Bericht und Antrag der Regierung an den Landtag des Fürstentums Liechtenstein
betreffend die Abänderung der Gesetze über die Arbeitslosenversicherung und die betriebliche Personalvorsorge
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Vaduz, 14. November 1995
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Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,
sehr geehrte Frauen und Herren Abgeordnete
Die Regierung gestattet sich, dem Hohen Landtag nachstehenden Bericht und Antrag betreffend die Abänderung der Gesetze über die Arbeitslosenversicherung und die betriebliche Personalvorsorge zu unterbreiten.
a) | Die Regierung hat mit Bericht und Antrag betreffend die Abänderung des Gesetzes über die Arbeitslosenversicherung vom 22. November 1994 (Nr. 101/1994) unter anderem auch die Einführung des Risikoschutzes für Arbeitslose im Rahmen der betrieblichen Personalvorsorge (Art. 41te1) dem Landtag unterbreitet. Durch die Einführung eines Teilschutzes gegen die Risiken Tod und Invalidität für Arbeitslose sollte die Arbeitslosenversicherung besser auf die betriebliche Personalvorsorge abgestimmt werden. Dabei stand insbesondere die Bedeutung eines zusätzlichen Risikoschutzes bei Tod und Invalidität gerade bei jüngeren Arbeitslosen mit Familien im Vordergrund. Auf die Einführung des Vollschutzes, der auch die Altersversicherung umfasst hätte, soll aus finanziellen Gründen verzichtet werden. |
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Eintreten auf diese Gesetzesvorlage war unbestritten. Anlässlich der 2. Lesung sind in der Landtagssitzung vom 3. Mai 1995 verschiedene Fragen bezüglich dem vorgeschlagenen Art. 41 ter (Beiträge an die betriebliche Personalvorsorge) aufgeworfen worden. Insbesondere war nicht ganz klar, was die "Geschäftsstelle der BPV-Versicherung für Arbeitslose" sein sollte. Ebenso konnte die Frage nach dem Versicherungsträger und dem Risikoträger nicht eindeutig beantwortet werden. Schliesslich ist die Frage aufgeworfen worden, was mit dem Freizügigkeitskapital der Arbeitslosen passiere. Die Regierung hat daraufhin den Art. 41ter des Gesetzes über die Arbeitslosenversicherung (ALVG) und die dazugehörenden Änderungen des Gesetzes über die betriebliche Personalvorsorge (BPVG) zurückgezogen.
Die damalige Vorlage wurde inzwischen überarbeitet und den anlässlich der 2. Lesung gemachten Vorbehalten Rechnung getragen. Da die Einführung des Teilschutzes für Arbeitslose auch im Landtag grundsätzlich unbestritten war, unterbreitet die Regierung nunmehr dem Landtag eine neue, überarbeitete Vorlage.
b) | Das Versicherungskapital der Arbeitslosenversicherungskasse (Versicherungskasse) belief sich per 31.12.1994 auf rund 77,3 Mio. Fr. In den ersten sieben Monaten des laufenden Jahres haben die Arbeitslosenentschädigungen im Vergleich zum Vorjahr um 27 % abgenommen. Im schlechtesten Jahr seit Bestehen der Arbeitslosenversicherung (1994) wurde immer noch ein Ertragsüberschuss von 3,1 Mio. Fr. ausgewiesen. Auch ohne Staatsbeitrag wäre ein Überschuss von 1,55 Mio. Fr. erzielt worden. |
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Die finanzielle Entwicklung der Versicherungskasse von 1988-1994 lässt sich wie folgt darstellen (in Franken):
Jahr | Aufwand | Ertrag | Ertrags¬ überschuss
| Staats¬ beitrag
| Ertragsüber¬ schuss ohne
Staatsbeitrag
|
1988 | 810'186 | 5'415'906 | 4'605'721 | 89'126 | 4'516'595 |
1989 | 972'531 | 5'742'099 | 4'769'568 | 62'276 | 4'707'292 |
1990 | 1'044'827 | 6'725'252 | 5'680'424 | 88'076 | 5'591'448 |
1991 | 2'474'482 | 9'218'537 | 6'744'055 | 876'756 | 5'867'299 |
1992 | 4'369'570 | 9'157'986 | 4'788'416 | 720'583 | 4'067'833 |
1993 | 7'692'724 | 10'953'215 | 3'260'491 | 1'337'067 | 1'923'424 |
1994 | 8'954'816 | 12'057'089 | 3'102'272 | 1'546'545 | 1'555'727 |
Wie diese Darstellung zeigt, wurden jährlich aufgrund von Art. 57 ALVG Staatsbeiträge an die Arbeitslosenversicherungskasse ausgerichtet, obwohl die Rechnung auch ohne Landesbeitrag jeweils positiv gewesen wäre. Dadurch konnte der Garantiefonds Jahr für Jahr in beträchtlichem Umfange zunehmen. Hinzu kam noch, dass sämtliche mit der Durchführung der Arbeitslosenversicherung entstehenden Verwaltungskosten gemäss Art. 10 ALVG vom Staat getragen wurden. Das hat dazu geführt, dass das Versicherungskapital bzw. der Garantiefonds jährlich überdurchschnittlich zunahmen und heute bereits einen Stand von beinahe 80 Mio. Franken erreicht. Das staatliche Budget wird dadurch erheblich belastet, ohne dass auf die tatsächlichen finanziellen Erfordernisse der Versicherungskasse abgestellt wird. Dies kann nicht im Sinne einer vernünftigen und ausgewogenen Finanz- und Sozialpolitik sein.
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Aus allgemeinen finanz- und sozialpolitischen Überlegungen erscheint es daher gerechtfertigt, den Staatsbeitrag für die Arbeitslosenversicherung auf die finanziellen Erfordernisse der Arbeitslosenversicherungskasse zu begrenzen. Die Ausrichtung des Staatsbeitrages soll inskünftig von der Höhe des für einen siebenjährigen Leistungsaufwand erforderlichen Versicherungskapitals abhängig gemacht werden. Damit steigt das notwendige Mindestvermögen kontinuierlich an, auch wenn die Rezession nur allmählich abklingt und die Entschädigungen noch über einige Jahre gewichtige Aufwendungen erfordern. Die neue Regelung bedeutet keine Abschaffung des Staatsbeitrages oder gar einen Leistungsabbau. Vielmehr soll der Staatsbeitrag an die Arbeitslosenversicherungskasse inskünftig nur dann ausgerichtet werden, wenn es die finanziellen Erfordernisse der Versicherungskasse notwendig erscheinen lassen.
Zudem sollen die Verwaltungskosten, welche mit der Durchführung der Arbeitslosenversicherung entstehen, neu von der Arbeitslosenversicherungskasse getragen werden. Die Personalkosten und Sachaufwendungen, welche mit der Durchführung der Arbeitslosenversicherung entstehen, sollen - ähnlich wie bei der AHV der Verwaltungskostenanteil -von der Arbeitslosenversicherungskasse und nicht vom Staat getragen werden. Dem entspricht auch, dass die Versicherungskasse als (wenn auch unselbständige) öffentlich-rechtliche Anstalt konzipiert ist.
Die Regierung hat im Bericht und Antrag zum Landesvoranschlag für das Jahr 1996 (Nr. 71/1995) diese Massnahmen bereits berücksichtigt.