Bericht und Antrag der Regierung an den Landtag des Fürstentums Liechtenstein
betreffend die Abänderung des Gesetzes über die Reduktion der CO2-Emissionen (CO2-Gesetz)
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Mit der Vorlage kommt die Regierung ihrer völkerrechtlichen Verpflichtung aus Art. 1 Abs. 1 der Vereinbarung zwischen Liechtenstein und der Schweiz betreffend die Umweltabgaben in Liechtenstein nach. Hiernach übernimmt Liechtenstein die Vorschriften der schweizerischen Bundesgesetzgebung über die Umweltabgaben in sein Landesrecht.
Die Schweiz fördert seit dem 1. Juli 2008 umweltschonende Treibstoffe über Steuererleichterungen. Die entstehenden Steuerausfälle müssen per Gesetz über den Benzinsteuersatz ausgeglichen werden. Diese Erleichterungen von der Mine-ralölsteuer (MinöSt) sind gemäss geltendem Mineralölsteuergesetz vom 21. Juni 1996 (MinöStG) bis zum 30. Juni 2020 befristet. Am 27. Februar 2017 reichte Nationalrat Thierry Burkart eine parlamentarische Initiative (Pa.Iv. Burkart 17.405) ein zur Verlängerung der Steuererleichterungen bis 2030.
Der Bundesrat hat in seiner Botschaft vom 1. Dezember 2017 zur Totalrevision des CO2-Gesetzes für den Zeitraum nach 2020 die klimapolitische Bedeutung der biogenen Treibstoffe unterstrichen. In Ablösung der Steuererleichterungen schlägt der Bundesrat deshalb vor, die Importeure fossiler Treibstoffe zu verpflichten, mindestens 5 Prozent der CO2-Emissionen aus dem Verkehr mit der Inverkehrbringung von erneuerbaren Treibstoffen zu kompensieren.
Wenn die MinöSt-Erleichterung sowie die damit verknüpften ökologischen und sozialen Anforderungen Mitte 2020 wegfallen, entsteht bis zum Inkrafttreten des totalrevidierten CO2-Gesetzes eine Regulierungslücke. Tritt die Totalrevision des CO2-Gesetzes nicht wie vorgesehen auf 2021 in Kraft, so fehlt zusätzlich auch die Gesetzesgrundlage für die Kompensationsverpflichtung der Treibstoffimporteure. Die beiden wesentlichen Anreizsysteme für erneuerbare Treibstoffe wären damit aufgehoben, was einen Einbruch des Absatzes von erneuerbarem Treibstoff in der Schweiz mit sich bringen dürfte. Da zudem das Emissionshandelssystem sowie die CO2-Abgabebefreiung mit Verminderungsverpflichtung wegfallen würden, wären alle Unternehmen ab dem 1. Januar 2021 der CO2-Abgabe unterstellt.
Deshalb kam die Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie des Nationalrates (UREK-N) an ihrer Sitzung vom 29. April 2019 zum Schluss, dass sowohl die bis Ende 2020 befristeten Instrumente des geltenden CO2-Gesetzes als auch
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die MinöSt-Erleichterungen bis Ende 2021 verlängert werden sollen. Allerdings lehnte die UREK-N die von der Pa.Iv. Burkart geforderte Verlängerung der MinöSt-Erleichterungen bis 2030 ab. Dies insbesondere aufgrund der zu erwartenden hohen Steuerausfälle und der damit verbundenen Preiserhöhung auf Benzin und Dieselöl.
Die Änderungen des MinöStG sind in Liechtenstein direkt über den Zollvertrag anwendbar und werden nicht weiter erläutert. In der Vorlage werden somit die Instrumente des CO2- Gesetzes bis Ende 2021 fortgeführt. Die Abänderung betrifft die Vorschriften bei Fahrzeugen und die Verlängerung der Verpflichtung zur Verminderung der Treibhausgasemissionen. Die CO2-Abgabe ist unbefristet. Die Vereinbarungen auf Abgabenbefreiung hingegen enden per Ende 2020. Mit der Gesetzesänderung können sich die Betriebe auf Antrag ein weiteres Jahr von der CO2-Abgabe befreien lassen wodurch der bestehende Mechanismus um ein Jahr verlängert wird.
Die vorgeschlagene Verlängerung der befristeten Instrumente des CO2-Gesetzes schliesst die drohende Regulierungslücke bis 2021, wenn das totalrevidierte CO2-Gesetz per 1.1.2022 in Kraft tritt.
Zuständiges Ministerium
Ministerium Inneres, Bildung und Umwelt
Betroffene Stellen
Amt für Umwelt
Amt für Strassenverkehr
Amt für Volkswirtschaft
Stabsstelle Finanzen
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Vaduz, 14. Juli 2020
LNR 2020-1045
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Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,
Sehr geehrte Frauen und Herren Abgeordnete
Die Regierung gestattet sich, dem Hohen Landtag nachstehenden Bericht und Antrag betreffend die Abänderung des Gesetzes über die Reduktion der
CO2-Emissionen (CO2-Gesetz) an den Landtag zu unterbreiten.
Die Schweiz fördert seit dem 1. Juli 2008 umweltschonende Treibstoffe über Steuererleichterungen. Zum einen werden für Erd- und Flüssiggas zur Verwendung als Treibstoff die Mineralölsteuersätze um 40 Rappen je Liter Benzinäquivalent gesenkt. Zum anderen werden biogene Treibstoffe, wie z.B. Biogas oder Biodiesel, ebenfalls steuerlich gefördert; sie profitieren derzeit von vollumfänglichen Steuererleichterungen, sofern ökologische und soziale Anforderungen erfüllt sind. Die entstehenden Steuerausfälle müssen per Gesetz über den Benzinsteuersatz ausgeglichen werden. Diese Erleichterungen von der Mineralölsteuer (MinöSt) sind gemäss geltendem Mineralölsteuergesetz vom 21. Juni 1996 (MinöStG, Stand vom 1. Januar 2017) bis zum 30. Juni 2020 befristet und in Liechtenstein direkt über den Zollvertrag anwendbar.
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Am 27. Februar 2017 reichte Nationalrat Thierry Burkart eine parlamentarische Initiative (Pa.Iv. Burkart) zur Verlängerung der Steuererleichterungen bis 2030 ein. Dies mit der Begründung der Rechts- und Investitionssicherheit für die Branche. Dabei sollen auch die Anforderungen an die nachhaltige Produktion aufrechterhalten werden. Die dadurch verursachten Einnahmenausfälle bei der MinöSt sollen über Steueraufschläge auf Benzin und Dieselöl ausgeglichen werden (heute nur Benzin).
Am 11. Dezember 2018 hat der Nationalrat die Vorlage für die Totalrevision des CO2-Gesetzes nach 2020 in der Gesamtabstimmung mit 92 zu 60 Stimmen bei 43 Enthaltungen abgelehnt. Diese Ablehnung kommt einem Nichteintreten auf das Gesetz gleich. Die Vorlage wurde in der Fassung des Bundesrates vom 1. Dezember 2017 dem Ständerat übergeben. Damit das totalrevidierte CO2-Gesetz lückenlos an das geltende CO2-Gesetz in Kraft treten hätte können, hätte in Anbetracht einer möglichen Volksabstimmung die Schlussabstimmung spätestens in der Frühlingssession 2020 erfolgen sollen.
Die Verwaltung hat im Rahmen der parlamentarischen Diskussionen in einem Bericht
1 zuhanden der UREK-N die Konsequenzen analysiert, falls die Totalrevisi-on des CO2-Gesetzes abgelehnt wird oder nicht lückenlos an das geltende Gesetz anknüpft. Das CO2-Gesetz (CH CO2-G) selber ist zwar nicht befristet. Allerdings fehlt ohne Revision ein nationales Reduktionsziel für die Zeit nach 2020 und somit ein Ankerpunkt für Massnahmen wie die CO2-Kompensationspflicht oder eine weitere Erhöhung der CO2-Abgabe. Zudem würden die bis 2020 befristeten Instrumente wie die CO2-Kompensationspflicht und die CO2-Abgabebefreiung mit -
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Verminderungsverpflichtung in der Schweiz und in Folge auch in Liechtenstein entfallen:
Die CO2-Kompensationspflicht für die Importeure fossiler Treibstoffe (CH CO2-G Art. 26 ff.) fällt weg. Der Kompensationssatz ist an die nationale Zielsetzung gemäss Artikel 3 (CH CO2-G) gebunden. Ohne Totalrevision besteht kein quantifiziertes nationales Verminderungsziel mehr, und somit kann auch kein Kompensationssatz mehr festgelegt werden. In der Konsequenz würde damit auch die Inverkehrbringung von biogenen Treibstoffen einbrechen.
Die CO2-Abgabebefreiung mit Verminderungsverpflichtung (Art. 31 CH CO2-G) fällt weg. Die heutigen abgabebefreiten Unternehmen unterstehen ab 2021 der CO2-Abgabe.
Die Sorge, dass die Totalrevision des CO2-Gesetzes nicht zeitgerecht in Kraft tritt, hat die Fraktion der FDP-Liberalen bewogen, den Bundesrat zu fragen (19.3157
2), wie er im Falle einer verspäteten Inkraftsetzung und dem damit verbundenen Unterbruch einzelner Instrumente gedenkt, der Wirtschaft Planungs- und Rechtssicherheit zu garantieren.
Deshalb kam die UREK-N an ihrer Sitzung vom 29. April 2019 zum Schluss, dass sowohl die bis Ende 2020 befristeten Instrumente des geltenden CO2-Gesetzes als auch die MinöSt-Erleichterungen bis Ende 2021 verlängert werden sollen. Allerdings lehnte die UREK-N die von der Pa.Iv. Burkart geforderte Verlängerung der MinöSt-Erleichterungen bis 2030 ab, insbesondere aufgrund der zu erwartenden hohen Steuerausfälle und der damit verbundenen Preiserhöhung auf Benzin und Dieselöl.
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Mit der Verlängerung der befristeten Instrumente des CO2-Gesetzes und der Mi-nöSt-Erleichterungen bis Ende 2021 kann die drohende Regulierungslücke im Bereich der erneuerbaren Treibstoffe sowie bei den befristeten Instrumenten des geltenden CO2-Gesetzes bis zur voraussichtlichen Inkraftsetzung des totalrevidierten CO2-Gesetzes per 1. Januar 2022 geschlossen werden.
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1 | Bericht zuhanden der UREK-N vom 9. Februar 2018: Mehrwert Vorschlag Bundesrat zur Totalrevision des CO2-Gesetzes nach 2020 (www.bafu.admin.ch/bafu/de/home/themen/klima/recht/totalrevision-co2-gesetz/berichte-parlament.html; letzter Zugriff 15. Juli 2019). |
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2 | 9.3157 Interpellation FDP-Liberale Fraktion. Wie weiter im Szenario verspätete Inkraftsetzung Totalrevision CO2-Gesetz? |
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