Berichte und Anträge
Regierungskanzlei (RK)
BuA - Nummer
2011 / 38
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Ein­lei­tung
I.Bericht der Regierung
1.Anlass
2.All­ge­meines
3.Beant­wor­tung der Fragen
II.Antrag der Regierung
 
Interpellationsbeantwortung der Regierung an den Landtag des Fürstentums Liechtenstein zur aktuellen und zukünftigen Zulassungs- und Einwanderungspolitik
 
 
Absicht der Freien Liste sei es, dass mit der Interpellation "die Zulassungs- und Einwanderungspolitik, über Entscheidungen der Regierung hinaus, öffentlich diskutiert" werde.
Daran war der Regierung stets und ist ihr nach wie vor sehr gelegen, wenngleich dies wegen der insgesamt grossen Komplexität des Sachverhalts nicht einfach ist. Deshalb stellt sie unter "Allgemeines" die Migrationspolitik Liechtensteins in den Grundzügen dar. Sie will damit auch den Vorwurf des Interpellanten, die Kriterien wie Aufenthaltsbewilligungen verteilt werden, seien bisher wenig transparent, entkräften.
Die Regierung informiert immer wieder die Öffentlichkeit über fremdenrechtliche Vorgänge mit Pressemitteilungen und Medieninformationen, die von der Verlosung von Aufenthaltsbewilligungen bis zur durchgeführten Staatskundeprüfung reichen. Dabei kann sie zwar nicht die Einzelentscheidungen, wer eine Aufenthaltsbewilligung erhält, kommunizieren, aber doch die in den einschlägigen Gesetzen und Verordnungen angeführten Kriterien der Bewilligungserteilung anführen.
Die Interpellationsbeantwortung zeigt den Handlungsspielraum der Regierung auf sowie die dabei zu berücksichtigenden Faktoren. Dabei kommen die zahlreichen Ansprüche und Zielkonflikte teilweise zum Vorschein, können jedoch nicht vollständig ausgelotet werden. Dies würde den Rahmen der Beantwortung sprengen. Trotzdem hofft die Regierung, dass die Antworten letztlich zu einer verbesserten Mitsprachekompetenz von interessierten Kreisen beitragen.
Dass mit der Beantwortung der vom Interpellanten gestellten Fragen auch das eine oder andere Missverständnis oder gar falsche Eindrücke beseitigt werden, ist erwünschter Nebeneffekt.
Zuständiges Ressort
Ressort Inneres
Betroffene Amtsstellen
Ausländer- und Passamt
Amt für Auswärtige Angelegenheiten
Amt für Volkswirtschaft
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Vaduz, 19. April 2011
P
Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,
Sehr geehrte Frauen und Herren Abgeordnete
Die Regierung gestattet sich, dem Hohen Landtag nachstehende Interpellationsbeantwortung zu unterbreiten.
1.Anlass
Mit Datum vom 23. Februar 2011 hat der Abgeordnete Pepo Frick, gestützt auf Art. 36 der Geschäftsordnung des Landtages, eine Interpellation betreffend die aktuelle und zukünftige Zulassungs- und Einwanderungspolitik eingereicht. Die Interpellation wurde wie folgt begründet:
"Liechtenstein ist seit Jahren ein Einwanderungsland. Das wirtschaftliche Erfolgsmodell wurde neben weiteren Faktoren durch ausländische Arbeitskräfte möglich, die bei uns Arbeit gesucht und gefunden haben. Als Folge hat sich die Wohnbevölkerung deutlich erhöht.
Die Attraktivität Liechtensteins scheint ungebrochen - nicht zuletzt wegen der positiven Wirtschaftsentwicklung. Wirtschaftsvertreter meldeten sich in den letzten Monaten lautstark mit der Forderung zu Wort, mehr ausländische Arbeitskräfte, speziell Fachkräfte ins Land zu lassen.
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Die Regierung hat darauf reagiert und die Quote für Aufenthaltsbewilligungen um 15 Prozent (13 Bewilligungen) für das Jahr 2011 erhöht. Sie bekräftigt aber, dass der Ausländeranteil in Liechtenstein auch weiterhin nicht über einen Drittel der Gesamtbevölkerung steigern darf. In ihrem Brief vom 17.1.11 an alle Abgeordneten schreibt die Regierung: "Da zwei Drittel der Arbeitsplätze von ausländischen Arbeitskräften besetzt sind, ist Liechtenstein einerseits nach wie vor auf den Zuzug von qualifizierten ausländischen Staatsangehörigen angewiesen, andererseits ist aber auch auf die Befindlichkeit der Gesamtbevölkerung, also auf deren Ängste vor einer Überfremdung Rücksicht zu nehmen."
Das wirft Fragen auf: Wie ermittelt die Regierung die Befindlichkeit und die Überfremdungsängste der Gesamtbevölkerung? Entstehen Überfremdungsängste nur durch Wohnsitznahme von Ausländern in Liechtenstein oder genauso am Arbeitsplatz, wo Liechtensteiner mit einem Anteil von einem Drittel eine Minderheit bilden?
Es wird Zeit, auch öffentlich über Überfremdungsängste zu sprechen und ggf. Massnahmen zu entwickeln, die eine reibungslose Zusammenarbeit von ausländischen und inländischen Arbeitskräften fördern. Ebenso sollte darüber diskutiert werden, wie Liechtensteiner und Zugezogene gut miteinander leben können, gerade unter den Vorzeichen, dass vermehrt ausländische Arbeitskräfte die Aufenthaltsbewilligung bekommen sollten. Die Wichtigkeit einer gelungenen Integration wurde in beiden Ansprachen an der Landtagseröffnung 2011 betont.
Es ist auch an der Zeit, offenzulegen, wie Aufenthaltsbewilligungen verteilt werden: Die Kriterien sind bisher wenig transparent, das führt bei Liechtensteiner Arbeitgebern und ausländischen Arbeitskräften zu vielen Fragen. Sie gewinnen den Eindruck, dass willkürlich über eine Aufenthaltsbewilligung entschieden wird.
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Die Freie Liste möchte mit dieser Interpellation dazu beitragen, dass die Zulassungs- und Einwanderungspolitik, über Entscheidungen der Regierung hinaus, öffentlich diskutiert wird. Abzuwägen sind die ausgewiesenen Bedürfnisse der liechtensteinischen Wirtschaft gegenüber den legitimen Bedürfnissen oder auch Befindlichkeiten der Gesamtbevölkerung."
Der Interpellant stellt die folgenden Fragen an die Regierung:
1. Auf welchen internationalen Verträgen, Gesetzen und Verordnungen fusst unsere aktuelle Zulassungs- und Einwanderungspolitik?
2. Wie hoch war die Anzahl der zugewanderten Personen in den jeweils letzten 10 Jahren (2001-2010), aufgegliedert nach folgenden Gruppen:
- aus der Schweiz
- aus der EU
- aus Drittstaaten
Bei wie vielen Prozent der zugewanderten Personen war die Muttersprache Deutsch?
3. Wie viele Personen sind in den letzten 10 Jahren aufgrund des Familiennachzugs zugezogen? Wie viele Personen aufgrund einer Arbeitsbewilligung?
4. Wie viele Personen sind über das WTO- Abkommen nach Liechtenstein zugewandert?
5. Liechtenstein hat 1982 die europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) ratifiziert, die ein Recht auf Achtung des Familienlebens vorsieht? Stehen die ausländerrechtlichen Bestimmungen für BürgerInnen a) aus der EU, b) aus der CH und c) aus Drittstaaten in Einklang mit Art. 8 der EMRK? Wie und bei
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welchen Ausländerkategorien wird gemäss EMRK das Recht auf ein Familienleben eingeschränkt?
6. Seit 2003 ist die Internationale Konvention zum Schutze der Rechte aller Wanderarbeitnehmer und ihrer Familienangehörigen in Kraft. Aus welchen Gründen ist Liechtenstein dieser Konvention bisher nicht beigetreten? Gegen welche Artikel/Bestimmungen hat Liechtenstein konkret Vorbehalte? Ist eine Ratifizierung durch Liechtenstein vorgesehen?
7. Wie werden die zusätzlichen 15 Prozent an Aufenthaltsbewilligungen, die von der Regierung für dieses Jahr beschlossen wurden, über die Branchen verteilt? Wie über die drei Ausländerkategorien (siehe Frage 2)?
8. Wie verbindlich sind solche Prozentquoten? Wurden die Quoten in den letzten fünf Jahren verbindlich eingehalten, wenn nicht, aus welchen Gründen?
9. Das Ausländergesetz sieht vor, ausschliesslich an Personen, die von volkswirtschaftlichem Interesse sind, eine Aufenthaltsbewilligung zu erteilen:
a) Wer bzw. wie wird beurteilt, ob eine Person für Liechtenstein "volkswirt-schaftlich" interessant ist oder nicht?
b) Die Auswahl und Entscheidung für eine Aufenthaltsbewilligung liegt beim Ausländer- und Passamt (APA) bzw. letztlich bei der Regierung. Nach welchen Vorgaben geschieht die Vorauswahl durch das APA, nach welchen Kriterien entscheidet schliesslich die Regierung?
10. Die Kategorien für die Erteilung der Aufenthaltsbewilligungen sind bisher wenig transparent:
a) Nach welchen Kriterien bzw. nach welcher Prioritätenordnung werden die Aufenthaltsbewilligungen erteilt? Welche Differenzierungen werden
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diesbezüglich in Bezug auf die Ausländerkategorien, in Bezug auf die Branchen und auf die Qualifikation gemacht?
b) Ist für die Regierung der Rechtsschutz für Antragssteller von Aufenthaltsbewilligungen momentan gegeben.
11. Die Regierung erteilt dieses Jahr 15 Prozent (das entspricht einem Zuwachs von 13 Personen) mehr Aufenthaltsbewilligungen als das Jahr zuvor. Liechtenstein müsse im Wettbewerb um die besten Köpfe Schritt halten. Auf der anderen müsse aber auch auf die Befindlichkeit der Gesamtbevölkerung, also deren Ängste vor einer Überfremdung Rücksicht genommen werden. Würde eine höhere Quote die Befindlichkeit in Liechtenstein gefährden und Überfremdungsängste schüren? Wie werden diese Befindlichkeit und Überfremdungsängste ermittelt?
12. Liechtenstein ist in einer Situation wie kaum ein anderes Land: 2/3 der Arbeitsplätze werden durch AusländerInnen besetzt. Ist die reibungslose Zusammenarbeit mit den inländischen Arbeitskräften gewährleistet? Sieht die Regierung hier Handlungsbedarf?
13. Die Universität Liechtenstein bildet Fachkräfte aus aller Welt aus, die nach Abschluss ihrer Ausbildung im Einzelfall im Liechtenstein arbeiten möchten, aber keine Aufenthaltbewilligung erhalten. Die Investition in deren Bildung geht Liechtenstein so verloren. Hat die Regierung dieses Problem erkannt und sieht sie Handlungsbedarf?
14. In den letzten Jahren bestand die Regel, dass der Prozentsatz der ausländischen Wohnbevölkerung an der Gesamtbevölkerung einen Drittel nicht übersteigen darf. Gilt diese Übereinkunft für die Regierung weiterhin? Wenn ja, wie reagiert die Regierung auf die Forderung der Wirtschaft, vermehrt Arbeitskräften die Aufenthaltsgenehmigung zu geben. Denkt die Regierung
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darüber nach, die Voraussetzungen für Einbürgerungen (30-jährige Aufenthaltsfrist, Doppelstaatsbürgerschaft) zu vereinfachen, um die Ein-Drittel-Quote zu halten?
15. Die Wirtschaft fordert vor allem erleichterten Zuzug von Fachkräften. Werden sich durch den Zuzug dieser einkommensstarken Personengruppe die Boden- und Wohnungspreise und die Mietpreise nach oben verändern? Ergreift die Regierung Massnahmen, damit auch einkommensschwächeren Familien eine bezahlbare Wohnsituation in Liechtenstein geboten werden kann?
16. Was ist die Prognose betreffend Wohnbevölkerung in 10 und in 20 Jahren? Was ist die Position der Regierung? Bestimmt der Druck der Wirtschaft dieses für die Zukunft so eminent wichtigen Themas alleine? Wo haben die BürgerInnen innerhalb der gegebenen Leitplanken (EWR-Sonderlösung, staatsvertragliche Regelung mit der Schweiz) ein Mitspracherecht?
17. Denkt die Regierung daran, mit den Themen, welche in dieser Interpellation aufgegriffen werden, den Landtag zu begrüssen, damit die Legislative bzw. die Volksvertretung mitentscheiden kann?
Stichwörter
Auf­ent­halt, Migration
Aus­län­der­po­litik
Ein­reise
Ein­wan­de­rung
Frem­den­recht
Inter­pel­la­ti­ons­be­ant­wor­tung, Zulas­sungs-, Einwanderungspolitik
Migra­tion
Per­so­nen­ver­kehr
Zulas­sungs-, Einwanderungspolitik