Berichte und Anträge
Regierungskanzlei (RK)
BuA - Nummer
2013 / 38
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Ein­lei­tung
I.Bericht der Regierung
1.Aus­gangs­lage
2.Not­wen­dig­keit der Vorlage
3.Schwer­punkte der Vorlage
4.Ver­nehm­las­sung
5.Erläu­te­rungen zu den ein­zelnen Bestimmungen
6.Ver­fas­sungs­mäs­sig­keit / Rechtliches
7.Per­so­nelle, finan­zi­elle, orga­ni­sa­to­ri­sche und räum­liche Auswirkungen
II.Antrag der Regierung
III.Regie­rungs­vor­lage
 
Bericht und Antrag der Regierung an den Landtag des Fürstentums Liechtenstein
betreffend die Schaffung eines Gesetzes über die Reduktion der CO2-Emissionen (CO2-Gesetz)  
 
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Mit der Vorlage kommt die Regierung ihrer völkerrechtlichen Verpflichtung aus Art. 1 Abs. 1 der Vereinbarung zwischen Liechtenstein und der Schweiz betreffend die Umweltabgaben in Liechtenstein nach. Hiernach übernimmt Liechtenstein die Vorschriften der schweizerischen Bundesgesetzgebung über die Umweltabgaben in sein Landesrecht.
Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft beschloss am 23. Dezember 2011 eine Totalrevision des CO2-Gesetzes. Die Revision beinhaltet unter anderem:
* die Anpassung des schweizerischen CO2-Abgaberegimes an die völkerrechtlichen Ziele der 2. Verpflichtungsperiode des Kyoto Protokolls;
* eine umfassende Weiterentwicklung und Ausweitung des Anwendungsbereiches des schweizerischen CO2-Abgabenregimes.
Mit der Vorlage erfährt auch das liechtensteinische CO2-Abgaberegime eine Revision, wobei die Weiterentwicklung und Ausweitung des Abgaberegimes auf die für Liechtenstein relevanten Bereiche beschränkt bleiben. So werden die CO2-Abgabe inklusive des Rückverteilungsmechanismus an die Wirtschaft fortgeführt, wobei nun - analog zur Schweiz - ein Drittel der Erträge aus der Wirtschaft zur Finanzierung umweltpolitischer Massnahmen verwendet wird. Zudem wird die im Juli 2012 vollzogene Aufnahme von Emissionsvorschriften für neuimmatrikulierte Personenwagen beibehalten und eine Kompensationspflicht für Treibstoffe eingeführt. Für Liechtenstein nicht relevante Bereiche der schweizerischen Revision sind unter anderem das Gebäudeprogramm von Bund und Kantonen, der Zugang zum Emissionshandel sowie die Kompensationspflicht bei fossil thermischen Kraftwerken.
Der Verwaltungsvollzug der entsprechenden Rechtsvorschriften erfolgt gemäss den bisherigen Grundsätzen der Vereinbarung grösstenteils durch diejenigen schweizerischen Bundesbehörden, welche auch für den Vollzug der entsprechenden Vorschriften in der Schweiz zuständig sind.
Die Totalrevision des schweizerischen CO2-Gesetzes hatte darüber hinaus die Wahrnehmung neuer Vollzugsaufgaben durch die schweizerischen Bundesbehör-
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den zur Folge. Die neuen Aufgaben haben zum Teil auch Auswirkungen auf die bestehenden völkerrechtlich geregelten Vollzugszuständigkeiten und machen eine Änderung der völkerrechtlichen Vereinbarung zwischen Liechtenstein und der Schweiz erforderlich. Die Änderung der Vereinbarung ist Bestandteil eines separaten Berichts und Antrags. Das CO2-Gesetz muss aus rechtssystematischen Gründen gleichzeitig mit der Änderung der Vereinbarung zwischen Liechtenstein und der Schweiz betreffend die Umweltabgaben in Kraft treten. Die Regierung erachtet es daher als zweckdienlich, dass der Hohe Landtag diese Vorlage abschliessend - d.h. sowohl in erster als auch in zweiter und dritter Lesung - in Behandlung zieht, damit ein gleichzeitiges Inkrafttreten mit der Änderung der Vereinbarung möglich ist.
Zuständiges Ministerium
Ministerium für Infrastruktur und Umwelt sowie Sport
Betroffene Amtsstellen
Amt für Auswärtige Angelegenheiten
Amt für Umwelt
Motorfahrzeugkontrolle
Stabstelle EWR
Stabstelle Finanzen
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Vaduz, 2.Juli 2013
 
Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,
Sehr geehrte Frauen und Herren Abgeordnete
Die Regierung gestattet sich, dem Hohen Landtag nachstehenden Bericht und Antrag betreffend die Schaffung eines Gesetzes über die Reduktion der CO2-Emissionen (CO2-Gesetz) zu unterbreiten.
1.Ausgangslage
Mit Abschluss des völkerrechtlichen Vertrages zwischen dem Fürstentum Liechtenstein und der Schweizerischen Eidgenossenschaft betreffend die Umweltabgaben im Fürstentum Liechtenstein am 29. Januar 2010 (LGBl. 2010 Nr. 12) vereinbarten die Regierungen beider Staaten, die Erhebung von Umweltabgaben in Liechtenstein parallel zur Erhebung in der Schweiz. Die Einzelheiten der Umsetzung des Vertrages, insbesondere hinsichtlich der Übernahme der schweizerischen Bundesgesetzgebung in das liechtensteinische Recht sowie deren Vollzug wurden in einer entsprechenden völkerrechtlichen Vereinbarung zum Vertrag (LGBl. 2010 Nr. 13) geregelt. Aus Souveränitätsgründen sowie aufgrund des administrativen Aufbaus der Umweltabgaben als sogenannte Umweltlenkungsabgaben (inklusive Rückverteilungsmechanismen) stellte die Einbettung der Umweltabgaben unter das Regime des Zollvertrages keine geeignete Lösung dar
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(siehe auch Kapitel 2.5, S. 21 von BuA 92/2009). Vor diesem Hintergrund legte die Regierung im Jahr 2009 dem Hohen Landtag ein Paket von insgesamt fünf Gesetzesvorlagen zur Implementierung von Umweltabgaben nach schweizerischem Vorbild in liechtensteinisches Recht vor. Diese Umweltabgaben wurden als so genannte Lenkungsabgaben konzipiert und führen dazu, dass die Nutzung bestimmter Stoffe vermehrt verursachergerecht belastet wird. Mit dem Paket wurden in Liechtenstein Lenkungsabgaben auf flüchtige organische Verbindungen (VOCG), auf "Heizöl Extraleicht" mit einem Schwefelgehalt von mehr als 0,1 % (HELG), auf Benzin und Dieselöl mit einem Schwefelgehalt von mehr als 0,001 % (BDSG) sowie eine Abgabe zur Sanierung von Altlasten (ASAG) eingeführt. Bestandteil des Pakets war auch das Gesetz über die Reduktion der CO2-Emissionen (CO2-Gesetz), welches analog zur Schweiz eine Abgabe auf die energetische Nutzung fossiler Brennstoffe (insb. Öl und Gas) einführte. Sowohl das schweizerische als auch das liechtensteinische CO2-Gesetz waren auf eine Dauer von fünf Jahren, nämlich von 2008 bis 2012, angelegt. Der Zeitraum korrespondierte mit der ersten Verpflichtungsperiode gemäss dem Kyoto Protokoll zur UN Klimakonvention. Gemäss dem schweizerischen CO2-Gesetz orientierte sich die Höhe der Abgabensätze auf fossile Brennstoffe an den Entwicklungen der Treibhausgasemissionen in der Schweiz. Dies bedeutet, dass sich der CO2-Abgabesatz dann erhöht, wenn die tatsächlichen Treibhausgasemissionen der Schweiz über den gesetzlich festgelegten Reduktionszwischenzielen (welche dem Reduktionspfad der Kyoto Ziele entsprechen) liegen. Aufgrund der Tatsache, dass Liechtenstein und die Schweiz einen Wirtschaftsraum mit gemeinsamen Aussengrenzen bilden und dadurch vergleichbare Wettbewerbsbedingungen sicherzustellen sind,1 vereinbarten beide Staaten dem Grunde nach, dass die Abgabensätze in Liechtenstein denjenigen der Schweiz entsprechen sollen.
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Mit Ablauf des Zeitraumes der Jahre 2008 bis 2012 wurde eine Revision des schweizerischen CO2-Gesetzes erforderlich - zum einen um die Reduktionszwischenziele auf die zweite Verpflichtungsperiode gemäss Kyoto Protokoll von 2013 bis 2020 anzupassen, zum anderen um die Erfahrungen zu nutzen, das CO2-Abgabesystem weiterzuentwickeln und auf neue Bereiche der Wirtschaft auszuweiten. Die Revision des schweizerischen CO2-Gesetzes wurde durch den Beschluss der schweizerischen Bundesversammlung vom 23. Dezember 2011 (SR 641.71) zum Bundesgesetz über die Reduktion der CO2-Emissionen (CO2-Gesetz) sowie durch die Verordnung des Bundesrates vom 30. November 2012 über die Reduktion der CO2-Emissionen abgeschlossen (SR 641.711).
Das revidierte CO2-Gesetz der Schweiz
Das revidierte schweizerische CO2-Gesetz führt die 2008 eingeführte Lenkungsabgabe auf fossile Brennstoffe mit einigen administrativen Anpassungen weiter und erhöht diese in Abhängigkeit von den ebenfalls aktualisierten Zwischenzielen. Darüber hinaus wurden die Regeln zum Emissionshandel angepasst, insbesondere um das schweizerische System nach Abschluss eines bilateralen Abkommens mit der EU an den EU Emissionshandel anzuschliessen. Daneben enthält das Gesetz die Vorgabe, dass ein Drittel des Ertrages aus der CO2-Abgabe für die Finanzierung des Gebäudeprogrammes von Bund und Kantonen verwendet wird. Das Programm sieht die energetische Sanierung von Gebäuden sowie Investitionen in erneuerbare Energien, die Abwärmenutzung und die Optimierung der Gebäudetechnik vor. Weitere Massnahmen kamen auch im Bereich Verkehr hinzu. So wurden im Rahmen einer Abänderung des vormals bestehenden CO2-Gesetzes bereits im Jahre 2012 CO2-Emissionsvorschriften für neu in Verkehr gesetzte Personenwagen eingeführt2 und nun in das revidierte CO2-Gesetz über-
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nommen. Darüber hinaus wurde eine Kompensationspflicht für Treibstoffe eingeführt, welche die Importeure von Benzin und Diesel verpflichtet einen Teil der Treibstoffemissionen durch Investitionen in Klimaschutzprojekte in der Schweiz zu kompensieren. Ein ähnlicher Ansatz gilt für die Emissionen von fossil-thermischen Kraftwerken, welche zu mindestens 50 % an anderer Stelle in der Schweiz wieder reduziert bzw. kompensiert werden müssen.3 Für den Bereich Bildung und Forschung sieht das revidierte schweizerische Gesetz entsprechende Massnahmen in der Kommunikation und bei der Bildung und Beratung vor. Ausserdem wurde ein Technologiefonds geschaffen, der es dem Bund mittels Bürgschaften ermöglicht, solche Innovationen zu fördern, die Treibhausgase oder den Ressourcenverbrauch reduzieren, den Einsatz erneuerbarer Energien begünstigen und die Energieeffizienz erhöhen.
Das revidierte CO2-Gesetz in der Schweiz erfordert folglich auch eine Revision des liechtensteinischen CO2-Gesetzes. Der Vertrag zwischen Liechtenstein und der Schweiz betreffend die Umweltabgaben bezieht sich allerdings ausschliesslich auf die Erhebung der Umweltabgaben. Liechtenstein hat demnach nur diejenigen Bestimmungen in sein Landesrecht zu übernehmen, welche sich auf die konkrete Abgabenerhebung beziehen. Mit Ausnahme der Abgabenrückverteilung an die Wirtschaft ist Liechtenstein im Übrigen nicht zu einer analogen Umsetzung des revidierten schweizerischen CO2-Gesetzes verpflichtet.



 
1siehe Art. 1 Abs. 2 des Vertrages (LGBl. 2010 Nr. 12)
 
2Eine Übernahme der Emissionsvorschriften für Personenwagen in liechtensteinisches Recht erfolgte im gleichen Zeitraum (siehe BuA 32/2012).
 
3Fossil-thermische Kraftwerke sind in der Schweiz bislang noch nicht in Betrieb. Es wird aber aufgrund des beschlossenen Atomausstiegs im Jahre 2012 davon ausgegangen, dass der Bau solcher Kraftwerke unerlässlich ist, um Versorgungsengpässe in Zukunft zu vermeiden.
 
LR-Systematik
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LGBl-Nummern
2013 / 358
Landtagssitzungen
06. September 2013
Stichwörter
CO2-Gesetz, Totalrevision