Berichte und Anträge
Regierungskanzlei (RK)
BuA - Nummer
2012 / 114
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Ein­lei­tung
I.Bericht der Regierung
1.Aus­gangs­lage
2.Erste Ver­nehm­las­sung und deren Ergebnisse
3.Not­wen­dig­keit der Vorlage
4.Schwer­punkte der Vorlage
5.Ver­nehm­las­sung
6.Erläu­te­rungen zu den ein­zelnen Bes­tim­mungen unter Berück­sich­ti­gung der Vernehmlassung
7.Ver­fas­sungs­mäs­sig­keit / Rechtliches
8.Per­so­nelle, finan­zi­elle, orga­ni­sa­to­ri­sche und räum­liche Auswirkungen
II.Antrag der Regierung
III.Regie­rungs­vor­lagen
1.Ver­fas­sungs­ge­setz über die Abän­de­rung der Ver­fas­sung vom 5. Oktober 1921
2.Reli­gi­ons­ge­mein­schaf­ten­ge­setz (RelGG)
3.Gesetz über die Abän­de­rung des Subventionsgesetzes
4.Gesetz über die Abän­de­rung des Schulgesetzes
5.Gesetz über die Abän­de­rung des All­ge­meinen bür­ger­li­chen Gesetzbuches
6.Gesetz über die Abän­de­rung des Strafgesetzbuches
 
Bericht und Antrag der Regierung an den Landtag des Fürstentums Liechtenstein
betreffend die Neuregelung des Verhältnisses zwischen Staat und Religionsgemeinschaften   
 
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Ausgangspunkt der Reform bilden die in der Verfassung geregelten Grundrechte der Religionsfreiheit, der Rechtsstellung der Kirchen und Religionsgemeinschaften sowie die Kirchengutsgarantie.
Das zentrale Element der Neuregelung des Verhältnisses zwischen Staat und Religionsgemeinschaften bildet das Religionsgemeinschaftengesetz. Das Verhältnis zwischen Staat und Religionsgemeinschaften wird somit generell für alle Religionsgemeinschaften gesetzlich festgelegt. Das Religionsgemeinschaftengesetz befasst sich mit den Beziehungen des Staates zu den staatlich anerkannten Religionsgemeinschaften in den Bereichen der gemeinsamen Angelegenheiten, zu denen insbesondere die Religionsmündigkeit, der Religionsunterricht, die Seelsorge in öffentlichen Anstalten und Einrichtungen sowie die administrative Zusammenarbeit zählen.
Das Gesetz legt die Voraussetzungen fest, die vorhanden sein müssen, damit privatrechtlich organisierte Religionsgemeinschaften staatlich anerkannt oder ihnen Vorrechte des öffentlichen Rechts zugesprochen werden können, wie etwa die Erteilung des Religionsunterrichts in öffentlichen Schulen oder die religiöse Betreuung ihrer Angehörigen in öffentlichen Einrichtungen (Gefängnis, Krankenhaus und Heimen). Daneben enthält das Religionsgemeinschaftengesetz auch den Grundsatz der Finanzierung der Religionsgemeinschaften.
Das Gesetz kann nur die allgemeinen Regeln für die Religionsgemeinschaften festlegen. Zusätzlich ist die Möglichkeit vorgesehen, mit den anerkannten Religionsgemeinschaften vertraglich im Einzelnen Rechte und Pflichten festzulegen.
Das zweite wichtige Element der Reform bildet eine Verfassungsänderung mit der Anpassung der Art. 16 sowie 37 bis 39 LV.
Zuständiges Ressort
Ressort Präsidium
Betroffene Amtsstellen
Schulamt, Steuerverwaltung, Zivilstandsamt
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Vaduz, 2. Oktober 2012
RA 2012/1873-5800
Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,
Sehr geehrte Frauen und Herren Abgeordnete
Die Regierung gestattet sich, dem Hohen Landtag nachstehenden Bericht und Antrag betreffend die Neuregelung des Verhältnisses zwischen Staat und Religionsgemeinschaften zu unterbreiten.
1.Ausgangslage
Das Verhältnis zwischen Staat und Religionsgemeinschaften, dessen Reform hier ansteht, stellt ein eigenes Rechtsgebiet innerhalb des staatlichen öffentlichen Rechts dar, das die Rechtsbeziehungen zwischen Staat und Religionsgemeinschaften zum Gegenstand hat bzw. die Gesamtheit derjenigen Rechtssätze enthält, die das Verhältnis von Staat und Religionsgemeinschaften oder ihrer Mitglieder regeln.
In Liechtenstein, wie in den meisten europäischen Staaten, bestand über Jahrhunderte eine starke Bindung zwischen Staat und der vorherrschenden Religionsgemeinschaft. Minderheitenreligionen waren in unterschiedlichem Masse geduldet, wurden aber nicht, wie die jeweilige Landeskirche, vom Staat gefördert
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und ihnen wurden zumeist keine öffentlich-rechtlichen Aufgaben übertragen. Bis vor ca. fünfzig Jahren waren über 90% der liechtensteinischen Bevölkerung katholisch. Vor allem auf Gemeindeebene hatte sich auf eher pragmatische Weise eine Kirchenverwaltung entwickelt, die kaum von der politischen Verwaltung getrennt war. Auf Landesebene gibt es bis heute nur wenige staatskirchenrechtliche Gesetzesbestimmungen, zumeist stammen diese noch aus dem 19. Jahrhundert, und, anders wie andere überwiegend katholische Staaten, kam es auch nie zu einer vertraglichen Regelung mit dem Heiligen Stuhl. Dies mag vor allem seine Gründe in der ohnehin starken Bindung von Kirche und Staat und, bis in die jüngste Geschichte, dem Fehlen eines eigenen Bistums haben. Mit dem Entstehen der heutigen Verfassung wurde allerdings die privilegierte Stellung der römisch-katholischen Kirche als "Landeskirche" dort festgehalten und einzelne Bestimmungen machen deutlich, dass die katholische Kirche als einzige Religionsgemeinschaft die volle Anerkennung und den Schutz des Staates geniesst (Art. 37 Abs. 2). Anderen Religionsgemeinschaften gibt die Verfassung lediglich Raum im Rahmen allgemeiner Grundrechte.
In den letzten Jahrzehnten hat sich die Situation aus mehreren Gründen verändert und der Wunsch, die Beziehungen zwischen Staat und Religionsgemeinschaften neu zu regeln, wurde von mehreren Seiten deutlich vernehmbarer. Einmal ist nicht mehr fast die ganze Bevölkerung der katholischen Kirche zugehörig. Gemäss der letzten Volkszählung bezeichnen sich noch ca. 75% der Bevölkerung als katholisch. Vor allem durch die Immigration der letzten fünfzig Jahre sind religiöse Minderheiten erstarkt, wobei die evangelische und die evangelisch-lutherische Kirche am längsten im Land verankert und gut organisiert sind. Aber auch der Anteil der muslimischen Bevölkerung und der keiner Konfession angehörenden Personen hat letztlich erheblich zugenommen. Auch tendiert die moderne Staatsauffassung zu einer weitgehenden Neutralität in Religionsangelegenheiten. Das Konzept einer Landeskirche besteht in Europa kaum mehr und
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auch auf übernationaler Ebene gehen Rechtsinstrumente in die gleiche Richtung. Erwähnt sei in diesem Zusammenhang etwa die Europäische Menschenrechtskonvention, der Liechtenstein angehört, und ihre rezente Rechtsprechung. Auch die katholische Kirche betont seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil die Notwendigkeit ihrer Autonomie gegenüber dem Staat deutlich. Weiters sei auf die zunehmende Komplexität hingewiesen, die sich durch diese Entwicklungen bei gleichzeitigem Weiterbestand politischer Verantwortlichkeiten für innerkirchliche Angelegenheiten ergeben.
Stichwörter
Kirche und Staat, Ver­hältnis, Reli­gi­ons­ge­mein­schaf­ten­ge­setz (RelGG)
Reli­gi­ons­ge­mein­schaf­ten­ge­setz (RelGG)
Staat und Kirche, Reli­gi­ons­ge­mein­schaf­ten­ge­setz (RelGG)
Staat und Reli­gi­ons­ge­mein­schaften, Ver­hältnis, Reli­gi­ons­ge­mein­schaf­ten­ge­setz (RelGG)
Tren­nung Staat und Kirche, Reli­gi­ons­ge­mein­schaf­ten­ge­setz (RelGG)