Bericht und Antrag der Regierung an den Landtag des Fürstentums Liechtenstein
betreffend die Abänderung des Berufsbildungsgesetzes (BBG) und weiterer Gesetze (StipG, ALVG)
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Aus Sicht der Regierung ist die Laufbahnberatung für Erwachsene keine staatliche Aufgabe und soll deshalb künftig von den öffentlichen Institutionen grundsätzlich nicht mehr angeboten werden.
Die Abteilung Berufsberatung des Amts für Berufsbildung und Berufsberatung soll seine Arbeit auf die Beratung von Jugendlichen und jungen Erwachsenen bis zum vollendeten 25. Lebensjahr fokussieren. Somit wird diesen Personen auch weiterhin ein kostenloses und professionelles Beratungsangebot in berufs-, studien- und laufbahnbezogenen Fragestellungen zur Verfügung stehen. Ebenso können Eltern, Lehrer/innen und andere Bezugspersonen, die den Jugendlichen und jungen Erwachsenen bei der Gestaltung der beruflichen Zukunft behilflich sein möchten, diesbezüglich berufsberaterische Informationen erhalten.
Erwachsene, die sich Gedanken über ihre berufliche Zukunft machen, berufliche Umsteiger/innen sowie Personen, die einen beruflichen Wiedereinstieg erwägen, sollen sich stattdessen künftig an private Laufbahnberater/innen wenden. Eine Evaluation hat gezeigt, dass private Anbieter ein entsprechendes Angebot auf gleichwertigem Niveau wie das Amt für Berufsbildung und Berufsberatung erfüllen können. Die Evaluation hat ebenfalls gezeigt, dass sich die meisten Personen, welche die bisher kostenlos angebotene Laufbahnberatung des Amts in Anspruch nehmen, diese Dienstleistung finanziell leisten können.
Diese Beschränkung der Dienstleistung der Laufbahnberatung des Amts für Berufsbildung und Berufsberatung soll insofern sozialgerecht sein, dass in Liechtenstein wohnhafte
* beim Arbeitsmarkt Service Liechtenstein registrierte erwerbslose Personen;
* Sozialhilfeempfänger/innen sowie andere Personen, die durch das Amt für Soziale Dienste unterstützt werden;
* IV-Leistungsbezüger/innen;
* Personen, die in Liechtenstein Stipendien beziehen sowie
* Personen, die von der Bewährungshilfe Liechtenstein betreut werden
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weiterhin eine kostenlose Unterstützung durch das Amt für Berufsbildung und Berufsberatung erhalten.
Diese Änderung der Praxis macht eine Abänderung des Berufsbildungsgesetzes, des Stipendiengesetzes und des Arbeitslosenversicherungsgesetzes erforderlich.
Zuständiges Ministerium
Ministerium für Äusseres, Bildung und Kultur
Betroffene Stellen
Amt für Berufsbildung und Berufsberatung
Amt für Volkswirtschaft
Amt für Soziale Dienste
Schulamt (Stipendienstelle)
Bewährungshilfe Liechtenstein
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Vaduz, 12. August 2014
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Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,
Sehr geehrte Frauen und Herren Abgeordnete
Die Regierung gestattet sich, dem Hohen Landtag nachstehenden Bericht und Antrag betreffend die Abänderung des Berufsbildungsgesetzes (BBG) und weiterer Gesetze (StipG, ALVG) zu unterbreiten.
Auf Vorschlag der damaligen Industriekammer und Gewerbegenossenschaft im Fürstentum Liechtenstein wurde am 24. Dezember 1947 erstmals ein nebenamtlicher Berufsberater eingesetzt. Seine Dienstleistungen umfassten während der Jahre 1948 - 1972 ausschliesslich Angebote für Schulabgänger/innen und Lernende.
1976 wurde die Berufsberatung im Berufsbildungsgesetz vom 7. Juli 1976
1 neu geregelt. Damit wurden die berufsberaterischen Dienstleistungen für Erwachsene erstmals gesetzlich festgelegt. In Art. 78 Abs. 1 wurde festgelegt, dass das Land für Jugendliche und Erwachsene als beratendes Organ eine Berufsbera-
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tungsstelle unterhält. Diese hatte Jugendlichen und Erwachsenen durch generelle Aufklärung und individuelle Beratung in Fragen der Berufs- und Ausbildungswahl sowie der Gestaltung der beruflichen Laufbahn behilflich zu sein (Art. 79 Abs.1).
Das heute gültige Berufsbildungsgesetz (BBG) vom 13. März 2008
2 übernahm grösstenteils den Gesetzeslaut von 1976. Gemäss Art. 55 BBG führt das Amt für Berufsbildung und Berufsberatung Berufs-, Studien- und Laufbahnberatungen durch. Diese unterstützen Jugendliche und Erwachsene bei der Berufs- und Studienwahl sowie bei der Gestaltung der beruflichen Laufbahn.
Unter dem Begriff "Berufsberatung" wird eine Beratung von Schüler/innen bis zum 18. Lebensjahr verstanden; unter dem Begriff "Studienberatung" eine Beratung von Gymnasiasten/innen bis zum 18. Lebensjahr. Der Begriff "Laufbahnberatung" (Erwachsenenberatung) wird als Beratung von Personen ab dem 18. Lebensjahr mit berufs-, studien- oder laufbahnbezogenen Themen definiert.
Die Berufs-, Studien- und Laufbahnberatung steht somit für unterschiedliche Fragen und Anliegen zur Verfügung, zum Beispiel für:
* Jugendliche, die vor der Berufs- oder Studienwahl stehen;
* Eltern, Lehrer/innen oder andere Bezugspersonen, die den Jugendlichen dabei behilflich sein möchten;
* Erwachsene, die sich Gedanken über ihre berufliche Zukunft machen;
* Berufliche Umsteiger/innen;
* Frauen und Männer, die einen beruflichen Wiedereinstieg erwägen.
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Die Beratungen finden entweder individuell (Einzelgespräche) oder in Form von Informationsveranstaltungen, Workshops, Mentoringprojekten oder Coachings statt.
Die Berufs-, Studien- und Laufbahnberater/innen bedienen sich - als ausgebildete Psychologinnen und Psychologen - psychologischen Gesprächs- und Beratungsmethoden sowie Verfahren aus der psychologischen Diagnostik. Hauptanliegen der Klienten sind individuelle Unterstützung sowie Begleitung in Bezug auf schulische oder berufliche Übergänge, welche infolge geplanter oder ungeplanter Ereignisse auftreten können. Ein weiterer Aspekt ist die Begleitung bei berufsbezogenen Entscheidungen im Rahmen eines Umstiegs oder Wiedereinstiegs, eines Ausbildungsabbruchs, bei Problemen in der Schule oder am Arbeitsplatz.
Sämtliche Dienstleistungen werden heute vom Amt für Berufsbildung und Berufsberatung kostenlos angeboten.
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1 | LGBl. 1976 Nr. 55. |
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2 | LBGl. 2008 Nr. 103. |
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