Berichte und Anträge
Regierungskanzlei (RK)
BuA - Nummer
2012 / 137
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Ein­lei­tung
I.Bericht der Regierung
1.Aus­gangs­lage
2.Not­wen­dig­keit der Vorlage
3.Schwer­punkte der Vorlage
4.Erläu­te­rungen zu den ein­zelnen Bestimmungen
5.Ver­fas­sungs­mäs­sig­keit / Rechtliches
6.Per­so­nelle, finan­zi­elle, orga­ni­sa­to­ri­sche und räum­liche Auswirkungen
II.Antrag der Regierung
Grüner Teil
 
Bericht und Antrag der Regierung an den Landtag des Fürstentums Liechtenstein
betreffend das Fakultativprotokoll vom 25. Mai 2000 zum Übereinkommen über die Rechte des Kindes betreffend den Verkauf von Kindern, die Kinderprostitution und die Kinderpornographie 
 
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Mit dem vorliegenden Bericht und Antrag unterbreitet die Regierung dem Landtag das Fakultativprotokoll vom 25. Mai 2000 zum Übereinkommen über die Rechte des Kindes betreffend den Verkauf von Kindern, die Kinderprostitution und die Kinderpornografie.
Das Fakultativprotokoll zählt bisher 158 Vertragsstaaten (Stand 15. Oktober 2012). Das Fürstentum Liechtenstein hat das Fakultativprotokoll am 8. September 2000 unterzeichnet. Dessen Ratifikation ist ein wichtiges Anliegen der liechtensteinischen Menschenrechtspolitik, welche die Rechte von Kindern als prioritären Themenkomplex ansieht.
Das Fakultativprotokoll stellt eine Ergänzung und Weiterführung des UNO-Übereinkommens über die Rechte des Kindes dar, insbesondere seiner Bestimmungen zum Schutz von Kindern vor allen Formen sexueller Ausbeutung und sexuellen Missbrauchs (Art. 34) sowie zur Bekämpfung von Entführung, Verkauf und Handel von Kindern (Art. 35). Der spezifische Fokus des Fakultativprotokolls liegt auf der Bekämpfung der kommerziellen Ausbeutung von Kindern, d.h. der Ausbeutung gegen eine Gegenleistung oder Zahlung im weiteren Sinne. Das Kernstück des Fakultativprotokolls ist Artikel 3, welcher Minimalanforderungen an das nationale Strafrecht bezüglich zu verbietender Handlungen aufstellt. Daneben enthält das Fakultativprotokoll insbesondere Bestimmungen zur internationalen Kooperation im Bereich Ermittlung und Strafverfolgung sowie zum Opferschutz im Strafverfahren.
Die liechtensteinische Rechtsordnung genügt den Anforderungen des Fakultativprotokolls. Der für das Verbot des Verkaufs von Kindern relevante § 104a StGB zum Menschenhandel stellt alle drei im Fakultativprotokoll genannten Zwecke des Handels mit Kindern (sexuelle Ausbeutung, Organentnahme und Ausbeutung der Arbeitskraft) unter Strafe. Mit der Ratifikation des Haager Übereinkommens über den Schutz von Kindern und die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der internationalen Adoption (LGBl. 2009 Nr. 103) und den entsprechenden Bestimmungen im Kinder- und Jugendgesetz (Art. 45 und 46 KJG) sowie im § 193a StGB wird der Forderung des Fakultativprotokolls, die Vermittlung einer Adoption gegen einen unstatthaften Vorteil zu verbieten, entsprochen. Das Verbot von Kinder-
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prostitution und Kinderpornografie ist im vom Fakultativprotokoll geforderten Umfang durch die kürzlich vorgenommene Anpassung des Sexualstrafrechts (insbesondere §§ 208, 214, 215a und 219 StGB) erfolgt.
Zuständiges Ressort
Ressort Äusseres
Betroffene Amtsstellen
Amt für Auswärtige Angelegenheiten
Amt für Soziale Dienste
Staatsanwaltschaft
Landespolizei
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Vaduz, 20. November 2012
RA 2012/2279 P
Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,
Sehr geehrte Frauen und Herren Abgeordnete
Die Regierung gestattet sich, dem Hohen Landtag nachstehenden Bericht und Antrag betreffend das Fakultativprotokoll vom 25. Mai 2000 zum Übereinkommen über die Rechte des Kindes, betreffend den Verkauf von Kindern, die Kinderprostitution und Kinderpornografie zu unterbreiten.
1.Ausgangslage
Nach Schätzungen der UNICEF werden weltweit jedes Jahr eine zusätzliche Million Kinder der Prostitution und Pornographie zugeführt. Insgesamt ist eine unbekannte Millionenzahl Kinder der kommerziellen sexuellen Ausbeutung ausgesetzt.1 Das wahre Ausmass dieser Form der sexuellen Gewalt wie auch des Handels mit Kindern ist auf Grund der Illegalität dieser Aktivitäten, teils aber auch auf Grund der Angst vor Stigmatisierung und des mangelnden Vertrauens in die Be-
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hörden von Seiten der Betroffenen unbekannt.2 Fest steht, dass die negativen Auswirkungen dieser Übergriffe auf die Entwicklung und damit das gesamte Leben der betroffenen Kinder immens sind.
Durch die technologischen Neuerungen hat insbesondere der Bereich der Kinderpornographie im Internet ein rasantes Wachstum erfahren. Die Bereitstellung von kinderpornographischem Material hat sich laut dem Bericht der Sonderberichterstatterin der UNO für Kinderhandel, Kinderprostitution und Kinderpornographie, Najat M'jid Maalla, zu einem Geschäft mit Milliardenumsätzen entwickelt.3 Die Aufzeichnung des sexuellen Missbrauchs und ihre Verbreitung im Internet, wo sie für unbegrenzte Zeit zugänglich bleibt, führen zu einer Verstärkung der Traumatisierung der Opfer, verringert die Wahrscheinlichkeit, dass sie sich Hilfe holen, und beeinflusst die Aufarbeitung des Erlebten negativ.4
Beim vorliegenden Fakultativprotokoll handelt es sich um ein Instrument zur Bekämpfung solcher Formen der kommerziellen Ausbeutung von Kindern. Der Fokus liegt auf Massnahmen gegen die kommerzielle sexuelle Ausbeutung, doch werden auch der Verkauf von Kindern zwecks Organentnahme und Zwangsarbeit sowie die Vermittlung illegaler Adoptionen erfasst. Da das Protokoll im Bereich der Sexualdelikte hauptsächlich die kommerzielle sexuelle Ausbeutung behandelt, d.h. die sexuelle Ausbeutung gegen eine Gegenleistung oder Zahlung im weiteren Sinne, wird die sexuelle Ausbeutung des Kindes innerhalb der Familie
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oder im Rahmen eines anderen persönlichen Abhängigkeitsverhältnisses nicht von ihm erfasst, ausser sie enthalte ebenfalls eine kommerzielle Komponente.
Das Fakultativprotokoll baut auf der von Liechtenstein 1996 ratifizierten UNO-Kinderrechtskonvention (CRC, LGBl. 1996 Nr. 163) auf, in welcher erstmals in einer umfassenden Art und Weise die Rechte des Kindes kodifiziert wurden. An der CRC wird teilweise Kritik geübt, weil sie in einzelnen Bereichen keine ausreichend präzisen Regeln festlegt, so etwa in den Artikeln 34 und 35, in welchen sich die Vertragsstaaten verpflichten, "das Kind vor allen Formen sexueller Ausbeutung und sexuellen Missbrauchs zu schützen" (Art. 34), bzw. "alle geeigneten [...] Massnahmen zu treffen, um die Entführung und den Verkauf von Kindern sowie den Handel mit Kindern zu irgendeinem Zweck und in irgendeiner Form zu verhindern" (Art. 35). Das Fakultativprotokoll stellt nun in seinem begrenzten Geltungsbereich - dem Verkauf von Kindern, der Kinderprostitution und der Kinderpornographie - eine Ergänzung und normative Weiterentwicklung in erster Linie dieser CRC-Artikel dar. Es ist somit ein wichtiger Schritt hin zu einem besseren internationalen Schutz von Kindern vor kommerzieller Ausbeutung.
Das Fakultativprotokoll zur Kinderrechtskonvention betreffend den Verkauf von Kindern, die Kinderprostitution und die Kinderpornographie trat am 18. Januar 2002 in Kraft. Gegenwärtig zählt es 158 Vertragsstaaten (Stand 15. Oktober 2012).5 In Österreich erfolgte die Ratifikation am 6. Mai 2004 und in der Schweiz am 19. September 2006. Liechtenstein hat das Fakultativprotokoll am 8. September 2000 unterzeichnet.



 
1UNICEF: Profiting from Abuse. Report into children in commercial sexual exploitation. New York 2001: 20. Aktuellere Zahlen sind nicht erhältlich.
 
2UNICEF: Sexual violence against children, online: http://www.unicef.org/protection/57929_58006.html [Stand September 2012]. So ist die Referenz für das Ausmass des Handels mit Kindern nach wie vor die Schätzung der International Labour Organization (ILO) aus dem Jahr 2002, welche davon ausgeht, dass jährlich 1.2 Millionen Kinder Opfer des Menschenhandels werden. Vgl. ILO: Every Child Counts. New Global Estimates on Child Labour. Geneva 2002: 35.
 
3Report of the Special Rapporteur on the sale of children, child prostitution and child pornography, Najat M'jid Maalla (A/HRC/12/23): 9f.
 
4Report of the Special Rapporteur on the sale of children, child prostitution and child pornography, Najat M'jid Maalla (A/HRC/12/23): 11.
 
5Vgl. Liste der Vertragsparteien (Beilage).
 
LR-Systematik
0..1
0..10
LGBl-Nummern
2013 / 164
Landtagssitzungen
20. Dezember 2012
Stichwörter
Kin­derpor­no­gra­phie, Übe­rein­kommen über die Rechte des Kindes
Kin­der­pros­ti­tu­tion, Übe­rein­kommen über die Rechte des Kindes
Kin­der­ver­kauf, Übe­rein­kommen über die Rechte des Kindes
Übe­rein­kommen über die Rechte des Kindes betr. Ver­kauf von Kin­dern, Kin­der­pros­ti­tu­tion und Kinderpornographie