Berichte und Anträge
Regierungskanzlei (RK)
BuA - Nummer
2016 / 53
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Ein­lei­tung
I.Bericht der Regierung
1.Hin­ter­grund und Ausgangslage
2.Ver­lauf und Resultat der Verhandlungen
3.Anlass der Vorlage
4.Schwer­punkte der Vorlage
5.Ver­nehm­las­sung
6.Ver­fas­sungs­mäs­sig­keit / Rechtliches
7.Per­so­nelle, finan­zi­elle, orga­ni­sa­to­ri­sche und räum­liche Auswirkungen
II.Antrag der Regierung
III.Regie­rungs­vor­lage
Grüner Teil
 
Bericht und Antrag der Regierung an den Landtag des Fürstentums Liechtenstein
betreffend die Beteiligung des Fürstentums Liechtenstein am EWR-Finanzierungsmechanismus 2014-2021 
 
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Der EWR-Finanzierungsmechanismus dient der Verringerung des wirtschaftlichen und sozialen Ungleichgewichts innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR). Von Seiten der EU wird er auch als "Eintrittsgebühr zum Binnenmarkt" gesehen. Die Solidaritätsbeiträge der EWR/EFTA-Staaten im Rahmen des EWR-Finanzierungsmechanismus werden von der EU weiterhin als unabdingbare Voraussetzung für den Marktzugang der EWR/EFTA-Staaten erachtet.
Beim Mechanismus für die Jahre 2014-2021 handelt sich um den fünften Finanzierungsmechanismus seit Inkrafttreten des EWR-Abkommens, mit dem die EWR/EFTA-Staaten Island, Liechtenstein und Norwegen ihre finanziellen Anstrengungen zur Unterstützung der wirtschaftlich schwächeren EU-Mitgliedstaaten fortführen. Die Verpflichtungsperiode soll neu sieben statt fünf Jahre betragen. Dies bietet den EWR/EFTA-Staaten den Vorteil, dass die Beitragshöhe für sieben Jahre - statt nur für fünf Jahre - "eingefroren" wird.
Das Übereinkommen über den EWR-Finanzierungsmechanismus 2014-2021 enthält die Verpflichtung der drei EWR/EFTA-Staaten, der Europäischen Union (EU) zu Handen der Empfängerstaaten während der Periode vom 1. Mai 2014 bis zum 30. April 2021 einen Beitrag in der Höhe von EUR 1'548.1 Mio. zu leisten. Dieser ist in jährlichen Tranchen zu EUR 221.16 Mio. bereitzustellen. Die EFTA-interne Kostenverteilung für den EWR-Finanzierungsmechanismus 2014-2021 wird, wie bereits in der Periode 2009-2014, auf dem Verhältnis der Bruttoinlandsprodukte (BIP) der EWR/EFTA-Staaten zueinander beruhen. Für Liechtenstein bedeutet dies voraussichtlich einen Betrag von EUR 2.34 Mio. pro Jahr, also insgesamt EUR 16.41 Mio. Zum jetzigen Zeitpunkt lässt sich der liechtenstensteinische Gesamtbetrag nicht exakt bestimmen, da dieser von der BIP-Entwicklung in den EWR/EFTA-Staaten abhängt. Es wird deshalb eine Indexierung des Verpflichtungskredits vorgeschlagen.
Das Verhandlungsergebnis entspricht einer Erhöhung des jährlichen Gesamtbeitrags der EWR/EFTA-Staaten im Vergleich zum EWR-Finanzierungsmechanismus 2009-2014 um 11.3 Prozent. Angesichts der sehr hohen anfänglichen Forderungen der EU (Erhöhung des Gesamtbeitrags für eine neue fünfjährige Vergleichs-
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periode um über 80 Prozent) kann das erzielte Resultat dennoch als Erfolg gewertet werden.
Mit dem neuen Finanzierungsmechanismus wird die Wettbewerbsfähigkeit der Empfängerstaaten gestärkt, womit mittelfristig neue Handelspartner und Absatzmärkte für die EWR/EFTA-Staaten erschlossen werden können. Aus politischer Sicht wird ein Beitrag zu einer rascheren Entwicklung in den wirtschaftlich schwächeren Regionen Europas geleistet.
Die praktische Umsetzung des EWR-Finanzierungsmechanismus 2014-2021 und die diesbezüglichen Beitragszahlungen werden im Verlauf des Jahres 2016 beginnen. Die über den Mechanismus bereitgestellten Gelder werden in Programme bzw. Projekte in folgenden Themenbereichen investiert: Innovation, Forschung, Bildung und Wettbewerbsfähigkeit; soziale Inklusion, Jugendbeschäftigung und Armutsminderung; Umwelt, Energie, Klimawandel und kohlenstoffarme Wirtschaft; Kultur, Zivilgesellschaft, gute Regierungsführung sowie Grundrechte und Grundfreiheiten sowie Justiz und Inneres.
Zuständiges Ministerium
Ministerium für Äusseres, Bildung und Kultur
Betroffene Amtsstellen
Amt für Auswärtige Angelegenheiten
Liechtensteinische Mission in Brüssel
Stabsstelle EWR
Stabsstelle Finanzen
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Vaduz, 27. April 2016
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Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,
Sehr geehrte Frauen und Herren Abgeordnete
Die Regierung gestattet sich, dem Hohen Landtag nachstehenden Bericht und Antrag betreffend die Beteiligung des Fürstentums Liechtenstein am EWR-Finanzierungsmechanismus 2014-2021 zu unterbreiten.
1.Hintergrund und Ausgangslage
Gemäss Artikel 1 des EWR-Abkommens ist dessen Ziel, "(...) eine beständige und ausgewogene Stärkung der Handels- und Wirtschaftsbeziehungen zwischen den Vertragsparteien unter gleichen Wettbewerbsbedingungen und die Einhaltung gleicher Regeln zu fördern, um einen homogenen Europäischen Wirtschaftsraum zu schaffen." Diese Homogenität des EWR, die eine Anpassung der nationalen Regeln der drei EWR/EFTA-Staaten an die Regeln des EU-Binnenmarktes beinhaltet und diesen somit faktisch auf die Märkte der drei EWR/EFTA-Staaten ausdehnt, verlangt, dass sämtliche neuen Mitglieder der EU und damit des EU-Binnenmarktes auch am EWR teilnehmen.
Vor diesem Hintergrund dient der EWR-Finanzierungsmechanismus der Verringerung des wirtschaftlichen und sozialen Ungleichgewichts innerhalb des EWR und
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wird von Seiten der EU auch als "Eintrittsgebühr zum Binnenmarkt" gesehen. Die Solidaritätsbeiträge der EWR/EFTA-Staaten im Rahmen des EWR-Finanzierungsmechanismus werden von der EU seit jeher als unabdingbare Voraussetzung für den Marktzugang im EWR erachtet. Bei den Verhandlungen der EWR/EFTA-Staaten mit der EU geht es in erster Linie um die Höhe der durch den EWR-Finanzierungsmechanismus bereitgestellten Mittel. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass auch bei einer nur teilweisen Teilnahme am Binnenmarkt (z.B. über bilaterale Verträge) ein Solidaritätsbeitrag erforderlich wäre.
Beim derzeit laufenden Finanzierungsmechanismus (2009-2014) handelt es sich bereits um den vierten konsekutiven Finanzierungsmechanismus seit Inkrafttreten des EWR-Abkommens, mit welchem die EWR/EFTA-Staaten Island, Liechtenstein und Norwegen ihre finanziellen Anstrengungen zur Unterstützung der wirtschaftlich schwächeren EU-Mitgliedstaaten fortführen.1 Damit sollen die Wettbewerbsfähigkeit dieser Staaten erhöht und mittelfristig für die EWR-Staaten neue Handelspartner und Absatzmärkte erschlossen werden.
In Anlehnung an den EU-internen Kohäsionsfonds werden für 16 begünstige EU-Staaten2 finanzielle Mittel für Programme bzw. Projekte in definierten Bereichen bereitgestellt. Empfängerstaaten müssen ein Bruttonationaleinkommen (BNE) pro Kopf von unter 90 Prozent des EU-Durchschnitts haben. Diese finanziellen Mittel betragen im Rahmen des Finanzierungsmechanismus 2009-2014 insgesamt EUR 993.5 Mio., wobei der Beitrag Liechtensteins etwas über einem Pro-
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zent3 der Gesamtsumme bzw. EUR 10.06 Mio. (EUR 10'062'000). entspricht (vgl. Bericht und Antrag Nr. 90/2010 und Nr. 6/2014). Der Gesamtbetrag von EUR 993.5 Mio. für den Mechanismus 2009-2014 entsprach im Vergleich zum Vorgängermechanismus 2004-2009 einer Erhöhung um 47 bzw. 31 Prozent4.
Die EFTA-interne Kostenverteilung für den EWR-Finanzierungsmechanismus 2009-2014 beruht auf dem Verhältnis der Bruttoinlandsprodukte (BIP) der EWR/EFTA-Staaten zueinander. Diese Verhältnisse werden jährlich anhand der aktuellen BIP-Zahlen neu berechnet, so dass zu Beginn einer Programmperiode des EWR-Finanzierungsmechanismus keine exakten Anteile der einzelnen EWR/EFTA-Staaten festgelegt werden können.
Artikel 9 von Protokoll 38B zum EWRA betreffend den EWR-Finanzierungsmechanismus 2009-2014 sieht vor, dass die Vertragsparteien nach Ende des Fünfjahreszeitraums prüfen, ob weiterhin die Notwendigkeit besteht, den wirtschaftlichen und sozialen Ungleichheiten im EWR entgegenzuwirken. Diese Überprüfung wurde im Hinblick auf die Periode nach 2014 im Dezember 2013 abgeschlossen. Konkret wurde in Schlussfolgerungen des Gemeinsamen EWR-Ausschusses festgehalten, dass die genannte Notwendigkeit weiterhin besteht. Hintergrund hierfür bildeten die wirtschaftliche Lage und die relevanten Entwicklungen in der EU und in den EWR/EFTA-Staaten in den Jahren zuvor, wel-
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che es als notwendig erschienen liessen, den wirtschaftlichen und sozialen Ungleichheiten im EWR über das Jahr 2014 hinaus weiterhin entgegenzuwirken.



 
1Für Details zu den früheren Mechanismen im Zeitraum 1994 bis 2014 sei auf den Bericht und Antrag Nr. 90/2010 zum EWR-Finanzierungsmechanismus 2009-2014 verwiesen.
 
2Bulgarien, Kroatien, Zypern, Tschechische Republik, Estland, Griechenland, Ungarn, Lettland, Litauen, Malta, Polen, Portugal, Rumänien, Slowakei und Slowenien; bis Ende 2013 noch einschliesslich Spaniens und seit 2014 inklusive Kroatiens.
 
3Da die Umsetzung des EWR-Finanzierungsmechanismus 2009-2014 und die diesbezüglichen (BIP-abhängigen) Beitragszahlungen der einzelnen EWR/EFTA-Staaten noch nicht abgeschlossen sind, lässt sich derzeit noch keine abschliessende Aussage betreffend den exakten liechtensteinischen Anteil an diesem Mechanismus treffen.
 
4Der Gesamtbetrag des EWR-Finanzierungsmechanismus 2004-2009, einschliesslich der Beiträge an Bulgarien und Rumänien im Zeitraum Januar 2007 bis April 2009 (in Folge der EWR-Erweiterung um diese beiden Staaten im Jahr 2007), belief sich auf EUR 672 Mio. Wenn man die Beiträge an Bulgarien und Rumänien auf die ganze Periode 2004-2009 hochrechnet, führt das zu einem Gesamtbetrag für den Mechanismus 2004-2009 von EUR 754.3 Mio. Im Vergleich zu diesem Betrag entspricht der Gesamtbetrag für den Mechanismus 2009-2014 von EUR 993.5 Mio. einer Erhöhung um 31 Prozent. Im Vergleich zu den erwähnten EUR 672 Mio. handelte es sich um eine Erhöhung um 47 Prozent.
 
LR-Systematik
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LGBl-Nummern
2016 / 266
Landtagssitzungen
08. Juni 2016
Stichwörter
EWR-Finanzierungsmechanismus 2014-2021
Ungleich­ge­wicht, soziales und wirt­schat­li­ches, im EWR