Stellungnahme der Regierung an den Landtag des Fürstentums Liechtenstein
zu den anlässlich der ersten Lesung betreffend die Totalrevision des Gewerbegesetzes und die Abänderung weiterer Gesetze aufgeworfenen Fragen
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Am 8. Mai 2020 hat der Landtag die Totalrevision des Gewerbegesetzes sowie die Abänderung weiterer Gesetze in erster Lesung beraten.
Die Revision dient primär der Umsetzung des Urteils des EFTA-Gerichtshofes vom 10. Mai 2016 in der Rechtssache E-19/15 EFTA-Überwachungsbehörde v. Liechtenstein, in welchem vor allem das bisherige, generelle Bewilligungssystem in der Kritik stand. Dieses wird nunmehr durch ein Anmeldungssystem als Grundsatz und ein Bewilligungssystem als Ausnahme ersetzt. Im Bereich der grenzüberschreitenden Dienstleistungserbringung wird zudem die Meldepflicht auf die qualifizierten Gewerbe reduziert. Die Vorlage soll überdies dem Ziel der Deregulierung Rechnung tragen und Erfahrungen aus der Praxis umsetzen. Weiter werden die Verpflichtungen aus der 4. Geldwäscherei-Richtlinie (EU) 2015/849 sowie die Empfehlungen der Financial Action Task Force aus dem Jahr 2012 betreffend die Zuverlässigkeitsprüfung von qualifiziert wirtschaftlich berechtigten Personen für einzelne Gewerbe umgesetzt.
In der Eintretensdebatte wurde das Spannungsfeld zwischen Schutz und Freiheit, in welchem sich die Revision bewegt, nochmals deutlich. In der Diskussion stellten die Abgeordneten insbesondere Fragen zum Erfordernis der inländischen Betriebsstätte, zu den Verfahrensfristen sowie zur Berücksichtigung neuer Formen gewerbsmässiger Tätigkeiten.
Mit der vorliegenden Stellungnahme beantwortet die Regierung die anlässlich der ersten Lesung aufgeworfenen Fragen, soweit sie von der Regierung nicht bereits während der Landtagsdebatte beantwortet wurden.
Zuständiges Ministerium
Ministerium für Infrastruktur, Wirtschaft und Sport
Betroffene Stellen
Amt für Volkswirtschaft
Stabsstelle EWR
Finanzmarktaufsicht
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Vaduz, 01. September 2020
LNR 2020-1226
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Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,
Sehr geehrte Frauen und Herren Abgeordnete
Die Regierung gestattet sich, dem Hohen Landtag nachstehende Stellungnahme zu den anlässlich der ersten Lesung betreffend die Totalrevision des Gewerbegesetzes sowie die Abänderung weiterer Gesetze (BuA Nr. 14/2020) aufgeworfenen Fragen zu unterbreiten.
In seiner Sitzung vom 8. Mai 2020 hat der Landtag die Regierungsvorlage betreffend die Totalrevision des Gewerbegesetzes sowie die Abänderung weiterer Gesetze in erster Lesung beraten (Bericht und Antrag der Regierung vom 3. März 2020, BuA Nr. 14/2020). Nach angeregter Debatte wurde Eintreten auf die Totalrevision des Gewerbegesetzes (GewG)
1 mit 24 Stimmen bei 24 Anwesenden beschlossen.
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In der Eintretensdebatte wurde wiederum das Spannungsfeld deutlich, in welchem sich die Regulierung gewerbsmässiger Tätigkeiten bewegt. Während die einen die Vorlage für zu liberal hielten, beurteilten sie andere als zu restriktiv und bezeichneten sie als wenig mutig, als kleinster gemeinsamer Nenner, als Sieg der Diplomatie. Die Orientierung an der österreichischen Gewerbeordnung (öGewO)
2 wurde einerseits begrüsst, andererseits auf den liberaleren Weg der Schweiz hingewiesen. Die Diskussion hat die Regierung in ihrer Haltung bestätigt, mit der Vorlage einen tragfähigen Kompromiss im Sinne eines Mittelwegs gefunden zu haben.
In Kapitel 2 werden Schwerpunkte aus der Eintretensdebatte aufgenommen und in Kapitel 3 Fragen zu den einzelnen Bestimmungen erläutert.
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1 | Gewerbegesetz (GewG) vom 22. Juni 2006, LGBl. 2006 Nr. 184. |
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2 | Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994), BGBl. Nr. 194/1994. |
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