neue
7
Ermächtigung zur Hausdurchsuchung geschaffen; eine grundsätzliche Überprüfung der sicheren Aufbewahrung bei sämtlichen Waffenbesitzern ist derzeit denn auch nicht angezeigt. Im Weiteren hat diese Vorlage keine Einflüsse auf die geltende Praxis in Bezug auf Jagdwaffen. Dasselbe gilt für Sportschützen, ausser sie wollen für die Ausübung ihres Sportes in Zukunft zu halbautomatischen Feuerwaffen umgebaute Seriefeuerwaffen oder halbautomatische Zentralfeuerwaffen mit einer Ladevorrichtung mit hoher Kapazität erwerben.
Zuständiges Minsiterium
Ministerium für Inneres, Bildung und Umwelt
Betroffene Stellen
Landespolizei
8
9
Vaduz, 04. September 2018
LNR 2018-1030
Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,
Sehr geehrte Frauen und Herren Abgeordnete
Die Regierung gestattet sich, dem Hohen Landtag nachstehenden Bericht und Antrag betreffend die Genehmigung und Umsetzung des Notenaustausches zwischen dem Fürstentum Liechtenstein und der EU betreffend die Übernahme der Richtlinie (EU) 2017/853 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Mai 2017 zur Änderung der Richtlinie 91/477/EWG des Rates über die Kontrolle des Erwerbs und des Besitzes von Waffen (Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands) sowie die Abänderung des Waffengesetzes (WaffG, LGBl. 2008 Nr. 275) an den Landtag zu unterbreiten.
Die Richtlinie 91/477/EWG des Rates vom 18. Juni 1991 über die Kontrolle des Erwerbs und des Besitzes von Waffen
1 (nachfolgend "EU-Waffenrichtlinie") ist -
10
Teil des Schengen-Besitzstandes und wurde im aktuellen Waffengesetz
2 entsprechend umgesetzt.
Unter dem Eindruck der Pariser Terroranschläge vom 13. November 2015 und auf Druck der EU-Justiz- und Innenminister legte die Europäische Kommission bereits am 18. November 2015 einen Vorschlag für eine Anpassung der geltenden EU-Waffenrichtlinie vor. Nach ausführlichen Beratungen auf Expertenstufe unter Einbezug des Ausschusses der Ständigen Vertreter der Mitgliedstaaten (COREPER) sowie des Ministerrats (Rat der Justiz- und Innenminister, JAI-Rat) und nach schwierigen Trilog-Verhandlungen konnte sich der Rat mit dem Europäischen Parlament am 22. Dezember 2016 auf einen politischen Kompromiss einigen. Die Abänderungsrichtlinie wurde in der Folge am 24. Mai 2017 als Richtlinie (EU) 2017/853 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Mai 2017 zur Änderung der Richtlinie 91/477/EWG des Rates über die Kontrolle des Erwerbs und des Besitzes von Waffen (nachfolgend "Änderungsrichtlinie") im Amtsblatt der EU veröffentlicht
3.
| |
1 | ABl. L 256 vom 13. September 1991, S. 51 (zuletzt geändert durch die Richtlinie 2008/51/EG, ABl. L 179 vom 8. Juli 2008, S. 5). |
| |
2 | Gesetz vom 17. September 2008 über Waffen, Waffenzubehör und Munition (Waffengesetz, WaffG), LGBl. 2008 Nr. 275 idgF. |
| |
3 | ABl. L 137 vom 24. Mai 2017, S. 22. |
| |