Bericht und Antrag der Regierung an den Landtag des Fürstentums Liechtenstein
betreffend ein Gesetz über die Luftfahrt (Luftfahrtgesetz, LFG)
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Mit der Vorlage zu einem Luftfahrtgesetz wird die Umsetzung des EWR-Rechts im Bereich Zivilluftfahrt in Anhang XIII, Kap. VI, Ziff. ii) bis vi) des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWRA) bezweckt.
Die Umsetzung dieses Acquis war durch Beschluss des EWR-Rates 1/95 vom 10. März 1995 über das Inkrafttreten des EWRA für Liechtenstein ausgesetzt (Übergangsfrist mit sogenannter Review-Klausel; LGBl. 1995 Nr. 70). Diese Frist wurde durch den Beschluss 182/1999 des Gemeinsamen Ausschusses vom 17. Dezember 1999 nochmals bis zum 31. Dezember 2001 verlängert (LGBl. 2000 Nr. 65).
Dank der Umsetzung des EWR-Rechts wird zukünftig Liechtenstein über ein eigenes Luftfahrtrecht verfügen, für dessen Durchführung eine zu diesem Zweck errichtete Dienststelle verantwortlich sein wird. Diese liechtensteinische "Dienststelle für Zivilluftfahrt" wird sich im Rahmen einer Verwaltungsvereinbarung auf die Expertise des schweizerischen Bundesamtes für Zivilluftfahrt (BAZL) stützen können, bevor sie ihre Entscheidungen trifft oder sonstige Massnahmen ergreift. Eine solche Kooperation, die liechtensteinische Zuständigkeit mit Schweizer Expertise auf der Basis eines Auftragsverhältnisses verbindet, wird zukünftig dadurch erleichtert, dass die Schweiz im Rahmen des bilateralen Abkommens mit der EU den Acquis im Bereich der Zivilluftfahrt in vollem Umfang übernimmt, so dass in der Substanz "Deckungsgleichheit" mit dem EWRA besteht.
Dies führt zu einer Lösung, die es Liechtenstein erlaubt, den Luftfahrtacquis von Anhang XIII, Kap. VI EWRA - nunmehr nach Ablauf der Übergangsfrist - umzusetzen.
In allen jenen Bereichen des Luftfahrtrechtes, die nicht durch das EWR-Recht erfasst oder nicht in aller Ausführlichkeit geregelt sind, gelten - Kraft des Notenaustausches vom ... zwischen der Schweiz und Liechtenstein betreffend die Zusammenarbeit der schweizerischen und liechtensteinischen Behörden im Bereich der Zivilluftfahrt, welcher den Notenaustausch vom 25. Januar 1950 zwischen der Schweiz und Liechtenstein betreffend die Ausübung der Aufsicht über die Luftfahrt in Liechtenstein durch schwei-
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zerische Behörden ersetzt - weiterhin die schweizerischen luftfahrtrechtlichen Bestimmungen.
Davon unabhängig besteht ein weiterer Notenaustausch zwischen Liechtenstein und der Schweiz im Bereich der Luftfahrt, nämlich der Notenaustausch vom 1./9. Mai 2000 zur Regelung des Überfluges liechtensteinischen Gebietes durch Militär- und andere Staatsluftfahrzeuge.
Durch den Erlass eines neuen Notenaustausches betreffend die Zusammenarbeit der schweizerischen und liechtensteinischen Behörden im Bereich der Zivilluftfahrt und somit den Ersatz des Notenaustausches von 1950 werden in Liechtenstein eigene Zuständigkeiten geschaffen. Der neue Notenaustausch liegt diesem Bericht und Antrag im Entwurf zur Information bei, wird jedoch Gegenstand eines eigenen Berichts und Antrags an den Landtag sein, der zusammen mit der zweiten und dritten Lesung zum vorliegenden Gesetz vom Landtag zur Genehmigung vorgelegt werden soll.
Zuständiges Ressort
Ressort Verkehr und Kommunikation
Betroffene Amtsstellen
Amt für Zollwesen
Stabsstelle EWR
Amt für Auswärtige Angelegenheiten
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Vaduz, 20. März 2002
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Sehr geehrter Herr Landtagspräsident
Sehr geehrte Frauen und Herren Abgeordnete
Die Regierung gestattet sich, dem Hohen Landtag nachstehenden Bericht und Antrag zur Schaffung eines Gesetzes über die Luftfahrt zu unterbreiten.
Liechtenstein verfügte bislang über keine eigene Gesetzgebung im Bereich der Zivilluftfahrt; vielmehr fanden aufgrund eines Notenaustausches vom 25. Januar 1950 zwischen der Schweiz und Liechtenstein betreffend die Ausübung der Aufsicht über die Luftfahrt in Liechtenstein durch schweizerische Behörden (LGBl. 1950 Nr. 9), welcher durch den Notenaustausch vom 1./9. Mai 2000 zur Regelung des Überfluges liechtensteinischen Gebietes durch Militär- und andere Staatsluftfahrzeuge ergänzt worden war (LGBl. 2000 Nr. 96), die schweizerischen luftfahrtrechtlichen Bestimmungen in Liechtenstein Anwendung (vgl. "Kundmachung der aufgrund der Vereinbarung betreffend die Aufsicht über die Luftfahrt im Fürstentum Liechtenstein anwendbaren schweizerischen
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Rechtsvorschriften (Anlage I und II)", LR 170.551.748. Die letzte aktualisierte Fassung datiert vom 2. April 2001, LGBl. 2001 Nr. 71).
Einbezogen in die Anwendung schweizerischen Luftfahrtrechtes in und für Liechtenstein ist eine Anzahl internationaler Abkommen. Das wichtigste ist das sogenannte Abkommen von Chicago der ICAO
1, nämlich das Übereinkommen vom 7. Dezember 1944 über die internationale Zivilluftfahrt. Liechtenstein ist selbst nicht Vertragspartei des Übereinkommens und auch nicht Mitglied der ICAO. Die Schweiz hat aber bei ihrem Beitritt zum Übereinkommen dessen Anwendbarkeit auf Liechtenstein erklärt (Kundmachung vom 31.3.1947, LGBl. 1947 Nr. 16). Somit sind die Art. 1 bis 42 sowie die technischen Anhänge des Übereinkommens auf Liechtenstein anwendbar. Auf dieses umfassende Regelwerk nehmen weitere sektorielle Abkommen, technische Richtlinien und Standards Bezug.
Dem Abkommen vom 12. Oktober 1929 zur Vereinheitlichung von Regeln über die Beförderung im internationalen Luftverkehr (sogenanntes Warschauer Abkommen) ist Liechtenstein selbständig beigetreten (Kundmachung vom 25.5.1934, LGBl. 1934 Nr. 6).
Der Beitritt Liechtensteins zum Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWRA) im Jahre 1995 hat bis anhin an der durch den Notenaustausch vom 25. Januar 1950 bedingten Anwendung schweizerischen Luftfahrtrechtes in Liechtenstein nichts geändert, da der Umsetzung des EWR-Acquis ein Mangel an fachlicher Kompetenz gegenüberstand. Der jetzt beschrittene Weg einer Heranziehung schweizerischer Expertise auf der Basis von Verwaltungsvereinbarungen wird dadurch erleichtert, dass die Schweiz bereits zum jetzigen Zeitpunkt ihre materiellen Rechtsvorschriften in diesem Bereich dem europäischen Recht angepasst hat, was durch das bilaterale Abkommen im Luftfahrtbereich formalisiert wird.
Eine frühere Umsetzung des EWR-Acquis hätte vermutlich für Liechtenstein die Schaffung eigener technisch kompetenter Verwaltungsstrukturen bedingt, was schon in Anbetracht der Beschränkung des liechtensteinischen Luftverkehrs auf ein bescheidenes Aufkommen von Helikopterflügen als vollkommen unverhältnismässig empfunden worden wäre. Liechtenstein hatte sich aus diesem Grund zum Zeitpunkt seines Beitritts
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zum EWRA für die Umsetzung des Acquis von Anhang XIII, Kap. VI, Ziff. ii) bis vi) eine Übergangsfrist ausbedungen.
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1 | ICAO = International Civil Aviation Organization = Internationale Zivilluftfahrtorganisation, eine Sonderorganisation der Vereinten Nationen, welcher Liechtenstein nicht angehört. |
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