Postulatsbeantwortung der Regierung an den Landtag des Fürstentums Liechtenstein
betreffend die Überprüfung des Finanzzuweisungssystems an die Gemeinden und der Aufgaben- und Finanzierungs-Zuständigkeiten zwischen Land und Gemeinden
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Der Landtag hat in seiner Sitzung vom 27. März 2018 das Postulat zur Überprüfung des Finanzzuweisungssystems an die Gemeinden und der Aufgaben- und Finanzierungszuständigkeiten zwischen Land und Gemeinden an die Regierung überwiesen. Die Regierung wurde einerseits eingeladen zu prüfen, mit welchen Massnahmen die Steuerkraftunterschiede zwischen den Gemeinden sowie die Finanzzuweisungen vom Staat an die Gemeinden reduziert werden könnten. Andererseits solle dargelegt werden, in welchen Bereichen eine weitere Aufgabenentflechtung zwischen Staat und Gemeinden aus Sicht der Regierung sinnvoll wäre.
Mit der vorliegenden Postulatsbeantwortung kommt die Regierung diesem Anliegen nach. Der erste Teil widmet sich dem Finanzzuweisungssystem an die Gemeinden. Nach dem Aufzeigen der bestehenden Steuerkraftunterschiede zwischen den Gemeinden wird anhand von sieben konkreten Massnahmen aufgezeigt, wie die Steuerkraftunterschiede reduziert werden könnten. Aufgrund der bedeutenden Steuerkraftunterschiede bei den Gemeindeanteilen an der Vermögens- und Erwerbssteuer sowie der Ertragssteuer kommt die Regierung zum Schluss, dass Massnahmen, welche nur auf eine Steuerart abstellen, nicht zielführend sind. Als geeignetste Massnahme zur Reduktion der Steuerkraftunterschiede erachtet die Regierung die Einführung einer anteilsmässigen Kürzung der Steuerkraft einer Gemeinde, wenn diese den Mindestfinanzbedarf übersteigt.
In einem zweiten Teil werden Ausführungen zu den Aufgabenbereichen gemacht, welche heute noch von beiden Staatsebenen erbracht oder finanziert werden. Dabei handelt es sich vor allem um Aufgaben in den Bereichen der Sozialen Wohlfahrt und der Bildung. Betreffend einer weiteren Aufgabenentflechtung gilt es abzuwägen, ob eine gemeinsame Aufgabenerbringung weiterhin gerechtfertigt ist oder eine klare Zuordnung zu einer Staatsebene zu einem Mehrwert führen würde. Auf der Grundlage der zu erwartenden demografischen Entwicklung und der Solidarität sieht die Regierung im Bereich der Sozialen Wohlfahrt gute Gründe um an einer gemeinsamen Aufgabenerbringung festzuhalten. Auch im Bereich der Bildung hat sich die Zusammenarbeit zwischen Land und Gemeinden sehr bewährt. Da die Gemeinden u.a. die Infrastruktur für die Gemeindeschulen zur
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Verfügung stellen, macht eine vollständige Entflechtung in diesem Bereich keinen Sinn.
Zuständiges Ministerium
Ministerium für Präsidiales und Finanzen
Betroffene Stelle
Stabsstelle Finanzen
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Vaduz, 2. Oktober 2018
P
Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,
Sehr geehrte Frauen und Herren Abgeordnete
Die Regierung gestattet sich, dem Hohen Landtag nachstehende Postulatsbeantwortung an den Landtag zu unterbreiten.
Gestützt auf Artikel 44 der Geschäftsordnung des Landtages vom 19. Dezember 2012, LGBI. 2013 Nr. 9, reichten die Abgeordneten Susanne Eberle-Strub, Elfried Hasler, Johannes Hasler, Wendelin Lampert, Eugen Nägele, Daniel Oehry und Daniel F. Seger am 19. Februar 2018 das folgende Postulat ein:
Die Regierung wird eingeladen zu prüfen,
welche Massnahmen innerhalb des bestehenden Finanzzuweisungssystems ergriffen werden könnten, um die Steuerkraftunterschiede zwischen den Gemeinden sowie die Finanzzuweisungen vom Staat an die Gemeinden weiter zu reduzieren. Anhand verschiedener Varianten soll aufgezeigt werden, wie sich diese rückwirkend im Vergleich zu den Finanzzuweisungen der letzten Rechnungsjahre auf die einzelnen Gemeinden sowie den Staat ausgewirkt hätten.
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in welchen Bereichen eine weitere Entflechtung der Aufgaben- und Finanzierungszuständigkeiten zwischen Staat und Gemeinden aus Sicht der Regierung sinnvoll wäre. Dabei soll dargelegt werden, welche Vor- und Nachteile sich aus der Zuordnung zu einer Staatsebene ergeben und welche finanziellen Auswirkungen sich auf der Grundlage der letzten Rechnungsjahre für diese Bereiche ergeben hätten.
Begründung
Mit ihrer Studie "Finanzausgleich - Argumente für eine Neuausrichtung" hat sich die Stiftung Zukunft.Ii vertieft mit dem bestehenden System des Finanzausgleichs auseinandergesetzt und aufgrund der gewonnenen Erkenntnisse ein neues Modell vorgeschlagen. ln der lnterpellationsbeantwortung betreffend Finanzausgleich und Aufgabenentflechtung zwischen Land und Gemeinden (B&A Nr. 61/2017) kommt die Regierung u.a. zum Schluss, dass "eine komplette Neuausrichtung des Finanzausgleichssystems mit erheblichem Aufwand und Planungsunsicherheit für die Gemeinden verbunden wäre" und, dass nach Ansicht der Regierung "vorerst Massnahmen zur Reduktion der Steuerkraftunterschiede im Rahmen des bestehenden Systems geprüft werden sollen". Mit dem vorliegenden Postulat wird die Regierung daher dazu eingeladen, diese Prüfung vorzunehmen und dem Landtag konkrete und quantifizierte Anpassungsvorschläge im Rahmen des bestehenden Finanzausgleichssystems aufzuzeigen, die zu einem angemesseneren Ausgleich der Steuerkraft unter den Gemeinden führen. Die letzten Jahre haben nach Ansicht der Postulanten zudem gezeigt, dass die Steueraufteilung zwischen Staat und Gemeinden ebenfalls einer Überprüfung bedarf. Während sich der Staat infolge der Wirtschafts- und Finanzkrise, der Neuausrichtung des Finanzplatzes und der stetig steigenden Aufgaben in einer schwierigen finanziellen Lage befand, konnten bei den Gemeinden in der gleichen Periode hohe Überschüsse verbucht werden. Im Rahmen der Massnahmenpakete zur Sanierung 8
des Staatshaushaltes wurden daher bereits Massnahmen ergriffen, die eine gewisse Umlenkung von Steuererträgen von den Gemeinden hin zum Staat brachten. Dennoch macht es den Anschein, dass die Steueraufteilung zwischen Staat und Gemeinden noch immer in unangemessener Höhe zu Lasten des Staates ist und daher noch einmal überprüft werden sollte. Die Regierung wird daher in der Postulatsbeantwortung eingeladen, das Finanzzuweisungssystem zu überprüfen und Varianten aufzuzeigen, die die Steuerkraftunterschiede zwischen den Gemeinden reduzieren und zu einem höheren Steueranteil für das Land führen würden. Um den Nutzen und die Konsequenzen einer weiteren Entflechtung der Aufgaben- und Finanzierungszuständigkeiten zwischen Staat und Gemeinden besser einschätzen zu können, soll die Regierung im Rahmen der Postulatsbeantwortung dem Landtag weiters darlegen, in welchen Bereichen eine weitere Entflechtung der Aufgaben- und Finanzierungszuständigkeiten zwischen Staat und Gemeinden vorgeschlagen werden könnte und welche Vor- und Nachteile und welche finanziellen Auswirkungen sich aus der Zuordnung zu einer Staatsebene ergeben würden.