Berichte und Anträge
Regierungskanzlei (RK)
BuA - Nummer
1990 / 38
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Ein­lei­tung
1.Ein­lei­tung
2.Bedeu­tung des Übe­rein­kom­mens im Allgemeinen
3.Inhalt des Übereinkommens
Artikel 1
Artikel 2
Artikel 3
Artikel 4
Artikel 5
Artikel 6
Artikel 7
Artikel 8
Artikel 9
Artikel 10
Artikel 11
Artikel 12
Artikel 13
Artikel 14
Artikel 15
Artikel 16
Artikel 17
Artikel 18 - 23
4.Bedeu­tung des Übe­rein­kom­mens für das Fürs­tentum Liechtenstein
5.Aus­wir­kungen für das Fürs­tentum Liechtenstein
5.1Finan­zi­elle Auswirkungen
5.2Per­so­nelle Auswirkungen
5.3Ver­ein­bar­keit mit der liech­tens­tei­ni­schen Rechtslage
6.Antrag
Grüner Teil
 
Bericht und Antrag  der Regierung  an den  Landtag des Fürstentums Liechtenstein
betreffend das Europäische Uebereinkommen zur Verhütung  von Folter und unmenschlicher oder ernied- rigender Behandlung oder Strafe vom 26. November 1987
 
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Vaduz, den 29. Mai 1990
P
Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,
sehr geehrte Frau Abgeordnete,
sehr geehrte Herren Abgeordnete,
Die Regierung gestattet sich, Ihnen nachstehenden Bericht und Antrag betreffend das Europäische Uebereinkommen zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe vom 26. November 1987 zu unterbreiten.
1.Einleitung
Die Folter in UNO-Dokumenten als Handlung definiert, durch die einem Menschen von einer in amtlicher Funktion tätigen Person schwerwiegende körperliche oder seelische Leiden absichtlich zugefügt werden, um Auskünfte oder Geständnisse zu erwirken, um zu bestrafen oder einzuschüchtern ist heute, im Gegensatz zu früheren Zeiten, weltweit geächtet. Die Aechtung äussert sich in Folterverboten, die in nationalen Rechtsordnungen und in völkerrechtlichen Verträgen zu finden sind. So ist das Verbot der Folter und anderer grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe bereits in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte von 1948, im Internationalen Pakt über die bürgerlichen und politischen Rechte von 1966, in den Genfer Abkommen von 1949 über den Schutz von Opfern bewaffneter Konflikte 1) sowie in deren Zusatzprotokollen von 19771 wie auch in der Europäischen Menschenrechtskonvention von 1950 verankert. Wichtig ist, dass die Bestimmungen des Verbots der Folter auch "im Falle eines öffentlichen Notstandes, der das Leben der Nation bedroht" und auch aus "Sicherheitsgründen" nicht ausser Kraft gesetzt werden dürfen. Trotz dieser -
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Rechtslage werden Folter und andere grausame Behandlung noch immer bzw. immer wieder in weit mehr als einem Drittel aller Staaten fallweise oder systematisch angewandt oder geduldet, wie aus Berichten von Amnesty International, des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK), von kirchlichen Organisationen, der Weltorganisation gegen die Folter (OMTC) und der UNO-Menschenrechtskommission hervorgeht.
Aus diesen Berichten ist auch ersichtlich, dass die systematische Anwendung der Folter das Merkmal von totalitären Herrschaften, von Diktaturen aller Art ist, die Oppositionelle und Dissidente mit allen Mitteln unterdrücken und sie, wenn es die Machtbehauptung erfordert, eliminieren.
Auch wenn vorwiegend in Staaten mit vorhin erwähnten Regimen gefoltert wird, kann nicht verschwiegen werden, dass auch in europäischen Staaten, auch in Mitgliedstaaten des Europarates, immer noch "verfeinerte" Foltermethoden angewendet werden. Daraus ergab sich die Notwendigkeit einer genauen, rechtlich verbindlichen und in ihrem Geltungsbereich unbeschränkten Grundlage zur Bekämpfung der Folter.
Der Genfer Jurist und Bankier Jean-Jaques Gautier ergriff bereits 1976 die Initiative zur Schaffung einer internationalen Konvention gegen die Folter. Gautier hatte erkannt, dass die Bekämpfung der Folter andere Methoden erfordert als die in den Menschenrechtskonventionen üblichen Berichtssysteme und Beschwerdeverfahren. Er wollte vor allem ein effizientes Kontrollsystem analog der IKRK-Regelung schaffen, das alle Haftstätten und Internierungsorte erfasst, bei der Aufdeckung von Folterpraktiken ein schnelles Eingreifen gestattet und überdies präventiv wirkt. Auf seine Anregung hin arbeitete eine internationale Expertengruppe 1977 einen Entwurf für eine "Konvention über die Behandlung festgehaltener Personen" aus. Angesichts der Bestrebungen in der UNO-Menschenrechtskommission wurde dieser Entwurf 1978 als Zusatzprotokoll zur geplanten UNO-Konvention aus gestaltet. Im Frühjahr
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1980 reichte Costa Rica diesen Protokollentwurf mit dem von Gautier vorgeschlagenen Besuchssystem dem Generalsekretär der UNO mit dem Ersuchen ein, die Menschenrechtskommission der UNO möge ihn nach der Verabschiedung der Konvention gegen die Folter in Beratung ziehen.
Aufgrund von Verzögerungen der Arbeiten der Menschenrechtskommission der UNO wurde 1982 vom französischen Senator Berrier im Europarat eine neue Initiative ergriffen. Er unterbreitete einen vom Schweizerischen Komitee gegen die Folter und von der Internationalen Juristenkommission ausgearbeiteten Entwurf zu einer "Europäischen Konvention zum Schutz von festgehaltenen Personen gegen die Folter und grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe" der juristischen Kommission der Parlamentarischen Versammlung des Europarates. Die juristische Kommission stimmte dem Entwurf im Juni 1983 zu. Am 28. September 1983 nahm die Parlamentarische Versammlung einstimmig die Empfehlung 971/1983 an, mit welcher das Ministerkomitee ersucht wurde, den Konventionsentwurf anzunehmen. Das Ministerkomitee beauftragte im Januar 1984 das Direktionskomitee für Menschenrechte, den Konventionsentwurf zu prüfen und einen definitiven Text auszuarbeiten. Der im November 1986 vollendete Entwurf wurde vom Ministerkomitee im Juni 1987 einstimmig angenommen und zur Unterzeichnung im November 1987 aufgelegt.
Das Europäische Uebereinkommen zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe wurde am 26. November 1987 anlässlich der 81. Sitzung der Aussenminister des Europarates von 19 Mitgliedstaaten, darunter Liechtenstein, unterzeichnet.
Das Uebereinkommen ist am 1. Februar 1989 in Kraft getreten. Bisher haben es 15 Europaratsstaaten ratifiziert, 6 weitere Staaten haben es unterzeichnet.



 
1Liechtenstein ist Vertragspartei
 
LR-Systematik
0..1
0..10
LGBl-Nummern
1992 / 007
Landtagssitzungen
12. September 1990
12. September 1990