Bericht und Antrag der Regierung an den Landtag des Fürstentums Liechtenstein
betreffend die Abänderung des Gesetzes über Ergänzungsleistungen zur Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung
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Vaduz, den 12. April 1990
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Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,
sehr geehrte Frau Abgeordnete,
sehr geehrte Herren Abgeordnete
Die Regierung gestattet sich, dem Hohen Landtag nachstehenden Bericht und Antrag betreffend die Abänderung des Gesetzes über Ergänzungsleistungen zur Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung zu unterbreiten.
Am 1. Januar 1973 trat das Gesetz vom 18. Dezember 1972 betreffend die Aenderung des Gesetzes über die Alters- und Hinterlassenenversicherung, LGBl. 1973 Nr. 4, in Kraft. Diese 5. liechtensteinische AHV-Revision hatte vorrangig eine quantitative Erhöhung der Leistungen zum Ziel und somit auch den Uebergang von den, dem früheren Sozialversicherungsverständnis entsprechenden, Basisrenten zu existenzsichernden Renten. In ihrem diesbezügli-
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chen Bericht und Antrag an den Landtag vom 16. November 1972, welcher sich gleichzeitig auch auf die synchron ausgearbeitete Gesetzesvorlage betreffend die Aenderung des Gesetzes über die Ergänzungsleistungen bezog, hielt die Regierung fest, dass versucht werde, in absehbarer Zeit mit dem vorgeschlagenen Ausbau der Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung eine stufenweise Ablösung der Ergänzungsleistungen einzuleiten.
In der Folge hat sich jedoch gezeigt, dass trotz der Erweiterung des Leistungssystems der Alters- und Hinterlassenenversicherung sowie der Invalidenversicherung für bestimmte Bevölkerungskreise an gewissen Bedarfsrenten, wie sie die Ergänzungsleistungen in ihrem eigentlichen Sinne auch darstellen, weiterhin festgehalten werden muss. Die wirtschaftliche Entwicklung mit ihren Auswirkungen auf das Lohn- und Preisniveau brachte es mit sich, dass die Renten der Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung nicht generell für alle Fälle existenzsichernd waren und sind.
Am 1. Januar 1989 ist das Gesetz vom 20. Oktober 1987 über die betriebliche Personalvorsorge, LGBl. 1988 Nr. 12, in Kraft getreten. Mit dieser so genannten Zweiten Säule im System der Sozialversicherung wird in Ergänzung zu den Leistungen der Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung die Soziale Sicherheit der Versicherten und ihrer Hinterlassenen bei Erreichung der beruflichen Altersgrenze, bei Invalidität oder Tod wesentlich verbessert. Es darf jedoch nicht übersehen werden, dass die Versicherten der Uebergangsgeneration, die bisher keine Zweite Säule kannten, eher bescheidene Renten erhalten, und viele der heute Betagten oder Invali-
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den oder deren Hinterlassene vom Gesetz über die betriebliche Personalvorsorge niemals erfasst worden sind. So sind bestimmte Personenkreise trotz dieser neuen obligatorischen Versicherung nach wie vor auf Ergänzungsleistungen zu ihren AHV- oder IV-Renten angewiesen.
Allerdings darf nicht übersehen werden, dass ein bedeutender Teil der Altersrentner heute über gute finanzielle Mittel verfügt. Bei einem Teil von Betagten und Invaliden dagegen ist aber auch heute noch die Deckung des Existenzbedarfes durch Renten der Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung nicht gewährleistet.
Diese Gründe haben den Charakter und die Einschätzung des Stellenwertes der Ergänzungsleistungen wesentlich geändert. Sie werden sozialpolitisch nicht mehr als vorübergehende, sondern als dauernde Einrichtung betrachtet. Ihre Aufgabe ist nach wie vor, Lücken der Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung wie auch der beruflichen Vorsorge, die es zwangsläufig immer geben wird, wenigstens für jenen Teil der Rentner zu schliessen, die über geringe anderweitige Einkünfte und wenig Vermögen verfügen.