Berichte und Anträge
Regierungskanzlei (RK)
BuA - Nummer
2023 / 74
Zurück Druckansicht Dokument als PDF Navigation anzeigen
Ein­lei­tung
I.Bericht der Regierung
1.Aus­gangs­lage
2.Begrün­dung der Vorlage
3.Schwer­punkte der Vorlage
4.Ver­nehm­las­sung
5.Erläu­te­rungen zu den ein­zelnen Bes­tim­mungen unter Berück­sich­ti­gung der Vernehmlassung
6.Ver­fas­sungs­mäs­sig­keit / Rechtliches
7.Aus­wir­kungen auf Ver­wal­tungstä­tig­keit, Res­sour­cen­ein­satz und nach­hal­tige Entwicklung
II.ANTRAG DER REGIERUNG
III.REGIE­RUNGS­VOR­LAGE
1.Gesetz über die Abän­de­rung des Gesetzes über das gericht­liche Ver­fahren in Rechts­an­ge­le­gen­heiten ausser Streitsachen
3.Gesetz über die Abän­de­rung des Statistikgesetzes
Kein Titel
4.Gesetz über die Abän­de­rung des Gesetzes über die Infor­ma­tion der Bevölkerung
Grüner Teil
 
Bericht und Antrag der Regierung an den Landtag des Fürstentums Liechtenstein
betreffend die Gesetzesanpassungen im Zuge der Ratifizierung des Übereinkommens der Vereinten Nationen vom 13. Dezember 2006 über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (Behindertenrechtskonvention)
 
4
Liechtenstein hat das Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 13. Dezember 2006 über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (Behindertenrechtskonvention; UNO-BRK) am 8. September 2020 unterzeichnet. Die beabsichtigte Ratifikation trägt dem Anliegen Rechnung, die Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen in Liechtenstein zu stärken. Überdies steht die Ratifikation im Einklang mit der liechtensteinischen Aussenpolitik, welche dem Schutz der Menschenrechte eine zentrale Bedeutung beimisst.
Die Behindertenrechtskonvention ist das erste völkerrechtlich verbindliche Übereinkommen zum Schutz und zur Förderung der kulturellen, politischen, sozialen und wirtschaftlichen Rechte von Menschen mit Behinderungen. Die Konvention reagiert darauf, dass behinderte Menschen in ihrem Alltag nach wie vor auf Barrieren und Vorurteile stossen. Die Behindertenrechtskonvention verbietet sämtliche Formen der Diskriminierung und fördert die nachhaltige Chancengleichheit und Inklusion von Menschen mit Behinderungen.
Die liechtensteinische Rechtsordnung genügt den Anforderungen der Behindertenrechtskonvention weitestgehend. Die zentrale Rechtsgrundlage bildet dabei das im Jahr 2007 in Kraft getretene Gesetz über die Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen (Behindertengleichstellungsgesetz; BGIG). Zur konventionskonformen Umsetzung der Behindertenrechtskonvention bedarf es einiger Gesetzesanpassungen. Anlässlich der Ratifikation sollen vorerst zwingend notwendige Änderungen des Gesetzes über das gerichtliche Verfahren in Rechtsangelegenheiten ausser Streitsachen (Ausserstreitgesetz; AussStrgG), des Gesetzes über den Verein für Menschenrechte in Liechtenstein (VMRG), des Statistikgesetzes (StatG) sowie des Gesetzes über die Information der Bevölkerung (Informationsgesetz) vorgenommen werden. Anpassungen im Bereich der Handlungsfähigkeit und des Sachwalterrechts und des Massnahmenvollzugs sollen mittel- bis langfristig im Rahmen von anderweitig geplanten Gesetzesreformen durchgeführt werden. Die Ratifizierung der UNO-BRK kann und soll vor Abschluss dieser Reformen vollzogen werden, damit die Ratifikation zeitnah erfolgen kann. Die Vernehmlassungsfrist betreffend die vorliegenden Gesetzesanpassungen endete am 6. Dezember 2022. Total gingen 32 Stellungnahmen ein, wovon 15 die angestrebten Gesetzesanpassungen bzw. die Ratifikation der UNO-BRK ausdrücklich begrüssten oder eine inhaltliche
5
Würdigung vornahmen. 17 der 32 Vernehmlassungsteilnehmenden verzichteten auf eine Stellungnahme.
Es entspricht der liechtensteinischen Praxis, vor der Ratifikation eines Überein-kommens den rechtlichen Anpassungsbedarf im nationalen Recht zu prüfen und die für eine Ratifikation notwendigen Rechtsanpassungen innerstaatlich vorzu-nehmen. Damit soll sichergestellt werden, dass das Übereinkommen bzw. die Konvention ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens für Liechtenstein weitestgehend umgesetzt werden kann bzw. dass das nationale Recht konventionskonform ist. Vor diesem Hintergrund wird angestrebt, den Bericht und Antrag betreffend die Ratifikation in derselben Arbeitssitzung des Landtages zu behandeln, wie die zweite Lesung der vorliegenden Regierungsvorlage.
Zuständige Ministerien
Ministerium für Präsidiales und Finanzen
Ministerium für Inneres, Wirtschaft und Umwelt
Ministerium für Infrastruktur und Justiz
Ministerium für Äusseres, Bildung und Sport (federführend)
Ministerium für Gesellschaft und Kultur
Betroffene Stellen
Amt für Auswärtige Angelegenheiten
Amt für Justiz
Amt für Soziale Dienste
Amt für Statistik
Landgericht
6
Vaduz, 11. Juli 2023
LNR 2023-1124
P
Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,
Sehr geehrte Frauen und Herren Abgeordnete
Die Regierung gestattet sich, dem Hohen Landtag nachstehenden Bericht und Antrag betreffend die Gesetzesanpassungen im Zuge der Ratifizierung des Übereinkommens der Vereinten Nationen vom 13. Dezember 2006 über die Rechte von Menschen mit Behinderungen an den Landtag zu unterbreiten.
1.Ausgangslage
Das Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 13. Dezember 2006 über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (Behindertenrechtskonvention; UNO-BRK) stellt ein wichtiges Instrument dar, um gegen die Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen in allen Lebensbereichen vorzugehen und ihre selbstständige Teilnahme am gesellschaftlichen Leben zu fördern.
Die Behindertenrechtskonvention ist auf internationaler Ebene das wichtigste Instrument zur konsequenten Weiterentwicklung von Bestrebungen, Menschen mit Behinderungen in den vollen Genuss der Menschenrechte kommen zu lassen. Während das "Weltaktionsprogramm für Menschen mit Behinderungen" (1982)
7
und die "Rahmenbestimmungen für die Herstellung der Chancengleichheit von Menschen mit Behinderungen" (1993) der Vereinten Nationen (UNO) rechtlich noch nicht verbindlich waren, unterstreicht die Behindertenrechtskonvention den menschenrechtlichen Charakter des Anspruchs von Menschen mit Behinderungen auf Gleichbehandlung und Teilhabe am gesellschaftlichen Leben.
Zwar gelten bereits die Menschenrechtsverträge der UNO für jeden Menschen, einschliesslich für Menschen mit Behinderungen. Eine von der UNO in Auftrag gegebene Studie kam jedoch zu dem Schluss, dass die Vertragsstaaten und die UNO-Vertragsorgane die besondere Menschenrechtssituation von Menschen mit Behinderungen nur ungenügend beachten. Bei der innerstaatlichen Umsetzung von Menschenrechtsverträgen würden Menschen mit Behinderungen zudem nicht oder nur in sozial- und gesundheitspolitischen Zusammenhängen berücksichtigt.
Die UNO-Generalversammlung entschied vor diesem Hintergrund, ein internationales Übereinkommen zur Förderung und zum Schutz der Rechte und der Würde von Menschen mit Behinderungen zu entwerfen, welches am 13. Dezember 2006 angenommen wurde. Am 30. März 2007 wurde die Behindertenrechtskonvention in New York den Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen zur Unterzeichnung und Ratifikation aufgelegt. Die Behindertenrechtskonvention ist am 3. Mai 2008 nach der zwanzigsten Ratifikation in Kraft getreten und bislang von 164 Staaten unterzeichnet und von 187 Staaten (inkl. der EU als Organisation der regionalen Integration) ratifiziert worden.1 Österreich ratifizierte die Behindertenrechtskonvention am 26. September 2008, die Schweiz am 15. April 2014.
Die Behindertenrechtskonvention ist ein völkerrechtlicher Vertrag, der bereits bestehende Menschenrechte für die Lebenssituation von Menschen mit Behinderungen konkretisiert. Ziel der Behindertenrechtskonvention ist, die Chancengleichheit
8
von Menschen mit Behinderungen zu fördern und ihre Diskriminierung in der Gesellschaft zu unterbinden. Die Vertragsstaaten sind verpflichtet, dem zuständigen Ausschuss für die Rechte von Menschen mit Behinderungen in einem regelmässigen Turnus Staatenberichte vorzulegen. Der Vertragsausschuss prüft als Kontrollorgan die Berichte und ist berechtigt, Stellungnahmen und Empfehlungen dazu abzugeben.



 
1Gemäss Stand vom 28. Juni 2023.
 
LR-Systematik
2
27
274
1
10
105
4
43
431
1
17
172
LGBl-Nummern
2024 / 007
2024 / 006
2024 / 005
2024 / 004
Landtagssitzungen
07. September 2023
Stichwörter
Anpas­sung natio­nales Recht
Behin­der­ten­gleichs­tel­lungs­ge­setz (BGIG)
Behin­der­ten­rechts­kon­ven­tion (UNO-BRK)
Chan­cen­gleich­heit
Inklu­sion
Verbot Diskriminierung