Berichte und Anträge
Regierungskanzlei (RK)
BuA - Nummer
2019 / 82
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Ein­lei­tung
I.Bericht der Regierung
1.Aus­gangs­lage
2.Begrün­dung der Vorlage
3.Schwer­punkte der Vorlage
4.Ver­nehm­las­sung
5.Erläu­te­rungen zu den ein­zelnen Bes­tim­mungen des Ausländergesetzes
6.Ver­fas­sungs­mäs­sig­keit / Rechtliches
7.Aus­wir­kungen auf Ver­wal­tungstä­tig­keit und Ressourceneinsatz
II.Antrag der Regierung
III.Regie­rungs­vor­lage
Grüner Teil
 
Bericht und Antrag der Regierung an den Landtag des Fürstentums Liechtenstein
betreffend die Genehmigung und Umsetzung des Notenaustausches zwischen dem Fürstentum Liechtenstein und der EU betreffend die Übernahme der Rechtsgrundlagen zur Einrichtung eines europäischen Reiseinformations- und -genehmigungssystems (ETIAS) (Verordnung (EU) 2018/1240) sowie die Abänderung des Gesetzes über die ausländEr (Ausländergesetz; AuG)
(Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstandes)
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Das Fürstentum Liechtenstein ist mit Inkraftsetzen der Assoziierungsprotokolle zu Schengen und Dublin am 19. Dezember 2011 dem Schengen-Raum beigetreten. Damit hat sich Liechtenstein auch zur Übernahme künftiger Weiterentwicklungen des Schengen-Besitzstands gemäss dem im Assoziierungsprotokoll festgelegten Verfahren verpflichtet. Der vorliegende Bericht und Antrag betrifft die Übernahme und Umsetzung einer solchen Weiterentwicklung, insbesondere der Verordnung (EU) 2018/1240 vom 12. September 2018 über die Einrichtung eines Europäischen Reiseinformations und -genehmigungssystems (ETIAS-Verordnung).
ETIAS ist ein Schengen-weites System, in dem sich Drittstaatsangehörige, die von der Visumpflicht befreit sind und für einen Kurzaufenthalt von 90 Tagen innerhalb von 180 Tagen in den Schengen-Raum reisen wollen, vor der Reise registrieren müssen. Mithilfe dieses Systems soll festgestellt werden, ob mit der Anwesenheit dieser Personen im Schengen-Raum ein Risiko der illegalen Einwanderung, Risiken für die Sicherheit oder die öffentliche Gesundheit verbunden sind.
Diese Weiterentwicklung wurde Liechtenstein durch die EU am 10. September 2018 notifiziert. Die Regierung hat die Übernahme der genannten Verordnung, vorbehaltlich der Zustimmung des Landtags, genehmigt.
Einerseits soll der zur Übernahme der Verordnung notwendige Notenaustausch durch den Landtag genehmigt werden und andererseits befasst sich die vorliegende Gesetzesvorlage mit der dadurch notwendigen Abänderung des Ausländergesetzes (AuG). Die Teilrevision des Gesetzes ist durch die Assoziierung Liechtensteins mit Schengen und der Übernahme des Schengen-Besitzstands in nationales Recht notwendig. Mit der Änderung des AuG werden die Bestimmungen der ETIAS-Verordnung in der nationalen Gesetzgebung konkretisiert.
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Zuständiges Ministerium
Ministerium für Inneres, Bildung und Umwelt
Betroffene Stellen
Ausländer- und Passamt
Landespolizei
Amt für Informatik
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Vaduz, 9. Juli 2019
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Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,
Sehr geehrte Frauen und Herren Abgeordnete
Die Regierung gestattet sich, dem Hohen Landtag nachstehenden Bericht und Antrag betreffend die Genehmigung und Umsetzung des Notenaustausches zwischen dem Fürstentum Liechtenstein und der EU betreffend die Übernahme der Rechtsgrundlagen zur Einrichtung des Europäischen Reiseinformations und -genehmigungssystems (ETIAS) (Verordnung (EU) 2018/1240)1 sowie die Abänderung des Gesetzes über die Ausländer (Ausländergesetz; AuG)2 an den Landtag zu unterbreiten.



 
1Verordnung (EU) 2018/1240 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. September 2018 über die Einrichtung eines Europäischen Reiseinformations- und -genehmigungssystems (ETIAS) und zur Änderung der Verordnungen (EU) Nr. 1077/2011, (EU) Nr. 515/2014, (EU) 2016/399, (EU) 2016/624 und (EU) 2017/2226 (ABl. L 236 vom 19.9.2018, S. 1).
 
2Gesetz vom 17. September 2008 über die Ausländer (Ausländergesetz; AuG, LGBl. 2008 Nr. 311).
 
1.Ausgangslage
Die Europäische Union (EU) sieht sich seit Jahren mit einem Anstieg der irregulären Grenzübertritte und einer sich wandelnden, ständig präsenten Bedrohung der inneren Sicherheit konfrontiert. Deshalb besteht die Absicht, das Informationsmanagement in der EU unter uneingeschränkter Achtung der
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Grundrechte, insbesondere des Rechts auf Schutz der personenbezogenen Daten, wirksamer und effizienter zu gestalten, um den Schutz der EU-Aussengrenzen besser zu gewährleisten, die Migrationssteuerung zu verbessern und die innere Sicherheit aller Bürger zu erhöhen.
Die EU-Kommission legte bereits in ihrer Mitteilung vom 13. Februar 2008 mit dem Titel "Vorbereitung der nächsten Schritte für die Grenzverwaltung in der Europäischen Union" die Notwendigkeit dar, im Rahmen der Strategie für einen integrierten Grenzschutz der Union ein System einzuführen, mit dem bei nicht visumpflichtigen Drittstaatsangehörigen noch vor Reiseantritt überprüft werden kann, ob sie die Einreisevoraussetzungen erfüllen.3
In ihrer Mitteilung mit dem Titel "Solidere und intelligentere Informationssysteme für das Grenzmanagement und mehr Sicherheit"4 vom 6. April 2016 hat die EU-Kommission konkrete Vorschläge für die Erfassung der Grenzübertritte aller Nicht-EU-Bürger präsentiert und mehrere Informations-lücken benannt. Zu diesen Lücken zählt auch der Umstand, dass die Grenzbehörden an den Schengen-Aussengrenzen über keinerlei Informationen über Reisende verfügen, die von der Pflicht befreit sind, beim Überschreiten der Aussengrenze im Besitz eines Visums zu sein. Mit Einführung und Betrieb des Europäischen Reiseinformations und -genehmigungssystems (European Travel Information and Authorisation System; nachfolgend ETIAS) soll diese Informationslücke nun geschlossen werden.
Eine wesentliche Voraussetzung für die Gewährleistung der Freizügigkeit innerhalb des Schengen-Raumes ist ein wirksames Management der -
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Schengen-Aussengrenzen. Nach derzeitigen Schätzungen geht die EU-Kommission von einem Anstieg der von der Visumpflicht befreiten Drittstaatsangehörigen, die in Schengen-Staaten reisen, von über 30 Prozent zwischen 2014 bis 2020 aus. Um die Einreisen von visumbefreiten Drittstaatsangehörigen kontrollieren zu können und um ein ausgewogenes Verhältnis zwischen der Gewährleistung der Mobilität für diese Personengruppe sowie der Erhöhung der Sicherheit zu erreichen, hat die EU-Kommission am 16. November 2016 die Einrichtung des ETIAS vorgeschlagen.
Die Verordnung (EU) 2018/1240 (nachfolgend ETIAS-Verordnung) über die Einrichtung eines Europäischen Reiseinformations und -genehmigungssystems (ETIAS) ist das Ergebnis der Beratungen im Rahmen des Rechtsetzungsprozesses der EU. Die Verordnung wurde Liechtenstein am 10. September 2018 als Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands notifiziert und die Regierung hat die Übernahme der Verordnung am 9. Oktober 2018 unter Vorbehalt der Erfüllung verfassungsrechtlicher Voraussetzungen gutgeheissen.
Obwohl das Fürstentum Liechtenstein selbst keine Schengen-Aussengrenze hat und die Landesgrenzen aufgrund des Zollvertrages mit der Schweizerischen Eidgenossenschaft durch das Schweizer Grenzwachtkorps gesichert und kontrolliert werden, ist Liechtenstein aufgrund des Schengen-Assoziierungs-protokolls5 gegenüber der EU zur Übernahme und zur Umsetzung aller Weiterentwicklungen des Schengen-Besitzstands grundsätzlich verpflichtet.
Die Einführung des ETIAS ist für Liechtenstein nicht nur eine vertragliche Verpflichtung, sondern es wird ein wichtiges Element zur Vorabprüfung der
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Voraussetzungen für eine Einreise und den kurzfristigen Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen, die von der Visumspflicht befreit sind, primär für das Ausländer- und Passamt sowie als weiteres Mittel für die Erfüllung der Aufgaben der Landespolizei eingeführt.
Da mit dem ETIAS die Daten von Drittstaatsangehörigen ohne Visumspflicht vor deren Ankunft an den Grenzen des Schengen-Raums zentral zur Verfügung stehen, kann eine Vorabbewertung hinsichtlich der verschiedenen Risikogruppen durchgeführt und somit geklärt werden, ob eine Reisegenehmigung vorab erteilt wird oder nicht. Damit unterscheidet sich der Nutzen des ETIAS für Liechtenstein - mit Ausnahme des Aussengrenzmanagements - nicht von den übergeordneten Zielen der EU. Unter Berücksichtigung der in der ETIAS-Verordnung aufgeführten Verpflichtungen seitens der Schengen-Mitgliedstaaten lassen sich folgende Ziele für Liechtenstein ableiten:
Unterstützung beim Ausbau des integrierten Grenzmanagements an der Schengen-Aussengrenze sowie der EU-Politik im Bereich der Visumsfreiheit;
Verhinderung irregulärer Migration sowie Schutz der öffentlichen Gesundheit;
Unterstützung der Ziele des Schengener-Informationssystems (SIS) sowie Stärkung der Prävention sowie der Verfolgung schwerer, insbesondere auch terroristischer Straftaten;
Verbesserung der Wirksamkeit von Grenzübertrittskontrollen sowie Unterstützung der Vorgaben des Schengener Grenzkodex durch Vorab-Bewertungen der Reisenden.



 
3Vorbereitung der nächsten Schritte für die Grenzverwaltung in der Europäischen Union, Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen vom 13. Februar 2008, KOM (2008) 69.
 
4COM(2016) 205 final vom 6.4.2016.
 
5Protokoll zwischen dem Fürstentum Liechtenstein, der Europäischen Union, der Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über den Beitritt des Fürstentums Liechtenstein zu dem Abkommen zwischen der Europäischen Union, der Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Assoziierung der Schweizerischen Eidgenossenschaft bei der Umsetzung, Anwendung und Entwicklung des Schengen-Besitzstands (LGBl. 2011 Nr. 131).
 
Stichwörter
Abän­de­rung Ausländergesetz
Ein­rich­tung eines Euro­päi­schen Rei­se­in­for­ma­tions und -genehmigungssystems
ETIAS
Schen­gen­raum
Ver­ord­nung (EU) 2018/1240
Wei­ter­ent­wick­lung Schengen