Berichte und Anträge
Regierungskanzlei (RK)
BuA - Nummer
1991 / 64
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Ein­lei­tung
I.Aus­gangs­lage
1.Ansatz­punkt
2.Rechts­lage
3.Gründe für eine gesetz­liche Regelung
4.Vor­ge­schichte
II.Grund­satz­fragen
1.Ver­trag­liche Ver­pflich­tungen Liechtensteins
2.Rechts­hilfe ist Verwaltungssache
3.Stel­lung des Staatsanwalts
4.Anwe­sen­heit aus­län­di­scher Prozessbeteiligter
5.Rechts­hil­fe­weise Ermitt­lungen bei Banken
6.Her­aus­gabe von Gegen­ständen und Ver­mö­gens­werten (Art. 72
7.Ver­hält­nis­mäs­sig­keit der Rechtshilfeleistung
8.Spe­zia­lität der Rechtshilfe
9.Aus­schluss der Rechts­hilfe bei Fiskaldelikten
III.Ver­nehm­las­sung
1.Im allgemeinen
2.Im einzelnen
3.Berück­sich­ti­gung der Vor­schläge und Anmerkungen
IV.Kom­men­tie­rung der Gesetzesvorlage
Art. 1
Art. 2 bis 7
Art. 11
Art. 13
Art. 14
Art. 16 und 17
Art. 25 und 26
Art. 27 bis 30
Aus­lie­fe­rung (Art. 31 bis 60)
Art. 38
Art. 50
Andere Rechts­hilfe (Art. 61 bis 78)
Art. 61
Art. 62
Art. 63
Art. 64
Art. 66 und 67
Art. 68
Art. 69
Art. 73
Art. 75 und 76
Art. 77
Art. 85
Art. 87
Art. 91
Art. 93
Art. 99
Art. 100
V.Per­so­nelle und finan­zi­elle Auswirkungen
VI.Antrag
Blauer Teil
 
Bericht und Antrag der Regierung an den Landtag
zum Gesetz über die Internationale Rechts hilfe in Strafsachen (Rechtshilfegesetz)
 
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Vaduz, 17. September 1991
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Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,
sehr geehrte Frau Abgeordnete,
sehr geehrte Herren Abgeordnete,
Die Regierung gestattet sich, Ihnen nachstehenden Bericht und Antrag zum Gesetz über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen (Rechtshilfegesetz) zu unterbreiten.
1.Ansatzpunkt
In der Sitzung vom 18. Oktober 1988 überwies der Landtag eine Motion vom 25. Juni 1988 der Abgeordneten Georg Vogt, Beat Hasler und Alfons Schädler an die Regierung. Darin wird sie beauftragt, dem Landtag eine gesetzliche Regelung für Rechtshilfeverfahren in Strafsachen in Vorschlag zu bringen, mit deren Inhalt alle bisher auf der Basis bilateraler und multilateraler Vereinbarungen oder auf der Basis des Gegenseitigkeitsgrundsatzes durchgeführten Arten von Rechtshilfeleistungen in Strafsachen eine innerstaatliche Verfahrensregelung erhalten können. In der Begründung heisst es: "Die
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Regierung hat dem Landtag einen Antrag zur Schaffung einer neuen Strafprozessordnung vorgelegt, ohne dass in dieser Gesetzesvorlage Vorschläge für gesetzliche Regelungen von Rechtshilfeverfahren in Strafsachen enthalten wären. Auch der dazugehörige Bericht enthält keine Aufklärung darüber, ob die Regierung eine Regelung des Rechtshilfeverfahrens in Strafsachen ausserhalb der Strafprozessordnung beabsichtigt oder ob sie eine diesbezügliche Aenderung der geltenden Rechtslage gar nicht für nötig hält. Nach Meinung der unterzeichneten Motionäre kann jedoch bei einer Neuregelung des Strafverfahrens nicht übersehen werden, dass Rechtshilfeleistungen des Landgerichtes für ausländische Gerichte und Strafverfolgungsbehörden in den letzten Jahren sehr zahlreich geworden sind. So geht aus den Rechenschaftsberichten der Regierung hervor, dass im Jahre 1985 297 Rechtshilfeverfahren in Strafsachen neu angefallen sind, im Jahre 1986 264 und im Jahre 1987 sogar 348 derartige Verfahren. Weiters ergibt sich aus den Rechenschaftsberichten, dass die Anzahl der jährlich vom Landtag, aufgrund ausländischer Rechtshilfeersuchen, durchgeführten Ermittlungsverfahren (wie z.B. Zeugeneinvernahmen, Beschlagnahmeverfügungen und Hausdurchsuchungen) konstant hoch ist, nämlich 187 im Jahre 1983, 220 im Jahre 1984, 180 im Jahre 1985, 156 im Jahre 1986 und 183 im Jahre 1987. Im Zuge dieser Rechtshilfeverfahren werden regelmässig Hausdurchsuchungen durchgeführt und Geschäftsunterlagen beschlagnahmt. Da Art. 32 der Verfassung das Hausrecht und das Brief- und Schriftengeheimnis gewährleistet und ausdrücklich garantiert, dass ausser in den vom Gesetze bestimmten Fällen und der durch das Gesetz bestimmten Art und Weise weder jemand verhaftet noch eine Hausdurchsuchung
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und Beschlagnahme von Briefen und Schriften vorgenommen werden darf, erscheint es zumindest bei denjenigen Rechtshilfeersuchen, die nicht von Unterzeichnerstaaten des Europäischen Rechtshilfeübereinkommens in Strafsachen ausgehen, eher unbefriedigend, die eigentlich nur für inländische Strafverfahren gedachte Strafprozessordnung analog auch zur Regelung solcher Rechtshilfeverfahren heranzuziehen. Es drängt sich daher eine eigene gesetzliche Regelung für Rechtshilfeverfahren in Strafsachen auf, die auch die Besonderheiten solcher Verfahren, wie z.B. die Rechte und Beschwerdemöglichkeiten inländischer Betroffener berücksichtigt und eine klare Regelung darüber enthält, unter welchen Voraussetzungen und nach welchen Regeln auf der Basis der Gegenseitigkeit ohne staatsvertragliche Verpflichtung Rechtshilfe gewährt werden kann."
In der Landtagssitzung vom 18. Oktober 1988 wurde darauf hingewiesen, dass es gerichtsnotorisch sei, dass Rechtshilfeersuchen oft unter Vorgabe einer strafbaren Handlung nach dem allgemeinen Strafrecht, in Tat und Wahrheit aber auch aus steuerlichen Gründen, ergehen würden. Hier müsse in aller Entschiedenheit gefordert werden, dass sich die liechtensteinischen Behörden nicht als Handlanger ausländischer Steuerinteressen benutzen lassen dürften. Rechtshilfe könne nur geleistet werden, wenn diese Hilfeleistung aus strafrechtlichen Gründen, also z.B. bei Wirtschaftskriminalität oder Drogendelikten, gerechtfertigt sei. Der rechtshilfeersuchende ausländische Richter habe deshalb entsprechende Auskünfte zu erteilen und gegebenenfalls Unterlagen zu liefern, die ein zuverlässiges Urteil darüber erlaubten, ob eine
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Rechtshilfe erteilt werden könne oder nicht. Dies gelte auch für Vertragsstaaten des europäischen Uebereinkommens über die Rechtshilfe in Strafsachen. Unser Land habe nicht nur gemeinsame zwischenstaatliche Interessen zu wahren und in gerechtfertigten Fällen entsprechend Rechtshilfe zu leisten, sondern auch eigene Interessen zu berücksichtigen und Rechtshilfe zu verweigern, wenn dem Ersuchen liechtensteinische Interessen oder Rechtsvorschriften entgegenstehen würden. Es gehe also darum, in klar begründeten Fällen Rechtshilfe rasch und gründlich zu leisten, und in zweifelhaften Fällen sie ebenso eindeutig zu verweigern. Zwei Fragen seien in diesem Zusammenhang sehr sorgfältig zu prüfen, nämlich erstens, ob und zweitens, in welcher Weise Rechtshilfe zu leisten sei. Die erste Frage sei eine politische, wenn auch im Fall von Abkommen rechtlich zu begründende Frage und von der Regierung zu entscheiden. Die zweite Frage sei verfahrensrechtlicher Art und falle in die Kompetenz des Landgerichtes. Rechtshilfe sei nicht eine Fleissaufgabe, sondern ein Akt rechtsstaatlicher Solidarität. Voraussetzung sei und bleibe die Rechtfertigung.
LR-Systematik
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LGBl-Nummern
1993 / 068
Landtagssitzungen
13. Mai 1992