Stellungnahme
zu den in der ersten Lesung der Regierungsvorlage über die Abänderung des Personen- und Gesellschaftsrechts aufgeworfenen Fragen anlässlich der Landtagssitzung vom 18. Okt. 1988
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Vaduz, 3. November 1988
In der Landtagssitzung vom 18. Oktober 1988 wurde bei der Beratung der Gesetzesvorlage über die Abänderung des Personen- und Gesellschaftsrechts die Frage aufgeworfen, ob in der vorgesehenen Neufassung des Artikels 986 erster Satz des Personen- und Gesellschaftsrechts die Treuunternehmen erwähnt werden sollen oder ob es genüge, von juristischen Personen zu sprechen. Ebenso wurde auch die Frage der Auflösung und Liquidation von Stiftungen angesprochen.
Die Regierung nimmt dazu Stellung wie folgt:
Vor der Novellierung des Personen- und Gesellschaftsrechtes im Jahre 1980 (Gesetz vom 15. April 1980, LGB1. 1980 Nr. 39) entstanden die Treuunternehmen ohne Rechtspersönlichkeit gemäss Artikel 932 a § 1 Absatz 1 (sogenannte eigentliche Geschäftstreuhand) und Treuunternehmen mit Rechtspersönlichkeit gemäss Artikel 932 a § 1 Absatz 2 (sogenannte uneigentliche Treuunternehmen) schon mit der Errichtung der Treusatzung. Eine Eintragungspflicht ins Oeffentlichkeitsregister als Treuhandregister bestand nicht. Diese wurde erst im Zusammenhang mit der Gesellschaftsrechtsreform durch die PGR-Novelle 1980, LGBl. 1980 Nr. 39, geschaffen. Diese gilt sowohl für Treuunternehmen ohne Persönlichkeit (Artikel 932 a § 1 Absatz 1 PGR) als auch für das Treuunternehmen mit Persönlichkeit (Artikel 932 a § 1 Absatz 2 PGR), und zwar ohne Rücksicht darauf, ob ein nach kaufmännischer Art geführtes Gewerbe betrieben wird oder nicht. Das bedeutet, dass im Oeffentlichkeitsregister seit Inkrafttreten der PGR-Novelle 1980, LGBl. 1980 Nr. 39, alle Treuunternehmen eingetragen werden, mögen sie Rechtspersönlichkeit haben oder nicht.
Die Unterteilung der Treuunternehmen in solche mit und solche ohne Rechtspersönlichkeit wurde durch die vorgenannte PGR-Novellierung nicht geändert. Es gibt daher sowohl vor der PGR-Novelle 1980 als auch danach gegründete Treuunternehmen ohne
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Rechtspersönlichkeit, die nicht unter den Begriff "juristische Personen" des Artikels 986 erster Satz des Personen- und Gesellschaftsrechts fallen. Das gleiche gilt für Stiftungen, gleichgültig, ob es sich bei ihnen um eingetragene oder hinterlegte Stiftungen handelt, nicht, so dass sie vom Begriff "juristische Personen" erfasst sind. Die vorgesehene Neufassung von Artikel 986 erster Satz des Personen- und Gesellschaftsrechts will auch die Treuunternehmen miteinbeziehen, so dass, sollen nicht die Treuunternehmen ohne Rechtspersönlichkeit entfallen, neben den "juristischen Personen" auch die "Treuunternehmen" genannt werden müssen.
Treuunternehmen mit oder ohne Rechtspersönlichkeit konnten vor und können seit Inkrafttreten der PGR-Novelle von 1980 gegründet werden, entstehen aber seit Inkrafttreten der PGR-Novelle erst mit der Eintragung ins Oeffentlichkeitsregister als Treuhandregister. Es bestehen daher nach wie vor Treuunternehmen ohne Rechtspersönlichkeit. Für diese Kategorie von Treuunternehmen muss der Zusatz in Artikel 986 erster Satz PGR "oder eines Treuunternehmens" bestehen bleiben. Aus dem gleichen Grunde muss dieser Zusatz auch für Treuunternehmen, die vor Inkrafttreten der PGR-Novelle 1980 gegründet worden sind, bestehen bleiben, da für sie die Eintragungspflicht nicht gilt. Gemäss § 6 der Uebergangsbestimmungen der PGR-Novelle von 1980, LGB1. 1980 Nr. 39, haben aber Treuunternehmen, die vor Inkrafttreten des Gesetzes errichtet worden sind, ihre Statuten bis 31. Dezember 1983 an die Bestimmungen des Gesetzes anzupassen.
Was die Frage der Auflösung und Liquidation von Stiftungen angeht, so entspricht die im Landtag vertretene Rechtsauffassung, wonach der weitaus grösste Teil der hinterlegten Stiftungen aufgelöst wird, ohne dass eine Liquidation stattfindet, der bisher geübten Praxis des Oeffentlichkeitsregisters. Es ist jedoch dem Gesetz nicht zu entnehmen, dass nichteingetragene Stiftungen, die, wie ausgeführt wurde, auch juristische Per-
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sonen sind, durch blossen Beschluss des zuständigen Organs aufgehoben werden können, eingetragene Stiftungen dagegen liquidiert werden müssen. Artikel 130 Absatz 1 des Personen- und Gesellschaftsrechts besagt, dass die Auflösung einer Verbandsperson, wozu auch die hinterlegten Stiftungen zählen, ihre Liquidation zur Folge hat, soweit das Gesetz nichts anderes vorsieht. Das Personen- und Gesellschaftsrecht kennt für Stiftungen keine Ausnahme vom Erfordernis der Liquidation. Artikel 568 des Personen- und Gesellschaftsrechts, der in diesem Zusammenhang angerufen wird, sagt zum einen zur Frage der Liquidation der Stiftung nach erfolgter Aufhebung nichts aus und zum andern kommt diese Gesetzesstelle nur dann zum Tragen, wenn eine Aufhebungsklage nach Artikel 569 des Personen- und Gesellschaftsrechts eingebracht wird. In den meisten Fällen fasst aber der Stifter oder der Stiftungsrat entsprechend seiner statutarischen Kompetenz den Beschluss auf Auflösung der hinterlegten Stiftungen, ohne gleichzeitig einen Liquidationsbeschluss zu fassen. Dieser Auflösungsbeschluss wird beim Oeffentlichkeitsregister hinterlegt und die Löschung oder Streichung der Stiftung im Stiftungsregister beantragt. Diese Praxis ist mit dem Gesetz nicht in Einklang zu bringen. Die Hinterlegung von Auflösungsbeschlüssen, die nicht gleichzeitig auch eine Liquidation der Stiftung verfügen, müsste daher abgelehnt werden. Aus diesen Gründen ist es angezeigt, die Praxis beim Oeffentlichkeitsregister in Hinsicht auf die geltende Rechtslage zu überprüfen.
Regierung des
Fuerstentums Liechtenstein