Bericht und Antrag der Regierung an den Landtag des Fürstentums Liechtenstein
betreffend das Freihandelsabkommen zwischen den EFTA-Staaten und Montenegro vom 14. November 2011
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Der Abschluss des Freihandelsabkommens mit Montenegro wird es den EFTA-Staaten erlauben, die Wirtschafts- und Handelsbeziehungen mit diesem Land zu verstärken und die gegenwärtigen Diskriminierungen auf dem montenegrinischen Markt zu beseitigen oder zu mildern. Diese haben sich durch das am 1. Mai 2010 in Kraft getretene das Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommens (SAA) zwischen der EU und Montenegro ergeben. Das SAA sieht insbesondere die Errichtung einer Freihandelszone vor. Die entsprechenden Bestimmungen wurden seit 1. Januar 2008 vorläufig angewendet.
Das am 14. November 2011 in Genf unterzeichnete Freihandelsabkommen mit Montenegro umfasst den Handel mit Industrieprodukten (einschliesslich Fisch und anderer Meeresprodukte) sowie mit verarbeiteten Landwirtschaftserzeugnissen. Es enthält zudem Bestimmungen über den Schutz des geistigen Eigentums, den Handel und die nachhaltige Entwicklung, den Wettbewerb und die Handelserleichterung sowie Evolutivklauseln zu Dienstleistungen, Investitionen und zum öffentlichen Beschaffungswesen. Wie in den bisherigen Freihandelsabkommen der EFTA-Staaten ist die Behandlung der landwirtschaftlichen Basisprodukte in bilateralen Landwirtschaftsabkommen geregelt, die individuell zwischen den
EFTA-Staaten und Montenegro abgeschlossen worden sind. Das bilaterale Landwirtschaftsabkommen zwischen der Schweiz und Montenegro findet über die Anlage 2 zum Zollvertrag mit der Schweiz in Liechtenstein Anwendung.
Das Freihandelsabkommen mit Montenegro sieht die Aufhebung der Zölle auf Industrieprodukte mit Inkrafttreten des Abkommens vor. Bei Fisch und anderen Meeresprodukten ist das Abkommen asymmetrisch ausgestaltet, um dem in diesem Bereich unterschiedlichen wirtschaftlichen Entwicklungsstand der Vertragsparteien Rechnung zu tragen. Die EFTA-Staaten beseitigen für diese Produkte mit Inkrafttreten des Abkommens die Zölle und Abgaben vollumfänglich, während Montenegro je nach Sensibilität der Erzeugnisse am Ende von fünf- bis siebenjährigen Übergangsfristen seine Zölle senken oder aufheben wird. Für verarbeitete Landwirtschaftserzeugnisse wird den EFTA-Staaten eine Behandlung zugestanden, die derjenigen entspricht, die Montenegro der EU gewährt.
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Das Ausmass des bilateralen Handels zwischen der Zollunion Schweiz-Liechtenstein und Montenegro ist noch bescheiden. Die montenegrinische Wirtschaft bietet allerdings ein interessantes Potenzial für die wirtschaftliche Entwicklung und das wirtschaftliche Wachstum, welches die Liechtensteiner Wirtschaftsakteure dank des Freihandelsabkommens besser werden nutzen können. 2010 betrugen die Schweizer Ausfuhren nach Montenegro 14 Millionen Schweizerfranken (-9 % im Vergleich zum Vorjahr). Die am häufigsten exportierten Waren sind Pharmazeutika (65 %), Energieträger (6 %) und chemische Produkte (6 %). Im gleichen Jahr beliefen sich die Importe der Schweiz aus Montenegro auf etwa 300'000 Schweizerfranken (-27 % im Vergleich zum Vorjahr) und betrafen hauptsächlich Landwirtschaftsprodukte (48 %), Keramikwaren (41 %) sowie Produkte der Uhrenindustrie (3 %). Gemäss der Handelsstatistik der Eidgenössischen Oberzolldirektion beliefen sich die Direktexporte von Liechtenstein nach Montenegro im Jahr 2011 (provisorische Zahlen) auf 262'000 Schweizerfranken (plus 1.73 % gegenüber 2010). Direktimporte aus Montenegro nach Liechtenstein waren im Jahr 2011 keine zu verzeichnen. Nicht statistisch erfasst werden die Handelsströme zwischen Liechtenstein und Montenegro, bei denen der Handel über einen Schweizer Zwischenhändler (z.B. Grossist oder Generalimporteur) geführt wird.
Voraussichtlich alle zwei bis drei Jahre findet eine Sitzung des Gemischten Ausschusses abwechslungsweise in Genf und in Montenegro statt, so dass der liechtensteinischen Mission in Genf Reiseauslagen entstehen. Es ergeben sich keine personelle Konsequenzen und es entstehen keine räumlichen oder organisatorischen Auswirkungen.
Zuständiges Ressort
Ressort Äusseres
Betroffene Amtsstellen
Amt für Auswärtige Angelegenheiten
Liechtensteinische Mission in Genf
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Vaduz, 14. Februar 2012
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Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,
Sehr geehrte Frauen und Herren Abgeordnete
Die Regierung gestattet sich, dem Hohen Landtag nachstehenden Bericht und Antrag betreffend das Freihandelsabkommen zwischen den EFTA-Staaten und Montenegro vom 14. November 2011 zu unterbreiten.
Das am 14. November 2011 in Genf unterzeichnete Freihandelsabkommen mit Montenegro umfasst den Handel mit Industrieprodukten (einschliesslich Fisch und anderer Meeresprodukte) sowie mit verarbeiteten Landwirtschaftserzeugnissen. Es enthält zudem Bestimmungen über den Schutz des geistigen Eigentums, den Handel und die nachhaltige Entwicklung, den Wettbewerb und die Handelserleichterung sowie Evolutivklauseln zu Dienstleistungen, Investitionen und zum öffentlichen Beschaffungswesen. Wie in den bisherigen Freihandelsabkommen der EFTA-Staaten ist die Behandlung der landwirtschaftlichen Basisprodukte in bilateralen Landwirtschaftsabkommen geregelt, die individuell zwischen
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den EFTA-Staaten und Montenegro abgeschlossen worden sind. In diesen bilateralen Landwirtschaftsabkommen gewähren sich die EFTA-Staaten und Montenegro Zollkonzessionen für bestimmte Landwirtschaftsprodukte im Rahmen ihrer jeweiligen Landwirtschaftspolitiken. Die Zollkonzessionen der Schweiz für die Zollunion Schweiz-Liechtenstein ersetzen die Konzessionen, die Montenegro unilateral im Rahmen des Allgemeinen Präferenzsystems zugunsten der Entwicklungsländer (APS) gewährt werden. Das bilaterale Landwirtschaftsabkommen zwischen der Schweiz und Montenegro findet über die Anlage 2 zum Zollvertrag mit der Schweiz in Liechtenstein Anwendung.
Das Abkommen mit Montenegro erweitert das Netz von Freihandelsabkommen, das die EFTA-Staaten seit 1990 aufbauen. Die EFTA-Staaten verfügen gegenwärtig über 20 in Kraft stehende Freihandelsabkommen mit Partnern ausserhalb der Europäischen Union
1. Ausserdem verfügt die Schweiz über ein in Kraft stehendes bilaterales Abkommen über Freihandel und wirtschaftliche Partnerschaft mit Japan, dessen Kapitel über den Warenverkehr über die Anlage 2 zum Zollvertrag mit der Schweiz in Liechtenstein ebenfalls angewendet wird. Zudem haben die EFTA-Staaten mit den Mitgliedsstaaten des Kooperationsrates der Arabischen Golfstaaten (GCC)
2 (Abkommen vom 22. Juni 2009), der Ukraine (Abkommen vom 24. Juni 2010) und Hongkong (Abkommen vom 21. Juni 2011) ein Freihandelsabkommen unterzeichnet. Die Abkommen mit den GCC-Staaten und der Uk-
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raine warten auf die Ratifikation durch die übrigen Parteien. Liechtenstein (und die Schweiz) hat in beiden Fällen bereits ratifiziert. Das Abkommen mit Hongkong wird dem Landtag in einem separaten Bericht und Antrag unterbreitet. Des Weiteren stehen die EFTA-Staaten in Verhandlungen über Freihandelsabkommen mit Algerien, Bosnien-Herzegowina, Indien, Indonesien, Thailand und den Staaten der Zollunion Russland-Belarus-Kasachstan. Mit Vietnam und den zentralamerikanischen Staaten
3 sind Verhandlungen in Vorbereitung, derweil die EFTA-Staaten insbesondere mit Malaysia einen Sondierungsprozess führen. Auf bilateraler Ebene verhandelt die Schweiz gegenwärtig mit China über den Abschluss eines Freihandelsabkommens. Dessen Kapitel über den Warenverkehr wird über die Anlage 2 zum Zollvertrag ebenfalls auf Liechtenstein Anwendung finden.
Neben seiner Mitgliedschaft im EWR und der Zugehörigkeit zur WTO stellt der Abschluss von Freihandelsabkommen für Liechtenstein, als stark exportabhängiges Land mit weltweit diversifizierten Absatzmärkten, einen Hauptpfeiler seiner Politik der Marktöffnung und der Verbesserung der Rahmenbedingungen für den internationalen Handel dar. Der spezifische Beitrag der Freihandelsabkommen zu den Zielen der Aussenwirtschaftspolitik Liechtensteins besteht u.a. in der Vermeidung oder der raschen Beseitigung von Diskriminierungen, die sich aus Präferenzabkommen ergeben, welche unsere Handelspartner mit unseren Konkurrenten abgeschlossen haben. Dies lässt sich nur durch den Abschluss von Präferenzabkommen mit diesen Handelspartnern erreichen. Mit dem Abschluss von Freihandelsabkommen zielen die EFTA-Staaten darauf ab, ihren Unternehmen einen Zugang zu den ausländischen Märkten zu verschaffen, der mindestens gleichwertig ist wie derjenige, von dem ihre wichtigsten Konkurrenten (wie die EU, die USA und Japan) profitieren.
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Die zwischen den EFTA-Staaten und Montenegro ausgehandelten Abkommen verbessern den Zugang für Warenexporte aus dem Zollgebiet Schweiz-Liechtenstein zum montenegrinischen Markt. Ausserdem stärkt das Abkommen die Rechtssicherheit und die Vorhersehbarkeit der Bedingungen der Wirtschaftsbeziehungen zwischen Liechtenstein und Montenegro und beseitigt insbesondere die Diskriminierungen, welche sich durch das Stabilisierungs- und Assoziationsabkommen (SAA) Montenegros mit der EU für liechtensteinische Unternehmen ergeben. Der handelsrelevante Teil des SAA, insbesondere die Bestimmungen über die Errichtung von Freihandelsbeziehungen, wird seit dem 1. Januar 2008 durch ein Interimsabkommen angewendet. Das SAA ist nach der Ratifikation durch alle EU-Staaten am 1. Mai 2010 in Kraft getreten.
Das Freihandelsabkommen der EFTA-Staaten mit Montenegro sieht die Aufhebung der Zölle auf Industrieprodukte mit Inkrafttreten des Abkommens vor. Bei Fisch und anderen Meeresprodukten ist das Abkommen asymmetrisch ausgestaltet, um dem in diesem Bereich unterschiedlichen wirtschaftlichen Entwicklungsstand der Vertragsparteien Rechnung zu tragen. Die EFTA-Staaten beseitigen für diese Produkte mit Inkrafttreten des Abkommens die Zölle und Abgaben vollumfänglich, während Montenegro je nach Sensibilität der Erzeugnisse am Ende von fünf- bis siebenjährigen Übergangsfristen seine Zölle senken oder aufheben wird. Für verarbeitete Landwirtschaftserzeugnisse wird den EFTA-Staaten eine Behandlung zugestanden, die derjenigen entspricht, die Montenegro der EU gewährt. Diese Behandlung wird jedenfalls vollumfänglich am 1. Januar 2015 wirksam, also nach einer Übergangsfrist von höchstens zweieinhalb Jahren nach dem vorgesehenen Inkrafttreten des Freihandelsabkommens. Bezüglich landwirtschaftlicher Basisprodukte gewähren sich die Schweiz für die Zollunion Schweiz-Liechtenstein und Montenegro gegenseitig Konzessionen auf eine Reihe von Erzeugnissen, für die sie ein Interesse geltend gemacht haben. Die Konzessionen
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der Schweiz entsprechen denjenigen, die sie schon anderen Freihandelspartnern gewährt oder autonom im Rahmen des APS zugestanden hat.
Durch das Freihandelsabkommen mit Montenegro setzen die EFTA-Staaten ihre Politik zur Unterstützung von Wirtschaftsreformen und einer Integration der Staaten der Westbalkanregion in die Strukturen der Wirtschaftszusammenarbeit auf europäischer und internationaler Ebene fort, die im Jahr 2000 zum Abschluss des Freihandelsabkommens mit Mazedonien, 2001 zum Abschluss des Abkommens mit Kroatien sowie 2009 zum Abschluss mit Serbien und Albanien geführt hat.
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1 | Ägypten (LGBl. 2008 Nr. 261, LR 0.632.311.491), Albanien (LGBl. 2010 Nr. 284, LR 0.632.311.251), Chile (LGBl. 2005 Nr. 42, LR 0.632.311.451), Israel (LGBl. 1996 Nr. 162, LR 0.632.311.341), Jordanien (LGBl. 2002 Nr. 111, LR 0.632.314.341), Kanada (LGBl. 2009 Nr. 174, LR 0.632.311.411), Kroatien (LGBl. 2002 Nr. 112, LR 0.632.311.291), Libanon (LGBl. 2006 Nr. 236, LR 0.632.311.481), Marokko (LGBl. 1999 Nr. 215, LR 0.632.311.381), Mazedonien (LGBl. 2002 Nr. 60, LR 0.632.311.281), Mexiko (LGBl. 2001 Nr. 163, LR 0.632.311.421), PLO/Palästinensische Behörde (LGBl. 1999 Nr. 172, LR 0.632.311.901), Peru (LGBl. 201 Nr. 240), LR 0.632.311.551), Kolumbien (LGBl. 2011 Nr. 239, LR 0.322.311.541), Republik Korea (LGBl. 2006 Nr. 174, LR 0.632.311.461), Serbien (LGBl. 2010 Nr. 285, LR 0.632.311.261), Singapur (LGBl. 2003 Nr. 30, LR 0.632.311.411), Südafrikanische Zollunion (SACU: Südafrika, Botsuana, Lesotho, Namibia, Swasiland) (LGBl. 2008 Nr. 96, LR 0.632.311.801), Tunesien (LGBl. 2006 Nr. 191, LR 0.632.311.471) und Türkei (LGBl. 1992 Nr. 88, LR 0.632.311.301). |
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2 | Bahrain, Katar, Kuwait, Oman, Saudi-Arabien und Vereinigte Arabische Emirate. |
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3 | Costa Rica, El Salvador, Guatemala, Honduras, Nicaragua und Panama. |
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