Berichte und Anträge
Regierungskanzlei (RK)
BuA - Nummer
2012 / 126
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Ein­lei­tung
I.Bericht der Regierung
1.Aus­gangs­lage
2.Anlass / Begrün­dung der Vorlage
3.Schwer­punkte der Vorlage
4.Ver­nehm­las­sung
5.Erläu­te­rungen zu den ein­zelnen Bes­tim­mungen unter Berück­sich­ti­gung der Vernehmlassung
6.Ver­fas­sungs­mäs­sig­keit / Rechtliches
7.Per­so­nelle, finan­zi­elle, orga­ni­sa­to­ri­sche und räum­liche Auswirkungen
II.Antrag der Regierung
III.Regie­rungs­vor­lage
Grüner Teil
 
Bericht und Antrag der Regierung an den Landtag des Fürstentums Liechtenstein
betreffend die Abänderung der Jurisdiktionsnorm (JN)
(Aufhebung des Erfordernisses der öffentlichen Beurkundung von Gerichtsstandsvereinbarungen)
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§ 53a JN bestimmt in Abs. 1, dass Gerichtsstandsvereinbarungen von Inländern und Ausländern oder von Inländern im Inland, wonach ein ausländisches Gericht zuständig ist, nur Gültigkeit haben, wenn sie öffentlich beurkundet worden sind. Die Bestimmung gilt im liechtensteinischen Recht als "ordre public".
Die Sinnhaftigkeit dieser Bestimmung in der heutigen Zeit wird von der Praxis vermehrt in Frage gestellt. Die strenge Formvorschrift wird inzwischen als Hindernis in der Geschäftstätigkeit gesehen.
Zudem hielt der EFTA-Gerichtshof in der Entscheidung E-13/11 fest, dass gemäss Art. 36 des EWR-Abkommens eine Bestimmung des nationalen Rechts wie § 53a Abs. 1 JN, die ausschliesslich Staatsangehörigen das Recht verleiht, aufgrund einer Gerichtsstandsvereinbarung nur dann im Ausland verklagt werden zu können, wenn diese Gerichtsstandsvereinbarung öffentlich beurkundet wurde, unzulässig ist.
Um den veränderten Ansprüchen der Rechtsunterworfenen Rechnung zu tragen und die vom EFTA-Gerichtshof festgestellte Diskriminierung zu beseitigen, soll mit der gegenständlichen Vorlage § 53a Abs. 1 und 2 JN gestrichen werden.
Dieser Vorschlag wurde in der Vernehmlassung durchwegs begrüsst
Zuständiges Ressort
Ressort Justiz
Betroffene Stellen
Fürstliches Landgericht, Fürstliches Obergericht, Fürstlicher Oberster Gerichtshof
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Vaduz, 23. Oktober 2012
P
Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,
Sehr geehrte Frauen und Herren Abgeordnete
Die Regierung gestattet sich, dem Hohen Landtag nachstehenden Bericht und Antrag betreffend die Abänderung der Jurisdiktionsnorm (JN) (Aufhebung des Erfordernisses der öffentlichen Beurkundung von Gerichtsstandsvereinbarungen) zu unterbreiten.
1.1Historische Begründung des § 53a JN
In den Gesetzesmaterialien1 zur Entstehung des § 53a JN2 im Jahre 1924 wird ausgeführt:
"Eine praktisch sehr wichtige Bestimmung enthält § 53a über die Gerichtsstandsvereinbarung. Schon seit längerer Zeit kämpft der liechtensteinische Gesetzgeber gegen allzu leichte Annahme eines vereinbarten Gerichtsstandes. Schon 1892
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wurde bestimmt, dass die Vereinbarung der schriftlichen Form bedürfe. Diese Vorschrift hat es aber nicht zu verhindern vermögen, dass Vereinbarungen auf ein ausländisches Gericht noch sehr häufig vorkommen. Man denke nur an die Bestellzettel der Reisenden, an die Versicherungspolizzen und ähnliches. Zu einer Aufsehen erregenden Erscheinung führte es im Versicherungswesen. Unsere Gesetze zwingen die Gebäudebesitzer zur Versicherung. Manche Versicherungsgesellschaften kennen in ihren Polizzen nur einen ausländischen Gerichtsstand und haben anscheinend in unsere Einrichtungen wenig Vertrauen. Der Versicherungsnehmer wird so mittelbar zur Eingehung einer Vereinbarung auf die Zuständigkeit eines Auslandsgerichtes gezwungen. Tatsächlich stehen denn auch viele Versicherungsansprüche unter der Zuständigkeit ausländischer Gerichte. Der Zustand darf nicht mehr länger dauern und man darf wohl annehmen, wer hierlands solche Geschäfte machen will, habe sich auch der Rechtsprechung hiesiger Gerichte zu unterwerfen.
In Zukunft bedarf nun jede solche Vereinbarung der öffentlichen Beurkundung gemäss den Vorschriften der Rechtssicherungsordnung, andernfalls sind solche Vereinbarungen ungültig. (...) Dieser Bestimmung kommt eine grosse, nicht zuletzt auch gewerbepolitische Bedeutung zum Schutz des einheimischen Gewerbes zu."
Der Bestimmung kommt also hauptsächlich eine Schutzfunktion zu: Ein Inländer soll sich nicht leichtfertig oder in Unkenntnis einem ausländischen Gericht unterwerfen.



 
1Bericht zum Nachtragsgesetz der Jurisdiktionsnorm, Zivilprozessordnung und zu deren Einführungsgesetz; Sitzung des Hohen Landtages des Fürstentums Liechtenstein vom 11.04.1924.
 
2LGBl. 1912 Nr. 9/2.
 
LR-Systematik
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272
LGBl-Nummern
2013 / 005
Landtagssitzungen
23. November 2012
Stichwörter
Gerichts­stands­ver­ein­ba­rungen, Formerfordernis
JN, Abän­de­rung (For­mer­for­dernis von Gerichtsstandsvereinbarungen)
Juris­dik­ti­ons­norm, Abän­de­rung (For­mer­for­dernis von Gerichtsstandsvereinbarungen)
Öffent­liche Beur­kun­dung von Gerichts­stands­ver­ein­ba­rungen, Aufhebung