Bericht und Antrag der Regierung an den Landtag des Fürstentums Liechtenstein
betreffend das Abkommen zwischen dem Fürstentum Liechtenstein und der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft über die Zusammenarbeit im Bereich der allgemeinen und beruflichen Bildung im Rahmen des ERASMUS-Programms
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Vaduz, 12. November 1991
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Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,
Sehr geehrte Frau Abgeordnete,
Sehr geehrte Herren Abgeordnete,
Die Regierung gestattet sich, Ihnen den Bericht und Antrag betreffend das Abkommen zwischen dem Fürstentum Liechtenstein und der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft über die Zusammenarbeit im Bereich der allgemeinen und beruflichen Bildung im Rahmen des ERASMUS-Programmes zu unterbreiten:
Die internationale wissenschaftliche Zusammenarbeit der Hochschulen gewinnt zunehmend an Bedeutung. Aus diesem Grunde wurden mit der gemeinsamen Erklärung der Minister
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der EFTA- und der EG-Staaten 1984 in Luxemburg die Grundlagen für eine über die Freihandelsabkommen hinausreichende Zusammenarbeit der EFTA- und der EG-Staaten gelegt. Die EFTA-Staaten beabsichtigten damit, im Rahmen einer verstärkten Zusammenarbeit eine direkte Beteiligung an EG-Programmen zu erhalten.
Die Regierung hat angesichts der zunehmenden Bedeutung der internationalen Kooperation den Beitritt zu sechs Uebereinkommen des Europarates im Bereich des Bildungswesens betreffend Gleichwertigkeit der Reifezeugnisse, Gleichwertigkeit der Studienzeiten an den Universitäten sowie Gleichwertigkeit der akademischen Grade und Hochschulzeugnisse im Februar 1991 beschlossen. Der Landtag hat dem Beitritt in der Sitzung vom 25./ 26. März 1991 zugestimmt.
Die Uebereinkommen des Europarates sind in der Zwischenzeit für Liechtenstein in Kraft getreten.
Mit dem ERASMUS-Programm setzte die Europäische Gemeinschaft im Juni 1987 eine weitreichende bildungspolitische Massnahme zur Steigerung des grenzüberschreitenden Studentenaustausches und legte damit auch die Basis für die Schaffung eines strukturierten europäischen Hochschulnetzes. Studenten konnten nun, im Rahmen dieses Programmes, einen Teil ihres Studiums in einem anderen Mitgliedstaat unter voller Anrechnung ihrer Studienzeit absolvieren. Das von der EG-Kommission unterstützte Programm ist gut angelaufen und hat eine deutliche Erhöhung der Studentenmobilität bewirkt. Sie ist von 4000 Studenten im Jahr 1987 auf 40.000 Studenten im Jahr 1991 angewachsen.
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Die benachbarten Länder Liechtensteins, Schweiz und Oesterreich, sind bestrebt, die derzeit noch geringe internationale Mobilität ihrer Studenten zu erhöhen. Die Ausgangssituation Liechtensteins ist eine wesentlich andere, da die meisten liechtensteinischen Studierenden ohnehin ihr Hochschulstudium im benachbarten Ausland (2/3 in der Schweiz, 1/3 in Oesterreich) absolvieren.
Um jedoch der Gefahr einer Isolierung der Einrichtungen unseres Bildungswesens entgegenzuwirken, vertritt die Regierung die Auffassung, dass gerade ein Kleinstaat im Bereich der Hochschulbildung und Forschung auf internationale Zusammenarbeit angewiesen ist. Die Qualitätssteigerung von Lehre und Forschung verlangt geradezu internationale Kontakte, und damit einhergehend die Mobilität der Studenten.
Die verstärkte Einbettung liechtensteinischer Bildungsbestrebungen in den europäischen Bildungskontext dient auch der Stärkung und Erneuerung der liechtensteinischen Bildungseinrichtungen. Insofern ist es wichtig, dass die Höheren Lehranstalten (LIS und NTB) mit vergleichbaren Institutionen, die in anderen Ländern Europas als Bildungsstätten des Tertiärbereichs Hochschulcharakter haben, gleichgestellt werden. Die in diesen Instituten zu erwerbenden Kenntnisse bilden, im Hinblick auf den Bildungsraum Europa, eine wichtige berufliche Qualifikation.
Die von der EG initiierten Austauschprogramme leisten neben einer gesteigerten Lebens- und Arbeitserfahrung, auch einen Beitrag zum europäischen Bewusstsein. Der Einfluss dieser Studentenmobilität auf das Verständnis der europäischen Dimension erscheint daher von grosser Wichtigkeit.
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Daher gilt es sicherzustellen, dass Liechtenstein an den europäischen Austauschprogrammen zur Förderung der Mobilität teilnehmen kann.