Bericht und Antrag der Fürstlichen Regierung an den Hohen Landtag
betreffend sechs Übereinkommen des Europarates im Bereich des Bildungswesens
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Vaduz, den 22. Februar 1991
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Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,
sehr geehrte Frau Abgeordnete,
sehr geehrte Herren Abgeordnete,
Die Regierung gestattet sich, dem Hohen Landtag sechs Übereinkommen des Europarates, nämlich
die Europäische Konvention (Nr. 15) vom 11. Dezember 1953 über die Gleichwertigkeit der Reifezeugnisse,
das Zusatzprotokoll (Nr. 49) vom 3. Juni 1964 zur Europäischen Konvention über die Gleichwertigkeit der Reifezeugnisse,
die Europäische Konvention (Nr. 21) vom 15. Dezember 1956 über die Gleichwertigkeit der Studienzeiten an den Universitäten,
die Europäische Konvention (Nr. 138) vom 21. Juni 1990 über die allgemeine Gleichwertigkeit der Studienzeiten an den Universitäten,
die Europäische Konvention (Nr. 32) vom 15. Dezember 1959 über die Gleichwertigkeit der akademischen Grade und Hochschulzeugnisse,
die Europäische Konvention (Nr. 69) vom 12. Dezember 1969 über die Fortzahlung von Stipendien an Studierende im Ausland,
zu unterbreiten.
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Schon in den fünfziger Jahren hat der Europarat als erste internationale Organisation in Europa mit der Erarbeitung von Hochschulkonventionen begonnen. Bis zum heutigen Datum sind jene Konventionen verabschiedet worden, die Gegenstand dieses Berichts und Antrags bilden. Im Vordergrund stehen dabei die sogenannten Gleichwertigkeitsabkommen, die gemeinsam darauf abzielen, die Voraussetzungen zur möglichst weitgehenden Freizügigkeit bei der Gestaltung des Hochschulstudiums in Europa (Immatrikulation, Anrechnung von Auslandsemestern, Anerkennung von Abschlüssen des Grundstudiums) zu schaffen.
Die Konventionen sind im wesentlichen eine Konkretisierung des Europäischen Kulturabkommens vom 19.12.1954 (LGBl. 1979 Nr. 38), insbesondere des dortigen Artikels 2 1), der sich allerdings nur auf das Studium der Sprachen, der Geschichte und der Zivilisation der anderen Vertragsparteien bezieht.
"Jede Vertragspartei wird, soweit wie möglich,
a) | bei ihren Staatsangehörigen das Studium der Sprachen, der Geschichte und der Zivilisation der anderen Vertragsparteien fördern und diesen Vertragsparteien auf ihrem Gebiet Erleichterungen für die Ausgestaltung solcher Studien gewähren; |
b) | bestrebt sein, das Studium ihrer Sprache oder Sprachen, ihrer Geschichte und ihrer Zivilisation im Gebiet der anderen Vertragsparteien zu fördern und deren Staatsangehörigen die Möglichkeit zu geben, sich solchen Studien auf ihrem Gebiet zu widmen." |
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Die Gleichwertigkeitsabkommen des Europarates, geprägt vom Optimismus und von der Aufbruchstimmung der Nachkriegszeit, sollen die Mobilität der Studierenden fördern und damit einen Beitrag zur internationalen Verständigung leisten. Die ursprünglich erwarteten rechtlichen Hindernisse erwiesen sich als weniger gewichtig als die praktischen Hindernisse der akademischen Mobilität, die allerdings durch den Aufbau eines internationalen Informationsnetzes (NEIC) erheblich reduziert werden konnten.
Wie auch bei den neuesten Mobilitätsprogrammen der Europäischen Gemeinschaft (z.B. ERASMUS = Programm der Europäischen Gemeinschaft zur Förderung der Studentenmobilität und Zusammenarbeit im Hochschulwesen oder COMETT = Programm der Europäischen Gemeinschaft für die Zusammenarbeit zwischen Hochschulen und Wirtschaft zur Aus- und Weiterbildung im Technologiebereich; beide Programme sind Gegenstand eigener Anträge an den Landtag) soll auf der Grundlage gegenseitigen Vertrauens die Anerkennung von Studienleistungen und damit die Freizügigkeit gefördert werden.