Berichte und Anträge
Regierungskanzlei (RK)
BuA - Nummer
1982 / 65
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Ein­lei­tung
I.All­ge­meines
1.Anlass
2.Kon­takte mit den Nachbarstaaten
3.Exper­ten­ge­spräche
4.Ver­hand­lungen
II.Erlaeu­te­rung des Haeftlingsvertrages
Zum Titel
Zu Artikel 1
Zu Artikel 2
Zu Artikel 3
Zu Artikel 4
Zu Artikel 5
Zu Artikel 6
Zu Artikel 7
Zu Artikel 8
Zu Artikel 9
Zu Artikel 10
Zu Artikel 11
Zu Artikel 13
Zu Artikel 14
Zu Artikel 15
Zu Artikel 16
Zu Artikel 17
III.Antrag
[Vertragstext]
Grüner Teil
 
Bericht und Antrag der Fürstlichen Regierung an den Hohen Landtag
zum Vertrag zwischen dem Fürstentum Liechtenstein und der Republik Oesterreich über die Unterbringung von Häftlingen
 
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Vaduz, 20. Oktober 1982
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Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,
sehr geehrte Herren Abgeordnete,
Die Regierung gestattet sich, Ihnen nachstehenden Bericht und Antrag zum vorgenannten Vertrag zu unterbreiten.
1.Anlass
Im Zuge gerichtlicher Voruntersuchungen wie auch in den Strafverfahren sind Unzulänglichkeiten zutage getreten, die einer geordneten Strafrechtspflege hinderlich sind. Angesprochen sind beispielsweise eine psychiatrische Untersuchung und Begutachtung eines in Haft befindlichen Beschuldigten. Sie sind nur in ambulanter Form möglich. Darunter leidet naturgemäss eine geeignete sachgemässe Durchführung, die in einer diesbezüglichen Anstalt besser vorzunehmen ist. Zudem ist der finanzielle Aufwand solcher ambulanter Behandlungen zu gross. Er steht in keinem Verhältnis zu einer in einer psychiatrischen Kli-$$$
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nik durchgeführten Behandlung. Dasselbe trifft auch zu für Häftlinge, bei denen eine Hospitalisierung oder fachärztliche Behandlung notwendig wird. Wird ein Häftling in ein ausländisches Spital - in Frage kommen die Vertragsspitäler - eingewiesen und weigert er sich, nach Liechtenstein rückgeführt zu werden - eine Verpflichtung des ausländischen Staates dazu besteht nicht - , so befindet er sich auf freiem Fuss. Dies ist für einen Rechtsstaat ein untragbarer Zustand. Dieses Problem ist auch mit dem Neubau und der Neuorganisation des Krankenhauses Vaduz nicht beseitigt, da es ärztliche Notfälle geben kann, die eine Einweisung in ein ausländisches Spital notwendig machen. Auf dem Wege einer formellen Auslieferung des eingewiesenen Häftlings kommt man auch nicht zum Ziele, wenn es sich beim Häftling um einen Angehörigen des Staates handelt, in dem sich das Spital befindet. In Frage kamen bis jetzt die Vertragsspitäler im Kanton St. Gallen und Graubünden. Die Rechtslage in der Schweiz ist die, dass sie eigene Staatsangehörige an den fremden Staat (hier Liechtenstein) nicht ausliefert.
Diese Rechtsprobleme machten es unumgänglich, mit der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Republik Oesterreich hinsichtlich einer stationären Behandlung von Untersuchungs- und Strafgefangenen ins Gespräch zu kommen und eine zwischenstaatliche Regelung anzustreben, die sicherstellt, dass liechtensteinische Untersuchungsund Strafgefangene vorübergehend in der Schweiz oder in Oesterreich hospitalisiert werden können und nach Abschluss der psychiatrischen oder medizinischen Behandlung wieder nach Liechtenstein zurückgeführt werden, und zwar auch dann, wenn es sich beim Eingewiesenen um einen Angehörigen des Staates handelt, in dem die psychiatrische oder medizinische Behandlung vorgenommen wird.
Was den Strafvollzug liechtensteinischer Freiheitsstrafen anbetrifft, so werden sie heute fast ausnahmslos - Freiheitsstrafen von geringem Ausmass werden unter Umständen im Gefangenenhaus Vaduz vollzogen - in Strafanstalten schweizerischer Kantone vollzogen. Mit der
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Direktion der Justiz des Kantons Zürich hat die Regierung eine Vereinbarung abgeschlossen, die vom 1. Oktober 1956 datiert. Mit verschiedenen schweizerischen Kantonen, namentlich mit St. Gallen, Graubünden, Zug und Bern, wird der Strafvollzug, ohne dass eine vertragliche Abmachung besteht, von Fall zu Fall auf schriftlichem Wege geregelt.
Schweizerischerseits sind schon dahin Zweifel geäussert worden, ob die Schweiz rechtlich in der Lage sei, eine Person, die von Liechtenstein zur Verbüssung einer Freiheitsstrafe in die Schweiz gebracht worden sei, gegen ihren Willen in der Schweiz festzuhalten.