Berichte und Anträge
Regierungskanzlei (RK)
BuA - Nummer
2023 / 20
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Ein­lei­tung
I.Bericht der Regierung
1.Aus­gangs­lage
2.Mög­liche Mass­nahmen und Varianten
II.Wei­teres Vor­gehen und Zeitplan
III.ANTRAG DER REGIERUNG
IV.Glossar
 
Bericht und Antrag der Regierung an den Landtag des Fürstentums Liechtenstein
betreffend Massnahmen in Bezug auf die nachhaltige Ausrichtung der Stiftung Personalvorsorge Liechtenstein (SPL)
 
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Die Regierung unterbreitet dem Landtag mit diesem Bericht und Antrag zur nachhaltigen Ausrichtung der Stiftung Personalvorsoge Liechtenstein (SPL) einen Grundlagenbericht, der einerseits im Detail auf die heutige Ausgangslage, die Hintergründe und Herausforderungen eingeht und andererseits aufzeigt, mit welcher Zielsetzung und in welche Richtung eine zukunftsfähige Lösung für die Personalvorsorge der rund 4'000 bei der SPL versicherten Personen aussehen könnte. Da unabhängig vom letztendlich eingeschlagenen Weg deutliche finanziellen Konsequenzen für das Land Liechtenstein zu erwarten sind, ist es der Regierung ein Anliegen, den Landtag mit diesem Bericht frühzeitig in die Weichenstellung mit einzubeziehen.
Die SPL startete am 1. Juli 2014 mit einem Deckungsgrad von 93%. Als Zielsetzung für ein nachhaltiges finanzielles Gleichgewicht wurde langfristig ein Deckungsgrad von höher als 115% angestrebt. Im Rahmen der Schaffung des Gesetzes über die betriebliche Personalversorge des Staates (SBPVG) wurde der technische Zinssatz auf 2.5% festgelegt. Bereits im Bericht und Antrag Nr. 16/2013 wurde festgehalten, dass die Stiftung voraussichtlich auch im günstigen Fall über lange Frist zu wenig Wertschwankungsreserven wird bilden können, um über eine volle Risikofähigkeit zu verfügen.
Das wirtschaftliche Umfeld entwickelte sich aufgrund von verschiedenen Schocks nicht so, wie es für eine nachhaltige Entwicklung der SPL erforderlich gewesen wäre. Insbesondere die Zinssituation war nach 2014 historisch niedrig, bis 2022 waren die Leitzinsen in der Schweiz über einen langen Zeitraum sogar negativ. Als Folge des abrupt gesunkenen Zinsumfelds im Januar 2015 sah sich die SPL deshalb gezwungen, den technischen Zinssatz zweimal um 0.5 Prozentpunkte zu senken. Die dadurch notwendige gewordene Verstärkung der Rentner-Vorsorgekapitalien im Umfang von rund CHF 66 Millionen ging zu Lasten des Deckungsgrades der SPL. Konkret bedeutete dies eine unerwünschte Umverteilung von den Mitteln der Aktivversicherten zu den Rentnern.
Damit war die unerwünschte Umverteilung von Aktivversicherten zu Rentnern kurz nach der Schaffung der "Stiftung Personalvorsorge Liechtenstein" (SPL) erneut ein allgegenwärtiges Thema. Die Ursachen dieser Umverteilung liegen darin
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begründet, dass den garantierten Leistungsversprechen nicht beeinflussbare Anlageerträge mit einem über Jahren sinkenden Zinsniveau und eine nach wie vor steigende Lebenserwartung gegenüberstehen. Ist das Zinsversprechen gegenüber den Rentnern höher als die effektive Verzinsung, erfolgt systembedingt eine Umverteilung von den Aktivversicherten zu den Rentnern. Da die SPL einen vergleichsweise hohen Rentneranteil besitzt und über keine Wertschwankungsreserven verfügt, ist die Problematik der unerwünschten Umverteilung bei der SPL im Vergleich zum restlichen liechtensteinischen Pensionskassenumfeld deutlich grösser.
Der Stiftungsrat der SPL hat Massnahmen ergriffen, um der unerwünschten Umverteilung entgegenzuwirken. Insbesondere wurde beschlossen, als Folge der Senkung des technischen Zinssatzes von 2.5% auf 1.5%, eine Reduktion des Umwandlungssatzes von 5.425% im Alter 64 schrittweise auf 4.5% im Alter 65 im Jahre 2028 vorzunehmen. Aufgrund dieser Massnahmen reduziert sich das modellmässige Leistungsziel trotz Erhöhung des Rentenalters und Sparbeginn ab Alter 20 je nach Vorsorgeplan um 1.5 bis 2.6 Prozentpunkte auf 43.5% bis 42.4% des letzten versicherten Lohnes.
Per 31. Dezember 2021 konnte die SPL einen Deckungsgrad von 103.6% ausweisen, was einer Verbesserung um 10.6 Prozentpunkte gegenüber 2014 entspricht. Aufgrund der geopolitischen Lage und der angespannten Finanzmärkte hat sich die finanzielle Lage der SPL im Laufe des Jahres 2022 jedoch massiv verschlechtert. So lag der Deckungsgrad per Ende 2022 bei 90%. Das verwaltete Vermögen lag zu diesem Zeitpunkt bei CHF 1'176 Mio. Direkt betroffen von der aktuellen und zukünftigen Entwicklung der SPL sind neben der gesamten Landesverwaltung und den Schulen rund 25 angeschlossene Betriebe mit insgesamt 3'361 Aktivversicherten und 1'166 Rentner.
Die aktuell tendenziell steigenden Zinsen sind für eine Pensionskasse zwar grundsätzlich positiv zu werten, jedoch kommt dieser Effekt nur langfristig zum Tragen. Negative Renditen wirken sich hingegen sofort auf den Deckungsgrad aus. Verschiedene, seit dem Jahre 2014 getroffene Massnahmen, haben sich negativ auf das Vorsorgeniveau der Versicherten ausgewirkt. Aus diesen Gründen hat die Regierung in Zusammenarbeit mit dem Stiftungsrat der SPL sowie den beigezogenen Pensionskassenexperten verschiedene Massnahmen geprüft, um die betriebliche
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Vorsorge des Staates zukunftsfähig auszugestalten und der Umverteilung entgegenzuwirken. Dabei standen folgende Ziele im Mittelpunkt:
- Weitgehende Eliminierung der heute bestehenden unerwünschten Umverteilung von den Aktivversicherten zu den Rentnern.
- Ausgleich eines Teils der unerwünschten Umverteilung der letzten Jahre.
- Ausreichende Finanzierung der Kasse im Hinblick auf die langfristig zu erwartenden Zinsen.
- Sicherstellung des Vorsorgeniveaus.
Mit diesem Bericht und Antrag werden dem Hohen Landtag verschiedene Varianten für die zukünftige Ausgestaltung der SPL aufgezeigt, wobei aus heutiger Sicht auch das Beibehalten des Status quo grundsätzlich möglich wäre (Variante 0). Vorteilhafter und zukunftsgerichteter erscheint der Regierung jedoch entweder die Beibehaltung der SPL als eigene Stiftung (Variante 1), der Anschluss an eine bestehende Sammelstiftung (Variante 2) oder der Anschluss an eine bestehende Vorsorgeeinrichtung mit Sonderkonditionen (Variante 3). Aus Sicht der Regierung empfiehlt sich Variante 1, also die Beibehaltung der SPL als eigene Stiftung mit einer Massnahmenkombination von Schaffung eines geschlossenen Vorsorgewerks für die Rentner nach PVG (Rentnerkasse), Umwandlung der bestehenden Darlehen in Eigenkapital, Einführung einer Bonusrente, Ausfinanzierung der bestehenden Renten im Beitragsprimat sowie der Erhöhung der Sparbeiträge.
Gestützt auf die Diskussionen und Beschlüsse des Landtags soll die gewählte Variante und die konkreten Massnahmen im Detail ausgearbeitet, vernehmlasst und dem Landtag zur Beschlussfassung vorgelegt werden.
Das Land ist sowohl als Arbeitgeber als auch als Gesetzgeber in der Pflicht, einen relevanten Beitrag zur Sanierung und Sicherung der Pensionsversicherung für das Staatspersonal (Verwaltung und Lehrpersonen) und die Mitarbeitenden der angeschlossenen Betriebe und Einrichtungen zu leisten. Ungerechtfertigte und einseitige Umverteilungen zwischen den Generationen müssen im Sinne einer nachhaltigen Lösung vermieden werden. Leider konnten diese mit den Massnahmen aus dem Jahr 2014 aufgrund der massiven Veränderungen im wirtschaftlichen Umfeld nicht genügend erreicht werden.
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Zuständiges Ministerium
Ministerium für Präsidiales und Finanzen
Betroffene Stellen
Stiftung Personalvorsorge Liechtenstein
Landesverwaltung
Alle der SPL angeschlossenen Betriebe
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Vaduz, 28.Februar 2023
LNR 2023-236
P
Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,
Sehr geehrte Frauen und Herren Abgeordnete
Die Regierung gestattet sich, dem Hohen Landtag nachstehenden Bericht und Antrag betreffend Massnahmen in Bezug auf die nachhaltige Ausrichtung der Stiftung Personalvorsorge (SPL) zu unterbreiten.
1.1Geschichte und Hintergrund zur Pensionsversicherung des Landes1
Die Versicherung der Angestellten des Staates (Verwaltung und Lehrpersonen) sowie von weiteren Institutionen oder Staatsbetrieben im Rahmen der zweiten Säule erfolgt bereits seit Jahrzehnten durch eine eigene Vorsorgestiftung. Bereits 1870 wurde die Pensionsversicherung für die Elementarschullehrer eingeführt, 1888 wurde ein Pensionsfonds für Staatsangestellte geschaffen. 1938 floss das Kapital der beiden Fonds in eine neu geschaffene einheitliche Pensionskasse für
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Staatsbedienstete und Lehrpersonen. Diese wurde ab 1952 als öffentlich-rechtliche Anstalt und ab 1996 als öffentlich-rechtliche Stiftung ausgestaltet.
Gleichzeitig mit Inkrafttreten des Gesetzes über die betriebliche Personalvorsorge am 1. Januar 1989 (BPVG)2 trat auch das Gesetz über die Pensionsversicherung für das Staatspersonal (Pensionsversicherungsgesetz; PVG)3 in Kraft. Dieses regelte die staatliche Pensionsversicherung, unterstellte diese aber nicht dem BPVG, sondern regelte dies weiterhin spezialgesetzlich.
Die Finanzierung der Pensionsversicherung des Staates war in den vergangenen Jahren immer wieder Thema von politischen und öffentlichen Diskussionen.4



 
1Weitere Informationen zur Geschichte der Pensionsversicherung in Liechtenstein: Hilmar Hoch, "Pensionsversicherung", Stand: 31.12.2011, in: Historisches Lexikon des Fürstentums Liechtenstein online (eHLFL), URL: https://historisches-lexikon.li/Pensionsversicherung, abgerufen am 31.1.2023.
 
2Gesetz vom 20. Oktober 1987 über die betriebliche Personalvorsorge (BPVG), LGBl. 1988 Nr. 12.
 
3Gesetz vom 20. Dezember 1988 über die Pensionsversicherung für das Staatspersonal (Pensionsversicherungsgesetz; PVG).
 
4vgl. u.a. Bericht und Antrag Nr. 2012/135, insb. Kap. 1.3.3.
 
Stichwörter
Deckungs­grad SPL
Grund­la­gen­be­richt Stif­tung Per­so­nal­vor­sorge Liechtenstein
Ren­diten negative
Schaf­fung Gesetz Betrieb­liche Per­so­nal­vor­sorge des Staates
Schaf­fung SBPVG
Umver­tei­lung unerwünschte
Vari­an­ten­be­richt
Zin­sum­feld gesunken