Bericht und Antrag der Regierung an den Landtag des Fürstentums Liechtenstein
betreffend die Abänderung des Gesetzes über die Landespolizei (Polizeigesetz; PolG)
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Am 8. Juli 2014 veröffentlichten der Internationale Währungsfonds (IWF) und der Expertenausschuss des Europarates für die Bewertung von Massnahmen gegen Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung (MONEYVAL) den Bericht der vierten Evaluationsrunde Liechtensteins. Dabei wird Liechtenstein attestiert, dass seine rechtlichen Grundlagen weitgehend den internationalen Standards zur Bekämpfung der Geldwäscherei und der Terrorismusfinanzierung entsprechen. Jedoch wurde bei der Umsetzung der Barmittelkontrolle Handlungsbedarf erkannt und folglich entsprechende Empfehlungen erlassen. Zum einen wurde das Sanktions-system kritisiert, da der Strafrahmen mit einer Busse bis zu 5'000 Franken (Übertretungstatbestand) bei Widerhandlungen gegen die Auskunftspflicht beim grenzüberschreitenden Barmitteltransport als wenig wirkungsvoll angesehen wird und zudem die Verfolgung einer juristischen Person bei einer solchen Übertretung nicht möglich ist. Zum anderen sehen IWF und MONEYVAL die Sicherstellungsbefugnisse der Landespolizei im Zusammenhang mit der Barmittelkontrolle als zu wenig weitreichend, da eine Einziehung der Barmittel nur möglich ist, wenn sich bereits anlässlich der Barmittelkontrolle ein Anfangsverdacht hinsichtlich einer bestimmten Straftat ergibt. Die Regierung möchte mit der gegenständlichen Vorlage die entsprechenden Empfehlungen umsetzen, um den internationalen Verpflichtungen nachzukommen und glaubwürdig die nationale "Zero Tolerance" im Bereich der Missbrauchsbekämpfung aufzuzeigen. So soll es neu möglich sein, Barmittel auch bei einer Falschauskunft oder Auskunftsverweigerung vorläufig sicherzustellen, um abklären zu können, ob eine Straftrat vorliegt. Daneben soll auch das Sanktionssystem wirkungsvoller ausgestaltet und auf juristische Personen ausgeweitet werden.
Weiter bedarf die neu konzipierte Grundausbildung für Polizeiaspirantinnen und -aspiranten einer Anpassung des Polizeigesetzes. Die neu zwei Jahre dauernde Grundausbildung an der Polizeischule Ostschweiz sieht im zweiten Teil eine strukturierte Praxisausbildung im jeweiligen Korps vor, um vor allem Handlungskompetenzen zu erlangen, Routine aufzubauen und das Rollenverständnis zu festigen. Dazu ist es aber erforderlich, dass Aspirantinnen und Aspiranten - anders als heute - schon vor Abschluss der Berufsprüfung in Begleitung von besonders geschulten Mentoren hoheitlich tätig sein können.
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Schliesslich sollen mit dieser Vorlage auch praxisbedingte Anpassungen im Polizeigesetz vorgenommen werden, so namentlich die Schaffung neuer Befugnisse insbesondere zur Bekämpfung des Terrorismus und schwerer Straftaten. Darunter fallen die Ausschreibung zur verdeckten und zur gezielten Kontrolle sowie die Einführung von Meldeauflagen und/oder dem vorübergehenden Einzug der Reisedokumente bei Personen, die verdächtigt werden, im Ausland eine schwere Straftat zu begehen, um diese an einer Ausreise zu hindern. Die Fahndungseffizienz soll im Weiteren durch den automatisierten Abgleich von offenen Personenfahndungen mit Daten von Personen, welche als Grenzgänger in Liechtenstein eine Erwerbstätigkeit ausüben, gesteigert werden.
Zuständiges Ministerium
Ministerium für Inneres, Bildung und Umwelt
Betroffene Stellen
Landespolizei
Staatsanwaltschaft
Landgericht
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Vaduz, 03. Oktober 2017
LNR 2017-1101
Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,
Sehr geehrte Frauen und Herren Abgeordnete
Die Regierung gestattet sich, dem Hohen Landtag nachstehenden Bericht und Antrag betreffend die Abänderung des Gesetzes über die Landespolizei (Polizeigesetz; PolG) an den Landtag zu unterbreiten.
Als Mitgliedstaat des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) und Mitglied von MONEYVAL, dem Expertenkomitee
1 des Europarates für die Bewertung von Massnahmen gegen Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung, ist Liechtenstein verpflichtet, die internationalen Standards zur Bekämpfung von Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung umzusetzen. Diesbezüglich handelt es sich in erster Linie um die Vorgaben der Financial Action Task Force (FATF
2) als weltweiter "po-
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licy setting body" im Bereich der Bekämpfung von Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung, welche 40 Empfehlungen als Mindeststandards zur Geldwäschereibekämpfung sowie neun Sonderempfehlungen zur Bekämpfung der Terrorismusfinanzierung erstellt hat. Die nationale Umsetzung der FATF-Empfehlungen wird im Rahmen von sogenannten Länderevaluationen geprüft.
Mit LGBl. 2011 Nr. 344
3 wurde die Sonderempfehlung IX (Special Recommendation IX, SR IX) im Polizeigesetz umgesetzt. Danach haben die einzelnen Staaten zum Zwecke der Bekämpfung und Verhinderung der Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung eines von zwei Systemen zur Kontrolle des grenzüberschreitenden Bargeld- bzw. Barmittelverkehrs eingeführt. Zur Wahl standen entweder ein Auskunftssystem (Disclosure System) oder ein Meldesystem (Declaration System). Liechtenstein hat sich für das Auskunftssystem entschieden (vgl. Art. 25e PolG). Zur Durchsetzung des Auskunftssystems wurde in Art. 36 Bst. c PolG eine entsprechende Strafbestimmung eingefügt, wonach die Falschauskunft oder die Auskunftsverweigerung zur eigenen Person oder zur Frage der Ein-, Aus- oder Durchfuhr von Barmitteln im Betrag von mehr als 10'000 Franken vom Landgericht als Übertretung mit einer Busse von maximal 5'000 Franken bestraft wird.
Im Jahr 2014 wurde Liechtenstein erneut durch MONEYVAL und den Internationalen Währungsfonds (IWF) evaluiert. Im entsprechenden Bericht der vierten Evaluationsrunde
4 wird Liechtenstein attestiert, dass seine rechtlichen Grundlagen weitgehend mit dem globalen Standard zur Bekämpfung der Geldwäscherei und der Terrorismusfinanzierung konform sind. Jedoch wurden unter anderem im Bereich der Barmittelkontrolle Empfehlungen zur Anpassung der Rechtslage -
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in Bezug auf die vorläufige Sicherstellung von Barmitteln (zu wenig weitreichend) und dem Sanktionssystem (zu wenig abschreckend) ausgesprochen.
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1 | Committee of Experts on the Evaluation of Anti-Money-Laundering Measures and the Financing of Terrorism. |
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2 | Die FATF wurde 1989 von den G-7-Staaten gegründet und hat ihren Sitz bei der OECD in Paris. Aufgabe der FATF ist es, die Bekämpfung der Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung voranzutreiben und internationale Standards in diesem Zusammenhang zu entwickeln. |
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3 | Vgl. auch Bericht und Antrag Nr. 24/2011 und 56/2011. |
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4 | Abrufbar unter: http://www.coe.int/t/dghl/monitoring/moneyval/Evaluations/round4/LIE4-MERMONEYVAL(2014)2_en.pdf. |
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