Bericht und Antrag der Regierung an den Hohen Landtag
betreffend die Abaenderung der Zivilprozessordnung
2
Vaduz, 1. April 1987
P
Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,
sehr geehrte Frau Abgeordnete,
sehr geehrte Herren Abgeordnete,
Die Regierung gestattet sich, dem Hohen Landtag nachstehenden Bericht und Antrag über die Abänderung der Zivilprozessordnung zu unterbreiten.
Mit Schreiben vom 17. November 1986 unterbreitete der Verein Liechtensteinischer Rechtsanwälte der Regierung einen Gesetzesentwurf betreffend die Abänderung der Zivilprozessordnung. In seinem Entwurf schlug der Verein Liechtensteinischer Rechtsanwälte vor, für die Weihnachtstage zusätzliche Gerichtsferien für die Dauer von vierzehn Tagen einzuführen und die Berufungs- und Revisionsfristen, die heute lediglich vierzehn Tage betragen und nicht erstreckbar sind, auf vier Wochen zu verlängern. Bei umfangreichen Prozessen mit internationaler Verflechtung - wie sie heute häufig vorkommen und bei denen etwa das Urteil des Landgerichtes auch noch in eine andere Sprache übersetzt werden muss - ist nach Auffassung des Vereins Liechtensteinischer Rechtsanwälte die derzeit geltende Berufungs- und Revisionsfrist nicht mehr haltbar. Zusammen mit seinem Entwurf für ein Gesetz über die Abänderung der Zivilprozessordnung legte der Verein Liechtensteinischer Rechtsanwälte der Regierung ferner die Stellungnahme des Landgerichts--
3
Vorstandes sowie zwei weiterer Landrichter zu seinem Vorschlag vor. Diesen Anstoss des Vereins Liechtensteinischer Rechtsanwälte hat die Regierung zum Anlass genommen, das Gesetz vom 10. Dezember 1912 über das gerichtliche Verfahren in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten (Zivilprozessordnung) entsprechend abzuändern.
Im Rahmen dieser Abänderung werden auch noch die Bestimmungen über das Armenrecht (§§ 60 und 63) und über das Bagatellverfahren (§ 535) den heutigen Verhältnissen angepasst. Rechtsstreitigkeiten über geringfügige Gegenstände nehmen im Zivilprozess eine Sonderstellung ein. Bei ihnen ergibt sich von vorneherein ein Missverhältnis zwischen dem Kosten- und Zeitaufwand, den der Prozess verursacht, und dem Wert des Streitgegenstandes. Der Wert des Streitgegenstandes belief sich bisher im Bagatellverfahren auf Fr. 100.--. Eine Erhöhung desselben von bisher Fr. 100.-- auf Fr. 1'000.-- drängt sich unter Berücksichtigung von Funktion und Zweck des Bagatellverfahrens sowie der zwischenzeitlich eingetretenen Geldentwertung auf. Bei juristischen Personen und anderen parteifähigen Gebilden (Konkursmasse, Verlassenschaft etc.), die die erforderlichen Mittel zur Prozessführung nicht aufbringen können, ist nach Ansicht der Regierung die Gewährung .des Armenrechtes nicht geboten.