Bericht und Antrag der Regierung an den Landtag des Fürstentums Liechtenstein
über die Delegation von Regierungsgeschäften
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Vaduz, 16. August 1994
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Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,
Sehr geehrte Frauen und Herren Abgeordnete,
Die Regierung gestattet sich, dem Hohen Landtag nachstehenden Bericht und Antrag über die Delegation von Regierungsgeschäften zu unterbreiten:
Die Regierung befasst sich bereits seit mehreren Jahren mit der Durchführung einer Regierungsreform. Ende der achtziger Jahre beschloss die Regierung, die bestehenden Strukturen von Regierung und Amtsstellen grundsätzlich auf ihre Eignung für die Herausforderungen der Zukunft überprüfen zu lassen. Aufgrund eines Gutachtens einer Unternehmensberatungsfirma und im Anschluss an zahlreiche Diskussionen in der Regierung zu Fragen der Regierungsreform genehmigte die Regierung im März 1992 das Grundlagenpapier "Grundsätze zur Regierungsreform".
Gemäss diesem Grundlagenpapier der Regierung soll sich die Regierungsreform innerhalb der geltenden Verfassungsbestimmungen bewegen. Das Kollegialsystem der Regierung, die Anzahl der Regierungsmitglieder und die verfassungsmässige Stellung des Regierungschefs werden beibehalten. Die Regierungsaufgaben sollen aber in einem neuen Verwaltungsorganisationsgesetz des Staates umschrieben werden, das im Entwurf dem Ressort Präsidium bereits vorliegt. Neben dem Regierungschef und dem Regierungschef-Stellvertreter die auf jeden Fall vollamtlich tätig sind, kann sich die Tätigkeit der übrigen drei Regierungsmitglieder zwischen 50% und 100% bewegen. Jedes Regierungsmitglied hat
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grundsätzlich Anspruch auf Unterstützung durch einen qualifizierten Stabsbeamten. Regierungschef und Regierungschef-Stellvertreter haben zudem, wie bisher, Anspruch auf je einen Mitarbeiter ihrer Wahl entsprechend den heutigen Ressortsekretären. Die Beratungen der Regierung sollen künftig mit vorformulierten Regierungsbeschlüssen geführt werden können. Da heute der Vollzug vieler untergeordneter Verwaltungsaufgaben durch Gesetz der Regierung übertragen ist, soll die Delegation über Gesetz vorbereitet werden. Neben diesen Schwerpunkten werden in diesem Grundlagenpapier weitere Massnahmen vorgeschlagen, die im vorliegenden Bericht nicht näher erörtert werden sollen. Diese Massnahmen werden im Bericht der Regierung zur Regierungsreform, welcher dem Landtag gesondert zugeleitet wird, ausführlich dargestellt.
Aufbauend auf den umfangreichen Vorarbeiten der früheren Regierung hat die im Jahre 1993 neugewählte Regierung in der Sitzung vom 29. Juni 1993 einen weiteren Zwischenbericht zu Fragen der Regierungsreform zur Kenntnis genommen und folgende Entscheidungen getroffen:
Einführung der Datenverarbeitung im Antragswesen (Vorprotokollierung der Regierungsbeschlüsse) in erster Priorität;
Delegation von Verwaltungsaufgaben der Regierung an die Ressorts, Amtsstellen, Amtspersonen und Kommissionen in zweiter Priorität;
Überprüfung einer besseren personellen Dotierung der Regierungssekretariate;
Ausarbeitung von Modellen für die zukünftige personelle und finanzielle Auslastung der Regierung mit Ausleuchtung der Vor- und Nachteile.
In der Folge wurden die Vorarbeiten für die Einführung der Datenverarbeitung im Antragswesen und die Delegation von Verwaltungsaufgaben an die Hand genommen. Für die bessere personelle Dotierung der Regierungssekretariate wurde die Schaffung von zwei provisorischen Sekretariatsstellen umgehend verwirklicht. Anfangs Februar 1994 wurde die Datenverarbeitung im Antragswesen eingeführt. Seither werden die Ressortanträge, die Regierungsbeschlüsse und das Regierungsprotokoll über das EDV-System eingegeben bzw. ausgefertigt. Der Regierung liegen bei der Beratung in der Regierungssitzung die vorformulierten
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Beschlüsse vor. Dies ermöglicht, dass unmittelbar nach der Regierungssitzung die Beschlüsse ausgefertigt werden können. Die Regierungssekretariate werden durch diese Massnahme stark entlastet. Gegenwärtig sind vier Pilotämter, die nunmehr ihre Anträge auf elektronischem Wege an das Ressort stellen können, mit der Regierung vernetzt. Es ist geplant, jährlich drei bis vier neue Amtsstellen in das Antragswesen einzubeziehen. Es wird deshalb noch einige Zeit dauern, bis sich die Vorteile des neuen Systems voll auswirken.
Die Regierung informiert den Landtag in einem gesonderten Bericht über die Regierungsreform. Ein wichtiger Teil dieser Regierungsreform stellt die Delegation von Verwaltungsaufgaben an die nach der Geschäftsverteilung zuständigen Regierungsmitglieder bzw. an Amtsstellen oder Kommissionen dar. Der nachstehende Bericht und Antrag befasst sich ausschliesslich mit diesem Bereich der Regierungsreform.
Im Rahmen des vorliegenden Berichtes und Antrages unterbreitet die Regierung dem Landtag verschiedene Gesetzesvorlagen, mit denen zahlreiche Verwaltungsaufgaben, insbesondere an Amtsstellen, zur selbständigen Erledigung übertragen werden. Als Beilage übermittelt die Regierung dem Landtag ebenfalls zahlreiche Verordnungsentwürfe, welche einen Hinweis geben, welche Aufgaben an welche Amtsstellen delegiert werden. Es wird ausdrücklich festgehalten, dass diese Verordnungsentwürfe als Beispiele beigelegt sind und nur illustrativen Charakter haben. Die Regierung behält sich vor, später darüber zu entscheiden, zu welchem Zeitpunkt und mit welchem Inhalt diese Verordnungen zu erlassen sind.