Bericht und Antrag der Regierung an den Landtag des Fürstentums Liechtenstein
betreffend die Konvention über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes vom 9. Dezember 1948
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Vaduz, den 18 Mai 1993
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Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,
sehr geehrte Frau Abgeordnete,
sehr geehrte Herren Abgeordnete,
Die Regierung gestattet sich, Ihnen nachstehend den Bericht und Antrag betreffend den Beitritt des Fürstentums Liechtenstein zur Konvention über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes vom 9. Dezember 1948 zu unterbreiten.
Die vorliegende Konvention hat ihre Ursprünge in den Anfängen der Geschichte der Vereinten Nationen und muss vor dem Hintergrund der Ereignisse, die sich im Zweiten Weltkrieg abgespielt haben, gesehen werden. Das Verbrechen des Völkermordes wurde zwar, wie auch der zweite Vorlaufparagraph des Abkommens erwähnt, im Verlauf der Menschheitsgeschichte immer wieder begangen, doch hat sich keiner dieser Versuche, ganze Bevölkerungsgruppen zu vernichten, dem Bewusstsein gerade der westlichen Öffentlichkeit so sehr eingeprägt wie die vom nationalsozialistischen Deutschland begangenen Verbrechen des Völkermordes.
Als nach der Beendigung des Zweiten Weltkrieges in Europa im Frühjahr 1945 Art und Ausmass dieser systematischen Menschenvernichtung vollumfänglich publik wurden, waren die Alliierten, in Übereinstimmung mit der "Weltöffentlichkeit", entschlossen, die für die begangenen Verbrechen Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen. Obwohl die Berechtigung und Notwendigkeit dieser Verfahren unumstritten war, ergaben sich für die Einsetzung des internationalen Militärgerichtshofes von Nürn-
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berg dadurch juristische Schwierigkeiten, dass die erforderlichen Rechtsgrundlagen erst nach dem Verüben der Verbrechen geschaffen wurden.
Um für zukünftige Fälle ähnlicher Art eine feste Rechtsgrundlage zu haben, aber auch zur Verhinderung des Verbrechens des Völkermordes wurde das vorliegende Abkommen im Rahmen der Vereinten Nationen ausgearbeitet und am 9. Dezember 1948 von der Generalversammlung mit Konsens angenommen. Es ist am 12. Januar 1951 in Kraft getreten. 104 Staaten sind heute Vertragspartei.