Berichte und Anträge
Regierungskanzlei (RK)
BuA - Nummer
2024 / 35
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Ein­lei­tung
I.Bericht der Regierung
1.Aus­gangs­lage
2.Begrün­dung der Vorlage
3.Ver­nehm­las­sung
4.Erläu­te­rungen zum IWF-Übereinkommen
5.Ver­fas­sungs­mäs­sig­keit / Rechtliches
6.Aus­wir­kungen auf Ver­wal­tungstä­tig­keit, Res­sour­cen­ein­satz und nach­hal­tige Entwicklung
II.ANTRAG DER REGIERUNG
Grüner Teil
 
Bericht und Antrag der Regierung an den Landtag des Fürstentums Liechtenstein
betreffend den Beitritt zum Internationalen Währungsfonds (IWF)
 
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Der Landtag stimmte am 2. September 2022 mit grosser Mehrheit dem Antrag der Regierung zu, Verhandlungen über den Beitritt Liechtensteins zum Internationalen Währungsfonds (IWF) aufzunehmen. Aufgrund der Bedeutung einer IWF-Mitgliedschaft für Liechtenstein erachtete es die Regierung als wichtig, den Landtag frühzeitig in diese Frage einzubeziehen. Nach dem klaren Votum des Landtags wurde der Prozess unmittelbar gestartet, noch im Jahr 2022 erfolgten die ersten Gespräche mit Vertretern des IWF sowie mit den relevanten Behörden in der Schweiz. Nach umfangreichen Vorarbeiten und Abklärungen - insbesondere in Bezug auf die Datenverfügbarkeit - stellte die Regierung schliesslich am 26. Mai 2023 offiziell Antrag auf Mitgliedschaft im IWF.
Ende November / Anfang Dezember 2023 fand die so genannte Mitgliedschaftsmission statt, im Rahmen derer Vertreter des IWF Liechtenstein besuchten, die notwendigen Informationen und Daten sammelten und zahlreiche Gespräche mit Vertretern aus der Politik, Verwaltung und Wirtschaft führten. Auf Basis dieser Informationen erarbeitete der IWF-Stab einen Bericht zur liechtensteinischen Volkswirtschaft sowie eine Empfehlung zur Bandbreite der Quote, welche die Kapitalbeteiligung Liechtensteins im IWF darstellt und die Bedeutung der Volkswirtschaft relativ zu den anderen Mitgliedsstaaten abbildet. Das Exekutivdirektorium verabschiedete schliesslich Anfang März 2024 einstimmig den Mitgliedschaftsbeschluss, der die Bedingungen für Liechtensteins Mitgliedschaft im IWF festlegt. Dieser Beschluss sieht eine Quote von SZR 100 Mio. (Sonderziehungsrechte, ca. CHF 120 Mio.) vor und liegt damit innerhalb der Bandbreite, die bereits im Bericht und Antrag Nr. 74/20221 erwartet wurde. Der Gouverneursrat hat diesem Mitgliedschaftsbeschluss am 8. April 2024 mit grosser Mehrheit zugestimmt. Damit sind von Seiten des IWF alle Voraussetzungen für einem Beitritt Liechtensteins erfüllt.
Die Abklärungen im Rahmen der Beitrittsverhandlungen haben die Annahmen und Erwartungen aus dem Bericht und Antrag Nr. 74/2022 bestätigt. Neben dem zentralen Ziel der langfristigen Sicherung der Finanzstabilität - insbesondere aufgrund der Rolle des IWF als Kreditgeber letzter Instanz - geht mit der Mitgliedschaft im
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IWF eine deutliche Stärkung der Reputation und Sichtbarkeit sowohl für den Finanzplatz als auch für Liechtenstein als Land einher. Die jedem Mitgliedsstaat kostenlos zur Verfügung stehende Beratung des IWF ("technical assistance") ist für Liechtenstein insbesondere beim Aufbau von makroökonomischen Statistiken relevant, wäre aber auch im Krisenfall entscheidend. Die grundsätzlichen Ziele des IWF, wie die Förderung des globalen Handels sowie der Stabilität der Wechselkurse, sind für kleine und offene Volkswirtschaften wie Liechtenstein insgesamt sehr relevant. Durch die Diversifikation der Finanzreserven, die Erhöhung der Währungsreserven durch die Teilnahme an der Sonderziehungsrechte-Abteilung sowie die erwirtschafteten Zinserträge auf die hinterlegte Reserveposition ist die Mitgliedschaft auch aus einer finanziellen Perspektive vorteilhaft. Umgekehrt ist die IWF-Mitgliedschaft mit keinen direkten Kosten oder Zahlungen (wie z.B. Mitgliedsbeiträge etc.) verbunden. Die Reserveposition in der Höhe eines Viertels der Quote (SZR 25 Mio., also ca. CHF 30 Mio.) wird beim IWF hinterlegt und, kann im Bedarfsfall jederzeit abgerufen werden. Aus technischer Sicht entspricht diese Hinterlegung in der Landesrechnung einer Reserveposition als Teil des Verwaltungsvermögens, welche über die Investitionsrechnung aktiviert wird. Da die Hinterlegung im ersten Quartal 2025 erfolgen wird, wird der dafür notwendige Voranschlagskredit Teil des Landesvorschlags bzw. des Finanzgesetzes 2025 sein. Die Reserveposition wird mit dem SZR-Zinssatz verzinst (derzeit rund 4 %), woraus sich jährliche Zinserträge in der Höhe von knapp SZR 1 Mio. ergeben, was etwa CHF 1.15 Mio. entspricht. Indirekte Kosten entstehen durch die aktive Mitarbeit im IWF, d.h. beispielsweise durch Personal- und Reisekosten oder allfällige freiwillige Beiträge. Die Regierung geht davon aus, dass diese indirekten Kosten rund CHF 500'000 betragen werden, wie sie im Bericht und Antrag Nr. 74/2022 angenommen wurden.
Die Regierung kommt zum Schluss, dass eine Mitgliedschaft Liechtensteins im IWF mit grossen Vorteilen verbunden ist, dass die damit verbundenen Kosten überschaubar bleiben und die Vorteile auch aus finanzieller Sicht - aufgrund der Diversifikation der Finanzreserven sowie der Zinserträge - deutlich überwiegen.
Zuständiges Ministerium
Ministerium für Präsidiales und Finanzen
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Betroffene Stellen
Amt für Auswärtige Angelegenheiten
Amt für Finanzen
Amt für Statistik
Botschaft des Fürstentums Liechtenstein in Washington
Finanzmarktaufsicht Liechtenstein
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Vaduz, 16. April 2024
LNR 2024-593
P
Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,
Sehr geehrte Frauen und Herren Abgeordnete
Die Regierung gestattet sich, dem Hohen Landtag nachstehenden Bericht und Antrag betreffend den Beitritt zum Internationalen Währungsfonds (IWF) zu unterbreiten.



 
1Im Bericht und Antrag wurde für die Quote eine Bandbreite von CHF 100-150 Mio. erwartet.
 
1.Ausgangslage
Die Prüfung eines IWF-Beitritts Liechtensteins ist Teil der Finanzplatzstrategie der Regierung aus dem Jahr 2019. Zudem sieht das aktuelle Regierungsprogramm vor, dass die Frage eines möglichen IWF-Beitritts Liechtensteins in der laufenden Legislaturperiode einer Entscheidung zugeführt werden soll. Der liechtensteinische Landtag stimmte am 2. September 2022 mit grosser Mehrheit dem Antrag der Regierung zu, Verhandlungen über den Beitritt zum IWF aufzunehmen. Mit Regierungsbeschluss vom 25. Oktober 2022 wurde der Beitrittsprozess durch das Einsetzen einer Arbeitsgruppe unter der Leitung des Ministeriums für Präsidiales und Finanzen (MPF) in Zusammenarbeit mit der Finanzmarktaufsicht (FMA), dem Amt für Auswärtige Angelegenheiten (AAA) sowie der Botschaft in Washington D.C. eingeleitet.
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Im November 2022 fanden die ersten Abstimmungsgespräche mit Vertretern des IWF statt. Es folgten mehrere Treffen zwischen den liechtensteinischen Behörden und dem IWF, insbesondere zur Frage der Datenverfügbarkeit. Eine offizielle Anfrage des IWF zur Verfügbarkeit von makroökonomischen Daten, die zur Berechnung der Quote notwendig sind, wurde Anfang Dezember 2022 an Liechtenstein gestellt. Während Zahlen zum BIP und zu den Finanzreserven verfügbar sind, gibt es in Liechtenstein keine eigene Zahlungsbilanzstatistik und damit keine detaillierten Zahlen zur liechtensteinischen Aussenwirtschaft. Die FMA erarbeitete in Folge in enger Zusammenarbeit mit dem IWF sowie der Schweizerischen Nationalbank (SNB) und dem Amt für Statistik (AS) auf Basis bestehender Datenerhebungen eine provisorische Zahlungsbilanz für Liechtenstein, die für die Quotenberechnung im Rahmen des Mitgliedschaftsprozesses erforderlich ist.
Nach erfolgreicher Überprüfung der Datenverfügbarkeit konnte die Regierung Ende Mai 2023 das formelle Beitrittsgesuch an den IWF übermitteln. Um Liechtensteins Engagement für den Beitrittsprozess zu unterstreichen und den Prozess zu beschleunigen, nahmen Vertreter der IWF-Arbeitsgruppe Liechtensteins an der IWF-Frühjahrstagung im April 2023 in Washington D.C. sowie an der IWF-Jahrestagung im Oktober 2023 in Marrakesch teil, um sich insbesondere mit den verschiedenen Fachabteilungen des IWF auszutauschen. Im Juli 2023 fand zudem ein hochrangiger Besuch einer IWF-Delegation in Liechtenstein statt, um ein tieferes Verständnis für das Land und die Wirtschaft zu gewinnen und die Offenheit des IWF gegenüber einer Mitgliedschaft Liechtensteins zu signalisieren. Der gesamte Beitrittsprozess war von einem regelmässigen Austausch mit Vertretern des IWF, der Schweizerischen Nationalbank (SNB), dem Staatssekretariat für Internationale Finanzfragen der Schweiz (SIF) sowie dem Büro des Schweizer Exekutivdirektors beim IWF begleitet.
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Ein wichtiger Meilenstein im Beitrittsprozess war die zwischen dem 27. November und 7. Dezember 2023 stattfindende zweiwöchige Mitgliedschaftsmission des IWF, im Rahmen derer rund 50 Sitzungen und Termine mit Vertretern des Fürstenhauses, der Politik, verschiedenen Verbänden, der Wirtschaft, und den zuständigen Ämtern/Behörden aus der Landesverwaltung und der FMA stattfanden. Als Vorbereitung wurde ein umfangreicher Fragebogen ("Questionnaire") seitens des IWF verschickt und durch die zuständigen Stellen in Liechtenstein beantwortet. Der IWF präsentierte im Kontext der Mission detaillierte Informationen zur Berechnung der Quote, den Rechten und Pflichten einer Mitgliedschaft, den Entscheidungsstrukturen des IWF sowie zum weiteren Ablauf des Mitgliedschaftsprozesses. Die IWF-Vertreter zeigten sich insbesondere von der global hoch wettbewerbsfähigen und innovativen Volkswirtschaft sowie dem finanzpolitischen Rahmen und den damit verbundenen gesunden Staatsfinanzen beeindruckt. Sie betonten auch die starke Integration der liechtensteinischen Volkswirtschaft, insbesondere mit der Schweiz und den EWR-Ländern, sowie das hohe BIP pro Kopf, bei dem Liechtenstein einen höheren Wert als alle bestehenden IWF-Mitglieder aufweist. Auch bei anderen wichtigen makroökonomischen Charakteristika, wie z.B. bei den Ausgaben für Forschung und Entwicklung oder den fiskalpolitischen Kennzahlen, würde Liechtenstein im Falle eines Beitritts und der damit verbundenen Aufnahme in die Datenbanken und Berichte des IWF an der Spitze aller IWF-Länder aufscheinen.
Das Mitgliedschaftskomitee (Executive Board Membership Committee) beriet Anfang Februar 2024 über die Mitgliedschaft Liechtensteins und die damit verbundenen Bedingungen inklusive der liechtensteinischen Quote, welche den Erwartungen gemäss Bericht und Antrag Nr. 74/2022 entsprechen. In der Folge akzeptierte die Regierung diese Bedingungen. Nach der Zustimmung des Exekutivdirektoriums (Executive Board) am 8. März 2024 billigte der Gouverneursrat (Board of Governors), das oberste Gremium des IWF, am 8. April 2024 mit grosser Mehrheit -
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den vorgeschlagenen Mitgliedschaftsbeschluss (Membership Resolution, siehe Anhang 2), der die Bedingungen für die Mitgliedschaft im IWF festlegt. Ab diesem Zeitpunkt hat Liechtenstein sechs Monate Zeit, um die rechtlichen Voraussetzungen für die Unterzeichnung des Übereinkommens über den Internationalen Währungsfonds (siehe Anhang 1, Articles of Agreement, AoA) zu schaffen. Die Unterzeichnung der AoA und das Hinterlegen der Annahmeurkunde erfolgen - vorbehaltlich der Zustimmung des Landtags - in Washington, D.C. Damit würde Liechtenstein offiziell zum IWF-Mitglied.
In Liechtenstein stellt der Beitritt zum IWF und damit die Unterzeichnung der AoA einen Staatsvertrag dar, der der Zustimmung des Landtags bedarf. Weitere rechtliche oder gesetzliche Grundlagen sind nicht erforderlich.
Vorbehaltlich der Zustimmung des Landtags wird die Regierung im Laufe des weiteren Beitrittsprozesses sicherstellen, dass alle erforderlichen Schritte gesetzt werden, um die AoA zu unterzeichnen sowie die Annahmeurkunde zu hinterlegen. Mit Letzterer akzeptiert Liechtenstein offiziell die Bedingungen des Mitgliedschaftsbeschlusses. Dies inkludiert auch das Übermittlungsschreiben (Letter of Transmittal), welches alle Dokumente auflistet, die dem IWF vor dem offiziellen Beitritt des beitrittswerbenden Landes zu übermitteln sind. Damit wäre der Beitrittsprozess abgeschlossen.
Stichwörter
Bei­tritt Inter­na­tio­naler Währungsfonds
IWF-Bei­tritt Liechtensteins
Mit­glied­schafts­be­schluss IWF-Gouverneursrat