Berichte und Anträge
Regierungskanzlei (RK)
BuA - Nummer
2023 / 98
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Ein­lei­tung
I.Bericht der Regierung
1.Aus­gangs­lage
2.Schwer­punkte der Vorlage
3.Ver­nehm­las­sung
4.Erläu­te­rungen zu den ein­zelnen Bestimmungen
5.Ver­fas­sungs­mäs­sig­keit / Rechtliches
6.Aus­wir­kungen auf Ver­wal­tungstä­tig­keit, Res­sour­cen­ein­satz und nach­hal­tige Entwicklung
II.ANTRAG DER REGIERUNG
Grüner Teil
 
Bericht und Antrag der Regierung an den Landtag des Fürstentums Liechtenstein
betreffend das Abkommen zur Koordinierung der sozialen Sicherheit zwischen Island, dem Fürstentum Liechtenstein, dem Königreich Norwegen und dem Vereinigten Königreich von Grossbritannien und Nordirland  
 
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Seit dem 1. Januar 2021 ist die im EWR-Abkommen vorgesehene Koordinierung der Sozialversicherungssysteme nicht mehr auf die Beziehungen zwischen Liechtenstein und dem Vereinigten Königreich von Grossbritannien und Nordirland (UK) anwendbar.
Das Austrittsabkommen, das die EWR/EFTA-Staaten Island, Liechtenstein und Norwegen mit UK abgeschlossen haben, schützt nur die Rechte der britischen Staatsangehörigen, die per 31. Dezember 2020 schon Wohnsitz in Liechtenstein hatten, sowie der zum gleichen Zeitpunkt in UK wohnhaften liechtensteinischen Staatsangehörigen. Seit dem 1. Januar 2021 fehlt ein Instrument zur Regelung der Beziehungen mit UK im Bereich der sozialen Sicherheit.
Um wieder zu einer Koordinierung zu gelangen, die den Regeln über die Koordinierung der Sozialversicherungssysteme im EWR-Abkommens möglichst nahekommt, wurde ein neues Abkommen über soziale Sicherheit ausgehandelt. Wie bereits das Austrittsabkommen und das Freihandelsabkommen mit UK wurde das Abkommen von den drei EWR/EFTA-Staaten gemeinsam verhandelt.
Das neue Abkommen gewährt den Versicherten weitgehende Gleichbehandlung und einen erleichterten Zugang zu den Leistungen der sozialen Sicherheit. Im anderen Staat zurückgelegte Versicherungszeiten werden angerechnet und die Auszahlung der Leistungen ins Ausland wird sichergestellt. Dank dem Abkommen haben in Liechtenstein Versicherte auch in UK mit der europäischen Krankenversicherungskarte Anspruch auf unvorhergesehene medizinische Behandlungen bei Krankheit, Unfall oder Mutterschaft. Das bedeutet beispielsweise, dass Touristen, die während ihrer Ferien in UK ins Spital müssen, dort behandelt werden, wie wenn sie in UK versichert wären. Zudem werden Überversicherung und Versicherungslücken für Personen vermieden, die in Liechtenstein und UK arbeiten. Dadurch wird auch der vorübergehende Einsatz von Arbeitskräften im anderen Staat erleichtert und die Mobilität gefördert.
Mit dem Abkommen wird somit im Bereich der sozialen Sicherheit im Verhältnis Liechtenstein - UK weitgehend der Status quo vor Brexit wiederhergestellt. Die Einheitlichkeit und die Kontinuität der anwendbaren Regeln werden gewährleistet, was die Arbeit der Sozialversicherungsträger erleichtert und den Arbeitgebenden
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wie den versicherten Personen zugutekommt. Das Abkommen deckt sich - abgesehen von einzelnen Details bei den Liechtenstein-spezifischen Anliegen - mit den Abkommen zwischen der EU und UK sowie zwischen der Schweiz und UK. Dadurch wird eine Schlechterstellung von in Liechtenstein wohnhaften bzw. arbeitenden Personen vermieden, was sich auch positiv auf Liechtenstein als Wirtschaftsstandort auswirkt.
Zuständige Ministerien
Ministerium für Gesellschaft und Kultur
Ministerium für Inneres, Wirtschaft und Umwelt
Ministerium für Äusseres, Bildung und Sport
Betroffene Stellen
Amt für Auswärtige Angelegenheiten
Amt für Gesundheit
Amt für Volkswirtschaft
AHV-IV-FAK-Anstalten
 
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Vaduz, 3. Oktober 2023
LNR 2023-1515
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Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,
Sehr geehrte Frauen und Herren Abgeordnete
Die Regierung gestattet sich, dem Hohen Landtag nachstehenden Bericht und Antrag betreffend das Abkommen zur Koordinierung der sozialen Sicherheit zwischen Island, dem Fürstentum Liechtenstein, dem Königreich Norwegen und dem Vereinigten Königreich von Grossbritannien und Nordirland zu unterbreiten.
1.Ausgangslage
Die soziale Sicherheit ist für Personen, die ihr Recht auf Freizügigkeit ausüben, von zentraler Bedeutung. Anstatt Massnahmen zur Vereinheitlichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten einzuführen, sieht das europäische Recht die Koordinierung der einzelstaatlichen Systeme vor. Die Koordinierungsvorschriften stellen sicher, dass Menschen, die in einen anderen EWR-Staat ziehen, ihren Sozialversicherungsschutz (z. B. Rentenansprüche und Gesundheitsversorgung) nicht verlieren und stets wissen, welche nationalen Rechtsvorschriften für sie gelten.
Grundsätze des Koordinierungsrechts sind: Gleichbehandlung; Bestimmung der anzuwendenden Rechtsvorschriften; Zusammenrechnung der Versicherungs--
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zeiten, Leistungsexport, Amtshilfe und Zusammenarbeit der Behörden und Sozialversicherungsträger.
Bis zum 31. Dezember 2020 galt die sozialversicherungsrechtliche Koordinierung auch für das Vereinigte Königreich von Grossbritannien und Nordirland (UK). Mit dem Austritt aus der EU und dem EWR bzw. mit dem Ende des elfmonatigen Übergangszeitraums, während dem UK weiterhin wie ein EWR-Mitglied behandelt wurde, sind diese Bestimmungen im Verhältnis zu UK ausser Kraft getreten.
Liechtenstein musste als Folge des Brexits einerseits den Schutz der erworbenen Rechte sicherstellen und andererseits eine neue rechtliche Grundlage für seine Beziehungen mit UK schaffen. Zu diesem Zweck wurden bereits drei Abkommen abgeschlossen. Das Austrittsabkommen gewährleistet, dass EWR/EFTA-Staatsangehörige, die bereits in UK leben, bzw. britische Staatsangehörige, die in Norwegen, Island oder Liechtenstein leben, weitgehend die gleichen Rechte haben wie bisher. Dazu gehören neben dem Aufenthaltsrecht auch die Ansprüche auf Sozialversicherung und die Anerkennung von beruflichen Qualifikationen. Das Austrittsabkommen ist nur anwendbar auf Sachverhalte, die vor oder am 31. Dezember 2020 bereits bestanden.
Seit dem 1. Januar 2021 werden die Wirtschaftsbeziehungen zwischen Liechtenstein und UK, soweit der Warenverkehr betroffen ist, über das Handelsabkommen zwischen der Schweiz und UK, das über ein Zusatzabkommen auf Liechtenstein ausgedehnt wurde, geregelt. Das Freihandelsabkommen, das am 1. September 2022 in Kraft getreten ist, vervollständigt die Neuregelung der Wirtschaftsbeziehungen mit UK. Es umfasst neben dem grenzüberschreitenden Dienstleistungshandel, einschliesslich Finanzdienstleistungen, auch Bereiche wie Investitionen, Schutz des geistigen Eigentums, digitaler Handel, Kapitalverkehr und öffentliches Auftragswesen.
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Das vorliegende Abkommen ergänzt die bereits abgeschlossenen Abkommen und schliesst die Lücke im Bereich der sozialen Sicherheit. Auch die EU und die Schweiz haben entsprechende Abkommen mit UK abgeschlossen.
Stichwörter
Abkommen über soziale Sicher­heit mit dem UK, Neukoordinierung
Anrech­nung der Ver­si­che­rungs­zeiten und Aus­zah­lung der Lei­stungen ins Ausland
Ver­si­che­rungs­lei­stungen für in FL Ver­si­cherte in UK