Berichte und Anträge
Regierungskanzlei (RK)
BuA - Nummer
2019 / 40
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Ein­lei­tung
I.Bericht der Regierung
1.Anlass
2.All­ge­meines
3.Beant­wor­tung der Fragen
II.Antrag der Regierung
 
Interpellationsbeantwortung der Regierung an den Landtag des Fürstentums Liechtenstein
betreffend  Lebensraum Wald
 
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Am 7. August 2018 wurde die Interpellation zum Lebensraum Wald von den Abgeordneten Jürgen Beck, Johannes Hasler, Harry Quaderer, Daniel Seger, Johannes Kaiser und Susanne Eberle-Strub eingereicht. Die Interpellation umfasst verschiedene Fragestellungen zum Lebensraum Wald.
Die Interpellation verweist auf die jahrzehntelange komplexe Wald-Wild-Thematik. Sie hinterfragt, ob viele in den einschlägigen Fachgutachten aus den Jahren 1989 und 2000 vorgeschlagenen Massnahmen zur Problemlösung umgesetzt sowie die in den gesetzlichen Grundlagen vorgesehenen Möglichkeiten von den zuständigen Behörden vollumfänglich ausgeschöpft wurden und damit eine negative Beeinflussung der ungenügenden Waldverjüngung begünstigt wurde. Nicht angezweifelt wird, dass in einer Region wie Liechtenstein mit steilen Hanglagen und ihnen unterliegenden Siedlungsgebieten der Wald als wichtigste Funktion den Schutz der Bevölkerung vor Naturgefahren übernimmt.
Zur Behebung der seit längerem durch Überalterung und mangelnde Verjüngung bestehenden Defizite der Schutzwälder und um die eingeschränkte Schutzfunktion des Waldes durch Verjüngung nachhaltig zu verbessern, hat die Regierung in den letzten Jahren auf verschiedenen Ebenen viel unternommen, um die unbefriedigende Situation im Wald zu adressieren. Sie ruft u.a. folgende umgesetzten Massnahmen in Erinnerung:
* Auflassung Fütterungen,
* Einrichtung von Winterruhezonen für Wildtiere
* Verbesserung Äsungsflächen,
* Anlegen von Schussschneisen
* und intensivierte forstliche Verjüngungseingriffe.
In den unteren Hanglagen begannen die Verjüngungseingriffe der 1980er und 1990er Jahre an für Wildeinfluss weniger exponierten Stellen erste Erfolge zu zeigen. Die Verbesserung der Äsungsgrundlagen und der Unterhalt von Äsungsflächen ist eine Daueraufgabe. Die gänzliche Umsetzung des Fütterungsverbots gestaltete und gestaltet sich jedoch bis heute aufgrund fehlender Überzeugung für
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deren Sinnhaftigkeit als schwierig. Die Verordnung über die Winterruhezonen für Wildtiere trägt lediglich zur Beruhigung der Winterlebensräume bei und die Verbesserung des Äsungsangebots in den Wäldern bzw. die Umgestaltung der Wälder in strukturreiche Bestände wird von den Forstdiensten vorangetrieben, ist aber aufgrund der Walddynamik eine fortwährende Aufgabe. Die Erfahrungen v.a. der letzten 15 Jahre zeigen, dass einerseits die Verfolgung eines integralen Ansatzes für eine nachhaltige Lösung der Wald-Wild-Thematik unausweichlich ist, dass andererseits aber in den meisten Fällen mehr oder weniger ausgeprägte Abhängigkeiten zwischen den Massnahmen bestehen. Der systematischen Regulierung der Schalenwildbestände wird deshalb eine herausragende Priorität zugemessen, da der Erfolg von anderen Massnahmen direkt mit dem Schalenwildbestand zusammenhängt.
In den nachfolgenden Antworten auf die in diesem Zusammenhang gestellten Fragen wird deutlich, dass in der Vergangenheit die gesellschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen die planmässige Umsetzung von vorgeschlagenen und vorgesehenen Massnahmen zur Verbesserung des Waldzustands behinderten. Für die Zukunft heisst das: Die in den Gutachten angemahnten integralen Betrachtungsweisen und die vielfältigen Bemühungen der vergangenen Jahrzehnte gilt es nach wie vor umzusetzen benötigen aber die systemische Mitwirkung aller Beteiligten in aller Konsequenz. Um die Funktion der Liechtenstein umgebenden Schutzwälder langfristig gewährleisten zu können, werden verschiedene, sich ergänzende Massnahmen parallel zueinander und mit unterschiedlichen Wirkungszielen umgesetzt werden müssen. Um eine angestrebte Verjüngung des Waldes zu erreichen, spielt die Regulation und Kontrolle von Schalenwildbeständen eine zentrale und prioritäre Rolle. Wird die Umsetzung eines Massnahmenpakets nicht kompromisslos von der Gesellschaft getragen, kann der Erhalt der Schutzwälder in den nächsten Jahrzehnten, und somit vor allem die Schutzfunktion der Wälder für die Bevölkerung vor Naturkatastrophen wie Hochwasser, Lawinen, Felsstürzen und Rutschungen für die kommenden Generationen nicht mehr gewährleistet werden.
Aus diesem Grund hat die Regierung die Verbesserung der Zustands der Wälder, insbesondere unserer Schutzwälder, durch die Erarbeitung und Umsetzung eines Massnahmenpakets zur Verbesserung der Waldverjüngung ins Regierungspro-
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gramm 2017-2021 aufgenommen und eine Arbeitsgruppe bestehend aus den Interessenvertretern von Jägerschaft, Jagdpächtern, Alp- und Bürgergenossenschaften, Forstverein, den betreffenden Ämtern und zwei Gemeindevorstehern eingesetzt. Diese erarbeitete bis März 2019 gemeinsam mögliche Massnahmen zur Verbesserung der Verjüngungssituation im Wald.
 
Zuständiges Ministerium
Ministerium für Inneres, Bildung und Umwelt
Betroffene Stellen
Amt für Umwelt
Amt für Bau und Infrastruktur
Amt für Bevölkerungsschutz
Amt für Lebensmittelkontrolle und Veterinärwesen
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Vaduz, 9. April 2019
2019-467
Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,
Sehr geehrte Frauen und Herren Abgeordnete
Die Regierung gestattet sich, dem Hohen Landtag nachstehende Interpellationsbeantwortung zu unterbreiten.
1.Anlass
An der Landtagssitzung vom 5. September 2018 wurde die Interpellation vom 7. August 2018 der Abgeordneten Jürgen Beck, Susanne Eberle-Strub, Johannes Hasler, Johannes Kaiser, Harry Quaderer und Daniel F. Seger zu Lebensraum Wald an die Regierung überwiesen. Die Interpellation hat folgenden Wortlaut:
Der Wald bildet für viele Tierarten deren bevorzugten Lebensraum. Für uns Menschen erfüllt er vielerorts eine wichtige Schutz- und Wohlfahrtsfunktion sowie schafft er Möglichkeiten zur attraktiven Freizeitgestaltung. Die vielseitige Beanspruchung des Walds durch unterschiedliche Nutzer führt unweigerlich zu Interessenskonflikten. Um Interessenskonflikte möglichst zu minimieren, die vorrangigen Waldfunktionen und den Lebensraum Wald zu sichern, wurden schon vor Jahrzehnten diverse gesetzliche Grundlagen geschaffen. Fraglich scheint jedoch, inwiefern diese gesetzlichen Grundlagen in der Praxis umgesetzt wurden. Trotz der
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geschaffenen gesetzlichen Grundlagen bleiben einzelne Themen scheinbar ständig aktuell. Hierzu zählt vor allem das Thema Wald-Wild.
Dabei scheint es nicht verwunderlich, dass das Schalenwild auf Grund seiner Grösse einen stärkeren Einfluss, speziell bei der Verjüngung, auf den Wald zu haben scheint als die übrigen Tierarten. Da sich grundlegende Bedürfnisse von Tierarten an den "Lebensraum Wald" mutmasslich häufig überschneiden und beim Schalenwild zuerst Interessenskonflikte offensichtlich wurden, wird nachfolgend vor allem auf das Schalenwild fokussiert. Dies im Hinblick darauf, dass sich positive Entwicklungen zur Konfliktvermeidung auch auf die übrigen kleineren Tierarten positiv auswirken dürften.
Beim genannten Schalenwild ist vor allem das Rotwild mit dem grössten Konfliktpotenzial behaftet. Hierbei ist es aber wichtig zu wissen, dass das Rotwild von Natur aus kein Waldbewohner, sondern ein Bewohner von offenen und halboffenen Landschaften ist. Das Rotwild wurde in unseren Breiten durch den Menschen in den Wald gedrängt, weil es dort die letzten noch halbwegs ruhigen Stellen vorfindet. Diese halbwegs ruhigen Stellen sind meist in den vom Menschen kaum genutzten und sehr unwirtlichen Steillagen. Leider befinden sich genau dort unsere wichtigsten Schutzwälder. Verschärft wird diese Situation ausserdem durch die Tatsache, dass genau dort, kaum Nahrung vorhanden ist und die Tiere sich deshalb am einzigen bedienen, was erreichbar ist - den jungen Bäumen. Das Schadwild hält sich also nicht wirklich freiwillig dort auf, sondern wird vom Menschen dazu gezwungen, sich dort aufzuhalten. Der angerichtete Schaden ist nur noch eine logische Folge.
Für die unterzeichnenden Abgeordneten scheint es fraglich, ob die geschaffenen gesetzlichen Grundlagen in der Praxis umgesetzt und gelebt werden um Interessenkonflikte und hierdurch erzeugte Problemfelder, wie zum Beispiel am Thema Wald-Wild ersichtlich, möglichst zu verhindern.
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1. Raumplanung
a) Inwiefern nimmt die aktuelle Raumplanung Rücksicht auf die Bedürfnisse der wildlebenden Tierarten?
b) Wie wird die Raumplanung in Bezug auf den Lebensraum der Wildtiere zukünftig optimiert bzw. wie wird diesen zukünftig verstärkt Rechnung getragen?
c) Ist bekannt in welchen Räumen und zu welchen Jahreszeiten die verschiedenen Wildtierarten in Liechtenstein leben, welche Verbindungswege sie nutzen/brauchen und wo und wann sie unbedingt Ruhe vor Störung benötigen?
d) Wie und durch wen erfolgt ein Monitoring der Schalenwildbestände (Rotwild, Rehwild, Gamswild) im Land?
e) Welche Entwicklungen konnten hier in den letzten 30 Jahren festgestellt werden?
f) Worauf werden diese Entwicklungen zurückgeführt und wie wurden diese beim Schalenwildmanagement berücksichtigt?
2. Waldverjüngung
a) Welches Ziel bei der Waldverjüngung wird heute gefordert/verlangt?
b) Welches Ziel bei der Waldverjüngung wurde im Unterschied dazu noch vor 30, 20 oder 10 Jahren gefordert/verlangt?
c) Muss eine Verjüngung gemäss dem "forstlichen Lehrbuch" erfolgen damit sie als solche gezählt wird? Bejahendenfalls: Kann eine nicht forstlehrbuchgemässe Verjüngung nicht auch eine Funktion, bspw. Schutzfunktion, Wohlfahrtsfunktion, Nutzfunktion, Lebensraum usw. erfüllen?
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d) Wie steht es aktuell um die Waldverjüngung in Liechtenstein im Vergleich zu den Kantonen St. Gallen, Graubünden und dem Bundesland Vorarlberg?
e) Wie hat sich die Waldverjüngung in Liechtenstein entwickelt bzw. wie war diese vor 10, 20 und 30 Jahren?
3. Gutachten "integrale Schalenwildbewirtschaftung" von 1989
Aufgrund mangelnder Naturverjüngung in unseren Wäldern wurde 1987 das Gutachten "integrale Schalenwildbewirtschaftung" durch die Regierung in Auftrag gegeben und 1989 zur Kenntnis genommen. Gemäss dem Gutachten sind die Zusammenhänge im Lebensraum Wald äusserst komplex und eine mangelnde Naturverjüngung bzw. ein hoher Wildverbiss könnten nicht allein durch vermehrte Bejagung des Schalenwildes verbessert werden. Schon damals kämpfte der Wald mit den gleichen Problemen wie heute. Im Gutachten wurde das Thema von einer Gruppe von renommierten Fachleuten des Forschungsinstitutes für Wildtierkunde und Veterinärmedizin der Universität Wien sehr detailliert untersucht und es wurde ein ganzer Katalog von Massnahmen zusammengestellt. Dabei wurde von den Fachleuten festgehalten, dass alle genannten Massnahmen gleichzeitig und vollumfänglich ergriffen werden müssen um dem Problem erfolgreich zu begegnen. Das Gutachten warnte davor, nur einzelne Massnahmen zu ergreifen, da ansonsten die gewünschte Wirkung nicht erreicht bzw. die Situation noch verschlimmert würde. Die im Gutachten geforderten Massnahmen betrafen die Bereiche Jagd, Forst, Freizeitnutzung des Lebensraumes und die Landwirtschaft. In der Folge wurden diverse Gesetze angepasst oder geschaffen um für die geforderten Massnahmen die nötigen Rechtsgrundlagen zu schaffen - dies somit vor fast 30 Jahren.
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a) Wer war mit der Umsetzung der damals geschaffenen gesetzlichen Grundlagen bis heute betraut?
b) Verfügen/Verfügten die mit der Umsetzung betrauten Stellen über die notwendigen Qualifikationen und personellen Ressourcen um die Zusammenhänge im Lebensraum Wald zu erkennen und gemäss den gesetzlichen Grundlagen in der Praxis umsetzen zu können?
c) Wurden die im Gutachten geforderten Massnahmen wie gefordert vollständig in der Praxis umgesetzt? Falls nein: Welche nicht und warum? Fall ja: Welche und wie?
d) Ist es im Hinblick auf das damalige Gutachten und die anscheinend unvollständige Umsetzung nicht nahvollziehbar, dass die Waldverjüngung nach fast dreissig Jahren immer noch nicht erreicht werden konnte?
e) Welche Folgen für die Naturverjüngung hatte die unvollständige Umsetzung in der Praxis bzw. mit welchen Folgen ist zukünftig noch zu rechnen?
f) Wurden diese Folgen bewusst in Kauf genommen oder konnten die verantwortlichen Personen die Folgen einfach nicht absehen?
4. Gutachten "Wald-Wild-Strategie" 2000
Rund 10 Jahre nach dem ersten Gutachten wurde durch die Regierung ein zweites Gutachten in Auftrag gegeben, da anscheinend die Probleme in Bezug auf Wald-Wild in der Praxis noch nicht gelöst werden konnten. Die Resultate und die zu ergreifenden Massnahmen vom zweiten Gutachten sind äussert ähnlich. Vor allem aber wird auch im zweiten Gutachten noch stärker betont, dass alle Massnahmen gleichzeitig umzusetzen sind, ansonsten "...ist das Gesamtresultat in Frage gestellt...". Als Folge des Gutachtens aus dem Jahr 2000 werden die gesetzlichen Grundlagen erneut angepasst.
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a) Warum war ein zweites Gutachten notwendig und warum wurde nicht zuerst darauf geschaut die im ersten Gutachten geforderten Massnahmen in der Praxis vollständig umzusetzen?
b) Wurden die im zweiten Gutachten geforderten Massnahmen wie gefordert vollständig in gesetzlicher Hinsicht sowie in der Praxis umgesetzt? Fall nein: Welche nicht und warum? Fall ja: Welche und wie?
c) Warum wurden die Warnungen der Gutachter vor einer unvollständigen Umsetzung in der Praxis ignoriert?
d) Warum wurde zum Beispiel die Winterfütterung damals (2004) verboten obwohl keine oder zumindest nicht alle Vorarbeiten/Ersatzmassnahmen gemäss Gutachten zuvor wirksam umgesetzt wurden?
e) Welche Vorarbeiten/Ersatzmassnahmen hätten zuvor umgesetzt werden müssen?
f) Hätte die Toleranz für Schäden von 12 Jahren (laut Gutachten bei perfekter Vorbereitung) nicht erheblich erhöht werden müssen, weil nicht sämtliche Ersatzmassnahmen zuvor umgesetzt wurden?
g) Weshalb werden die Schäden jeglichen Ausmasses nicht toleriert obwohl das laut Gutachten - selbst bei perfekter Vorbereitung - zwingend sei?
h) Wie kann innert nur zwei Jahren nach Ablauf der "Toleranzzeit" eine vorhandene Naturverjüngung erwartet werden?
i) Wurden mögliche Auswirkungen des Fütterungsverbotes auf Wald und Wild damals erörtert/abgeschätzt und in der Folge mit geeigneten Monitoringmassnahmen deren Eintreten überwacht?
j) Welche Folgen hatte das Fütterungsverbot auf die Wildverteilung beim Rotwild?
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k) Welche Folgen hatte das Fütterungsverbot auf die Grösse des Rotwildbestandes?
l) Welche Folgen hatte das Fütterungsverbot auf andere Schalenwildarten wie Rehwild und Gamswild?
m) Welche Folgen hatte das Fütterungsverbot auf den Wald bzw. auf die Naturverjüngung im allgemeinen und im rheintalseitigen Schutzwald im besonderen?
n) Ist es zutreffend und rückblickend betrachtet verwunderlich, dass die damalige Teilumsetzung zu einer markanten Verschlechterung der Verjüngungsproblematik in den rheintalseitigen Schutzwaldlagen führte?
o) Ist es im Hinblick auf das damalige Gutachten und die anscheinend unvollständige Umsetzung nicht nahvollziehbar, dass die Waldverjüngung nach fast dreissig Jahren immer noch nicht erreicht werden konnte?
p) Trifft es zu, dass die in den beiden genannten Gutachten ausgesprochenen Warnungen grossteils eingetroffen sind? Wenn nein, welche nicht?
5. Arbeitsgruppe Wald-Wild 2017
Seit dem letzten Gutachten sind erneut fast 20 Jahre vergangen. Die Problemstellungen beim Thema Wald-Wild scheinen noch immer die gleichen, was unter Kenntnisnahme der zuvor erwähnten Gutachten und der nur teilweise erfolgten Umsetzung in der Praxis nicht verwunderlich erscheinen mag. Schon vor Jahrzehnten wurden die erforderlichen Rechtsgrundlagen durch den Gesetzgeber geschaffen. Ferner scheint das Wissen zur Umsetzung in der Praxis auf Grund der vorhanden qualitativ hochstehenden Gutachten ebenfalls seit Jahrzenten vorhanden.
a) Warum wurde durch die Regierung 2017 eine diesbezügliche Arbeitsgruppe geschaffen? Was sind die genauen Aufgaben dieser Arbeitsgruppe und bis wann ist mit fundierten Resultaten zu rechnen?
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b) Wer ist Mitglied der Arbeitsgruppe und verfügen die Mitglieder - im Vergleich zu den bereits konsultierten Gutachtern - über notwendige und vergleichbare Qualifikationen um noch fundiertes beitragen zu können?
c) Wird von dieser Arbeitsgruppe erwartet, dass sie das Problem besser lösen kann als ausgewiesene Fachleute, welche schon vor Jahrzehnten die nötigen Lösungsansätze in den Gutachten niedergeschrieben haben?
d) Warum wird eine Arbeitsgruppe gebildet und nicht zuerst die erwähnten Gutachten in der Praxis - nach fast 30 Jahren - umgesetzt?
e) Wird durch diese Arbeitsgruppe das Thema wie die Jahrzehnte zuvor erneut prolongiert?
f) Werden neue Rechtsgrundlagen ins Auge gefasst? Bejahendenfalls welche und warum?
g) Wie viele Jahre Waldverjüngung haben wir durch die Versäumnisse der letzten Jahrzehnte verloren?
h) Wann hätten die in Gutachten und Gesetzen genannten Massnahmen greifen können, wenn sie sofort umgesetzt worden wären?
i) Wann können diese Massnahmen greifen, wenn sie jetzt umgesetzt werden?
j) Wann können diese Massnahmen greifen, wenn sie erst nach Abwarten der Wirkungen von Massnahmen aus der Arbeitsgruppe wieder ins Auge gefasst und erst dann umgesetzt werden?
Sollte die Arbeitsgruppe tatsächlich Vorgehensweisen zur Lösung präsentieren die von den fundierten Gutachten abweichen und sollten diese Ansätze anschliessend tatsächlich weiterverfolgt werden, so stellen sich ergänzend folgende Fragen:
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k) Sind die Ansätze vor allem dazu da, Grundbesitzer und Öffentlichkeit für weitere Jahrzehnte zu beruhigen und dann immer noch mit dem gleichen Problem zu kämpfen?
l) Wie lange soll diesen Ansätzen Zeit eingeräumt werden um ihre Wirksamkeit zu beweisen?
m) Welche Folgen wird es für den Wald haben, wenn die Ansätze nicht funktionieren?
n) Wenn die Ansätze nicht funktionieren, sollen in der Folge erneute Gutachten in Auftag gegeben werden oder sollen dann endlich die alten Gutachten umgesetzt werden?
6. Beispiel 1: Bergwald, Triesenberg
Der Bergwald in Triesenberg ist einer der wichtigsten Schutzwälder im Land. Er ist, was die Naturverjüngung betrifft, leider auch einer der schlechtesten. Das Amt für Umwelt und der zuständige Forst führen das ausschliesslich auf die zu hohen Schalenwildbestände zurück. Somit schieben sie die Verantwortung ab. Sie hätten jedoch selbst unzählige weitere Möglichkeiten um den Wilddruck zu reduzieren und damit die Verjüngung zu fördern. Dazu gehören bspw. Störungslenkungsmassnahmen, Umsetzung des Fütterungsverbotes, Umsetzung von Ruhezonen (Betretungsverbote, Wegegebote usw.), Lenkungsfütterungen sowie das gezieltem Einbringen von Störungen durch den Menschen (bspw. Feuerstelle, Mountainbikewege, Wanderwege usw.). Störungsmassnahmen funktionieren allerdings nur, wenn in naher Umgebung an attraktiver Lage eine Alternative geschaffen wird. Solche Gebiete können mit Betretungsverboten für Menschen ausgestattet werden, damit das Gebiet für Tiere - im speziellen das Rotwild - aufgewertet werden kann. Natürlich muss es auch über ausreichend gute und rund um die Uhr zugängliche Nahrung verfügen. Mit fachlicher Beratung können unterschiedliche
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Gebiete aber so ausgestaltet werden, dass sich ein Vergrämungseffekt auf der einen Seite und ein Einstandseffekt auf der anderen Seite einstellt. Im Beispiel Bergwald müsste die Vergrämungseffekt im vorderen Bergwald erreicht werden, die alternative Einstandsfläche könnte im Bereich der Heuberge mit Betretungsverboten und/oder Wegegeboten geschaffen werden.
a) Wurden solche Massnahme bereits getroffen bzw. ins Auge gefasst? Bejahendenfalls: Welche?
b) Sind zukünftig solche Massnahmen angedacht bzw. konkret geplant? Bejahendenfalls: Welche und wann sollen sie umgesetzt werden?
c) Im Bergwald wurde eine Winterruhezone eingerichtet obwohl sich weder im Sommer noch im Winter wirklich viele Personen dort bewegen. Wurde diese Massnahme getroffen weil sie kaum Konfliktpotenzial bot und den Grundbesitzer trotzdem in Sicherheit wägt? Wenn nein: Weshalb wurde diese Massnahme ergriffen?
d) Hat diese Massnahme die gewünschte Wirkung erreicht? Wenn nein, warum nicht und was soll nun geschehen?
e) Die Zone ohne Abschussvorschrift, welche an gleicher Stelle im Sommer gilt, macht zwar Sinn und führt zu einem gewissen Vergrämungseffekt, aber nur dann, wenn ein alternativer Einstand mit ausreichend Ruhe in der Nähe vorhanden ist. Dieser Einstand könnte in den Heubergen geschaffen werden. Wurde die Beruhigung der Heuberge zur Entlastung des Bergwaldes jemals ins Auge gefasst? Bejahendenfalls: Warum wurde dies nicht realisiert? Wenn nein, warum nicht?
f) Bis vor kurzer Zeit wurde ein Teil des Rotwildes durch Lenkungsfütterungen im Saminatal und Valorsch gehalten. Durch solche Lenkungsfütterungen konnten einige Stück Rotwild davon abgehalten werden, über den Winter in die rheintalseitigen Schutzwälder (auch Bergwald) zu kommen. Sie verbrachten den Winter trotz schlechterer Rahmenbedingungen hinter dem Kulm und konnten somit keine
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Schäden im rheintalseitigen Schutzwald anrichten. Weshalb wurden die Lenkungsfütterungen mittlerweile verboten bzw. so lange aufgeschoben, bis der Winter vorbei war?
g) Inwiefern wird verhindert, dass Wild durch Siloballen usw. bei den Bauernhöfen direkt unterhalb vom Bergwald ein Nahrungsangebot vorfindet, dieses nachts und für kurze Zeit nutzt, und sich hierdurch künstlich und fast absichtlich in diesem Gebiet - mit den entsprechenden Schadenfolgen für den Bergwald - aufhält?
7. Beispiel 2: Zugänglichkeit der Rietgebiete/natürliche Wanderungen
Wie schon in der Einleitung erwähnt, ist vor allem das Rotwild kein Waldbewohner, sondern hält sich bevorzugt in offenen oder halboffenen Landschaften auf. Solche Landschaften wären die Rietgebiete in den Tallagen. Diese waren früher für das Wild frei zugänglich. Sie boten durch die ehemals stark gegliederten Strukturen (Abwechslung von Feldern, Wald, Büschen, Wasserflächen, Sümpfen usw.) einen exzellenten natürlichen Lebensraum. Dieser Lebensraum wurde durch die menschliche Nutzung und vor allem durch die Intensivierung der Landwirtschaft stark zerstört. Das Rotwild musste in die Wälder flüchten und sich dort einen neuen Lebensraum suchen. In diesem Lebensraum findet es leider nur noch wenig Strukturen und muss sich bei der Nahrungssuche mit dem begnügen, was vorhanden ist. Obwohl das Rotwild Gras und Kräuter bevorzugen würde, bleibt ihm nur noch der "Biss zum Jungbaum". Der Weg ins Riet, wo es qualitativ hochwertige Nahrung gäbe und wo es das Rotwild instinktiv hinzieht, ist nur noch während der Nacht möglich. Da dies zu vermehrten Unfällen auf den am Talfuss verlaufenden Hauptstrassen geführt hat, wurde entlang dem Talfuss ein Wildzaun erstellt. Dieser Zaun verläuft fast ohne Unterbrechung von der Grenze in Schaanwald bis nach Schaan. Von Schaan bis Balzers bilden dann die verschiedenen Dorfgebiete ein wirksames Hindernis. Der Zugang zu den Talböden ist also kaum mehr möglich. Auch die natürlichen weiten Wanderungen in quer über das
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Rheintal können aus diesem Grund (und wegen den Zäunen entlang der Autobahn) nicht mehr stattfinden. Der Mensch hat also durch sein Wirken die ursprünglich vernetzten Lebensräume voneinander getrennt und das Wild dazu gezwungen in den Wäldern stehen zu bleiben und dort zu Schaden zu gehen. Indem die unterbundenen, natürlichen Verhaltensweisen wieder ermöglicht und die Lebensräume vernetzt werden, kann der rheinteilseitige Schutzwald erheblich entlastet werden. Schon vor Jahrzehnten wurden Pläne für Wildübergänge bspw. zwischen Nendeln und Schaan oder zwischen Triesen und Balzers gemacht. Als es an die Umsetzung ging, war aber plötzlich Schluss mit dem Thema.
Seit ein paar Jahren zeigt sich eine Entwicklung, dass sich Rotwild praktisch ganzjährig im Naturschutzgebiet Schabbrünnen/Äscher und dem angrenzenden Schaaner und Eschner Riet aufhält. Diese Tiere können keinen Schaden an der Naturverjüngung anrichten, weil sie sich nicht mehr im Wald aufhalten. Der Schaden an den landwirtschaftlichen Kulturen hält sich in der Regel in Grenzen und kann monetär beglichen werden, ohne ein Schutzdefizit in Kauf nehmen zu müssen. Das Wild zeigt uns somit sogar, was es braucht. Wir müssen nur hinschauen und ihm die Möglichkeiten geben, sich natürlich zu verhalten. Auch die hier genannten Massnahmen (Zugänglichkeit der Rietflächen und Querungsmöglichkeit des Rheintals) sind in beiden Gutachten (1989 und 2000) aufgeführt und werden als dringend erachtet.
a) Rheintalquerende Wildkorridore müssten mit der Schweiz koordiniert werden. Im St. Galler Rheintal ist vom ASTRA eine Wildbrücke über die Autobahn im Bereich Buchs-Haag geplant. Steht die Regierung diesbezüglich mit den zuständigen Stellen in der Schweiz in Kontakt? Wenn ja, wie ist der Stand? Wenn nein, warum nicht?
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b) Gibt es konkrete Bemühungen, die ursprünglichen Wanderrouten zur Querung des Rheintals für Wildtiere wieder herzustellen? Wenn ja: Welche und in welchem Zeitrahmen sollen sie umgesetzt werden? Wenn nein, warum nicht?
c) Warum wurden Pläne für Wildkorridore/Wildbrücken zwar angefangen aber dann niemals realisiert?
d) Gibt es konkrete Bemühungen, den Zugang zu den Talböden (Rietflächen) zu ermöglichen bzw. die Strukturen für einen dauerhaften Aufenthalt von Rotwild im Riet zu verbessern? Wenn ja, welche und wann sollen sie umgesetzt werden? Wenn nein, warum nicht?
e) Welche Wildbrücken wurden schon mal geplant und wo wurden diese geplant? Weshalb wurden die Pläne damals fallen gelassen?
f) Welche Meinung besteht zur Tatsache, dass sich das Rotwild wieder ganzjährig im Talboden aufhält? Ist dies erwünscht um den Schutzwald zu entlasten oder ist dies unerwünscht?
8. Ergänzende Fragen
a) Verfügen die zuständigen Stellen über das notwendige Fachwissen um die Thematik Wald-Wild anzugehen (Bereiche: Lebensraum Wald - nicht zu verwechseln mit Forst oder Forstwirtschaft, Verhalten und Bedürfnisse des Schalenwildes, Wildbewirtschaftung, Wildmanagement)?
b) In welchem Personenkreis und in welchem Amt wird die Schalenwildbewirtschaftung/-management für Liechtenstein geplant?
c) Findet ein Schalenwildmanagement überhaupt statt (damit ist nicht allein die Festlegung der Abschusszahlen gemeint)?
d) In welcher Form und in welchen Bereichen findet dieses Management statt?
e) Für welche Wildarten findest dieses Management statt?
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f) Werden die Jäger bei diesem Management mit einbezogen?
g) Falls das Amt für Umwelt nicht über das notwendige Fachwissen für die Schalenwildbewirtschaftung/-management verfügt: Von welchen Personen lässt sich das Amt beraten? Was prädestiniert diese Personen als Berater zu diesem Thema?
h) Werden beim Schalenwildmanagement die Bereiche Land- und Alpwirtschaft, Freizeitnutzung und Tourismus oder der Forst miteinbezogen? Bejahendenfalls wie und in welchem Umfang?
i) Welche Interessengruppen sind in das Schalenwildmanagement eingebunden?
j) Welche Tätigkeiten, ausser der Erstellung der Abschusspläne, erbringt das Amt für Umwelt im Bereich des Schalenwildmanagements selbst?
k) Was unternimmt das Amt für Umwelt aktuell sowie in den letzten Jahrzenten konkret ausser der Abschussplanung um der wichtigen Problemstellung Wald-Wild zu begegnen?
l) Wären für ein richtiges und funktionierendes Schalenwildmanagement mehr Ressourcen nötig? Bejahendenfalls: Warum werden/wurden diese nicht beantragt?
m) Wären für die vollständige Umsetzung der geltenden Rechtsgrundlagen im Bereich Wald-Wild mehr Ressourcen nötig? Bejahendenfalls: Warum werden/wurden diese nicht beantragt?
Stichwörter
Anlegen von Schussschneisen
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forst­liche Verjüngungseingriffe
Inter­pel­la­ti­ons­be­ant­wor­tung
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