Berichte und Anträge
Regierungskanzlei (RK)
BuA - Nummer
2013 / 65
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Ein­lei­tung
I.Bericht der Regierung
1.Aus­gangs­lage
2.Anlass / Not­wen­dig­keit der Vor­lage / Begrün­dung der Vorlage
3.Ver­hand­lungs­ver­lauf
4.Schwer­punkte der Vorlage
5.Ver­nehm­las­sung
6.Erläu­te­rungen zu den ein­zelnen Bes­tim­mungen unter Berück­sich­ti­gung der Vernehmlassung
7.Ver­fas­sungs­mäs­sig­keit / Rechtliches
8.Per­so­nelle, finan­zi­elle, orga­ni­sa­to­ri­sche und räum­liche Auswirkungen
II.Antrag der Regierung
III.Regie­rungs­vor­lage
Grüner Teil
 
Bericht und Antrag der Regierung an den Landtag des Fürstentums Liechtenstein
betreffend das Abkommen vom 7. Juni 2013 über operative und strategische Kooperation zwischen dem Fürstentum Liechtenstein und dem Europäischen Polizeiamt (EUROPOL)  
 
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Zunehmende Mobilität der Personen und die Globalisierung der Märkte haben zu einer Internationalisierung der Kriminalität geführt. Gefährdungen durch Terrorismus und organisierte Kriminalität haben in den letzten zwei Jahrzehnten zugenommen. Umso wichtiger wird auch die internationale Zusammenarbeit der Polizeibehörden.
Die Europäische Union (EU) hat daher in den 1990er-Jahren das Europäische Polizeiamt (Europol) errichtet, um den angesprochenen Kriminalitätsformen wirksam und effizient begegnen zu können. Ziel von Europol ist die Verbesserung der polizeilichen Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten der EU zur Verhütung und Bekämpfung schwerwiegender Formen der internationalen Kriminalität.
Liechtenstein stützte die internationale polizeiliche Zusammenarbeit während vieler Jahrzehnte vor allem auf die einfache Amtshilfebestimmung im Gesetz über die allgemeine Landesverwaltungspflege und den Rechtsrahmen der Internationalen Kriminalpolizeilichen Organisation INTERPOL, deren Mitglied Liechtenstein seit 1960 ist. Mitte der 1990er-Jahre wurde die Notwendigkeit zum Ausbau der Werkzeuge zur internationalen Kriminalitätsbekämpfung erkannt. In der Folge wurde mit den beiden unmittelbaren Nachbarstaaten Schweiz und Österreich ein trilateraler Polizeikooperationsvertrag ausgehandelt, der am 1. Juli 2001 in Kraft trat. Diese regionale Zusammenarbeit hat sich in der Praxis sehr bewährt. Weiters wurde 2007 das Polizeigesetz mit zeitgemässen Bestimmungen über die internationale polizeiliche Amtshilfe ergänzt, damit im Einzelfall auch mit anderen ausländischen Sicherheitsbehörden und -organisationen effizient und wirksam zusammengearbeitet werden kann.
Mit der am 19. Dezember 2011 vollständig in Kraft gesetzten Assoziierung zum Schengen-Besitzstand erfolgte eine Ausweitung der internationalen polizeilichen Zusammenarbeit auf europäischer Ebene, insbesondere durch die Teilnahme an einem gemeinsamen Fahndungsraum, der Standardisierung des Informationsaustausches sowie der Möglichkeit zur Durchführung grenzüberschreitender Observationen. Vor diesem Hintergrund stellt die Zusammenarbeit mit Europol eine ideale Ergänzung dar. Liechtenstein erhält dadurch Zugang zu umfangreichen
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Analyseergebnissen bestimmter Kriminalitätsfelder, da Aufgrund der Kleinheit Liechtensteins eine Straftat oft nicht als Teil eines europäischen Kriminalitätsphänomens erkannt werden kann. Aber vor allem eröffnet dies für Liechtenstein den Zugang zum dichten Netz der Verbindungsbeamten aus EU- und vertraglich vernetzten Drittstaaten. Oft können wichtige und dringende Informationen über die standardisierten Kanälen nicht immer zeitnah und umfassend beschafft werden. Hier können Verbindungsbeamte in den Entsendestaaten wertvolle Unterstützung leisten.
Das Abkommen grenzt die Zusammenarbeit auf die Bekämpfung und Verhütung der internationalen Schwerstkriminalität und des Terrorismus ein. Es beinhaltet insbesondere Regelungen zum gegenseitigen Informationsaustausch und zur Bearbeitung von Personendaten. Des Weiteren werden die Aufgaben und der Status der Verbindungsbeamten normiert, wobei für Liechtenstein von Bedeutung ist, dass eine permanente Stationierung in Den Haag nicht zwingend erforderlich ist. Ergänzend zum Abkommen ist auch eine Vereinbarung über die Geheimhaltung und die Informationssicherheit von sogenannten Verschlusssachen abzuschliessen, da das 2010 abgeschlossene Abkommen zwischen Liechtenstein der Europäischen Union für Europol nicht anwendbar ist.
Zuständiges Ministerium
Ministerium für Äusseres, Bildung und Kultur
Ministerium für Inneres, Justiz und Wirtschaft
Betroffene Amtsstellen
Amt für Auswärtige Angelegenheiten, Landespolizei, Ausländer- und Passamt, Stabsstelle Financial Intelligence Unit, Datenschutzstelle
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Vaduz, 3. September 2013
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Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,
Sehr geehrte Frauen und Herren Abgeordnete
Die Regierung gestattet sich, dem Hohen Landtag nachstehenden Bericht und Antrag betreffend das Abkommen über operative und strategische Kooperation zwischen dem Fürstentum Liechtenstein und dem Europäischen Polizeiamt zu unterbreiten.
1.1Bisheriger Rahmen der internationalen polizeilichen Zusammenarbeit
Während vieler Jahrzehnte beruhte die internationale polizeiliche Zusammenarbeit sowie der internationale polizeiliche Informationsaustausch für Liechtenstein im Wesentlichen auf einfachen Amtshilfebestimmungen im Polizeigesetz (PolG)1 und im Gesetz über die allgemeine Landesverwaltungspflege2 sowie im Besonderen auf den Strukturen, die die Internationale Kriminalpolizeiliche Organisation INTERPOL bietet, der Liechtenstein im Jahr 1960 beigetreten ist. Aufgrund der zunehmenden Mobilität von Personen in Europa und weltweit einer-
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seits und der Globalisierung der Märkte und damit auch krimineller Methoden und Organisationen andererseits sind im Laufe der letzten zwei Jahrzehnte die Anforderungen hinsichtlich des internationalen polizeilichen Informationsaustausches und weiterer Formen grenzüberschreitender polizeilicher Zusammenarbeit deutlich gestiegen. Diesen Umständen musste in den Bereichen der polizeilichen Organisation, der Ausbildung sowie insbesondere auch hinsichtlich der Rechtsgrundlagen in Liechtenstein Rechnung getragen werden.
Am 1. Juli 2001 ist der 1999 abgeschlossene trilaterale Vertrag zwischen dem Fürstentum Liechtenstein, der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Republik Österreich über die grenzüberschreitende Zusammenarbeit der Sicherheits- und Zollbehörden in Kraft getreten (nachfolgend: trilateraler Polizeikooperationsvertrag)3. In der Zeit seither hat sich dieser Vertrag vor allem in der regionalen Zusammenarbeit äusserst gut bewährt. In den vergangenen zehn Jahren ist die grenzüberschreitende Zusammenarbeit mit der Schweiz bilateral weiter ausgebaut worden, insbesondere was die Zusammenarbeit im Rahmen der schweizerischen Informationssysteme4, der Zusammenarbeit im Bereich des Sicherheitsfunknetzes Polycom5, die Regelung der grenzpolizeilichen Zusammenarbeit mit dem Schweizerischen Grenzwachtkorps auf liechtensteinischem Ho-
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heitsgebiet6 sowie die Einrichtung eines gemeinsamen grenzpolizeilichen Verbindungsbüros betrifft.7
Bereits 20078 mussten die nationalen Bestimmungen über die internationale polizeiliche Amtshilfe den modernen Anforderungen deutlich angepasst werden sowie erneut 20109 im Zusammenhang mit der Schengenassoziierung, sodass diese Bestimmungen heute in einem eigenen Kapitel (V. Art. 35 bis 35q) des Polizeigesetzes abgebildet werden.
Die Assoziierung an den Schengen-Besitzstand10, welcher am 19. Dezember 2011 vollständig in Kraft gesetzt wurde, hat die polizeiliche Zusammenarbeit mit sämtlichen Schengen-Staaten auf eine völlig neue Grundlage gestellt, insbesondere durch den Anschluss an einen europaweiten Fahndungsraum über das sog. Schengener Informationssystem (SIS), in welchem Personen und Sachen europaweit zur Fahndung ausgeschrieben werden und durch sämtliche Polizeistellen in Europa abgeglichen werden können. Zudem wurden durch den übernommenen Schengen-Besitzstand viele Instrumente grenzüberschreitender Polizeiope-
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rationen, die bis dahin nur in dem Polizeikooperationsvertrag mit den unmittelbaren Nachbarländern geregelt waren, nun auch im Verhältnis der übrigen Schengenstaaten geregelt.
Doch auch in der regionalen Zusammenarbeit mit Liechtensteins unmittelbaren Nachbarstaaten sind die Anforderungen an eine effiziente und wirksame polizeiliche Zusammenarbeit weiter gestiegen. Nachdem eine Überprüfung des trilateralen Polizeikooperationsvertrages aus dem Jahr 1999 durch Experten der drei Länder die Notwendigkeit eines deutlichen Ausbaus des bestehenden Vertrages aufgezeigt hat, haben die von den Regierungen beschlossenen Verhandlungen zu einer Totalrevision dieses Vertrages geführt, welche am 4. Juni 2012 in Vaduz unterzeichnet wurde. Dieser Vertrag wird derzeit in allen drei Staaten zur Ratifizierung durch die Parlamente vorbereitet.



 
1LR 143.0
 
2LR 172.020
 
3LR 0.141.310.11
 
4Vertrag zwischen dem Fürstentum Liechtenstein und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Zusammenarbeit im Rahmen der schweizerischen Informationssysteme für Fingerabdrücke und DNA-Profile (LR 0.369.101.2).
 
5Vereinbarung vom 18. Oktober 2003 über die Teilnahme des Fürstentums Liechtenstein am Sicherheitsnetz Funk "POLYCOM" (n. publ.).
 
6Rahmenvertrag vom 3. Dez. 2008 zwischen dem Fürstentum Liechtenstein und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Zusammenarbeit im Bereich des Visumsverfahrens, der Einreise und des Aufenthalts sowie über die polizeiliche Zusammenarbeit im Grenzraum (LR 0.369.101.3) sowie die Vereinbarung vom 3. Dez. 2008 zwischen der Regierung des Fürstentums Liechtenstein und dem Schweizerischen Bundesrat über die polizeiliche Zusammenarbeit im Grenzraum (LR 0.369.101.33).
 
7Vereinbarung vom 21. April 2008 zwischen der Regierung des Fürstentums Liechtenstein, dem Schweizerischen Bundesrat und der Österreichischen Bundesregierung über die Zusammenarbeit im gemeinsamen grenzpolizeilichen Verbindungsbüro in Mauren an der Grenzübergangsstelle Schaanwald - Feldkirch-Tisis (LR 0.141.310.111).
 
8LGBl. 2007 Nr. 191
 
9LGBl. 2010 Nr. 394, in Kraft getreten durch LGBl. 2011 Nr. 565
 
10Protokoll vom 28. Februar 2008 zwischen dem Fürstentum Liechtenstein, der Europäischen Union, der Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft und über den Beitritt des Fürstentums Liechtenstein zu dem Abkommen zwischen der Europäischen Union, der Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Assoziierung der Schweizerischen Eidgenossenschaft bei der Umsetzung, Anwendung und Entwicklung des Schengen-Besitzstands (LR 0.362.31); Protokoll vom 28. Februar 2008 zwischen dem Fürstentum Liechtenstein, der Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über den Beitritt des Fürstentums Liechtenstein zu dem Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Zuständigen Staates für die Prüfung eines in einem Mitgliedsstaat oder in der Schweiz gestellten Asylantrags (LR 0.152.391.001).
 
LR-Systematik
0..3
1
14
143
LGBl-Nummern
2013 / 407
2013 / 405
Landtagssitzungen
03. Oktober 2013
Stichwörter
Abkommen über ope­ra­tive und stra­te­gi­sche Koope­ra­tion zwi­schen EUROPOL und FL
EUROPOL, Koope­ra­ti­ons­ab­kommen mit FL
Koope­ra­ti­ons­ab­kommen EUROPOL mit FL