Bericht und Antrag der Regierung an den Landtag des Fürstentums Liechtenstein
zur Abänderung des Steuergesetzes (Abzug für Ehegatten)
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Vaduz, den 21. August 1990
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Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,
sehr geehrte Frau Abgeordnete,
sehr geehrte Herren Abgeordnete
Die Regierung gestattet sich, dem Hohen Landtag nachstehenden Bericht und Antrag zur Abänderung von Artikel 55bis des Steuergesetzes (Abzug für Ehegatten) zu unterbreiten:
In seinem Urteil vom 31. Mai 1990, StGH 1989/15, hat der Staatsgerichtshof einer Beschwerde wegen einer rechtsungleichen Behandlung eines doppelverdienenden Ehepaares gegenüber einem Konkubinatspaar bzw. einer Einzelberechnung in bezug auf die Steuerbemessung Folge gegeben. Der Staatsgerichtshof gelangte in seinem Urteil zum Schluss, "dass eine allein aus der Anwendung der Progression bei einheitlicher Ehegattenbesteuerung, gegenüber einer Einzelberechnung oder auch im gemeinsamen Haushalt zusammenlebenden Unverheirateten errechnete, nahezu 40 % höhere Steuerbelastung eine sachlich nicht begründete Rechtsungleichheit zur Folge hat. Sie lässt sich in dieser im Beschwerdefall exemplarischen Differenz weder in der
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formalen Zuschlagsberechnung nach der Progressionsskala, noch im Grunde einer einheitlichen Ehegattenbesteuerung als gemeinsame Haushaltsbesteuerung rechtfertigen". Der Staatsgerichtshof stellt fest, dass mit dieser Entscheidung nur die im Beschwerdefall rechtsungleich entstehende Höhe der aus einheitlicher steuerlicher Behandlung von Vermögen und Erwerb der Ehegatten errechneten Steuer gelöst werden kann. Er hält deshalb eine generelle gesetzliche Neuregelung der Fragen von gemeinsamer Haushalts- bzw. Ehegattenbesteuerung für dringlich geboten.
Aufgrund dieses Staatsgerichtshofurteiles hat die Regierung beschlossen, dem Landtag eine kurzfristige Abänderung des Steuergesetzes für die das Jahr 1989 und das Jahr 1990 betreffende Vermögens- und Erwerbssteuer dahingehend zu unterbreiten, dass der in Artikel 55bis des Steuergesetzes festgelegte Höchstbetrag von Fr. 1'161.- wesentlich erhöht und nach oben begrenzt wird. Konkret wird beantragt, dass der in Artikel 55bis des Steuergesetzes festgelegte Höchstbetrag als Drittelabzug von der sich für Land und Gemeinde ergebenden Gesamtsteuer für Ehegatten, die in ehelicher Gemeinschaft leben, von heute Fr. 1'161.-- auf Fr. 4'000.-- erhöht wird. Damit soll der vom Staatsgerichtshof in seinem Urteil geforderten Steuergerechtigkeit nach Artikel 24 der Verfassung entsprochen werden.
Nachdem die Veranlagung für die das Jahr 1989 betreffende Vermögens- und Erwerbssteuer ansteht, soll diese Gesetzesänderung so schnell als möglich in
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Kraft treten. Die Regierung beantragt deshalb, die Vorlage betreffend die Abänderung des Steuergesetzes in drei Lesungen zu verabschieden und den Landtagsbeschluss als dringlich zu erklären.
Die Regierung ist der Auffassung, dass durch eine schnelle Gesetzesänderung eine Flut von Beschwerden verhindert werden kann, mit der unweigerlich zu rechnen ist, wenn die Gesetzeslage unverändert bleibt.
Die Regierung weist weiters darauf hin, dass die vorgeschlagene Gesetzesänderung nur eine Uebergangsmassnahme darstellt, unter der Voraussetzung, dass das vom Landtag in der letzten Sitzung vor der Sommerpause verabschiedete neue Steuergesetz von den Stimmberechtigten an der Volksabstimmung vom 19./21. Oktober 1990 angenommen wird. Im neuen Steuergesetz sind nämlich Massnahmen vorgesehen, um die Ehepaare im Vergleich zu anderen eheähnlichen Verbindungen nicht zu benachteiligen. Die vom Landtag verabschiedete Vorlage entspricht dem im Urteil des Staatsgerichtshofes vorgezeichneten Weg. Die Methode der Zusammenrechnung der Faktoren der Ehegatten bzw. Familie wird prinzipiell beibehalten. Zur Entlastung der Ehegatten gegenüber Alleinstehenden wird ein sogenannter Doppeltarif eingeführt, welcher die Ehegatten und Halbfamilien gegenüber Alleinstehenden bis zum normalerweise verbrauchten Einkommen und noch deutlich darüber hinaus mit mindestens einem Drittel geringer belastet. Damit kann, bei Annahme der Vorlage durch das Volk, eine Regelung zur Anwendung gelangen, die nach den Intentionen des Staatsgerichtshofes als verfassungskonform bezeichnet werden kann.