Bericht und Antrag der Regierung an den Landtag des Fürstentums Liechtenstein
betreffend die Teilnahme des Fürstentums Liechtenstein am europäischen Wirtschaftsraum (EWR)
2. TEIL: Bericht zum Verhandlungsergebnis mit den EWR-Vertragsparteien und zu den Auswirkungen der Teilnahme am Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) auf das Fürstentum Liechtenstein sowie Antrag
Abkürzungsverzeichnis
ABGB | Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch |
ABI. | Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften |
ANAG | Bundesgesetz vom 26. März 1931 über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer (LGBl. 1990 Nr. 8) |
ArG | Gesetz über die Arbeit in Industrie, Gewerbe und Handel (Arbeitsgesetz) |
ArGV | Verordnung zum Arbeitsgesetz |
ARION | Stipendienprogramm für kurzfristige Studienaufenthalte von Bildungsfachleuten |
BC-Net | Business Cooperation Network (Beratungsnetz für Unternehmenskooperationen) |
CELEX | Rechtsdatenbank der EG |
CEN | Comitd Europien de Normalisation (Europäisches Komitee für Normung) |
CENELEC | Comiti Europden de Normalisation Electrique (Europäisches Komitee für elektronische Normung) |
CEPT | Europäische Konferenz der Verwaltungen für Post- und Fernmeldewesen |
COMECON | Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe (RGW) |
COMETT | Programm über Zusammenarbeit zwischen Hochschule und Wirtschaft im Bereich der Aus- und Weiterbildung auf dem Gebiet der Technologie |
COST | Europäische Zusammenarbeit auf dem Gebiet der wissenschaftlichen und technischen Forschung |
CRAFT | Cooperative Research Action for Technology (Einbeziehung kleiner und mittlerer Unternehmen in die transnationale Forschung) |
CREST | Comitd pour la rdcherche scientifique et technique (Ausschuss für die wissenschaftliche und technische Forschung) |
CRS | Computergestütztes Buchungssystem |
EAG | Europäische Aktiengesellschaft (Societas Europea, SE) |
ECU | Europäische Währungseinheit |
EDV | Elektronische Datenverarbeitung |
EEA | European Environmental Agency (Europäische Umweltagentur) |
EEA | Einheitliche Europäische Akte vom 17.2.1986 |
EFTA | Europäische Freihandelsassoziation |
EG | Europäische Gemeinschaft(en) |
EGKS | Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl |
EGKSV | Vertrag über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl |
EGV | Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft |
EIB | Europäische Investitionsbank |
EIC | Euro Info Centers (EG-Beratungsstellen für Unternehmen) |
EMRK | Europäische Menschenrechtskonvention |
EPZ | Europäische Politische Zusammenarbeit |
ERASMUS | Gemeinschaftliches Aktionsprogramm zur Förderung der Mobilität von Hochschulstudenten |
ESA | EFTA-Überwachungsbehörde (EFTA Surveillance Authority) |
ESPRIT | Europäisches strategisches Forschungs- und Entwicklungsprogramm auf dem Gebiet der Informationstechnologien |
ETSI | European Telekommunikations Standards Institute (Europäisches Institut für Fernmeldenormen) |
EuGH | Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften |
EURATOM | Europäische Atomgemeinschaft |
EUREKA | Europäische Kooperation in angewandter Forschung |
EURES | European Employment Service (Europäischer Arbeitsmarktservice) |
EURET | Spezifisches Programm für Forschung und technologische Entwicklung im Verkehrswesen |
EUROSTAT | Büro des statistischen Beraters der EFTA und des Statistischen Amtes der EG |
EUROTECNET Aktionsprogramm zur Berufsbildung im technologischen Wandel durch Förderung von Innovationen in der beruflichen Erst- und Weiterbildung
EURYDICE | Netz von Stellen der EU-Staaten zum Informationsaustausch über Erziehung und Ausbildung |
EWG | Europäische Wirtschaftsgemeinschaft |
EWGV | Vertrag zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft |
EWIV | Europäische Wirtschaftliche Interessensvereinigung |
EWR | Europäischer Wirtschaftsraum |
EWRA | Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum |
EWS | Europäisches Währungssystem |
EZV | Eidgenössische Zollverwaltung |
FL | Fürstentum Liechtenstein |
FORCE | Aktionsprogramm der Gemeinschaft für die Förderung der beruflichen Weiterbildung |
GATT | Allgemeines Zoll- und Handelsabkommen |
IMPACT | Information Market Policy Actions (Aktionsplan zur Schaffung eines Marktes für Informationsdienste) |
IRIS | Netzwerk zur Koordinierung nationaler und europäischer Programme
zur Förderung der beruflichen Bildung von Frauen |
ISDN | Integrated Services Digital Network (Diensteintegrierendes digitales Fernmeldenetz) |
JUGEND FÜR EUROPA | Austausch- und Ausbildungsprogramm der EU für Jugendliche zwischen 15 und 25 Jahren zur Förderung des Jugendaustausches und zur Überwindung von finanziellen, rechtlichen und administrativen Hindernissen für Austauschvorhaben |
KMU | Kleine und mittlere Unternehmen |
KSZE | Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (jetzt OSZE) |
LEONARDO Nachfolgeprogramm von COMETT, PETRA, FORCE, EUROTECNET. Deckt die berufsbezogene Bildungskooperation ab.
LINGUA | Bildungsprogramm zur qualitativen und quantitativen Verbesserung der Fremdsprachenkenntnisse durch Weiterbildung von Fremdsprachenlehrern, Hochschulzusammenarbeit, Austausch von Auszubildenden etc. |
MEDIA | Mesures pour encourager le dive/oppement de l'industrie audiovisuelle (Programm zur Förderung der audiovisuellen Industrie in der EU) |
MKS | Marktüberwachungs- und Kontrollsystem |
OECD | Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung |
ONP | Open Network Provision (Offener Netzzugang) |
OSZE | Organisation über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa |
OUFL | Obligatorische Unfallversicherung im Fürstentum Liechtenstein |
PETRA | Förderprogramm zur Ausbildung und Vorbereitung Jugendlicher auf das Erwachsenen- und Erwerbsleben |
PGR | Personen- und Gesellschaftsrecht |
RACE | Gemeinschaftsprogramm auf dem Gebiet der Telekommunikationstechnologie-Forschung und Entwicklung im Bereich der fortgeschrittenen Kommunikationstechnologien für Europa |
RGW | Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe (COMECON) |
SE | Societas Europea (Europäische Aktiengesellschaft, EAG) |
SNB | Schweizerische Nationalbank |
SOCRATES Nachfolgeprogramm von ERASMUS, LINGUA, EURYDICE und ARION. Allgemeinbildende, nicht berufsbezogene Bildungsprogramme
SPRINT | Strategisches Programm für Innovation und Technologietransfer (1989 - 1993) |
TBT | Technical Barriers to Trade (Technische Handelsbarrieren) |
TED | Tender Electronic Daily (Datenbank über öffentliche Ausschreibungen im Amtsblatt der EU) |
TEDIS | Trade Electronic Data Interchange System (Entwicklungs- und Pilotprogramm für den elektronischen Datentransfer für kommerzielle Zwecke in Handel, Industrie und Verwaltung) |
TREVI | Abkommen über Terrorismus, Radikalismus und internationales Verbrechertum |
UCPTE | Union für die Koordinierung der Erzeugung und des Transports elektrischer Energie |
UNESCO | United Nations Educational, Scientific and Cultural Organization (Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur) |
UNO | United Nations Organisation (Organisation der Vereinten Nationen) |
USA | United States of Amerika (Vereinigte Staaten von Amerika) |
UVG | Gesetz über die Unfallversicherung |
VUB | Verordnung über die Ursprungsbeglaubigung |
VUV | Ausführungsverordnung über die Unfallverhütung |
WTO | World Trade Organization (Welthandelsorganisation, GATT) |
WWU | Wirtschafts- und Währungsunion |
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Vaduz, den 7. Februar 1995
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Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,
sehr geehrte Frauen und Herren Abgeordnete,
die Regierung gestattet sich, dem Hohen Landtag nachstehend den Bericht und Antrag betreffend die Teilnahme des Fürstentums Liechtenstein am Europäischen Wirtschaftsraum (EWR), 2. Teil: Bericht zum Verhandlungsergebnis mit den EWR-Vertragsparteien und zu den Auswirkungen der Teilnahme am Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) auf das Fürstentum Liechtenstein sowie Antrag, zu unterbreiten.
Nach dem unterschiedlichen Ausgang der Volksabstimmung in der Schweiz vom 6. Dezember 1992 und in Liechtenstein vom 13. Dezember 1992 konnte das EWR-Abkommen in seiner der Abstimmung zugrundeliegenden Fassung nicht in Kraft treten. Auf der Seite der EWR-Partner waren verschiedene Anpassungen des EWR-Abkommens (EWRA), seiner Protokolle und Anhänge, von zugehörigen Erklärungen usw. vorzunehmen. Dies führte zu mehreren Anpassungsprotokollen, einschliesslich der auf EFTA-Seite im Zusammenhang mit dem EWRA beschlossenen Übereinkommen. Nach der Durchführung der notwendigen Ratifikationsverfahren sind das EWRA und die mit seiner Durchführung verbundenen Abkommen am 1. Januar 1994 für die Unterzeichnerstaaten des EWRA, mit Ausnahme der Schweiz und Liechtensteins, in Kraft getreten.
Liechtenstein konnte die in der Abstimmung vom 13. Dezember 1992 angenommenen Abkommen auf den 1. Januar 1994 nicht ratifizieren, da es sich, im Vergleich mit den anderen EWR-Partnern, in einer besonderen Situation befand. Im EWR-Abkommen von 1992 sind verschiedene Bestimmungen enthalten, die sich ausdrücklich auf das beson-
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ders enge Verhältnis zwischen Liechtenstein und der Schweiz, insbesondere auf der Grundlage des Zollvertrages, beziehen. Deshalb mussten in den Anpassungsinstrumenten auf EWR-Seite Bestimmungen aufgenommen werden, die einerseits dem unterschiedlichen Ausgang der Abstimmung in der Schweiz und in Liechtenstein Rechnung tragen und andererseits Liechtenstein die Möglichkeit einer Teilnahme am EWR offenhalten.
Im Verhältnis zwischen Liechtenstein und der Schweiz bestand die Notwendigkeit, die für die Teilnahme Liechtensteins am EWR relevanten bilateralen Verträge, insbesondere den Zollvertrag, so anzupassen, dass die regionale Union bzw. der gemeinsame Wirtschaftsraum unter Aufrechterhaltung der offenen Grenzen zwischen den beiden Staaten erhalten bleibt und gleichzeitig die in Artikel 121 (b) EWRA enthaltene Bedingung erfüllt wird, dass nämlich dadurch das gute Funktionieren des EWRA nicht beeinträchtigt wird.
Im Hinblick auf diese Ausgangslage hat die Regierung die sich aus der Volksabstimmung vom 13. Dezember 1992 ergebende Aufgabe wahrgenommen und die Verhandlungen mit der Schweiz einerseits und den EWR-Partnern andererseits geführt und abgeschlossen. Parallel dazu sind die Arbeiten zum Erlass bzw. zur Anpassung verschiedener Gesetze und Verordnungen aufgenommen worden. Die wichtigen und mit dem Inkrafttreten des EWRA für Liechtenstein von Liechtenstein zu erlassenden Gesetze sind dem Landtag zur Behandlung unterbreitet worden bzw. befinden sich in Vorbereitung.
Vom Frühjahr bis Juni 1993 fanden bilaterale Gespräche mit der Schweiz auf Expertenebene statt. Auf der Grundlage dieser Vorarbeiten wurde in der Folge eines liechtensteinisch-schweizerischen Regierungsgesprächs am 22. Juni 1993 eine gemeinsame Arbeitsgruppe auf Beamtenebene beauftragt, eine Lösungsplattform für die Problemgebiete zu erstellen, welche sich bei einem EWR-Beitritt Liechtensteins im bilateralen Vertragsverhältnis ergeben würden. Dabei sollte auch die Möglichkeit von Lösungen zur Gleichbehandlung von Schweizer Personen und Schweizer Unternehmen in Liechtenstein im Vergleich zu EWR-Personen und EWR-Unternehmen und auf Grundlage der Reziprozität, speziell im öffentlichen Auftragswesen und im Freien Personenverkehr, näher untersucht werden. Diese Arbeitsgruppe hat, je nach Problemgebiet, in verschiedener Zusammensetzung mehrere Sitzungen abgehalten und eine Lösungsplattform
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erstellt, welche von der Regierung und vom Bundesrat im Dezember 1993 zur Kenntnis genommen wurde. Der substantielle Inhalt der Lösungsplattform wurde Mitte Dezember 1993 den EWR-Partnern in Form einer Notiz zur Kenntnis gebracht. Auf bilateraler Ebene wurden die früheren Expertengespräche in Gesprächen auf Beamtenebene unter Beizug von Experten fortgesetzt, um den Inhalt der Lösungsplattform in entsprechende Rechtstexte zu überführen. Die formellen Verhandlungsrunden zwischen einer liechtensteinischen Delegation unter der Leitung von S.D. Botschafter Prinz Nikolaus von Liechtenstein und einer schweizerischen Delegation unter der Leitung von Minister Josef Doswald, Stellvertretender Direktor der Direktion für Völkerrecht im Eidg. Departement für auswärtige Angelegenheiten, fanden am 5. und 7. Juli sowie am 9. und 10. August 1994 jeweils in Bern statt. Am 4. Oktober 1994 erfolgte in Vaduz die Paraphierung und am 2. November 1994 in Bern die Unterzeichnung der Vertragstexte. Das bilaterale Verhandlungsergebnis wurde im Bericht der Regierung Nr. 1994/93 vom 15. November 1994 dem Landtag unterbreitet und in der Landtagssitzung vom 16. Dezember 1994 zur Kenntnis genommen. Die Eidgenössischen Räte, der Nationalrat wie der Ständerat, haben in der Dezembersession 1994 das Verhandlungsergebnis jeweils einstimmig genehmigt.
In Kenntnis der von Liechtenstein vorgeschlagenen Lösungen zu den grundsätzlichen Fragen nahm der EWR-Rat in seiner ersten Sitzung am 17. Mai 1994 bezüglich Liechtensteins Stellung. Er würdigte den politischen Willen des Volkes und der Regierung von Liechtenstein, am Europäischen Wirtschaftsraum teilzunehmen. Er bekräftigte den Willen aller Parteien, ihr Möglichstes zu tun, um sicherzustellen, dass Liechtenstein vor Jahresende (1994) Mitglied des EWR werden kann. In diesem Sinne forderte er den Gemeinsamen EWR-Ausschuss auf, die Vorarbeiten für die Beschlüsse voranzutreiben, die erforderlich sind, damit das EWR-Abkommen entsprechend Artikel 1 Absatz 2 des Protokolls zur Anpassung des EWR-Abkommens auch in bezug auf Liechtenstein in Kraft treten kann. Er erklärte seine Absicht, in dieser Frage so bald wie möglich einen Beschluss zu fassen.
Am 13. April 1994 fand in Brüssel ein umfassendes Gespräch mit den Experten der einzelnen Generaldirektionen der EU-Kommission statt. Die von der liechtensteinischen Delegation vorgetragenen Wünsche bezüglich einzelner zoll- bzw. währungsvertragsbedingter Anpassungen wurden positiv aufgenommen. Einzelne Fragen, zu denen die Kommission um Präzisierungen gebeten hatte, wurden auf technischer Ebene mit den
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zuständigen Stellen der Kommission besprochen und geklärt. Die Voraussetzungen und Bedingungen für eine Teilnahme Liechtensteins am EWR wurden anschliessend sowohl im Ständigen Ausschuss der EFTA-Staaten (der Ausschuss setzt sich aus jenen EFTA-Staaten zusammen, die dem EWR angehören; diese Staaten werden im folgenden als "EFTA-EWR-Staaten" bezeichnet) wie auch in den zuständigen Gremien der Europäischen Union sowie vom Gemeinsamen EWR-Ausschuss diskutiert und festgelegt. Dies war die Grundlage für die Schlussfolgerungen des EWR-Rates vom 20. Dezember 1994, in welchem die Modalitäten der liechtensteinischen Teilnahme am EWR festgelegt wurden. Der Gemeinsame EWR-Ausschuss hat den Entwurf zum Beschluss Nr. 1/95 des EWR-Rates am 27. Januar 1995 genehmigt. Am 15. Februar 1995 erfolgt voraussichtlich die Zustimmung durch den Ausschuss der Ständigen Vertreter der EU, am 20. Februar 1995 voraussichtlich jene des Wirtschafts- und Finanzrates der EU. Dann wird der Beschluss auf dem Zirkularweg allen EWR-Vertragsparteien zur definitiven Zustimmung unterbreitet, die nicht in Frage steht. Die Regierung hat den Beschluss am 27. Januar 1995 genehmigt.
Die Regierung hat in ihrer Berichterstattung zur europäischen Integration immer wieder darauf hingewiesen, dass aus heutiger Sicht das EWR-Abkommen für Liechtenstein die einzige realistische Möglichkeit einer souveränitätspolitisch adäquaten Position im europäischen Integrationsgeschehen darstellt. Der Landtag und die Öffentlichkeit sind darüber regelmässig und ausführlich unterrichtet worden. Die Regierung hat, nach dem unterschiedlichen Abstimmungsergebnis vom Dezember 1992 zum EWRA in der Schweiz und in Liechtenstein, konsequent den Weg weiterverfolgt, Liechtenstein die Teilnahme am EWR unter Beibehaltung der sehr engen Partnerschaft mit der Schweiz und der offenen Grenzen zwischen den beiden Staaten zu ermöglichen. Die Regierung -und mit ihr wohl auch der überwiegende Teil der Bevölkerung - sieht in der Isolation bzw. im Alleingang Liechtensteins keine vertretbare Alternative. Eine solche Position hätte weitreichende wirtschaftliche und politische Konsequenzen und würde auf lange Sicht auch die liechtensteinische Souveränität in Frage stellen. Andererseits wäre auch ein integrationspolitischer Weg, der sich ausschliesslich auf jenen der Schweiz ausrichtete, mit zu vielen offenen Fragen versehen.
Der von der Regierung eingeschlagene Weg "EWR und Zollvertrag" ermöglicht Liechtenstein die Beibehaltung und Weiterentwicklung der besonderen Partnerschaft mit der
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Schweiz. Die Grenzen bleiben offen, und die "parallele Verkehrsfähigkeit" erlaubt Liechtenstein, am EWR teilzunehmen. Die Auswirkungen dieser Teilnahme sind bekannt. Die Steuern sind vom EWR-Abkommen ausgeklammert. Die für das Finanzdienstleistungswesen wichtigen Gesellschaftsformen der Anstalt und der Stiftung sowie der Schutz des Bankgeheimnisses sind nicht betroffen. Damit sind die Rahmenbedingungen für diesen wichtigen Wirtschaftszweig gesichert. Auch die Chancen und Risiken für die übrigen Sektoren sind bekannt. Die Exportmärkte für die Industrie bleiben offen. Das Gewerbe erhält durch die Ausweitung des Marktes neue Chancen. In den sensiblen Bereichen Personenverkehr und Immobilienhandel bestehen Vereinbarungen, die auf die Kleinheit und auf die begrenzte Aufnahmefähigkeit Liechtensteins Rücksicht nehmen. Schliesslich sind auch die finanziellen und personellen Auswirkungen bekannt. Sie sind für Liechtenstein tragbar - zumal auch jede andere Integrationsform mit Kosten verbunden wäre, deren Höhe jedoch in keiner Weise voraussehbar ist.
Das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum ist eine tragfähige und entwicklungsfähige Grundlage für eine adäquate Stellung Liechtensteins im künftigen Europa. Es sichert der Wirtschaft den Zugang zu ihren wichtigsten Märkten und lässt darüber hinaus genügend nationalen Spielraum, um für Liechtenstein wichtige Rahmenbedingungen auch in Zukunft zu gewährleisten. Zudem gewährleistet es die weiterhin enge Partnerschaft mit der Schweiz und lässt für die Zukunft Optionen offen. Im wesentlichen gelten zusammengefasst die folgenden Argumente für die Teilnahme Liechtensteins am EWR:
Die Partnerschaft mit der Schweiz kann auf der Basis der bisherigen Verträge weiterentwickelt werden.
Die EWR-Teilnahme sichert Liechtenstein in Europa mehr Mitwirkungsrechte, als in einem bilateralen Abkommen ausgehandelt werden könnten. Dies ist zur Verteidigung der Standortvorteile aller Wirtschaftssektoren von ausschlaggebender Bedeutung. Gleichzeitig kann Liechtenstein durch die EWR-Teilnahme seine Position in Europa stärken.
Der EWR sichert Liechtenstein die unbeschränkte Teilnahme an den EU-Programmen für Aus- und Weiterbildung sowie in der Forschungszusammenarbeit.
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Das bringt neue Chancen für die Jugend und sichert der Industrie den Anschluss an die Technologien von morgen.
Mit dem EWRA erlangt die liechtensteinische Wirtschaft über das Cassis-de-DijonPrinzip für ihre Produkte den ungehinderten Marktzugang in allen EWR-Staaten. Waren, die in Übereinstimmung mit den Vorschriften eines einzelnen EWR-Landes hergestellt und in Verkehr gebracht wurden, dürfen in allen EWR-Mitgliedstaaten ungehindert ebenfalls in Verkehr gebracht werden. Dies bedeutet für die liechtensteinische Industrie und für das grenzüberschreitend tätige Gewerbe eine überaus wichtige Marktzugangsgarantie, die im GATT nicht vorgesehen ist. Im EWR bestehen klare Wettbewerbsregeln, welche im GATT bis auf weiteres nicht gegeben sind. Gleich lange Spiesse im Wettbewerb stärken die Exportwirtschaft und sichern die Arbeitsplätze in Industrie und Gewerbe.
Das EWR-Abkommen stellt die Beziehungen Liechtensteins zur EU auf eine vertragliche Grundlage und bietet die beste Ausgangsbasis für alle in der europäischen Entwicklung heute denkbaren Möglichkeiten.
Nur wenn Liechtenstein selbständig, d.h. über das EWR-Abkommen, an der europäischen Integration teilnimmt, kann es seine Aussenpolitik in Europa auch selbständig gestalten.
Die Uruguay-Runde des GATT hat am 15. April 1994 zum Abschluss des Abkommens zur Errichtung der Welthandelsorganisation (WTO) geführt. Hierzu wird die Regierung dem Landtag einen eigenen Bericht und Antrag unterbreiten. Das WTO-Abkommen kann das EWR-Abkommen nicht ersetzen. Das GATT-Abkommen stellt zwar auf globaler Ebene einen grossen Schritt nach vorne dar, indem es den grenzüberschreitenden Handel erleichtert, es schafft aber keinen garantierten Marktzugang.
Von den liechtensteinischen Exporten gehen fast zwei Drittel in die EU- und EFTA-Staaten. Was den Handel mit Industrieprodukten betrifft (Kapitel 25-97 des Harmonisierten Bereichs), ist die Integrationstiefe zwischen den EFTA- und EU-Staaten bereits dergestalt, dass das neue GATT-Abkommen im Handel zwischen diesen Staaten keine
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neuen Erleichterungen bringt. Weitere Zugangserleichterungen können in den erwähnten Produktekategorien nur über das EWR-Abkommen erreicht werden.
Das WTO-Abkommen und das EWR-Abkommen unterscheiden sich in erster Linie durch die Intensität der Integrationsschritte. Während die über 120 Mitgliedländer des GATT eine schrittweise Liberalisierung des Welthandels anstreben, geht der EWR mit der Schaffung binnenmarktähnlicher Verhältnisse wesentlich weiter. Zudem schafft das EWR-Abkommen einen gemeinsamen Rechtsraum mit harmonisierten oder gegenseitig anerkannten Vorschriften, während sich die Vertragsparteien des GATT bislang auf die Vereinbarung von "Spielregeln" für den Welthandel beschränkten.
Aufgrund dieser Ausgangslage unterbreitet die Regierung hiermit dem Landtag unter dem Titel "Teilnahme des Fürstentums Liechtenstein am Europäischen Wirtschaftsraum (EWR), 2. Teil: Bericht zum Verhandlungsergebnis mit den EWR-Vertragsparteien und zu den Auswirkungen der Teilnahme am Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) auf das Fürstentum Liechtenstein sowie Antrag", die hierfür notwendigen bilateralen Verträge und Erklärungen, die mit den EWR-Partnern abgeschlossenen Abkommen sowie die vom EWR-Rat bzw. von den EFTA-Partnern bezüglich Liechtensteins beschlossenen Vereinbarungen dem Landtag mit dem Antrag auf Zustimmung. Das Abkommen vom 2. Mai 1992 über den Europäischen Wirtschaftsraum und die zugehörigen Abkommen sind im Bericht und Antrag Nr. 46/92 vom 15. Juni 1992 vor allem auch mit ihren Auswirkungen auf Liechtenstein ausfiihrlich dargestellt worden. Die Regierung verzichtet daher darauf, den Inhalt dieses Berichts und Antrags im vorliegenden Bericht und Antrag vollumfänglich zu wiederholen. Die Ausgangslage für die Bewertung des Abkommens mit Hinblick auf die liechtensteinische Interessenlage ist grundsätzlich unverändert geblieben. Die nachstehenden Ausführungen konzentrieren sich im wesentlichen auf die seit Dezember 1992 eingetretene Entwicklung. Der Inhalt des Berichts und Antrags der Regierung Nr. 1994/93 vom 15. November 1994 (1. Teil: Bericht zum bilateralen Verhandlungsergebnis mit der Schweiz) wird im vorliegenden Bericht und Antrag nicht nochmals wiedergegeben. Es erfolgt lediglich eine Aktualisierung von Aussagen, die damals noch Gegenstand von Verhandlungen mit den EWR-Partnern waren.
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Die bilateralen Abkommen mit der Schweiz und die mit den EWR-Partnern abgeschlossenen Vereinbarungen bilden eine Einheit mit Hinblick auf die Teilnahme Liechtensteins am EWR. Die Annahme dieses Gesamtpaketes ist die Voraussetzung dafür, dass das EWRA als Ganzes, ergänzt und geändert durch die seit 1993 verabschiedeten Anpassungen und Beschlüsse, für Liechtenstein in Kraft treten kann.
Gemäss den Schlussfolgerungen des EWR-Rates vom 20. Dezember 1994 und gemäss Beschluss Nr. 1/95 des EWR-Rates soll das EWR-Abkommen für Liechtenstein am 1. Mai 1995 in Kraft treten, wenn die innerstaatlichen Zustimmungsverfahren bis dahin abgeschlossen sind. Die Regierung ersucht daher den Hohen Landtag, den Bericht und Antrag möglichst in der 2. Woche des Monats März 1995 zu behandeln, damit anschliessend unter Berücksichtigung der Debatten im Landtag ausreichend Zeit für die Öffentlichkeitsarbeit mit Hinblick auf die Volksabstimmung verbleibt. Aus der Sicht der Regierung wäre es richtig, die Volksabstimmung am 7./9. April 1995 durchzuführen.
Die diversen Beilagen zu diesem Bericht und Antrag werden den Mitgliedern des Landtages mit dem Bericht und Antrag zur Verfügung gestellt.