Bericht und Antrag der Regierung an den Landtag des Fürstentums Liechtenstein
zur Schaffung eines neuen Gemeindegesetzes
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Vaduz, 10. September 1990
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Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,
sehr geehrte Frau Abgeordnete,
sehr geehrte Herren Abgeordnete
Wir gestatten uns, Ihnen nachstehenden Bericht und Antrag zu einem Gemeindegesetz zu unterbreiten:
Im Zusammenhang mit der Einführung des Frauenstimmrechtes beschloss der Hohe Landtag in seiner Sitzung vom 30. Juni 1982, ein Postulat an die Regierung zu überweisen, mit welchem diese eingeladen wurde, die mit der Einführung des Frauenstimmrechtes zusammenhängenden Probleme zu prüfen und unter anderem insbesondere in bezug auf die politische Rechtsstellung der "Auswärtigen" (Liechtensteiner mit liechtensteinischem Wohnsitz ausserhalb der Heimatgemeinde) dem Landtag hierüber Bericht zu erstatten und die nach Auffassung der Regierung
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notwendigen gesetzgeberischen Massnahmen vorzuschlagen.
In einem Bericht vom 20. November 1983 an den Landtag kam die Regierung zum Schluss, eine befriedigende Lösung für die Ausübung der politischen Volksrechte in Gemeindeangelegenheiten könne nur mit einer klaren Trennung von politischer Gemeinde und Bürgergemeinde verwirklicht werden. Das Gemeindegesetz erhalte damit einen völlig neuen Aufbau. Es sei daher sinnvoll, das Gemeinderecht grundsätzlich zu überprüfen.
In der Folge bestellte die Regierung eine Kommission zur Ausarbeitung von Entscheidungsgrundlagen zur Totalrevision des Gemeindegesetzes. Diese Kommission setzte sich unter dem Vorsitz von Regierungschef Hans Brunhart wie folgt zusammen:
Prof. Dr. Josef Kühne, Experte
Anton Hoop, Gemeindevorsteher
Arthur Konrad, Bürgermeister
Emanuel Vogt, Gemeindevorsteher
Dr. Alois Ospelt, Leiter der Landesbibliothek und des Landesarchivs
Leonhard Vogt, Regierungssekretär
Norbert Hemmerle, Ressortsekretär
lic. jur. Michael Ritter, juristischer Mitarbeiter.
Die Kommission hielt insgesamt sechs Sitzungen ab und lud auf den 17. Juni 1985 zu einer Informationsveranstaltung ein. Zweck der Informationsveranstaltung war, Grundsatzfragen der Revision zu diskutieren, insbesondere die Problemkreise Tren-
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nung von Bürgervermögen und Gemeindevermögen, Gemeindeorganisation (Gemeindeparlament, Ressortsystem, Kommissionen) und Aufgabenteilung zwischen Land und Gemeinden zu behandeln. Die Grundsatzfragen der Revision des Gemeindegesetzes wurden in der Folge in die Vernehmlassung gegeben. Die Vernehmlassung dauerte vom 14. Mai 1985 bis zum 31. Oktober 1985.
Nach Abschluss dieser ersten Phase setzte die Regierung am 12. August 1986, nachdem die Regierung zufolge der Landtagswahlen neu bestellt worden war, die Kommission neu wie folgt ein:
Reg. Chef-Stellv. Dr. Herbert Wille übernahm den Vorsitz der Kommission. Anstelle von Regierungssekretär Leonhard Vogt und Ressortsekretär Norbert Hemmerle wurde Ressortsekretär lic. iur. Marzell Beck in die Kommission berufen. Ihre erste Aufgabe war es, das Vernehmlassungsergebnis auszuwerten. Dabei zeigte es sich, dass die Gemeinden mit dem von der Kommission aufgezeigten Weg in den Grundzügen einverstanden sind, insbesondere dass sie die Trennung von politischer Gemeinde und Bürgergemeinde grundsätzlich bejahen, so dass auf dem eingeschlagenen Weg an die Ausarbeitung von Gesetzesentwürfen geschritten werden konnte. In 13 ganztägigen Kommissionssitzungen und mehreren Redaktionssitzungen wurde der Fragenkomplex zu einem Gemeindegesetz und zu einem Gesetz "Bürgergenossenschaften" eingehend beraten, so dass die Kommission am 31. Mai 1988 der Regierung einen Entwurf zu einem Gemeindegesetz und einen Entwurf zu einem Gesetz über die Bürgergenossenschaften
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vorlegen konnte. Diese verabschiedete die beiden Gesetzesentwürfe in ihrer Sitzung vom 17. August 1988 und legte als Vernehmlassungsfrist den 11. Dezember 1988 fest. Die Gesetzesentwürfe wurden auch der Oeffentlichkeit zugänglich gemacht, indem Interessenten zur Stellungnahme eingeladen und in der Presse darauf hingewiesen wurde, dass die Gesetzesentwürfe bei der Regierung (Ressort Inneres) bezogen werden könnten.
Die Vernehmlassung verzögerte sich bei den Gemeinden. Die Konferenz der Gemeindevorsteher ersuchte um eine gemeinsame Sitzung, an der offene Fragen besprochen werden sollten. Diese Sitzung fand am 26. Oktober 1989 statt. In der Folge wurden die Gemeinden aufgefordert, bis zum Ende des Jahres 1989 ihre Stellungnahmen abzugeben. Die letzten Stellungnahmen sind nach mehrmaliger Aufforderung bei der Regierung im Mai 1990 eingegangen.
Es werden in diesem Bericht folgende Abkürzungen verwendet:
RV = Regierungsvorlage
VE = Vernehmlassungsentwurf
Werden Artikel ohne diese Abkürzungsbezeichnungen angeführt, so stimmen Regierungsvorlage und Vernehmlassungsentwurf überein.